Wie Macron damit beginnt, sich selbst zu demontieren

Macron will für jene zweieinhalb Jahre, für die er gewählt wurde, im Amt bleiben. Darin sehen Kommentatoren einen Ausdruck der Kluft, die sich zwischen Volk und Präsident auftut. Macron hat sich damit an der Diskussion um seinen Rücktritt beteiligt und erscheint nicht zum ersten Mal abgehoben und anmaßend.

picture alliance / abaca | Hubert Psaila Marie/ABACA
TV-Übertragung von Emmanuel Macrons Rede am 5. Dezember 2024 im Präsidentenpalast Elysee in Paris, Frankreich

Natürlich tritt er nicht zurück. Warum sollte er? Emmanuel Macron wurde 2022 zum zweiten Mal für fünf Jahre zum Präsidenten gewählt und sieht dieses Amt noch immer als eine heilige Pflicht. Ähnlich der britischen Königin, die sich stets weigerte, vorzeitig vom Thron abzutreten. Die Parallele mag unpassend erscheinen, ist aber trotzdem nicht ganz falsch: Der französische Präsident ist ein gewählter Monarch auf Zeit. Die Staatsform ist semi-präsidentiell mit einem Parlament, das dem Staatsoberhaupt Paroli bieten kann und soll. Das kann, wie jetzt, auch mit einem Unentschieden enden.

Macron ist wieder am Zug
Regierung Barnier gestürzt: Frankreich steht ohne Haushalt da
Macron bleibt aber natürlich ein fehlbarer Mensch. Er muss das Amt ehren, das ihm verliehen wurde. Einer der wichtigsten Sätze aus seiner Rede war insofern jener, in dem er die Gegner seiner Politik als „antirepublikanische Front“ bezeichnete. Macron erfindet hier kurzerhand einen neuen Begriff, um seine Gegner zu dämonisieren. Bisher gab es eine „republikanische Front“ – falsch genug, denn auch die Parteien, die man nicht im „republikanischen Bogen“ unterbringen mochte, gehören zum demokratischen Leben der Republik, auf der extremen Linken ebenso wie auf der „Rechten“ (Le Pen), die eigentlich gar nicht so rechts ist, jedenfalls nicht in wirtschaftspolitischer Hinsicht. Bürgerlich aber vielleicht in dem erweiterten Sinn, der auch die alte Arbeiterklasse mit einbezieht, soweit sie nicht revolutionär gesinnt ist.

Was aber das „Antirepublikanische“ an diesem Misstrauensvotum sein soll, das konnte auch Macron nicht erklären. Er versuchte es gar nicht erst. Sein zweiter Satz von Belang war dann eben der, dass er noch 30 Monate im Amt bleiben will, also für jene zweieinhalb Jahre, für die er gewählt wurde. Darin sehen Kommentatoren nun geradezu einen Ausdruck der Kluft, die sich zwischen Volk und Präsident heute auftut. Macron hat sich damit an der Diskussion um seinen Rücktritt beteiligt und erscheint damit nicht zum ersten Mal abgehoben und anmaßend.

Le Pen ist es gelungen, Macron vor sich her zu treiben

Festzustellen bleibt zudem: Marine Le Pen hat die Regierung, und damit auch Macron vor sich hergetrieben. Sie forderte, forderte und forderte von Barnier, und als der nicht mehr lieferte, servierte sie ihn kühlen Sinns ab. Es war natürlich logisch für Le Pen, von Barnier das Maximum zu fordern, solange sie nicht selbst an der Regierung beteiligt ist, was der RN übrigens ausgeschlossen hatte, solange man noch keine eigenständige absolute Mehrheit hat.

Macron kann diesem Machtfaktor, den das RN inzwischen darstellt, nur entkommen, wenn er Teile der Linken aus der „Neuen Volksfront“ (Nouveau Front populaire, NFP) herausbricht. Und dass das gelingt, ist noch keineswegs klar.

