Vor einer Weile nach einem Kommentar gefragt, ob er zur neuseeländischen Lage in Covid-Zeiten ausführlicher Stellung nehmen wollte, hier nun der Beitrag von TE-Leser Klaus-Peter Kurz: Ist's denn aber wirklich so schlimm?
Als ich im Jahre 1983 zum erstenmal als Segler das “Land der langen, weißen Wolke” am blauen Horizont auftauchen sah, fühlte ich nach zehn Tagen Seefahrt über der Erde größten Ozean diese Abgeschiedenheit des alten Archipels körperlich. Ja, es ist in der Tat fern am Ende der Welt, “janz weit draußen”, wie der Berliner sagen würde. Damals wie heute, nach 38 Jahren, hat sich an diesem Eindruck nichts geändert. Wer noch nicht dort war, wird vielleicht Schwierigkeiten haben zu verstehen, wie dies überhaupt möglich sein könnte bei einem immerhin modernen Land des 21. Jahrhunderts. Daher lassen Sie sich kurz hierher entführen:
Stellen Sie sich zunächst vor, Sie fahren von Kiel nach Hamburg. Dabei durchquert man bekanntlich drei voneinander nicht allzu sehr abweichende Landschaftsformen. Eine ähnlich lange Strecke auf der hiesigen Südinsel kann jedoch folgende Kontraste bieten: Küstenebene mit Brandungszone, Hartlaubgewächse, steppenähnliche Leeregion mit Tussockgräsern, tiefe Flußcanyons, steile Berghänge mit Paßstraßen und alpine Regionen. Plötzlich steht die Kette der schneebedeckten Südalpen vor dem Fahrer, und wenige Kilometer weiter spiegelt ein ruhiger Bergsee ihre Gipfel. Herbstlaub weht über die Straße, und ein Schild verkündet “Arrowtown 6 km, Goldgräbersiedlung.” Oder Invercargill, wie buchstäblich am Ende der Welt gelegen: Kalt, windumtost, eintöniges Stadtbild inmitten von Flußwatten.
In lediglich sieben Großstädten leben etwas mehr als 2,6 Millionen, d.h. mehr als die Hälfte der Einwohner des Landes. Die übrigen 2,3 Millionen leben in 13 Kleinstädten mit zusammen 712.000, der große Rest mit fast 1,6 Millionen jedoch in ländlichen Gegenden. Und genau dieser Sachverhalt unterstreicht die “splendid isolation” des Inselstaates, denn was in Auckland, Christchurch und Wellington zusammen genommen 2,2 Millionen Menschen betrifft, tangiert die große Mehrheit auf dem Lande wenig. Dort ist man unter sich und schimpft gar auf die Städter, die den manchmal geradezu hinterwäldlerischen Charakter der sehr bodenständigen Kiwis stören könnten. So wie jetzt, wenn zwar widerwillig verstanden wird, warum dichte städtische Siedlungen abgeschottet werden sollen, aber man keinen Sinn darin sieht, auf dem spärlich besiedelten Land das tägliche Leben drastisch zu erschweren.
Doch unter Jacinda Ardern, ihrer Labour Party und den “Greens” (den hiesigen, ebenfalls schwer behinderten Grünen) und dann seit letztem Jahr, bedauerlicherweise wegen der rein von “Labour” gestellten Regierung, ist dies nicht geschehen. Die zu unrecht hoch gelobte “Jacinda the Great” hat dem Land einen Bärendienst erwiesen mit den beiden bisherigen und strikten Lockdowns. Ein Land in einer derartig glücklichen geographischen Lage und mit einer wie beschriebenen Bevölkerungsverteilung hätte dies nicht nötig gehabt. Keinesfalls.
Nun, geschehen ist geschehen, und was man von einer sozialistischen “Führung” erwarten kann, muß in einem deutschen Forum kaum weiter erläutert werden. Dennoch: Erst vor wenigen Tagen wurde z.B. klipp und klar nachgewiesen, wie in nur einem “Covid-Jahr” die finanziellen Reserven aus 30 Jahren vernichtet worden sind, Tendenz: steigend.
Die Wirtschaft ist eindeutig gefährdet: Der größte Exportartikel, der internationale Tourismus, wurde ausgelöscht. “Neuseeland fällt hinter die überwiegende Mehrheit seiner OECD-Partner in praktisch jeder sozialen und wirtschaftlichen Maßnahme zurück, die wichtig ist“, sagte erst gestern Roger Douglas, ein früherer “treasurer” (Schatzmeister), immerhin von der Labour-Party. Die Aucklander Massey-Universität schätzt, daß die Wirtschaft um 16% im zweiten Viertel des Finanzjahres fallen wird, während die Vorhersage der Regierung – wer hätte anderes erwartet? – nur von einem 4,6 prozentigen Rückgang spricht.
