Immer mehr Gesetze gegen „Hass“ – immer mehr rebellieren dagegen

Immer mehr Gesetze gegen „Hassrede“ und Diskriminierung, zugleich wird klarer, dass sie Meinungsfreiheit und Leben der Bürger stark einschränken. Im UK rebellieren Polizisten gegen trans-ideologische Arbeitsvorgaben. In Kanada könnten Gedankenverbrechen bald präventiv bestraft werden.

IMAGO

Gibt es rechtloses Recht? Recht, das ohne Grundlage in den Gesetzen dennoch zu gelten scheint und angewandt wird? Einige Nachrichten deuten auf ein Wachstum der informell durchzusetzenden Vorschriften hin, die am Ende genauso wirksam sind wie echte Rechtsvorschriften. Der Kampf gegen Diskriminierung und „Hassrede“ kann ein wirksames Instrument sein, wie spätestens die aktuelle Kaskade an Gesetzen zur Regulierung des Internets zeigen kann.

In Großbritannien gibt es zwar kein Selbstbestimmungsgesetz, dafür aber einen Equality Act von 2010, der alle Stufen eines Übergangsprozesses von einem Gender zum anderen unter Schutz gegen Diskriminierung stellt. Im letzten Jahr blockierte außerdem die konservative Regierung in London ein schon beschlossenes schottisches Selbstbestimmungsgesetz, die Gender Recognition Reform Bill, ein Projekt, das noch unter First Minister Nicola Sturgeon erdacht worden war. Es gibt also kein Self-ID-Gesetz, wohl aber Konsequenzen daraus, könnte man etwas paradox sagen.

Durch das „Gleichheitsgesetz“ von 2010 wurde nun etwa eine Anzeige gegen die Erfolgsschriftstellerin J.K. Rowling möglich, die sich weigert, die Transperson India Willoughby als „sie/ihr“ zu bezeichnen und stattdessen männliche Pronomina bevorzugt. Rowling beharrt, es gebe kein Gesetz, das sie dazu verpflichtet, so zu tun, als ob Willoughby eine Frau ist. Ohne Self-ID bleibt Willoughby rechtlich gesehen, biologisch ohnehin, ein Mann. Aber der Entschluss zum Wechsel des Genders gilt als Startpunkt für die Anwendung des Equality Act, was in der Praxis dann doch auf ein Self-ID-Gesetz hinauslaufen könnte.

Das macht sich etwa in der Polizeiarbeit bemerkbar. Eine Graswurzel-Bewegung mit dem Namen „Police Sex Equality and Equity Network“ (kurz Police SEEN) hat sich gebildet, gegründet von einfachen Polizisten. Aber anders, als man annehmen könnte, geht es den Beamten nicht um die weitestmögliche Auslegung und Anwendung des Equality Act. Es ist gerade die übermäßige Rücksicht auf das Thema „Trans“, durch die die Mitglieder der Gruppe die Polizeiarbeit und die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz bedroht sehen.

Sunak: Geschlechterdefinitionen sollten nicht kontrovers sein

Der Einfluss von Lobbygruppen und Aktivisten habe eine „Kultur der Furcht“ hervorgebracht, so die Gruppe, und so würden Polizisten, die glauben, dass es zwei Geschlechter gibt und „dass Geschlecht real ist“, daran gehindert, ihre Vorstellungen klar auszusprechen – auch aus Angst vor Disziplinarmaßnahmen, die folgen könnten. Die kritischen Polizisten nennen sich selbst auch „Geschlechts-Realisten“, was sicher keine schlechte Benennung der Sache ist.

