Italien will ab Januar wieder Asylbewerber nach Albanien bringen

Gestärkt durch den Freispruch Matteo Salvinis hat Giorgia Meloni angekündigt, wieder zielstrebig ihr Albanien-Modell durchzusetzen. Bereits ab Mitte Januar sollen über 2000 Migranten von Italien nach Albanien überstellt werden. Noch kooperiert die EU bei diesem Vorhaben.

IMAGO / ZUMA Press

Es war eine erstaunlich gute Woche für Giorgia Melonis Migrationspolitik. Da war zuerst das Aufgeben der NGO „Ärzte ohne Grenzen“, was bestätigte, dass sich ihre Maßnahmen auszahlten. Dann schmiedete die italienische Premierministerin am Donnerstag beim EU-Gipfel eine Allianz der Willigen bei der Abschiebungsfrage; angeführt von ihr, sowie Mette Frederiksen aus Dänemark und Dick Schoof aus den Niederlanden – Zypern, Tschechien, Griechenland, Ungarn und Schweden stießen dazu.

Am Freitag, dann die vermutlich wichtigste Nachricht: Freispruch für Ex-Innenminister Matteo Salvini. Ihm waren Amtsmissbrauch und Entführung für seine rigide Migrationspolitik im Sommer 2019 vorgeworfen worden, als er das NGO-Schiff „Open Arms“ nicht hatte anlegen lassen. 6 Jahre Haft hatte die Staatsanwaltschaft gefordert.

Salvinis Triumph ist eine Niederlage für die NGOs; eine Niederlage für die linke Justiz, die Recht machen will, statt es durchzusetzen; und eine Niederlage für diejenigen, die behaupten, dass eine Politik, die sich dem Schutz der Grenzen widmet, rechtswidrig sei.

Für Meloni ist das ein Aufschlag. Denn ihr Albanien-Projekt ist damit wieder aktuell. Anders, als es manche Medien dargestellt haben, ist es nicht gescheitert; es geht lediglich darum, ob einige Herkunftsländer von Migranten sicher sind oder nicht. Die Richter, die den Plan torpedierten, Migranten nach Albanien zu bringen und dort über deren Asylanträge zu entscheiden, haben das „Albanien-Modell“ also nicht zum Einsturz gebracht.

Bereits im November hatte Italien deswegen Migranten auf die andere Seite der Adria gebracht, trotz Gerichtsbeschluss. Die Ministerpräsidentin hatte nach dem Entscheid kurzerhand entschieden, dass die Erstellung der Liste von sicheren Herkunftsstaaten von nun an in ihrem Amt entscheiden werde.

Der Fall Salvini ist deswegen so wichtig, weil er bestätigt, dass der italienische Staat bei der Durchsetzung seiner Verpflichtungen einen größeren Spielraum hat, als man bisher zugestehen wollte. Und während zu Salvinis Zeiten Brüssel im Clinch mit Rom lag, und jeder Vorstoß skeptisch beäugt wurde, hat sich Meloni so unerlässlich gemacht, dass sie mit Ursula von der Leyens Segen agieren kann, wie es den italienischen Regierungen zuvor nur wenig gegönnt war.

Es gibt in der Albanien-Frage daher gleich zwei Punkte. Der erste besteht daraus, dass sich Italien auf rechtlichem Fundament befindet, und die Querschüsse demnach politisch und nicht juristisch motiviert sind. Sinngemäß erklärte Meloni: Die Richter können in Einzelfällen entscheiden; sie können aber mit Einzelfallentscheidungen nicht die Migrationspolitik als Ganzes bestimmen.

Der zweite Punkt betrifft die EU. Gleich mehrere Länder haben ein Interesse daran, dass Meloni mit ihrer Hotspot-Idee einen Präzedenzfall setzt. Nicht nur Ungarn und die Slowakei haben in der Vergangenheit für solche Asylzentren außerhalb der EU plädiert. Hotspots gibt es zwar bereits, jedoch häufig an der EU-Grenze oder in Zentren in EU-Mitgliedsländern. Auch Meloni eher misstrauisch gesonnene Regierungen, wie die von Emmanuel Macron, sind an den Ergebnissen einer solchen Strategie interessiert. Angeblich soll ein dutzend EU-Staaten mit dem Albanien-Modell liebäugeln, so die Tageszeitung Giornale.

