Jetzt will Israel der UNRWA den Stecker ziehen

Es ist eine historische Entscheidung, die das israelische Parlament, die Knesset, am Montag getroffen hat: Nach Jahrzehnten der Zusammenarbeit soll das UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) schon bald nicht mehr auf israelischem Staatsgebiet aktiv sein dürfen. Zudem soll „jeder Kontakt“ staatlicher israelischer Stellen zur UNRWA beendet werden.

IMAGO

Mehrere entsprechende Gesetzesentwürfe waren seit Monaten in der Knesset diskutiert worden. Letztlich passierten zwei von ihnen am Montag das Plenum. Sie treten drei Monate nach Verkündung in Kraft.

UNRWA existiert seit 1949, allein zu dem Zweck, sich um palästinensische Flüchtlinge in den an Israel angrenzenden arabischen Staaten, später dann auch den sogenannten Palästinensergebieten zu kümmern. Seit 1967 operiert UNRWA auch unter israelischer Autorität, weil Israel damals das Westjordanland, den Gazastreifen und Ostjerusalem einnahm. Basis der Kooperation zwischen UNRWA und Israel war bislang unter anderem ein Notenwechsel zwischen den Seiten im Juni 1967. Diese Übereinkunft, in der Israel seinerzeit „volle Kooperation“ zugesagt hatte, soll nun aufgekündigt werden.

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Wenn dies tatsächlich so umgesetzt wird, wären die Folgen für UNRWA dramatisch – es könnte der Anfang vom Ende der Organisation bedeuten. In Ost-Jerusalem dürfte die Einrichtung, die sich etwa um Schulen und humanitäre Hilfe aller Art kümmert, grundsätzlich nicht mehr aktiv sein, denn Israel betrachtet dies als Teil seines Staatsgebietes. Aber auch im Westjordanland und im kriegsgebeutelten Gazastreifen wären Aktivitäten kaum mehr möglich, da Israel hier Besatzungsmacht ist, deren Vertreter dann aber nicht mehr mit UNRWA kooperieren würden. Allein in den arabischen Nachbarstaaten könnten die UNRWA-Aktivitäten wie gehabt weitergehen.

Hintergrund der Maßnahme ist die über Jahre angestaute Wut in Israel über das Palästinenserhilfswerk. Sie war bereits vor Kriegsausbruch am 7. Oktober 2023 groß, hat sich seitdem aber noch potenziert. Dabei bringt Israel immer wieder zwei unterschiedlich gelagerte Vorwürfe gegen UNRWA vor. Der erste Vorwurf lautet, die Organisation trage nichts zur Lösung des Konfliktes bei, sondern stelle ihn – im Gegenteil – auf Dauer, weil es die Palästinenser permanent in einem Flüchtlingsstatus und in Abhängigkeit von internationalen Hilfen halte.

Drastischer ist der zweite Vorwurf, den ein Abgeordneter am Montag so formulierte: „UNRWA ist keine Hilfsorganisation für Flüchtlinge, UNRWA ist eine Hilfsorganisation für die Hamas“. Tatsächlich ist belegt, dass das UN-Werk tief in palästinensischen Terror verstrickt ist – auch das bereits vor dem 7. Oktober. Dennoch lösten die Nachrichten darüber, dass UNRWA-Mitarbeiter direkt an diesem Massaker beteiligt waren, in Israel noch einmal neue Schockwellen aus. Die UNRWA musste die Vorwürfe in verschiedenen Fällen immer wieder selbst bestätigen, stellt sie aber zugleich als angebliche Einzelfälle dar.

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In Israel ist die Kritik an UNRWA parteiübergreifend, wie sich auch bei der Abstimmung über die beiden Gesetze am Montag zeigte: Die Zustimmung war jeweils deutlich und ging weit über die Grenzen der rechtskonservativen Regierungskoalition hinaus. So hat sich etwa auch Jair Lapid, der liberale Oppositionsführer und harte Netanjahu-Kritiker, hinter die Gesetzgebung gestellt. Diese war insofern eine innenpolitische Notwendigkeit.

Außenpolitisch könnte sie Israel allerdings erhebliche Probleme bereiten. Das Land steht sowieso unter internationalem politischen Druck und dem Druck internationaler Gerichte (Stichwort: angeblicher „Völkermord“). Immer wieder wird insbesondere der Vorwurf laut, Israel lasse zu wenig humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Entsprechend groß ist die Kritik am UNRWA-Tätigkeitsverbot, auch aus den USA und Deutschland.

