Kurz vor Hanijas Tod ließ sich ein EU-Diplomat noch mit dem Hamas-Chef ablichten

Der Hamas-Chef starb bei einem Anschlag in Teheran, wo er sich zur Amtseinführung des iranischen Präsidenten aufhielt. Einen letzten Blick auf Hanija konnte Enrique Mora, stellvertretender Generalsekretär des Auswärtigen Dienstes der EU, erhaschen, der sich noch kurz zuvor mit ihm zusammen ablichten ließ.

picture alliance/dpa | Marwan Naamani
Ein Palästinsnser hängt das Bild von Ismail Hanija auf, 31. Juli 2024

Ismail Hanija ist tot. Der Hamas-Chef starb in der Nacht auf Mittwoch bei einem Anschlag in Teheran. Wer dahintersteckt, ist unklar, doch eine israelische Beteiligung scheint wahrscheinlich. Für Israel und den Nahen Osten ist es in jedem Fall ein historischer Tag. Israelische Politiker hatten nach den Hamas-Massakern vom 7. Oktober versprochen, die Führung der Islamisten-Miliz zu eliminieren – „vom Schützen im Feld bis zu jenen, die Luxus-Jets genießen, während ihre Abgesandte gegen Kinder und Frauen vorgehen“, wie es Verteidigungsminister Joav Gallant einmal ausdrückte.

Hanija gehörte zur zweiten Kategorie. Er war die politische Nummer 1 der 1987 gegründeten Terrororganisation, die sich selbst als „Islamische Widerstandsbewegung“ bezeichnet. Politisch geprägt im direkten Umfeld des Hamas-Gründers Achmad Jassin, stand er zuletzt dem Politbüro vor. Während Jachja Sinwar, Gaza-Chef der Hamas, sich in den Tunneln von Gaza versteckte (und dies nach wie vor tut), unterhielt Hanija, Anfang 50, für die Terroristen internationale Kontakte – etwa in die Türkei, wo Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ihn mehrfach empfing, oder in Katar, wo sich Hanija niederließ, nachdem er vor einigen Jahren ins Exil gegangen war.

Dabei trat er stets im gepflegten westlichen Anzug auf. Über seine Schuld an Terror und Mord konnte das nicht hinwegtäuschen. Als Chef des Politbüros trug Hanija letztlich die Oberverantwortung für das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 in Südisrael – auch wenn nicht klar ist, wie tief er selbst in die Vorbereitung involviert war. Noch am Tag des 7. Oktober gingen Bilder um die Welt, auf denen zu sehen war, wie er den Einmarsch nach Israel mit einem Gebet an Allah zelebrierte.

Was bedeutet das erfolgreiche Attentat auf den Hamas-Chef? In Israel ist die Freude groß. Sollte es sich tatsächlich um einen israelischen Schlag handeln, so wären damit die beeindruckenden Fähigkeiten der israelischen Armee und der israelischen Geheimdienste neu unter Beweis gestellt. Seit ihrem Versagen am 7. Oktober ist das Vertrauen in die Streitkräfte, Mossad und Schabak angekratzt.

„Gemäßigter“ Abbas verordnet Trauer

Der Erfolg ist zwar vor allem symbolisch und wird die Kampffähigkeit der Hamas nicht unmittelbar beeinträchtigen. Aber er wirkt umso stärker angesichts der Tatsache, dass die Armee nur einige Stunden zuvor auch einen führenden Funktionär der libanesischen Hisbollah-Miliz in Beirut, Fuad Schukr, ausschalten konnte. Vor zweieinhalb Wochen hatte sie zudem den Militärchef der Hamas, Mohammed Deif, ins Visier genommen. Sein Tod ist bisher nicht gesichert. Bereits im Januar starb in Beirut die politische Nummer 2 der Hamas, Saleh al-Aruri, durch einen Militärschlag.

Entsetzen herrscht derweil bei den Palästinensern: In Ramallah marschierten bereits aufgebrachte Hamas-Anhänger durch die Straßen der Stadt. Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, rief einen „Tag der Trauer“ aus und ließ die palästinensischen Flaggen auf Halbmast setzen. Es ist derselbe Abbas, der in Europa mit seiner Fatah-Partei als „gemäßigt“ gilt, in Wirklichkeit aber dem Radikalismus der Straße nachgibt.

Tief in seinem Innersten hingegen dürfte Abbas über die Eliminierung Hanijas nicht unglücklich sein. Nicht etwa weil mit dessen Tod ein brutaler Terrorist von der Weltbühne abtritt, sondern weil Hanija ein erbitterter Rivale von Abbas war. 2006 hatte der Hamas-Chef mit seiner Islamisten-Liste die Parlamentswahlen in der Palästinensischen Autonomiebehörde gewonnen, wurde für kurze Zeit Premierminister, bevor Abbas ihn per Dekret wieder aus dem Amt jagte.