Im Grunde hat die EU-Kommissionspräsidentin der italienischen Ministerpräsidentin mehrere Signale gesendet, dass die EU das Albanien-Modell austesten möchte. Das muss aber nichts heißen angesichts juristischer Entscheidungen, wie sie bereits in der Vergangenheit geschehen sind. So steht das Urteil des EuGH noch aus. Meloni beruft sich jedoch auf das Urteil des Kassationsgerichtshofs, das ihr freie Hand bei der Bestimmung von sicheren Herkunftsländern einräumt.

Meloni scheint sich ihrer Sache so sicher zu sein, dass sie wie im November Fakten schafft. Ab der zweiten Januarwoche sollen italienische Schiffe wieder Migranten nach Shëngjin und Gjadër bringen. Es geht um 2025 Migranten. Meloni erklärte bereits letzte Woche, dass, sollte der EuGH das Albanien-Modell verhindern, dann „würde das die Gefahr einer Beeinträchtigung der Rückführungspolitik aller Mitgliedsstaaten bedeuten“, zumindest bis zur vollständigen Umsetzung der Asylvorschriften im Jahr 2026.

Meloni hat dabei irreguläre Migration auch als von Russland gewollte Unterminierung europäischer Stabilität „geframed“ – und damit ein geschicktes Narrativ gewoben, gegen das auch Brüssel schwer gegenargumentieren kann.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 13 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

13 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Del. Delos
11 Stunden her

„Noch kooperiert die EU bei diesem Vorhaben.“ Klar. In Deutschland stehen ja auch Wahlen an und man will den Blockparteien helfen. Die EU will auf keinen Fall, dass die böse AfD an der Regierung beteiligt wird, das würde die Ziele der EU gefährden. Deswegen wird Meloni „nur ein bisschen abschieben“, damit der Bevölkerungsaustausch nicht ernsthaft gefährdet wird (ich traue Meloni nicht über den Weg, Ursulas Segen macht mich zutiefst misstrauisch) und die EU wird bis zum 23. Februar mitmachen. Danach ist dann wieder alles beim alten. Und was heißt schon „nach Albanien bringen“! Glaubt hier jemand, dass die Abgeschobenen von… Mehr

rainer erich
13 Stunden her

Warten wir es ab. Die Aussage Meloni zur Rechtsprechung mag fuer Italien gelten, fuer Sch’land und sein Politgericht gilt sie definitiv nicht und sie gilt auch nicht fuer den EuGH. Realiter ist die „Justiz“ in eine quasilegislative Rolle geschoben worden, die sie gerne annimmt. Wie hier zutreffend kommentiert werden natuerlich auch Urteile zur Geltung und Ordnung von Normen bzw Urteilen getroffen, selbstredend politische Urteile, aber ich kann nicht erkennen, dass die Nationalstaaten resp ihre Regime an dieser offenkundigen Entwicklung etwas aendern wollen, im Gegenteil. Frau Meloni nimmt an, sich und damit Italien und seine nationalen Interessen mit Geschick und Glueck… Mehr

Kraichgau
13 Stunden her

es ist ohnehin unsinnig,das selbst höchstrichterliche Urteile,die ja IMMER Einzelfallurteile sind/sein müssen, demokratisch gewählte Regierungen einschränken sollen dürfen.
Dieser ganze Hokuspokus ist nur dank NGO’s aufgekommen und der EUGH ist ohnehin nicht bindend

Armin Reichert
14 Stunden her

Was soll dieser Albanien-Quatsch? Schickt sie alle nach Davos zum WEF!