Den Anlass gab ein Polizeileitfaden, der es etwa Trans-Beamten erlauben sollte, Leibesvisitationen bei Personen des anderen biologischen Geschlechts durchzuführen. Nach ersten Protesten wurden entsprechende, schon veröffentlichte Anleitungen zurückgezogen. Das könnte ein erster kleiner, aber vielleicht noch nicht entscheidender Sieg sein. Die gängige Praxis soll schon heute sein, dass Straftaten unter Angabe des Geschlechts gemäß Selbstidentifikation aufgenommen werden – eine erstaunliche ‚Anwendung‘ von nicht bestehendem Recht. Denn es gibt, wie gesagt keinen Self-ID Act in England oder Großbritannien. So gab es mindestens eine Vergewaltigung durch eine (Trans-) Frau, obwohl laut Gesetz nur Männer diese Tat begehen können.

Premierminister Sunak hat etwas früher die Meinung ausgedrückt, dass „die Definition von Männern und Frauen nicht kontrovers sein sollte“. Das ist schönes Wunschdenken in der heutigen gespaltenen Gesellschaft. Anscheinend braucht es nun Definitionen von Gesetzes wegen. Der Bundestags-Streit zwischen der Abgeordneten Beatrix von Storch (AfD) und Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) hat es auch in Deutschland gezeigt: Von Storch hatte von Markus „Tessa“ Ganserer unter Bezugnahme auf sein biologisches und rechtliches Geschlecht gesprochen. Pau rief sie zweimal zur Ordnung und verhängte später ein Bußgeld, wogegen die AfD-Abgeordnete inzwischen in Karlsruhe klagt.

Daneben braut sich auch in Deutschland eine ähnliche Mischung zusammen, sobald das EU-Digitale-Dienste-Gesetz auf das deutsche Selbstbestimmungsgesetz trifft. Nach einem von der Londoner Polizei geführten Interview wurde die Klage Willoughbys gegen J. K. Rowling nun abgelehnt. Der Trans-Aktivist Willoughby sieht sich von der Metropolitan Police verraten.

Kanada: Präventivstrafen gegen „Gedankenverbrechen“ geplant

Apropos gesetzliche Regelungen: In Kanada hat Justin Trudeaus „Liberale Partei“ den Online Harms Act C-63 vorgestellt. Man könnte den Vorschlag salopp als „Online-Schädigungs-Gesetz“ übersetzen. Gemeint ist natürlich ein Gesetz zum Schutz gegen die Online-Schädigung. Der Text könnte aber de facto eine Beschädigung des Online-Raums Internet bewirken. Denn darin sind hohe Strafen von bis zu 50.000 Dollar (etwa 34.000 Euro) vorgesehen für die, die sich in „gehässiger“ Weise über Individuen oder Gruppen äußern. Dabei ist die Grenze zur Kritik an Individuen und Gruppen naturgemäß unscharf. Zudem kann sich der anonym bleibende Beschwerdeführer eventuell auf eine Zahlung von 20.000 Dollar (etwa 13.500 Euro) freuen. Man könnte von einer Denunziantenprämie sprechen.

Damit wird ein bodenloses Fass von Denunziation und staatlich inspirierter Kriminalisierungssemantik eröffnet. Die Regierung versucht zwar klarzustellen, dass es Unterschiede zwischen (schlimmer) „Verabscheuung oder Verunglimpfung“ und (weniger schlimmer) „Verachtung oder Abneigung“ gibt. Jene werden verboten, diese bleiben erlaubt. Unklar bleibt, wo Aussagen stehen werden, die nach der Meinung der Zensoren „diskreditieren, erniedrigen, verletzen oder beleidigen“. Der bekannte Psychologe Jordan Peterson glaubt, dass seine Kriminalisierung schon sicher sei, sollte das neue Gesetz kommen.

Darüber hinaus kann einen aber auch schon der Gedanke an eine derartige „gehässige“ Äußerung in Nöte bringen. Nicht der eigene Gedanke wohlgemerkt, aber der von anderen, die einem eine solche Tat zutrauen. Schon die Möglichkeit, dass sich jemand diskriminierend, „mit Abscheu oder verunglimpfend“ über eine Gruppe oder Individuen äußern könnte, kann ernste Folgen haben.