Die französischen Leiden am politischen Gegensatz von Präsident und Parlament werden also weitergehen. Nur bei einem ist sich Marine Le Pen allerdings sicher: Frankreich könne gar nicht untergehen, weil es schlicht ewig sei.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 27 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

27 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
joly
4 Tage her

Die Ursache bei beiden Länder ist das Schwab`sche Selektionsergebnis seiner jungen zukünftigen Führungskräfte. Indoktrinierte elitäre vom Leben gehätschelte und vom gesunden Menschenverstand befreite nach oben gepuschte austauschbare Figuren.

horrex
4 Tage her

Schöner Schlusssatz 😉 Bei uns fast nicht denkbar. Ansonsten eine einigermaßen analoge Situation offenbar wie in D: So lärmender wie lähmender Stillstand. Während „der Rest der Welt“ einigermaßen vorwärts – zumindest – geht stagnieren die zwei bedeutendsten EU-Länder nicht nur, sondern demontieren unter unverdrossener Anleitung einer Deutschen in Brüssel weiter. Alles in so gnadenloser Hybris ohne jegliche Fähigkeit zur Selbstkritik samt zero erkennbarer Reaktion wie auch eine Frau M. bei Vorstellung ihres Buche und ihr „würdiger“ Nachfolger in Amt und Würden. – Wie schreibe ich zum x-ten Mal hier schon? Es geht uns (vielen hier) hier immer noch viel zu… Mehr

uweschettler
4 Tage her

Anstatt auf Macron herumzuhacken, der einer der wenigen Vernünftigen ist, sollte man sich lieber mal anschauen, was da los ist in Frankreich. Die absolut notwendigen Reformen, die er eingeleitet hat (Rente u.a.) und umsetzen wollte, ließen sich nur schwer durchbringen, gerade wegen der Blockaden von Links und Rechts. Wenn man mit Leuten spricht, beklagen die sich über 1) Viel zu viele Faulenzer, die sich lieber in der sozialen Hängematte ausruhen als zu arbeiten; 2) Ein zu niedriges Einkommensniveau (was eben auch dafür sorgt, dass es sich im Verhältnis zur Sozialhilfe kaum lohnt); 3) Erdrückende Bürokratie, vor allem für Unternehmen; 4)… Mehr

Biskaborn
4 Tage her

LePen, das hat sie bereits mit dem Ausschluss der AfD aus ihrem Parteienverbund innerhalb der EU beweisen, agiert rein machttaktisch. Normalerweise und mit wirtschaftlichemSachverstand hätte sie Barnier stützen müssen. Der wollte Frankreichs Finanzen zumindest im Ansatz wieder ins Lot bringen. Aber nein, sie stimmt mit den Linken für dessen quasi Abwahl. Macron, der Verursacher allen Übels bleibt ungeschoren und der wird niemals zulassen, wie in Deutschland die AfD betreffend, das LePen jemals in Regierungsverantwortung kommt!

Werner Holt
4 Tage her
Antworten an  Biskaborn

„Macron, der Verursacher allen Übels bleibt ungeschoren und der wird niemals zulassen, wie in Deutschland die AfD betreffend, das LePen jemals in Regierungsverantwortung kommt!“
Solange er im Amt ist. Das wird ja irgendwann mal enden.

Wilhelm Roepke
5 Tage her

Sie schreiben: „Nur bei einem ist sich Marine Le Pen allerdings sicher: Frankreich könne gar nicht untergehen, weil es schlicht ewig sei.“ Das dachten die Karthager, der Perserkönig Xerxes, die Inkas, die Mayas, die Azteken, die Bewohner der Osterinseln, die Wikinger, das weströmische Reich, das oströmische Reich, die Herrscher des osmanischen Reiches, die Zaren, die chinesischen Kaiser, die KPdSU, u.a. über ihre Länder, Familien und Parteien auch. Das Ergebnis ist bekannt. Auch Ländern wie Frankreich, Deutschland, die USA oder Russland werden eines Tages sang- und klanglos untergehen. Ob in 100, 1000 oder 10000 Jahren wird heute keiner sagen können; aber… Mehr

Wilhelm Rommel
4 Tage her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Und wenn man die Youtube-Einspieler eines nicht ganz unbekannten Landwirtes mit britisch-deutschen Wurzeln vom gestrigen Tage aus London anschaut, gewinnt man die Gewissheit, daß das ‚Vereinigte Königreich‘ sich in absehbarer Zeit in ein ‚Vereinigtes Unterkalifat‘ verwandeln wird: Da braucht’s keine 100 Jahre mehr! Nur eine kleine Ergänzung Ihres dankenswerten Kommentars…

Volksschauspieler
5 Tage her

Mehr Schein, als Sein, da ist Macron im Vergleich zu deutschen Spitzenpolitikern sicherlich nicht allein. Diese Taktiererei für parteipolitische Vorteile, anstatt programmatisch verlässliche Politik für die Bürger zu machen, ist einfach nur erbärmlich. Für verlässliche Politik braucht es wieder echte produktive Arbeit, die ist der links-grünen Ideologie aber fremd. Außer immer mehr Steuergelder verschwenden, können sie ja nichts.