In Umfragen, die Hanija Abbas gegenüberstellten, war Hanija stets der beliebtere Kandidat von beiden. Zuletzt wies eine Erhebung von Ende Mai/Anfang Juni im Falle von Präsidentschaftswahlen 43 Prozent für Hanija und 11 Prozent für Abbas aus, bei einer Wahlbeteiligung von 57 Prozent.

Sie schrien „Tod Israel“ – kurz darauf war Hanija tot

Bloßgestellt ist unterdessen der Iran. Der Angriff in der Hauptstadt lässt das Mullah-Regime einmal mehr alt aussehen, nachdem schon am 1. April bei einem Militärschlag in Damaskus ein Spitzengeneral der Islamischen Revolutionsgarden ausgeschaltet worden war. Hanija hielt sich am Dienstag auf Einladung der iranischen Regierung in der Hauptstadt auf, zur Amtseinführung des neuen Präsidenten Massud Peseschkian.

Das „zionistische Regime“ habe „unseren geliebten Gast in unserem Haus“ ermordet, klagte Revolutionsführer Ali Chamenei, der Hanija am Dienstag noch in den Arm geschlossen hatte, in einer ersten Stellungnahme. Diese sicherheitspolitische Blamage könnte auch die Mullahs dazu veranlassen, direkt gegen Israel vorzugehen oder zumindest die Kette der zahlreichen Stellvertreter in der Region weiter zu lockern.

Einen letzten Blick auf Hanija konnte am Dienstag im Übrigen auch Enrique Mora, stellvertretender Generalsekretär des Auswärtigen Dienstes der EU, erhaschen. Der Gesandte des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell war zur Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten nach Teheran gekommen. In zweifelhafter diplomatischer Mission ließ er sich auf einem Gruppenbild der Mullahs mit Topterroristen ablichten, darunter Hanija, der drei Reihen vor ihm stand, sowie der Chef des Palästinensischen Islamischen Dschihad, Siad al-Nachalah. Immerhin setzte Mora dabei einen leicht gequälten Gesichtsausdruck auf und stand etwas abseits.

Nach dem Familienfoto mit EU-Beteiligung begaben sich die Spitzenterroristen und, das zeigen TV-Aufnahmen, auch Mora zur Amtseinführung ins Plenum des iranischen Parlaments. Dort konnte der EU-Diplomat, sofern er tatsächlich anwesend blieb, dann dabei zusehen, wie die aufgebrachte Masse „Tod Israel“ ins Plenumsrund brüllte. Tot war einige Stunden später allerdings nicht Israel, sondern einer der Anwesenden.

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Kommentare ( 38 )

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Peter Klaus
1 Monat her

Die Juden haben aus 2000 Jahren Vertreibung, Verfolgung, Unterdrückung und Ermordung gelernt und lassen sich von niemanden mehr auf die Füße treten. Sie wissen sich zu wehren und werden ihr Land und Volk bis zur allerletzten Patrone verteidigen, notfalls auch mit einem grossen Pilz (über Teheran).

Axel Fachtan
1 Monat her
Antworten an  Peter Klaus

Babylonische Gefangenschaft. Sieht nach 3.000 Jahren aus.
Die verheerendsten Momente allerdings haben wir denen ab 1933 beschert.
Wer einmal diese Erfahrung gemacht hat, dass er physisch und kulturell ganz und gar ausgelöscht werden soll, der wird das verinnerlichen und es nie wieder zulassen.
Iran mit 87 Millionen Einwohnern hat sich die Vernichtung Israels ganz und gar zur Staatsräson gemacht. Zehnmal so groß wie Israel.

MeHere
1 Monat her

Gruppenbild mit korruptem, lächerlichen EU-Granden (wie üblich ungewählt), der mit Steuergeld die Bestien der HAMAS sponsort, welche hier die Unis und alles andere mit ihrer Ideologie verpesten … Aberglaube meets Korruption – die Bonzen der AHMAS sind alle längst Milliardäre … so geht Wohlstand auf ARABISCH

Autour
1 Monat her

Sehr sehr gut!
Diese Bestien müssen in mit der Angst leben überall und zu jeder Zeit sterben zu können!
Nur so, nur indem man jedes mal die kranken Köpfe dieser Hydra abschlägt wird man evt. irgendwann mal siegreich sein.
Ich empfehle den Israelis auch mal nach Russland zu schauen, da hat man auch sehr, sehr erfolgreiche Methoden gegen Islamisten gefunden um diese davon zu überzeugen es besser sein zu lassen…

bl2
1 Monat her

Diese gezielten Ermordungen sind – genau wie die amerikanischen Drohnenangriffe – nichts anderes als Staatsterrorismus. Insofern ist Israel schon seit einiger Zeit auf dem moralischen Niveau seiner Gegner angekommen, bzw. steckt tief im Schlamassel der asymetrischen Kriegsführung. Terroristen darf man also einfach so eliminieren, und es steht zu befürchten, dass deren Kreis stetig wächst. Nach allem was man aus Gaza hört, zählen jetzt auch Frauen und Kinder dazu. Wie erbärmlich dass es in der westlichen Welt Medien und Leute gibt, die das rechtfertigen oder sogar gut finden. Willkommen in Abu Ghoreib. Ich denke jedenfalls nicht, dass mit diesem Anschlag viel… Mehr

