Die Medien verstecken Mileis Mega-Erfolg hinter einer Drogengeschichte

Eine Geschichte über Wut und Drogen bestimmt derzeit das Bild des argentinischen Präsidenten Javier Milei. Dabei handelt es sich um ein Ablenkungsmanöver. Denn Milei hat letzte Woche ein wichtiges Gesetz durchgebracht, das Argentinien nachhaltig verändern könnte.

IMAGO / Pacific Press Agency

Die Presse kennt derzeit zwei Javier Mileis. Der eine Milei ist der, den die Quantitätspresse durchs Dorf jagt. Deutsche Medien ergötzen sich an der Story über Drogenvorwürfe. Der spanische Verkehrsminister Oscar Puente hatte Milei beim argentinischen Präsidentschaftswahlkampf im Fernsehen gesehen und gesagt: „Ich weiß nicht, ob es vor oder nach der Einnahme (…) von Substanzen war.“ Puente gehört wie Ministerpräsident Pablo Sánchez der sozialistischen Partei an.

Darauf setzte es eine trumpesque Reaktion. Milei warf dem Regierungschef vor, er würde „mit seiner sozialistischen Politik, die nichts als Armut und Tod bringt, der Mittelschicht“ schaden und gefährde die nationale Einheit des Landes mit seiner Nachsicht gegenüber Separatisten. Tatsächlich gab es letzte Woche Spekulationen darüber, ob Sánchez wegen der Korruptionsvorwürfe gegen seine Ehefrau zurücktreten könnte. Auch darauf nahm Milei Bezug: Der spanische Ministerpräsident hätte gerade „wichtigere Probleme“.

Die Karacho-Salven des argentinischen Präsidenten sollen offenbar verdecken, was derzeit wirklich in Argentinien geschieht. Ähnlich, wie aus Buenos Aires fast immerzu von den Protesten und Kürzungen berichtet wird, aber kaum von der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, dem ein direkter Gang in die Hölle prophezeit worden war, kaum, dass der „verrückte“ (loco) Milei seine libertäre Politik umsetze. Selbst Redakteure leiden darunter, Bilder von Milei bei Fotodiensten aufzutreiben, weil beim Suchwort automatisch Protestbilder und Unruhen auftauchen, und man mit Mühe ein Portrait des Kettensägen-Mannes finden muss.

Zwar ist das seit Jahrzehnten gebeutelte Land noch lange nicht aus der Krise. Doch die monatliche Inflation ging zuletzt auf 11 Prozent zurück – beim Amtsantritt Mileis lag sie bei über 25 Prozent. Argentinien hat zum ersten Mal seit 12 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt.

Auch die Unkenrufe, der Präsident müsste gegen das Parlament regieren und könne seine utopischen Ideen kaum umsetzen, sind verstummt. Mit dem Motto „afuera!“ hatte Milei die Abschaffung zahlreicher Bundesministerien angekündigt – und geliefert. Das „Omnibusgesetz“, das noch im Februar gescheitert war, ist am 30. April verabschiedet worden. Nach über 20 Stunden Parlamentsdebatte stimmten 142 Abgeordnete dafür, 106 dagegen – bei 5 Enthaltungen.

Dieses Gesetz ist für den argentinischen Präsidenten eine Art Blankoschein, um seine radikale Politik durchzusetzen. Der Präsident darf in Institutionen eingreifen und sie abschaffen. Das Streikrecht wird eingeschränkt. Er kann die Privatisierung staatlicher Unternehmen veranlassen. Die Probezeit für Angestellte wird verlängert, Kündigungen erleichtert.

Um eine Mehrheit im Parlament zu finden, klammerte Milei einige fiskalische Reformen aus, die zu Unmut bei einigen Abgeordneten geführt hatten. Als das Paket im Februar zum ersten Mal beschlossen werden sollte, waren nur 6 der 644 Artikel besprochen worden. Am vergangenen Dienstag standen nur noch 269 Artikel zur Abstimmung.