Biskaborn
4 Tage her
Antworten an  Volksschauspieler

Zumal es in diesem Fall vor allem deutsches Steuergeld maßgeblich ist!

rainer erich
5 Tage her

Ist es Zufall, dass, von gewissen Unterschieden im System und in der jeweiligen Person abgesehen, die maßgeblich vom WEF bzw Meister Schwab entdeckte und erfolgreich protegierte Politelite bemerkenswert aehnliche neufeudale, von mir aus auch monarchische oder pseudoaristokratische, zumindest aber deutlich absolutistische Zuege und Merkmale aufweist. Auch wenn jeder der Typen diese offenkundige Einstellung, logischerweise gegenueber den Untertanen, der Masse, unterschiedlich vermittelt. Trudeau und Macron, Habeck oder sogar Merkel uva zeigen die Verachtung der Untertanen mehr oder weniger getarnt und je nach narzisstischen und sonstigen psychopathologischen Problemen auf diverse Weise. Und sie erfreuen sich neben der Kritik durchaus auch einer gewissen… Mehr

Aegnor
5 Tage her

Nichts ist ewig. Auch nicht Frankreich. Auch dort bricht die Geburtenrate massiv ein. Mittlerweile sind sie schon bei 1,68 für 2023 und für 2024 wird es wohl noch weiter bergab Richtung 1,5 gehen. Zudem sind da ja noch die Millionen Mohammedaner mit Pass mit drin. Rechnet man die raus, haben die ethn. Franzosen wohl eher Geburtenraten um die 1,3. Was aber ist Frankreich ohne Franzosen?

Werner Holt
4 Tage her
Antworten an  Aegnor

„Rechnet man die raus, haben die ethn. Franzosen wohl eher Geburtenraten um die 1,3“
Auch die autochthonen Französinnen hatten vor Corona deutlich mehr Kinder als die deutschen. Dort lag die Geburtenquote bei ca. 1,8. Die der frisch Zugewanderten lag zwar deutlich höher. Aber in der 2. Generation sanken deren Quoten auf das Maß der Einheimischen.
„Auch dort bricht die Geburtenrate massiv ein. Mittlerweile sind sie schon bei 1,68 für 2023 und für 2024 wird es wohl noch weiter bergab Richtung 1,5 gehen. „
Seit Corona (Lockdown) brechen international die Geburtenquoten ein.

Armin Reichert
5 Tage her

Wurde eigentlich mal journalistisch gründlich aufgeklärt, aus welchem Loch dieser Typ damals gekrochen kam, wer seine Bewegung finanzierte und ihn zum Präsidenten machte?

Peter Pascht
5 Tage her

„Wie Macron damit beginnt, sich selbst zu demontieren“ Das sollte uns weniger besorgen als die Eskalationspirale im Ukraine Krieg. Der rusische Aussenminister Lawrow (fast namensgleich mit Stalins Aussenminister Molotow) hat der „USA und ihren Vebündeten“ gedroht, Moskaus Entschlosseenheit zu zeigen, „jedwelches Mittel“ einzusetzen, um eine „strategische Nierderlage Russland zu vehindern“. Die gleiche Droh-Eskalationsspirale wie vor dem 2WK. Die Fronten sind geklärt, „Russland“ und die „West-Allianz“ wie vor dem 2WK, nur heißen die Akteure im Westen heute anders. Diese Eskaltionsspirale und ihr Begin des Ukraine Krieges sind absolut identisch mit der Eskalationsspirale und Beginn des 2.WK., wie man das in der… Mehr

Last edited 5 Tage her by Peter Pascht
Waldschrat
5 Tage her
Antworten an  Peter Pascht

Sehr geehrter Herr Pascht, Sie mögen bei dem einen oder anderen Ssachverhalt recht haben. Ihre Stellungnahme ist aber sehr einseitig. Sie sollten mal versuchen, in beide Richtungen zu blicken (sowas kommt von sowas, was war eher da, das Ei oder die Henne?).

Peter Pascht
4 Tage her
Antworten an  Waldschrat

Ich habe nun keine Lust zum Kafferquatsch.
Ich muss da nirgends hinblicken denn was ich schrieb sind nur die Aufzeälung von Fakten die stammen einzig und allein aus geschichtlichen Quellen, ganz ohne meine persönliche Meinung.
Um Recht haben geht es da gar nicht.
Sie hingegen haben nur viel Meinung, viel ahnungslose Meinung,
denn fachlich mit Wissen mitreden können sie nicht.
Warum schweigen sie deswegen nicht ?
Was treibt Menschen wie sie an, ihre Meinung darzutun zu Dingen von denen sie keine Ahnung haben?

Last edited 4 Tage her by Peter Pascht