Noch vor Verabschiedung des Gesetzes hatten mehrere Außenminister, darunter Annalena Baerbock, in einer gemeinsamen Stellungnahme vor „vernichtenden Auswirkungen“ auf die humanitäre Lage, insbesondere im nördlichen Teil des Gazastreifens, gewarnt. Luise Amtsberg, grüne Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt, erklärte am Montag zudem, das UNRWA-Tätigkeitsverbot sei „ein gefährliches Signal der Missachtung der Vereinten Nationen und der internationalen Zusammenarbeit“.

Das Problem: Die westliche Welt, Europa und ganz konkret auch Deutschland sind für das Desaster direkt mitverantwortlich. „Israel hat das volle Recht, gegen UNRWA vorzugehen, nachdem die internationale Gemeinschaft versagt hat“, argumentierte am Montag eine Knesset-Abgeordnete. Tatsächlich hat ein Großteil der Staatenwelt das Ausmaß der strukturellen Probleme bei UNRWA über Jahre hinweg bis heute ignoriert und kleingeredet und sich entsprechend nicht um den Aufbau alternativer Strukturen gekümmert.

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So hätte etwa schon 2018 ein einmalige Gelegenheit zu einem grundsätzlichen Kurswechsel bestanden, als Donald Trump der UNRWA 2018 die Gelder des USA strich. Stattdessen unterwanderte Deutschland Trumps Maßnahme, in dem es seine eigenen finanziellen Zusagen massiv steigerte.

Im Grunde ist es immer derselbe Mechanismus: Wenn neue Enthüllungen über Terrorverstrickungen ans Tageslicht kommen, tun auch westliche Regierungen stets entsetzt, suspendieren gegebenenfalls ihre Hilfsgelder, kündigen Überprüfungen und Untersuchungen an, an deren Ende dann stets dasselbe Ergebnis steht: UNRWA müsse weiter finanziert werden. Grund: Es gebe keine Alternative und das Hilfswerk habe ja auch Reformen versprochen. Es ist ein grandioser Selbstbetrug, der die eigene Untätigkeit, gepaart mit eklatanter Hilflosigkeit, kaschieren soll. Das Resultat: Israel sieht sich auf sich alleine gestellt – und hat nun die Reißleine gezogen.

Juli Edelstein aus der Likud-Partei von Premier Benjamin Netanjahu sagte am Montag mit Blick auf die Lage in Ostjerusalem, der israelische Staat werde sich darum kümmern, die Hilfen von UNRWA zu ersetzen. Es bleibt abzuwarten, wie dramatisch die Auswirkungen auf die humanitäre Lage am Ende tatsächlich sein werden, zunächst aber auch, ob die israelische Regierung das Tätigkeitsverbot überhaupt konsequent umsetzt. Klar ist indes eines: Wer für etwaige humanitäre Folgen Israel die alleinige Verantwortung zuschiebt, macht es sich – mal wieder – zu einfach.

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Kommentare ( 27 )

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Timur Andre
1 Monat her

Colonel Douglas McGregor hat unter Trump gedient: This ends only one way.
Richtig, wenn eine Seite eine vollkommene Niederlage erfährt

Moses
1 Monat her

Eine sehr wichtiger Aspekt wird hier nicht erwähnt. UNRWA übte fast alle wirtschaftlichen Funktionen in Gaza aus und befreite damit Hamas von diesen Sorgen, damit HAMAS mit der Vorbereitung und Durchführung terroristischer Aktivitäten ungestört sein könnten. Ohne UNRWA müsste sich die Hamas um all dies kümmern, was bei den Bewohnern von Gaza sofort dazu führte, dass HAMAS nicht so beliebt würde. Es gäbe auch keine Zeit, sich auf den Terrorismus einzulassen. Und mit Geld wäre es schrecklich: Statt Tunnel zu bauen, müsste man das Geld für Brot den Bewohner von Gaza kaufen. Es ist gut, dass es im Westen so… Mehr

maru
1 Monat her

Ein Volk der „Palästinenser“ gibt s schon mal gar nicht da es auch keinen vererbbaren Flüchtlingsstatus gibt.
Hätten die deutschen Vertriebenen sich nach WK II so aufgeführt, würden heute noch Bomben auf Breslau, Danzig und Stettin fallen.
Die Deutschen mussten sich damit abfinden, daß ein Teil des Landes jetzt zu Polen gehört.
Und das Gleiche erwartet die Welt endlich auch von der Bevölkerung in Gaza – nämlich daß sie endlich Ruhe gibt und alle anderen drumherum – besonders in Israel – ein Leben in Frieden führen läßt.