Das heißt: Milei kann in vielen Schlüsselbereichen, in denen er Verbesserungen versprochen hatte, Maßnahmen per Dekret durchsetzen. Mit Blick auf das seit Jahren sklerosierte Spanien mit seinen unüberwindbaren Gräben und Bürgerkriegsromantik wäre es wünschenswert, wenn Milei dem spanischen Regierungschef nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten Paroli bietet. Die Weichen dafür sind jetzt gestellt.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 36 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

36 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Peter Gramm
7 Monate her

Gutes Gelingen kann man da nur wünschen, wenn man sich die Schuldenberge weltweit ansieht hat das libertär-kapitalistische Wirtschaften immer nur auf Zeit Wohlstand generiert um dann unter Schuldenbergen zu versinken. Weltweites Sozialprodukt ca. 100 Billionen (GE). Weltweite Verschuldung ca. 308 Billionen (GE). Der Cantillion Effekt macht die Reichen immer schneller reich und die Armen bleiben auf der Strecke. Egal wie sehr sie sich anstrengen. Durch diese Art des Wirtschaftens sinkt die Kaufkraft dramatisch. Ein eigenartiges Wunschdenken der Apologeten beherrscht die Szene. Alle behaupten immer wieder es wird besser. Keiner sagt aber wie. Wo ich zustimmen kann ist der Umstand dass… Mehr

Leroy
7 Monate her

Natürlich kommt Milei in der deutschen Presse schlecht weg, weil er den Gegenpol zum Präsidenten des Nachbarlandes, Lula da Silva, bildet. Milei ist ehrgeizig, fleißig und patriotisch. Der Superheld der deutschen Presse (Lula) dagegen ist sozialistisch und korrupt.

Georgina
7 Monate her
Antworten an  Leroy

Man war ehrlich empört, daß es Politiker wie Trump gibt, die wirklich das umsetzen, was sie vor dem Wahlsieg versprochen haben. Man war geradezu wütend. Vor allem Merkel war sehr betroffen. Politiker, die zu ihrem Wort stehen, das geht gar nicht. In Brasilien soll Bolsonaro, dem man ebenfalls die Wahl gestohlen hat, für acht Jahre von jeder Wahl ausgeschlossen sein. Warum? Weil er von seinem Recht Gebrauch machte, seine Ansichten öffentlich kundzutun. Trump soll für jedes neue Gesetz (Verordnung usw.) zwei gestrichen haben. Das war seine Vorgabe. Trump hat nicht mehr umgesetzt, weil die Linken es nicht zugelassen haben, ihn… Mehr

Juri St.
7 Monate her

Es darf anscheinend nicht sein, dass ein Libertärer Erfolg mit seiner Politik hat. VIVA LA LIBERTAD CARAJO!

thinkSelf
7 Monate her

Die geradezu religiöse Staatsgläubigkeit die sich hier in vielen Kommentaren zeigt erklärt zwanglos warum dieses Land da steht wo es steht.
Und es widerlegt den Selbstbetrug das die Regierung irgendwas tun würde was den tief verinnerlichten Intentionen der Bevölkerung widersprechen würde.

Teiresias
7 Monate her
Antworten an  thinkSelf

Privatisierung a la Milei ist nicht notwendigerweise Befreiung. Wenn weniger Staat zu mehr Konzernmacht führt, die Macht dann von WEF, WHO und ähnlichen Dreibuchstabenorganisationen ausgeübt wird, was ust dann gewonnen‘? In der Ukraine sind Assets wie das Ackerland längst in Händen von Blackrock, Vanguard und Co. Die USA liefern Waffen nach dem lend and lease-act auf Kredit. Das Streikrecht wurde eingedampft, die Zukunft der Nachkriegsukrainer ist die des verschuldeten Niedriglöhners. Früher nannte man so etwas „Schuldknechtschaft“. Vor dem Hintergrund seiner WEF-Nähe sollte man Milei kritisch beäugen, ob er wirklich eine freiheitliche Agenda verfolgt, oder ob er ein argentinischer Selensky ist,… Mehr

Edwin
7 Monate her
Antworten an  Teiresias

Seine Nähe zu WEF und die Idealisierung von Großkonzernen lassen mich auch zweifeln. Das Zurückdrängen von Staat finde ich jedoch gut. Es bleibt spannend!

