Fusionskraftwerk in den USA soll ab 2027 erstmalig Strom erzeugen

Im US-Bundesstaat Massachusetts soll demnächst erstmals auf der Welt Strom aus der Energie erzeugt werden, die bei der Kernfusion frei wird. Fusionskraftwerke produzieren Strom, ohne Schadstoffe zu emittieren. Bei einer Störung schalten sie sich selbstständig ab, sodass schwere Unfälle nahezu unmöglich sind. Von Wolfgang Kempkens

Commonwealth Fusion Systems

Das kleine Unternehmen Commonwealth Fusion Systems in Cambridge (CFS) bei Boston, hervorgegangen aus dem berühmten Massachusetts Institute of Technologie, ist drauf und dran, die Weltelite der Fusionsforscher zu überholen und alt aussehen zu lassen. Während Letztere seit 2007 in Cadarache nahe Marseille Iter bauen, das weltweit größte Fusionsreaktorexperiment, das Mitte der 2030er Jahre in Betrieb gehen, aber noch keinen Strom erzeugen soll, will CFS damit bereits 2027 anfangen.

Die Prototypanlage Sparc, die derzeit in Devens im Bundesstaat Massachusetts gebaut wird, soll dann erstmals auf der Welt Strom aus der Energie erzeugen, die bei der Kernfusion frei wird. Schon drei Jahre später plant das Unternehmen die Inbetriebnahme des ersten kommerziellen Fusionskraftwerks, das eine elektrische Leistung von 400 Megawatt haben soll – Sparc kommt auf 140 Megawatt. Gebaut wird es im James River Industrial Park außerhalb von Richmond im Bundesstaat Virginia. Partner ist der örtliche Stromversorger Dominion Energy. 400 Megawatt reichen für die Versorgung von 150.000 US-Haushalten.

Während alle bisherigen Fusionsreaktoren vom Typ Tokamak – Beispiele sind Iter und das europäische Großexperiment Joint European Torus (Jet) im britischen Culham, das seit 1983 in Betrieb ist – mit mächtigen Elektromagneten ausgestattet sind, die konventionelle Spulen haben oder solche aus klassischen Supraleitern, setzen die Amerikaner auf Hochtemperatur-Supraleiter (HTSL).

Diese müssen weit weniger aufwändig gekühlt werden und sind weitaus kleiner, obwohl sie tendenziell stärkere Magnetfelder erzeugen. Diese halten das sogenannte Plasma im Zaum, in dem die Fusion und damit die Energieerzeugung stattfindet. Supraleiter sind Materialien, die Strom leiten, ohne ihm Widerstand entgegenzusetzen – einmal eingespeist kreist er für alle Zeiten in den Spulen.

Das Plasma besteht aus elektrisch geladenen Molekülen der Wasserstoffisotope Deuterium (schwerer Wasserstoff, dessen Kern zusätzlich ein Neutrum enthält) und Tritium (überschwerer Wasserstoff, der ein zweites Neutron enthält) sowie frei umherschwirrenden Elektronen. Es befindet sich in einem ringförmigen schlauchartigen Behälter, dem Torus. Durch elektromagnetische Wellen und andere Heizsysteme wird es auf eine Temperatur von vielen Millionen Grad Celsius aufgeheizt.

Die Magnetkräfte sorgen dafür, dass die unvorstellbar heißen Teilchen die Wände nicht berühren. Das würde sie im Bruchteil einer Sekunde zerstören. Außerdem drängt es die Moleküle zusammen. Erst wenn sie einen bestimmten Mindestabstand unterschreiten, können sie miteinander verschmelzen und Energie in Form von Wärme erzeugen. Diese wird genutzt, um Wasser zu erhitzen. Der entstehende Dampf treibt dann einen Turbogenerator zur Stromerzeugung an.