Friedenspflicht noch vor dem Streitfall

Der Gesetzesentwurf sieht einen Mechanismus vor, durch den ein möglicher Störer (nennen wir ihn einmal so, es ist ja nichts durchweg Negatives) im Vorhinein mit einem „peace bond“ – einer Art gerichtlich verhängter Friedenspflicht – belegt wird: einer von ihm zu unterschreibenden Versicherung, dass er für eine gewisse Zeit (normalerweise ein Jahr) den Frieden halten werde. In dieser Zeit darf sich der Betreffende nichts zuschulden kommen lassen. Er kann aber sogar unter Hausarrest gestellt oder zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verurteilt werden. Nicht, dass Hausarrest irgendjemanden an Online-Kommentaren gehindert hätten. Aber eine harte Sanktion sind solche Mittel ohne Frage. Bei Verletzung der „Friedenspflicht“ werden Geldbußen fällig, und es kann Klage erhoben werden wegen Ungehorsams gegen eine Gerichtsorder.

Laut Justizminister Arif Virani ist es „sehr, sehr wichtig“, das Verhalten bestimmter Personen einzuschränken, die eine „Vorgeschichte hasserfüllten Verhaltens haben und möglicherweise bestimmte Personen oder Gruppen ins Visier nehmen“. Wenn es die „echte Befürchtung einer Eskalation“ gäbe, könnte eine Person zum Unterschreiben gezwungen werden, was ja doch irgendwie auf Strafverfolgung vor der Tat hinausläuft, wie auch die Feministin und Transgender-Kritikerin Meghan Murphy im britischen Spectator schreibt.

„Hass“, einen Mann als Mann zu bezeichnen

Murphy vergleicht das mit der Absage einer Konferenz über „Inclusivity, Gender Identity, and Women’s Rights“ durch den Vermieter des Veranstaltungsorts. Auch die Absage wurde mit der Möglichkeit begründet, die Veranstaltung könne möglicherweise „Diskriminierung, Verachtung oder Hass“ gegen bestimmte Gruppen auf der Grundlage von „Geschlecht, Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck, sexueller Orientierung oder anderen ähnlichen Faktoren“ fördern. Murphy sagt, es sei kein „Hass“, wenn man eine Person mit männlichen Genitalien auch als Mann bezeichnet.

Auf ihrer Website Feminist Current berichtet Murphy von einem Mann in den Umkleideräumen für Frauen in einem Schwimmbad oder davon, wie die Transgender-Ideologie die binäre Ordnung der Geschlechter überhaupt stört, sondern im Gegenteil sie verstärkt. Auf Facebook konnte sie ihren Artikel über Justin Trudeaus neuen Vorschlag nicht posten.

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Kommentare ( 21 )

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Mausi
9 Monate her

Was für eine Farce. Solange es analoge Gewalt auf unseren Straßen gibt und diese Gewalt auch noch zunimmt, kümmert Euch mal um diese Straftaten.

Nibelung
9 Monate her

Das sieht ganz nach dem Versuch aus die lecke Staumauer mit dem Lappen zu stopfen, wobei sich Wasser immer einen neuen Weg sucht, so wie der Mensch, wenn er in Schwierigkeiten geraten kann und nichts vergißt und somit mit neuen Ideen antwortet.

Da die Leute sich auf die Justiz auch nicht mehr velassen können um sich vor solchen rechtlosen Gesetzen zu schützen, werden sie ihren ureigensten Methoden und dem Erfindungsreichtum folgen und de, de sind sie nicht gewachsen, denn Unrecht bleibt Unrecht und das werden sie nicht durchstehen, was man ihnen heute schon prophezeien kann,

reiner
9 Monate her

durch solch einen schwachsinn entstehen wirklich rebellen. was soll man sich noch alles von sogenannten volksvertreten bieten lassen,die überreizen jetzt schon das blatt bis zum geht nicht mehr.. es wird das gegenteil von verboten eintreten,rebellionen bis es knallt.