„Das wirkliche Problem mit der Ardern-Regierung ist, dass sie keine Ahnung haben, außer wie man Steuergeld verschwendet auf Dinge, die unnötig sind“, sagte Douglas gegenüber der Zeitung “The Australian”. Der gezielte „Investitionsansatz“ für Wohlfahrt, begonnen als der frühere Premierminister Bill English (National Party) Schatzmeister war, wurde zugunsten eines bedingungslosen Ausgabenfreibriefs verworfen. Beispielsweise eine Covid-bedingte Lohnsubvention in Höhe von 12 Milliarden Dollar: Etwa ein Drittel davon ging als eine Spende an Menschen, die sie nicht brauchen, nämlich an wohlhabende Anwälte oder Buchhalter.
„Um das Vertrauen internationaler Investoren zu erhalten, müssen wir in unseren grundlegenden Wirtschaftsinstitutionen blitzsauber bleiben“, sagte Oliver Hartwich, Geschäftsführer der New Zealand Initiative. “Aber nicht einmal Mexico, Nigeria und Venezuela sind gegenüber dem Rest der Welt so verschuldet wie Neuseeland heute.” Dies alles zeigt, wie fragwürdig die drakonische Reaktion der Regierung auf das Corona-Virus war. Wie gesagt, handelt es sich bei Neuseeland um eine Inselfestung, umgeben von einem gewaltigen Wassergraben mit einer vergleichsweise winzigen Bevölkerung, die sich über eine Fläche von der Größe Italiens erstreckt. Trotz dieser offensichtlichen Vorteile “war und ist die Strenge der Lockdowns – angeblich – größer als in praktisch jedem anderen Land,” so die Blavatnik School of Government der Oxford University. Dabei waren die Todesfälle pro Million Einwohner die gleichen wie in Australien: – Ganze vier! Man ist geneigt, dies lächerlich zu finden, und natürlich ist es das, besonders weil gleichzeitig alle zeitgleichen Statistiken zu normalen Grippefällen verschwunden sind. Honi soit qui mal y pense?
Community groups wie “Voices for Freedom,” “Groundswell” u.v.a.m, wie auch mutige (ja, die gibt es noch!) Politiker “speak up” und vereinen sich zu teilweise spektakulären Protestaktionen gegen “the toothless wonder”, wie Jacinda Ardern von immer mehr Menschen genannt wird. Ihre Umfragewerte fallen mittlerweile dramatisch: “The latest Newshub Reid Research poll has Labour down 11 points to 41 percent while the National Party is up 4 points to 32 percent. ACT is up to 12 percent.” Man spricht bereits von Neuwahlen.
Der Kiwi ist aufgewacht! Denn ungeschminkter Sozialismus ist seinem Wesen fremd. Fairplay, Geradlinigkeit und Nationalstolz sind seine Tugenden, auf die er besonderen Wert legt. Inzwischen weiß er, daß er den falschen Göttern geglaubt hat. Gestern fuhr ich an den Strand, von wo ich mit meinem Dinghy mein weit draußen verankertes Boot erreichen kann. Ich war gerade auf dem Weg zum Wasser hinunter, als Mike, unser Dorfpolizist, mich anhielt. Keiner von uns beiden trug eine Maske. “You don’t want to go onboard?” fragte er mich. “You know this is prohibited during lockdown, don’t you?” “Warum?” “Na, was ist, wenn du einen Herzinfarkt bekommst?” (Man kann sehen, daß ich nicht mehr der Jüngste bin!) “Du bringst dann die Rettungsteams in Ansteckungsgefahr!” “Glaubst du im Ernst, daß ich mit einem Herzinfarkt dort draußen noch jemanden zur Hilfe rufen kann?” “Well, then fuck off and enjoy yourself!” Man nennt das hier “Common sense”, und wie man sieht, sind unsere Behörden noch nicht vollkommen verblödet. Ob man dies auch von ihren deutschen Kollegen sagen kann?
Sollte es sich jedoch herausstellen (ich selbst gehe davon aus), daß es sich bei der neuen Pest um etwas handelt, das man eher in den Bereich der Massenpsychosen und -Hysterien – oder Schlimmerem – einzuordnen hat und daß die Beurteilung vieler totgeschwiegener Experten zutrifft, dann allerdings hätte Kiwiland ungleich bessere Karten als der Rest der Welt. Schon deshalb, weil es dann wegen der geringen Zahl der gegenwärtig gentherapierten “Geimpften” die echten Gefahren “so weit ab vom Schuß” elegant ausgesessen hätte. Wofür die jetzige Regierung, ganz unverdient, aber wie zu erwarten, erneut das Lob der Bevölkerung beanspruchen würde.
Klaus-Peter Kurz, Jahrgang 1948. Ex-Marineoffizier. Nach Ausscheiden aus dem Dienst aus politischen Gewissensgründen, Studium der Geologie, Ozeanographie und Geographie, Diplom-Abschluß. Berufstätigkeit in Chile und Neuseeland, seit 1991 in Russell, Bay of Islands, NZ ansässig, seit 2016 neuseeländischer Staatsbürger. Verheiratet. Weltumsegler, Autor bei Ullstein und Principal. Interessen: Navigation, Naturwissenschaften, Geschichte.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Ich bin auch erstaunt und erschüttert, was sich ausgerechnet die freiheitsliebenden Australier und Neuseeländer alles gefallen und bieten lassen.