Der Einsatz von HTSL ermöglicht es, den Torus weit kleiner zu bauen als etwa beim Iter. Das könnte es erleichtern, die Kerne der Wasserstoffisotope so nah zueinander zu treiben, dass sie fusionieren müssen, sodass das Ziel erreicht wird, mehr Energie zu gewinnen als beim Aufheizen des Plasmas verlorengeht. „Das wird ein Wendepunkt für die Kernfusion sein“, sagt CFS-Mitbegründer Dennis Whyte, Professor für Ingenieurwesen am MIT. „Es gibt das Tempo im Wettlauf um kommerzielle Fusionskraftwerke vor. Das Ziel ist es, Tausende dieser Kraftwerke zu bauen und die Welt zu verändern.“

Fusionskraftwerke produzieren Strom, ohne Schadstoffe zu emittieren. Bei einer Störung schalten sie sich selbstständig ab, sodass schwere Unfälle wie bei Kernkraftwerken, die auf Atomspaltung basieren, nahezu unmöglich sind. Zwar entsteht auch in Fusionsreaktoren Atommüll, doch der ist, anders als der von heutigen Kernkraftwerken, nur wenige 100 Jahre lang gefährlich.

Dass Sparc und der kommerzielle Nachfolger tatsächlich funktionieren ist allerdings noch nicht ausgemacht. Martin Greenwald, stellvertretender Direktor des Plasma Science and Fusion Center am MIT und Sparc-Projektleiter, sagte gegenüber der „New York Times“, die Forschung „bestätigt, dass das Design, an dem wir arbeiten, sehr wahrscheinlich funktionieren wird“.

Illustration und Video: https://www.borntoengineer.com/mit-engineers-believe-their-fusion-reactor-design-is-very-likely-to-work
Illustration: https://cfs.energy/technology/sparc

Wolfgang Kempkens studierte an der Techni­schen Hochschule Aachen Elektrotechnik. Nach Stationen bei der „Aache­ner Volkszeitung“ und der „Wirtschaftswoche“ arbeitet er heute als freier Journalist. Seine Schwer­punkte sind Energie und Umwelt.


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Kommentare ( 31 )

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Wilhelm Roepke
3 Stunden her

Vorsicht, diese Meldung könnte auch PR zur Beschaffung von Venture Capital sein. HTSL kannte man schon in den 80er Jahren vor der Wende.

Ornhorst
8 Stunden her

Man muss ja für den Robert um die Ecke komplexe technische Zusammenhänge auf einfache Dinge herunterbrechen, Manches weglassen, damit der Robert nicht gleich weiter klickt. Aber ohne viel zu komplizieren kann man ruhig schreiben, dass bei den sehr hochsommerlichen Temperaturen überhaupt keine Moleküle mehr vorhanden sind, weil die Teilchen total verrückt spielen und von einem Partner zum nächsten hopsen. Die ganze Bude ist derartig überhitzt, dass es denen total egal ist, wem der Ehering gehört, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und genau dadurch kommt es ja zu Begegnungen, die fern jeder Moral und Menschlichkeit sind und die man hier… Mehr

Last edited 8 Stunden her by Ornhorst
Matthias F.
9 Stunden her

Selbst wenn es tatsächlich irgendwann funktionieren sollte, hätten wir in Deutschland nichts davon. Die Straßen, Brücken und Eisenbahnschienen wären nicht in der Lage, die notwendigen teile zum Zielort transportieren zu lassen. Denn bis es soweit ist, vergeht noch zu viel Zeit, dass der linksgrüne Zeitgeist an der Zerstörung der Infrastruktur weiter wirken kann. Abgesehen davon, dass es dafür kein Geld mehr geben wird.

