Italienische Justiz: „Meloni gefährlicher als Berlusconi“

In Italien tobt seit dem Urteil zum Albanien-Modell eine offene Machtprobe. Eine geleakte E-Mail zeigt dabei deutlich, dass es der Justiz nicht um Migrantenrechte, sondern um den Kampf gegen die Regierung geht. Meloni ringt jetzt gegen die Migration – und um ihre Hausmacht.

picture alliance / ANSA | Filippo Attili - Chigi Palace Pr

Die politische Schlagseite italienischer Richter ist bereits am Sonntag Thema bei TE gewesen. Nun belegt dasselbe eine geleakte E-Mail, die die Tageszeitung Il Tempo veröffentlicht hat. Sie soll von Staatsanwalt Marco Patarnello stammen und zeigt, wie die Justiz hinsichtlich der Mitte-Rechts-Regierung denkt:

„Zweifellos war der Angriff auf die Gerichtsbarkeit noch nie so stark, vielleicht nicht einmal zu Berlusconis Zeiten. Auf jeden Fall ist es heute aus vielen Gründen ein viel gefährlicherer und heimtückischerer Angriff. Erstens, weil gegen Meloni keine gerichtlichen Verfahren laufen und sie nicht aus persönlichen Interessen, sondern aus politischen Visionen heraus handelt, was sie viel stärker macht. Und es macht ihr Vorgehen auch viel gefährlicher, da sie (…) auf eine Neufassung der gesamten Gerichtsbarkeit abzielt.“

Man könnte das fast als Stoßseufzer interpretieren: Gegen Meloni ist kein Kraut gewachsen, weil sie im Gegensatz zu Silvio Berlusconi eine weiße Weste hat. Noch, jedenfalls. Und, viel schlimmer: Die Frau ist eine Überzeugungstäterin, die nicht aus persönlicher Vorteilsnahme heraus agiert. Selten beinhaltete ein Komplott solche unbeabsichtigten Lobeshymnen. Il Tempo resümiert: Giorgia Meloni ist „Staatsfeind Nummer 1 der roten Roben“.

Patarnello gehört der „Magistratura Democratica“ an, einer linken Verbindung. Nicht ausgeschlossen, dass aber darüber hinaus ähnliche Mails gesendet werden. Patarnello hatte die E-Mail laut Il Tempo am 19. Oktober um 18.32 Uhr versendet. Eigentliches Thema: die Rückführung von Migranten aus Albanien. Ein römisches Gericht hatte mit Berufung auf EU-Recht die Überstellung von illegalen Einwanderern aus unsicheren Herkunftsländern für nichtig erklärt.

Meloni, die bei Verkündung des Urteilsspruchs auf Nahost-Reise war, hat am Montag ihr Kabinett zur Eilsitzung zusammengerufen. Sie, die als Ministerin für Jugend und Sport unter Berlusconi gearbeitet hatte, weiß sehr genau, wie die linke Opposition, die immer noch mächtige Posten in der Verwaltung und Justiz innehat, ihre Positionen für Nadelstiche und Hinterzimmerattacken nutzt.

Gerichtsurteil soll Massenmigration erzwingen
Das letzte Aufbäumen der italienischen Linken?
Mit einem Erlass schaffte das Kabinett Fakten. Derzeit umfasst die Liste der unsicheren Länder 21 Staaten. 3 davon – Nigeria, Kamerun und Kolumbien – wurden bereits gestrichen. Ägypten und Bangladesch, aus denen unter anderem Migranten kamen, die aus Albanien rückgeführt werden mussten, sind aber weiterhin verzeichnet. Laut unbestätigten Berichten soll Meloni aber die Kompetenz an sich gerissen haben, dass ihr Amt in Zukunft über die Liste bestimmen kann. Eigentlich obliegt die Zusammenstellung der „unsicheren Staaten“ dem Außenministerium. Meloni will gegen die Entscheidung des Gerichts im Notfall bis in die letzte Instanz gehen.