maru
9 Monate her

Man gewinnt den Eindruck, daß ganz bewusst schwammige Begriffe in die Justiz Eingang finden sollen. Auch das untergräbt die Rechtssicherheit und wird daher absichtlich so nebulös formuliert. Subjektive gefühlsmässige Befindlichkeiten wie „Haß“ ersetzen klare Begrifflichkeiten und Rechtsnormen. Ein Mann, der sich als Frau identifiziert, vergewaltigt eine Frau – was aber keine Vergewaltigung sein kann, denn vergewaltigen können nur Männer. Also geht der Kerl straffrei aus? Und ja, das lädt zur „Denunziantenprämie“ geradezu ein. „Präventive Strafe bei Gedankenverbrechen“ – davon handelt der Film „Minority Report“. Allmählich glaube ich an die Theorie, dass es Hollywoods Aufgabe ist, die Menschen auf das Kommende… Mehr

Guenther Adens
9 Monate her

Immer diese Halbherzigkeit.
Warum verbieten die neben Haß nicht auch gleich „Neid, Angst (vor Politikarikaturen), Liebe (zu Demokratifeinden) und alle anderen menschlichen Empfindungen.

Klaus Kabel
9 Monate her

Was will man erreichen? Trudeau ist ein Knecht des WEF und des Schwab. In Kanada zeigt sich, wohin die Transformation geht und auch Deutschland ist auf dem Weg in eine globale Diktatur. Die Macht des Großkapitals zeigt ihre bösartigste Fratze. Was das Geld vermag hat auch schon Mark Twain in „Die Million-Pfundnote“ beschrieben.

AmpelFluechtling
9 Monate her

Was bei dem kanadischen Gesetz vergessen wurde zu erwähnen: Es gibt auch noch die Möglichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt zu werden ohne Bewährung! Falls man mit besonders schwerer Hass-Rede auffällt, bleibt man bald für immer im Gefängnis. Kanada ist im Grunde eine Diktatur. Das muss ich mittlerweile ganz klar sagen als jemand der hier lange lebt. Dissidenten werden wie in China, Nordkorea oder Russland eingesperrt, Berufsverbot erteilt oder aus dem Land getrieben. Zahlreiche „rechte Influencer“ wie Viva La Frei sind in die USA ausgewandert weil ihnen in Kanada Haftstrafen drohten wenn sie ihren Beruf weiter ausüben wollen. Jordan Peterson hat… Mehr

Last edited 9 Monate her by AmpelFluechtling
ketzerlehrling
9 Monate her

Damit wird der Hass erst recht geschürt und bricht sich andeweitig Bahn. Vielleicht soll es ja Unruhen und Bürgerkriege geben. Manchmal könnte man den Eindruck bekommen.

Zack
9 Monate her

Ich mag diese Frau und ihren Standpunkt! Und ihre Standfestigkeit!
Gott sei Dank ist sie finanziell in der Lage, alles absolut an sich abperlen zu lassen.
An Ihrer Stelle würde ich mir eine Insel kaufen, mich einmal in der Woche von einem Schiff aus mit Lebensmittel versorgen zu lassen und mich ganz der Zucht von Pitbulls zu widmen, die ich überall frei laufen lassen würde! ?

bfwied
9 Monate her

Das Leben spielt zunehmend im Privaten. Aber eine solche Entwicklung stört die Schaffenskraft und somit die Innovationsfähigkeit und dadurch die Wirtschaft, somit die Gesellschaft, so dass sich der Kreis schließt u. die Gesellschaft abstürzt. Aber das ist ja der Sinn der „großen Transformation“. Da jedoch ein Negativtrend immer eine Gegenbewegung im Elend hervorruft, wird diese Politik gewaltsam aufgelöst werden, so, wie es in der gesamten Geschichte ablief. Wenn man nicht mehr frei denken und miteinander reden kann, muss die dies verunmöglichende Regierung weg, und die gesamte Ideologie muss verschwinden, sie ist das krasse Gegenteil dessen, was im Grundgesetz und in… Mehr