Nun ja, was passiert wenn Sozialisten einen Wüstenstaat regieren? Zwei Jahre lang geht alles gut. Dann wird der Sand knapp. Man kann diesen Hirnis einfach nichts anvertrauen. Sie ruinieren alles in Rekordzeit. Dennoch bleibt diese Idiotenideologie ewig jung, genau wie die menschliche Dummheit.
Fuck off and enjoy yourself. Das gefällt mir. Der eine oder die andere in der Regierung sitzende sollte diesem Rat folgen.
Alles richtig gemacht: nach Neuseeland ausgewandert, als es noch ging.
Fragen wir doch die „laenger dort lebenden“ ob noch mehr Pakehas gewuenscht sind. Nach meiner Erfahrung nicht.
Auckland ist auch heute noch „just an oversized village but tries to look like a city.“ Aber was Sie zu „the toothless wonder“ sonst sagen, stimmt. Allerdings haben, wie gesagt, viele Kiwis dies inzwischen erkannt.
Guter Bericht, interessanter Einblick. Verstörend die Haltung von den sog. Politikerinnen.
Einen herzlichen Dank für diesen hochinteressanten Einblick. Von Neuseeland bekommt man auf der exakt anderen Seite dieses Globus ja leider nur sehr wenig Hautnahes mit. Diese Wissenslücke hat dieser Artikel nun dankenswerterweise kompensiert. Was auffällt: Obwohl Neuseeland so dünn besiedelt ist und dort der Platz zwischen den einzelnen Bewohnern doch so groß und weit ist, dass sie problemlos Distanz halten können, betreibt Ardern offenkundig eine Politik, die auf dicht besiedelte Metropolen auf der anderen Seite des Globus ausgelegt ist. Warum? Es ergibt doch überhaupt keinen Sinn. In den mit Menschen überfrachteten Megacitys in Europa und den USA, sowie besonders auch… Mehr
Agenda 2030 und Great Reset, die Ballungsraeume sollen kontrolliert werden und dort will man weiter verdichten.
Die Ballungsräume weiter zu verdichten, führt zu mehr Menschen auf der gleichen Landmasse, was wiederum zu folgendem führt: rasant steigenden Mietpreisen verbauter Landschaft durch mehr Wohnraum zerstörter Natur infolge der Baumaßnahmen mehr Umweltverschmutzung am selben Ort mehr soziale Ungleichheit mehr Konkurrenzdruck um die begrenzten Ressourcen mehr Armut mehr Potential für Seuchen und Pandemien mehr Konfliktpotential durch drangvolle Enge mehr Rassismus und Tribalismus aus gleichem Grund mehr Gewalt und Kriminalität aus gleichem Grund mehr Kontrollmaßnahmen, also mehr Gängelung, um die vorgenannten Punkte auszugleichen Was in der Konsequenz all dieser Punkte nicht nur zu revolutionärem Potential in Richtung Kommunismus/ Faschismus führt, sondern… Mehr
So ist es!
Noch was: Das hochwertigste Exportgut das das Land hat ist längst nicht mehr Wolle oder Schaffleisch (seit einigen Jahren auch überdurchschnittlicher Wein). Das sind gut ausgebildete junge Leute!!!
Meine Erinnerung an NZ ist:
„Jeweils das Beste aus GB und den USA.“
Auch in einem Land mit schwacher medizinischer Infrastruktur ist Corona für die arbeitende Bevölkerung ein kaum größeres Risiko als jede jährliche Grippeepidemie. Wie man in Italien und Schweden beobachten kann, wütet das Virus in den Altenheimen und killt tatsächlich viele, viele multimorbide Menschen in der 9. und 10. Lebensdekade, was für die Wirtschaft eines Landes nur geringe Auswirkungen hat. Ein Virus mit einer Infektionsmortalität von 0.3 bis 1.3% ist eben kein Killervirus wie die Pocken (Infektionsmortalität 30%). Empathie und Mitleid mit den Hochbetagten erfordern Lockdown und andere heroische Maßnahmen.
Ich fasse – für mich – zusammen:
Das Gefährlichste ist nicht das Virus (an sich). Das Gefährlichste daran ist dass einige internationale Opinion-Leader das Virus schamlos zur Erzeugung einer Massen-Psychose ausnutzen. –
Eine alte Freundin – aus einer Politiker-Familie stammend – brachte es im März 2020 auf den Punkt: „Ein Politiker der nicht refkexhaft/schlagartig begreift welche Chance ihm das Virus per Erzeugung einer Massenpsychose bietet seine Macht deutlich auszubauen, der hat den Beruf gründlich verfehlt.“
Man kann im Zusammenhang Weltwirtschaft nur auf die Bücher und Vorträge des Herrn Ernst Wolff verweisen.
Danach ist man um einiges schlauer und weiß was von langer Hand zukünftig geplant ist.
Speziell dieser Vortrag ist erschütternd aber sehr aufschlussreich:
https://www.youtube.com/watch?v=u70FHw_3y1Q