Der Kampf um das Albanien-Modell ist demnach eine mehrfache Machtprobe für Giorgia Meloni, bei der es um mehr als nur die Überstellung von Migranten geht. Auf dem europäischen Spielfeld geht es um die Durchsetzung eines neuen Abschiebe-Modells, was in Brüssel wie in Paris und Berlin gleichermaßen beobachtet wird, und je nach Erfolg oder Scheitern über Italiens Machtposition in der Migrationsfrage entscheidet.

Die Auseinandersetzung ist aber – wie bereits angedeutet – eher innenpolitischer Natur, und zum einen eine direkte politische Auseinandersetzung mit dem juristischen Arm des Partito Democratico, der größten linken politischen Kraft; zum anderen ein Machtkampf mit den verbliebenen Elementen in den Behörden, die ihre Stellung nutzen, um dem ideologischen Gegner möglichst großen Schaden zuzufügen, um einerseits die eigenen politischen Errungenschaften zu bewahren und andererseits das politische Klima zugunsten der Linken für die nächste Wahl zu beeinflussen.

Die linke Justiz bedient sich nun des Narrativs, Melonis Vorgehen sei prinzipiell eine Attacke auf den italienischen Rechtsstaat. Dabei ist offensichtlich, dass nicht die Regierung, sondern die Justiz hier politisch polemisiert. Die Migrationsfrage ist nicht Grund, sondern Anlass. Die eigentliche Angst besteht vor der Umstrukturierung althergebrachter Strukturen, wo die Parteigänger der Vergangenheit auf ihrem Posten sitzen. Die Angst vor der anberaumten Justizreform erlaubt Richtern und Anwälten den Missbrauch des Rechtsstaates.

Auch Meloni hat diese versteckte Macht des politischen Gegners erkannt, weshalb sie in den vergangenen beiden Jahren vorsichtig agiert hat. Nun ist die Konfrontation offen ausgebrochen und unvermeidbar. Die Römerin reagierte zügig, indem sie die geleakte E-Mail der angeblich neutralen roten Roben auf ihren Social-Media-Accounts geteilt hat. Nun weiß ganz Italien davon – wohl eher nicht zum Nachteil für die Ministerpräsidentin.

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Kommentare ( 27 )

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Mausi
2 Monate her

Angriff auf „die Gerichtsbarkeit“: Die Formulierung verschweigt die Hälfte. Nämlich, dass es um politische Entscheidungen geht, die über Menschenrechte, Klimawandel und unter dem Mantel „Gerichtsbarkeit“ den Wunsch der Wähler und das daraus folgende Recht eines Staates auf Begrenzung von Migration aushebeln.
Aber wie gesagt, es ist eine Gradwanderung. Unser BVerfGE tendiert mit Recht dazu, politische Entscheidungen „laufen zu lassen“. Eben weil es nicht die Säule unseres Rechtsstaates ist, die Politik macht. Aber im Kleinen und damit eher versteckt, macht das BVerfGE natürlich Politik. Und es versagt bei der Gradwanderung, wenn es am Ende die Freiheit eines jeden Einzelnen verkauft hat.

Last edited 2 Monate her by Mausi
luxlimbus
2 Monate her

Der „Tiefe Staat“ links-grün-woker Ausrichtung ist nicht allein das Problem Italiens. Auch bei uns dürfte sich die Mehrheitsgesellschaft rechts-liberal-konservativen Wähler, nach gewonnener Wahl, wundern, wie die neu in Gang gesetzte Prozesse auf Wiederstand stießen, und in den staatlichen „Schreibstuben“, bisweilen subtil – bisweilen vollkommen offen, mit dem revolutionären Eifer vergangener Überlieferungen, ganz selbstbewusst vereitelt würden. Nein, man muss dieser antidemokratische Sekte das Steuer, bis zum vollkommenen Niedergang, eindeutig in Händen halten lassen.

HansKarl70
2 Monate her

Wir werden immer mit den Koalitionen leben müssen, die uns der Wähler oder „auch der Souverän genannte“ präsentiert. Deshalb weg mit den Parteien. Wahlsieger ist der, der die Meisten Stimmen erreicht. Fertig! Vor allen Dingen keine Fraktionsdisziplin mehr. Der Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verantwortlich. Einen Fraktionsführer können die Damen und Herren von mir aus wählen aber politisch Macht darf sie/er nicht haben. Das wäre schon mal ein erster Schritt.