Rainer Schweitzer
1 Monat her
Antworten an  bl2

Dieser Art von Gesinnungsetik und Moral liegt m.E. ein fundamentaler Denkfehler zugrunde. Bdp.: Toleranz. Sie braucht klare, scharfe Grenzen. Denn wenn sie so weit geht, die Intoleranz zu tolerieren, toleriert sie ihre eigene Abschaffung und befördert damit die Intoleranz. Bsp.: Pazifismus. Er unterstellt, daß der Angreifer, obwohl er der Angreifer ist, eigentlich auch den Frieden als Ergebnis eines Interessenausgleichs will. Ist dies nicht der Fall, Bsp. Russland – Ukraine, ist bedingungsloser Pazifismus nichts anderes als die bedingungslose Unterwerfung unter den Aggressor. Sie wird dann zum Recht des Stärkeren, zum Faustrecht. Bsp: Terrorismus. Schließt man solche Aktionen wie bei Hanija oder… Mehr

Birka von der Oder
1 Monat her
Antworten an  bl2

Ja, Terroristen kann und sollte man einfach so eliminieren, egal aus welcher Saat sie hervorgekrochen sind. Diese Leute sind freiwillig Terroristen und haben sich von allen Gesetzmäßigkeiten und Rechstaatlichkeiten verabschiedet bzw. urinieren auf Letzteres. Solche Menschen würden aufgrund ihrer Hirnstruktur/Sozialisierung in jedem System Stress machen, deshalb gibt es mehrheitlich in jedem zivilisierten Land anti-Terror-Maßnahmen usw. Die Bewohner des Gazas haben seit Jahrzehnten wirklich jede Gelegenheit genutzt, ihren idyllisch gelegenen Meeresstreifen in eine Kloake zu verwandeln, inklusive Massenvermehrung. In neokolonialer Art und Weise sieht der gemeine Europäer in ihnen so etwas wie völlig schuldlose Kinder, ja regelrechte Sankrosante, entbunden von jeder… Mehr

Axel Fachtan
1 Monat her
Antworten an  bl2

Eine assymetrische Kriegsführung braucht assymetrische Antworten.

ludwig67
1 Monat her

Israel macht das genau richtig. Jeder Terrorist der ihnen schaden will, muss morgens mit Angst aufwachen und abends mit Angst ins Bett gehen. Die zeit zur eigenen Absicherung fehlt dann zur Planung von Terroranschlägen. Wie nach dem München-Olympiamassaker hängt das überlegen des jüdischen Staates davon ab nichts zu vergessen und alles zu vergelten. Egal wie lange das dauert. Ich freue mich auf dem Tag, an dem die Hamas ausradiert ist.

Endlich Frei
1 Monat her

Er ist nun da, wo er hingehört. Da kann er sich dann auch gleich bei den Kindern entschuldigen.

Ernst K.
1 Monat her

Sollte Frau Harris die Wahl gewinnen, dürften solche Aktionen schwierig werden. Israel bleibt deshalb nichts anderes übrig, als die verbleibende Zeit zu nutzen.

Peter Pascht
1 Monat her

Getroffene Hunde bellen, sagt der Volksmund.
Die Reaktionen zeigen, es geht um eine stille muslimische Allianz, die zusammenhält wie pech und Schwefel.
Und sie haben alle ihre Helfershelfer Organisationen zur Unterwanderung staatlicher Strukturen in der gesamten Welt, um koordiniert und mit dem gleichen Ziel der islamischen Weltherrschaft vorgzuehen.
Und die linksextremistischen Grün*innen in Deutschland sind ihre ahnungslosen und naiven Helfer.

GP
1 Monat her

Israel kämpft, (West)Europa füttert das islamische Krokodil in der Hoffnung als letzter gefressen zu werden. Am widerlichsten dabei Deutschland mit seiner Tätermoral gegenüber Israel.

Axel Fachtan
1 Monat her
Antworten an  GP

Wir zahlen Schutzgeld. Deshalb bleiben wir verschont.
Erst ist Israel dran. Wir sind die Übernächsten.

Rainer Schweitzer
1 Monat her

Erinnern Sie sich an den 26. Dez. 1989? Damals ging die Meldung vom Tode Nicolae Ceaușescus und seiner Frau am Vortage durch die Presse. Ich war damals in Kairo, und ging erst einmal ins Café Grobbi, auf ein der Bedeutung des Tages angemessenes Frühstück. Es war ein guter Tag, sonnig, die Temperaturen angenehm. Irgendwie erinnert mich die obige Meldung daran. Es geschieht nicht oft, daß ein Mensch dieses Schlages ein seines Charakters und seiner Taten würdiges, irgendwie gerechtes Ende findet. Mussolini fällt einem noch ein. Und der im Orient verehrte Österreicher samt seinem Propagandaminister und ein paar weiteren Gestalten aus… Mehr