Hannibal ante portas
7 Monate her

Bei einem WEF- Gewächs wie Herrn Milei vergebe ich persönlich keine Vorschusslorbeeren. Ob eine abrupte 180° Wende wirklich die Gesundung bringt oder zur 360° Grad Wende wird, also zur Negativspirale, muss sich noch zeigen. Bei solchen Hauruckaktionen kann man auch schnell noch mehr Schaden anrichten. Schlimmer geht immer. Um Argentinien wieder auf die Beine zu helfen, sollte es als erstes darum gehen, die Schaffenskraft des Kleingewerbes und Handwerkes zu entfesseln und nicht dem Raubtierkapitalismus freie Bahn zu verschaffen! Es kommt auf das richtige und intelligente einrichten der Stellschrauben an. Neutrale und ergebnisoffene Beobachtung ist hierbei angesagt.

Nibelung
7 Monate her

Man sollte sich über seine Biographie schlau machen, denn er ist ein Mann der Tat und hat nur eines im Sinn, das Land und seine Bürger wieder aufzurichten und dazu sind die wenigsten fähig, wobei er den Background mitbringt um es in die Tat umzusetzen, was den meisten fehlt und sie nur Schwätzer vor dem Herrn sind und keinen Hintern in der Hose haben, Ein Pedant dazu war Frau Thatcher und hierzulande gäbe es auch einen ähnlich gelagerten, dem man allerdings seine Absichten aus Angst vor der eigenen Courage auch nicht umsetzen lassen wollte und so geht es nun mit… Mehr

the NSA
7 Monate her
Antworten an  Nibelung

da verwechseln Sie aber Geschichte \& Fakten: es war genau Margret Thatcher, welche den faschistigen Generaelen der Junta (Milei’s Vice Pres. ist eine Anhaengering dieser Kriegsverbrecher), die Stirne bot und sie besiegte !

the NSA
7 Monate her

Ich habe hier geschrieben, dass man ‚Heilsbringern‘ egal ob L oder R, nie trauen darf. Ich kenne die Situation Argentina’s seit 1972 sehr gut, war ueber ein Dutzend mal dort. Das Land ist in einem Schlamassel, Staatsausgaben, Inflation, Productivity….. So ging es nicht mehr weiter; aber, Arg hat einen ueberdurchschnittlich grossen Sozialhilfe-Sektor, einzigartig in Latin America, und schaedlich fuer die Wirtschaft. Sozialhilfe und Unterstuetzungen einfach streichen zu wollen, wird zu riesigem Widerstand fuehren; in der Theorie mag das durchaus SINNVOLL sein. Kurz: Ich werde die Economy of Arg beobachten, kritisch, ohne Ideologie, wie viele von TE Commentators es machen….! A) Persoenlich… Mehr

gmccar
7 Monate her

Das gleiche würde Markus Krall durchführen, wenn er in Regierungsverantwortung käme. Da würde bei all den Schwarz-Rot-Grünen Vetternwirtschaftern und von diesen ernannte Beauftragte die schiere Panik ausbrechen.

Ohanse
7 Monate her

Man kann den Argentiniern nur wünschen, dass sie klüger sind als die linke Journaille und sich nicht wieder in den Sozialismus zurückmanipulieren lassen. Aber: Jeder ist seines Glückes Schmied.

Ombudsmann Wohlgemut
7 Monate her

Tja, langsam wird der gefeierte Liberalist für die Sozialisten wohl auch zum unbequemen „Rechtsextremen“.
Das heißt nur eines, weiter so!