Nibelung
2 Monate her

Könnte man auch einfacher erklären, denn Meloni muß nach innen etwas liefern und gegen die Linksfront auf allen Ebenen etwas unternehmen und dazu gehört auch die Justiz, die in Italien zumeist ein Eigenleben führte und nun für sie zur Gefahr wird, wenn sie dagegen nicht angeht. Hier kommen doch immer wieder alte Animositäten durch, zwischen Don Camillo und Pepone und das wird sich erst ändern, wenn eine klare Linie herrscht und die ist bei ihr nicht zu erkennen, und das laverieren ist eine typische weibliche Angelegenheit was noch erschwerend hinzu kommt, ähnlich wie bei uns, wo man auch nicht genau… Mehr

Sonny
2 Monate her

Es ist absolut erschreckend, wie tief Europa im Morast des linksgrünen Establishments versunken ist. Das wievielte Mal hat sich eine Verschwörungstheorie als wahre Tatsache erwiesen? Kaum noch zählbar mittlerweile.
Georgia Meloni – halten Sie bitte durch!
Nicht nur die Italiener zählen auf Sie!

siebenlauter
2 Monate her

Und bei der Einrede der Befangenheit winkt dann ein ebenso linker Kollege ab …

hansgunther
2 Monate her

Genauso wird es hier kommen, sollte eine konservative Regierung gewählt werden. Die Rot-/Grünen haben die Spinnenfäden längst gesponnen. Alle relevanten Ämter und Positionen sind bereits mit ‚aufrechten Untergrundkämpfern‘ besetzt. Die Schafotte stehen gut geölt und geschärft im „Keller“ jeder Staatsinstitution von Gewicht bis hin zu Justiz und den Diensten, medial sowieso. Man ist in der Zukunft für alles gerüstet, um zu richten. Marx, Wilhelm Piek und Rosa Luxemburg, Lenin, Stalin und Mao sind nicht tot, sondern leben fort in der immer währenden Zerstörung der Demokratie.

Last edited 2 Monate her by hansgunther
Johann P.
2 Monate her

Es ist wirklich an der Zeit, daß diese linke Plage, die überall nur auf Zerstörung aus ist, ihre Grenzen aufgezeigt bekommt! Von Demokratie und Rechtsstaat haben die noch nie etwas gehalten, erst wenn diese Ideologen von ihren Trögen verjagt worden sind, kann sich die Welt wieder zum Besseren wenden. Tanti auguri Giorgia Meloni!

Brauer
2 Monate her

Ulbricht:
Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.

Laurenz
2 Monate her

Die Italienische Chef-Justiz ist aber auch bescheuert. Nutzt ihre Freiheit, um Politik zu machen. Was vor allem die Italienische Staatsanwaltschaft, die im Falle Melonis nix findet & von daher auch nicht drohen kann, von der Deutschen Staatsanwaltschaft unterscheidet: Die Italienische Staatsanwaltschaft ist unabhängiger. Anstatt nun diese Freiheit konstruktiv zu nutzen, will man den Wählerwillen beugen. Diese Italienische Freiheit basiert mutmaßlich auf der Mafia. Man mußte die Justiz von der Fuchtel korrupter Politiker befreien. Wäre Fancy Nancy für Italien zuständig, würde das sofort geändert.

Haba Orwell
2 Monate her
Antworten an  Laurenz

> Diese Italienische Freiheit basiert mutmaßlich auf der Mafia. Wenn ich sehen muss, wie etliche italienische Städte jeden Besucher immer dreister beklauen und abzocken, denke ich zwangsläufig an die Mafia – da werden unzählige Posten für Vetter finanziert. OK, dann nähern sich Italien-Urlaube dem Ende – dann aber muss nicht meine große Sorge sein, was aus dem Land wird, welches ich wohl irgendwann nie wieder sehe. Bloss sich vom Mafiastan abkoppeln, bisher via EUdSSR angebunden – TE brachte neulich einen weiteren Artikel, wie ein Herr Draghi aus Italien via EUdSSR an noch mehr Kohle anderer Länder ran will. Nach der… Mehr