Deutscher
14 Stunden her

☎️🔔 „Hallo Italien? Deutschland hier! Tausche ein vollständiges Kabinett gegen Meloni und Salvini. Einen Bundespräsidenten gibt’s gratis dazu! Interesse?“

Last edited 14 Stunden her by Deutscher
ketzerlehrling
15 Stunden her

Hoffentlich setzen sich Meloni und Salvini dieses Mal durch.

Juergen P. Schneider
15 Stunden her

Italien ist in der glücklichen Lage, eine Regierung zu haben, der das Wohl des eigenen Landes und seiner Bürger am Herzen liegt. Wie gut so etwas tut, kann sich die links-grün gehirngewaschene deutsche Wählermehrheit offenkundig gar nicht mehr vorstellen. In Deutschland hat sich eine Mehrheit der Bürger wohl endgültig damit abgefunden, dass die Interessen derer, die den Laden am Laufen halten, in der Politik des links-grünen Altparteienkartells keine Rolle mehr spielen. Es bleibt also dabei. Über Italien lacht die Sonne, über Deutschland die ganze Welt.

jwe
16 Stunden her

Ich verstehe nicht, dass Italien die Leute nach Albanien bringen will, wo sie doch in Deutschland als Fachkräfte gebraucht werden. Da sollte sich Bärbock doch mal mit Meloni treffen, vielleicht käme dann der Aufschwung wieder in Sichtweite.

PaulKehl
12 Stunden her
Antworten an  jwe

Die Fachkräfte fahren von Albanien sofort weiter mit dem FlixBus in das Land der Tugend. Dafür muß Bärbock keine 100k km weit nach Rom fliegen, mit Coiffeur.

Kuno.2
16 Stunden her

Das ist gut. Albanien ist ein besonders reiches Land und das „Bürgergeld“ für die Einwanderer ist dort besonders reichlich. Da geht der Wille zur Flucht sehr schnell den Bach herunter und die Männer bleiben bei ihren Familien im islamischen Heimatland und die vielen islamischen Fachkräfte bauen das eigene Land auf statt ein Fremdes. Weihnachtsmärkte wie in Magdeburg sind dort eher selten, so dass es den islamischen Ärzten nicht in den Sinn kommt, dort mit dem Auto hineinzufahren.

Cethegus
13 Stunden her
Antworten an  Kuno.2

Außerdem dürfte die albanische Bevölkerung auf solcherlei Dinge wie den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auch etwas weniger „versöhnlich“ reagieren als die indoktrinierte Bürgerschaft hierzulande. Ein Gerichtsverfahreren dürfte sich dort erübrigen!

humerd
16 Stunden her

2008, damals in einem anderen Kontext, dennoch: ‚Der einzige Weg ist, dem EuGH nicht zu folgen‘ „Sie haben von einer Radikalisierung durch die Rechtsprechung des EuGH gesprochen. Seit wann beobachten Sie die? Schon die allerersten EuGH-Urteile zu Anfang der 60er Jahre haben den Vorrang des Europarechts selbst vor dem nationalen Verfassungsrecht begründet. Die Römischen Verträge waren zunächst Verträge, die die Mitgliedsstaaten zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit verpflichteten. Dann aber interpretierte der EuGH diese zwischenstaatlichen Verträge als eine supranationale Rechtsordnung, aus der die Wirtschaftssubjekte unmittelbar Individualrechte gegenüber ihren Staaten ableiten können. Und zwar Rechte, die die nationale Gesetzgebung und die nationale Verfassung ausschalten… Mehr

PaulKehl
12 Stunden her
Antworten an  humerd

Der EuGH hat sich Befugnisse angemaßt, die ihm nicht zustanden. Weiter: Wenn man von der EU als einem rechtsstaatlichen Gebilde als Prämisse ausgeht, hat der EuGH in die Befugnisse der Exekutive eingegriffen. In dem Moment, wo jemand diese Folklore auslacht, ist der Spuk zu Ende. Wie bei Napoleon mit dem Heiligen Römischen Reich 1806.