bfwied
1 Monat her

Israel hat jedes Recht dazu u. v. a. die Begründung zu diesem Schritt. Eine Bevölkerung, die weitestgehend hinter der Terrororganisation steht, die im Übrigen die PLO-Vertreter gnadenlos liquidierte, kann man nicht unterstützen, wenn das Geld in den Terror fließt u. sie sich seit 76 Jahren als Flüchtlinge ausgeben und sich pampern lassen, statt das Siedlungsgebiet aufzubauen, um den Lebensunterhalt und die Entwicklung zu finanzieren. Sie brannten die 2005 von den Israelis angelegten u. ihnen überlassenen Orangenhaine nieder, sie ließen den von Europa, insb. von D., gespendeten Flughafen verkommen, genauso wie die von uns geschenkten Hotels am Strand. Nichts bauten sie… Mehr

Fieselsteinchen
1 Monat her
Antworten an  bfwied

… und keinen von denen mehr aufnehmen! Weder in Europa noch Nordamerika. Sollen sie selbst klarkommen! Geld hat die Hamas genug!

Rob Roy
1 Monat her

Warum haben Palästinenser ihr eigenes Flüchtlingshilfswerk? Während sich alle übrigen Flüchtlinge weltweit, zehnmal so viel an der Zahl, ein einziges teilen müssen. Warum kann der Flüchtlingsstatus eines Palästinensers offiziell vererbt werden? Und wieso nur in der männlichen Linie, Feministinnen müssten da doch aufschreien? Und warum gibt es innerhalb Gazas, welches seit 2005 den Palästinenser gehört hat, überhaupt noch ein Flüchtlingslager? Das aber aussieht wie eine Stadt?
Themen, denen seit Jahrzehnten kein einziger Journalist nachgeht, weil es das Narrativ der Palästinenser ja in Fragen stellen könnte.

h.milde
1 Monat her

Die sog. „UNRWA“ hat wissentlich & bewußt genozidale Terroristen, die den Holokaust 2.0 wollen, logistisch & finanziell unterstützt. Und alle ReGIERungen, va.linke & GRÜNE, die sich mit diesen Terror, Massenmord & Vergewaltigungshelfern eins machen, haben ebenso Blut, nicht nur jüdisches, an ihren Händen. Auch das deutsche AA unter Leitung der „wertegeleiteten“ GRÜNEN Außenverhasplerin Barböck.
Und auch die verMARXte & islamisierte „UNO“, samt „WHO“ ua. NearGOs gehören nmbM. in diesen „illustren Club“ der Menschenverachter.
Afuera!

Michael Theren
1 Monat her

genau das haben die Polen getan (Stettin wäre ein exemplarisches Beispiel) – wo ist der Unterschied – wer fragt die Indianer…es gibt keine Flüchtlinge mehr in Palästina, außer Denen die sie ständig selbst provozieren

Michael W.
1 Monat her

Zuerst einen Friedensvertrag mit Ägypten, dann einen mit Jordanien und zum Schluss sogar mit Saudi-Arabien. Das gefiel den Palästinensern natürlich nicht, werden ja von den Iranern bezahlt und aufgehetzt. Und nein, die Hisbollah ist keine libanesische Armee (das Märchen geistert immer wieder durch die Nachrichten), das ist die iranische Besatzungstruppe, die zur Zeit des „Bürgerkriegs“ (der keiner war, sondern der Überfall der PLO auf den Libanon, nachdem Jordanien nach vielen Jahren „Bürgerkrieg“ die PLO besiegt hatte) von der PLO gerufen wurde und die den Libanon nicht wieder verlassen wird. Israel muss die Hisbollah ausrotten, dann ist auch im Libanon wieder… Mehr

Minusmann
1 Monat her

Dieser Konflkt geht jetzt wie lange, 80 Jahre? Ich maße mir kein Urteil darüber an, wer wann auf wen eingeprügelt hat und warum. Aber wenn man mich fragt, auf wessen Seite ich stehe, brauche ich nicht den Bruchteil einer Sekunde, um Israel zu sagen.

Michael W.
1 Monat her

Beim letzten Mal haben die Israelis nur für Ruhe im eigenen Land gesorgt.
Wenn sie jetzt fertig sind, dann ist Ruhe in der ganzen Region, und wenn es Jahre dauert.