Tichys Einblick
Druck ausüben und Menschenleben riskieren

„Il Giornale“: Video der italienischen Küstenwache bringt „Seenotretter“ in Erklärungsnot

Die italienische Tageszeitung "Il Giornale" hat auf ihrer Webseite ein ebenso bizarres wie aussagekräftiges Video veröffentlicht, aufgenommen von der italienischen Küstenwache, das die spanische NGO Open Arms als "Seenotretter" mehr als nur in Frage stellt.

ALESSANDRO SERRANO/AFP/Getty Images

Männliche illegale Einwanderer, die sich angeblich wegen der aussichtslosen und angespannten Lage an Bord plötzlich über die Reling ins Meer stürzten, immerhin ausgestattet mit orangen Schwimmwesten. Die NGO-Crews der „Seenotretter“ haben von Racketes Präzedenzfall schnell gelernt. Einfach so unerlaubt in Lampedusa einfahren ist nicht mehr. Wer möchte schon zu direkt die Beschlagnahme des Schiffes riskieren, nun dennoch geschehen, oder eine Strafe bis zu 1 Mio € entrichten?

Nein, das Schiff der „Seenotretter“ lässt sich tagelang unweit der Küste Italiens auf Kommunikation und PR mit der Küstenwache und den Migranten ein, schlägt Hilfsangebote und freie Zufahrten anderer Häfen grob fahrlässig aus, Algerien, Malta, ja selbst Menorca und Mallorca lehnte das Schiff unter der Leitung von Oscar Camps, dem spanischen NGO-Gründer, zuletzt auch ab – man wäre sonst drei weitere Tage auf See unterwegs. Die spanische Marine wollte sich auch auf den Weg machen.

Doch Oscar Camps entschied sich dann wohl für eine andere Taktik. Über Funk und auf Twitter sprach er, wie auch andere Kapitänninen bereits vor ihm, von einer äußerst angespannten Lage an Bord unter den „Flüchtlingen“ und dass die Situation jederzeit eskalieren könne – heute scheint weitestgehend klar, dass auch dies Bestandteil in der Choreographie zur Druckerhöhung auf Italien und Salvini vor der Weltöffentlichkeit darstellt.

Die ersten Migranten sprangen also über Bord und schwammen drauflos, wurden von der italienischen Küstenwache vor Lampedusa aufgenommen.

Die italienische Tageszeitung Il Giornale mit ihrem Online-Portal hat nun aber ein ebenso bizarres wie aussagekräftiges Video veröffentlicht, aufgenommen von der italienischen Küstenwache, das die spanische NGO als „Seenotretter“ richtig in Erklärungsnot bringt. Eine Trickserei und ein unverantwortliches Handeln auf Kosten der Migranten ist darauf eindeutig erkennbar:

Das Schiff Open Arms, in hervorragender Bildqualität zu erkennen, ebenso das von Bord springen der „Flüchtlinge“, die sich vor Tagen noch mit Richard Gere ablichten ließen (was für dramatische Bilder nun im Wasser). Wenig später sieht man ein zusätzliches recht massives Rettungsschlauchboot, Il Giornale kreist es im Video mit rot ein, und auf diesem Schlauchboot befinden sich auch zwei Open Arms Crewmitglieder, darunter wohl auch „Seenotretter“ Oscar Camps, der zuvor noch über Funk und Social Media Italien generell und Salvini insbesondere als verantwortungslos und inhuman beschimpfte. So gesehen auch kein Wunder, dass alle Regierungspartner, bis auf Salvini tatsächlich einknickten. Wer will schon „brutta figura“ in der Weltöffentlichkeit machen?

Jedenfalls, und nun kommt der Part der „Seenotretter“ hinzu, fuhr das Schlauchboot den schwimmenden Migranten hinterher, holte diese ein und nahm sie abermals auf, diesmal ins schaukelnde Schlauchboot, etwa anderthalb Kilometer vor Lampedusa.

Normalerweise kommt das Rettungsboot nur bei der erstmaligen Rettung zum Einsatz, wenn es anders gar nicht möglich ist, aber ganz sicher nicht, wenn sich Migranten nach ihrer Rettung vom sicheren Boden auf dem Schiff abermals quasi freiwillig in Seenot begeben, um das Ufer schwimmend zu erreichen.

Im Wissen aber, dass die italienische Küstenwache Guardia Costiera sich bereits auf den Weg gemacht hatte, um die über Bord Gesprungenen zu retten, ließen die zwei NGO-„Seenotretter“ die Migranten danach gleich nochmal ins Wasser fallen und dort allein zurück, während sie selbst sich auf dem Schlauchboot entfernten. Die Migranten waren somit in Sicherheit, als die Italiener mit dem Guardia-Costiera-Motorboot zur Stelle waren.

Der Grund fürs zweite Wasserbad: Wären die Migranten auf dem Open Arms-Schlauchboot der „Seenotretter“ aufgegriffen worden, hätten sie von der Küstenwache zurück aufs NGO-Schiff gebracht werden müssen.

Letztendlich bekam die spanische NGO der „Seenotretter“ Einlass für Sizilien. Dass diese Geschichte ein gerichtliches Verfahren nach sich ziehen sollte, erwarten nun viele Beobachter.

Es bleibt nun abzuwarten, welche Register einer derartigen Instrumentalisierung von Geretteten die „Seenotretter“ der Ocean Viking ziehen werden. Es gilt nämlich wieder einmal einen Hafen für über 350 Passagiere und ein paar bereitwillige Aufnahmeländer zu finden.

Anzeige
Die mobile Version verlassen