Last edited 9 Stunden her by Matthias F.
epigone
9 Stunden her

Sorry, aber dieser Text ist wirklich inhaltlich überaus ärmlich und reicht noch nicht einmal an einen anspruchsvollen Mittelstufen-Schulbuchtext heran! Inhaltlich bietet er nicht einmal ansatzweise einen Einblick in die Herausforderungen der Kernfusion und konzentriert sich auf den vermeintlich entscheidenden Unterschied durch Einsatz supraleitender Magnete. Allein die Aussage, dass supraleitende Magnete Arbeit zu verrichten vermöchten, ohne dabei Energie zu verbrauchen, lässt jedem Physiker die Nackenhaare zu Berge stehen! Das ist der Unfug, ja gröblich Unsinn, aus dem die üblichen Alternativ-Energiemärchen gemacht werden. Tatsächlich ist für die Beurteilung einer Kernfusion und ihrer Effizienz der Q-Gesamt-Faktor maßgeblich, der aus dem Quotienten zwischen Energieertrag… Mehr

Last edited 9 Stunden her by epigone
jsdb
11 Stunden her

Na, dann mal viel Erfolg!
Der Wettbewerb und die wirtschaftlichen Erfolgschancen im freien Wettbewerb spornen an…
Viel Glück, die Menscheit kann funktionierende Fusionsreaktorn wirklich brauchen!

Ohanse
11 Stunden her

Wenn’s funktioniert, wird’s in Deutschland verboten. Kann doch nicht sein, daß den Windstromabsahnern und PV-Profiteuren die Einnahmequelle stillgelegt wird. Solange das Vermögen nicht vollständig von unten nach oben umverteilt ist, kommt das nicht in die Tüte. Merz schielt ja schon ganz unverhohlen auf die Sparguthaben der Deutschen zwecks „Mobilisierung“ (Enteignung) derselben.

Last edited 11 Stunden her by Ohanse
Manuela
11 Stunden her

Deutschland: 173 Lehrstühle für Gendergaga, 8 Stellen für Kernforschung (Welt, 20.09.23)
USA: siehe obigen Artikel

Teiresias
11 Stunden her

Wenn das alles sooo bald Realität wird, dann ist der grüne Traum der CO2-freien Wirtschaft ja bald Realität, der derzeitige Niedergang nur eine vorübergehende Durststrecke, die bald überwunden sein wird und Habeck und Konsorten hätten völlig Recht, die böse CO2-Wirtschaft zu zerschlagen.

Nur gut, daß da niemand ein Interesse an Propaganda hat, sonst könnte man da glatt misstrauisch werden.

h.milde
12 Stunden her

Klingt schön & interessant, aber woher kommt soviel Deuterium & Tritium-Brenn/Fusionsmaterial um dutzende, hunderte-tausende kleine & günstige FRs übrer Jahrzente – Jahrhunderte zu betreiben? -ernst gemeinte Frage!- Schaunmermal, ich denke bis die Brennstofffrage geklärt ist, werden wohl DFRs und/oder SMRs oa. -hoffentlich!- die weltweit erforderliche Energievesorgung va. mit schon vorhandenem Material -vulgo „Atommüll-“ sicherstellen können. „weltweit“? Pardon! Nein, nur ein winzig kleiner Flecken Land auf der Erde, voll von unbelehrbar linksGRÜNsuizidalen Deppen & Sympathisanten, weigert sich möglichen Fortschritt, Freiheit & Frieden zu folgen. Stattdessen bauen sie zigtausende Windrädchen & Sonnenspiegel auf kostbarsten Feldern & Wäldern die sonst LEBENSmittel produzieren zugunsten… Mehr

Peter Pascht
12 Stunden her

Mehr als „soll“ Utopie kann ich im Artikel nicht lesen. Soweit waren wir schon. Als doch, noch immer kein experimental funktionierenden Fusionsreaktor. Also alles doch nur Zukunftsmusik. Das nach wie vor ungelöste Problem bei den „Ring-Fusionreaktoren“ ist die Formstabilität des Plasma-Ringes. Dieser beginnt sich wellenartig zu deformieren mit steigender Amplitude bis das Millionen Grad heiße Plasma die Ringwand berührt. Das ist ein elektomagnetischer Rückkoplungseffekt zwischen dem Magnetfeld des Ringes und dem Magnetfeld des Plasmas. Diese beiden gehen in Resonanz. Weiteres Problem, Deuterium und Tritium sind äusserst selten, es gibt nicht genügend Deuterium und insbesondere Tritium auf der Wetl, die beide… Mehr