Für Xi ist sein Modell der kontrollierten und gelenkten Ordnung das Muster für die Welt

Schon bis 2030 werde China mit den USA Kopf an Kopf die Spitzenposition auf der Erde einnehmen. Nur zwanzig Jahre später, zum 100. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China 1949, soll dann die Top-Postion auf dem Erdball erreicht werden.

The massive infrastructure development will affect China’s ties with some 65 countries and more than 4 billion people (source: macpixxel for GIS)

Einmal im Jahr versammelt die Führung der Kommunistischen Partei der Volksrepublik China 3.000 Spitzenfunktionäre zu einem sogenannten Volkskongress in der Großen Halle des Volkes in Peking. Sieben lange Tage lauschen die Delegierten den oft stundenlangen Ausführungen der roten Mandarine. Die Gesichter sind dabei konzentriert, die Körperhaltungen aufrecht ohne jedes Anzeichen einer Schwäche. Unterbrochen wird das Ganze durch minutenlange Beifallsstürme, die zu einem Tornado anwachsen, wenn die Nummer Eins des Riesenreiches, der sich selbst durch eine Verfassungsänderung das Amt auf Lebenszeit sicherte, Xi Jinping, das Wort ergreift. Vorbei sind seit 2016 die Zeiten kollektiver Führung. Wie einst unter Revolutionsführer Mao Tse Tung ist die Macht über annähernd 1,5 Milliarden Menschen wieder in der Hand einer Person. Der Diktator regiert mit eiserner Faust. Nur ab und zu dringt etwas von den Säuberungswellen in der Partei nach Außen. Mehrere Kampagnen gegen die verbreitete Korruption kostete Tausende Funktionäre in der Provinz das Leben. In keinem Land der Erde wird die Todesstrafe so oft vollstreckt wie in China. Die Angehörigen der Hingerichteten bekommen als einziges Zeichen des Abschieds die Patronenhülse zugesandt, für die eine Verwaltungsgebühr überwiesen werden muss.

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Bei all dem genießt Xi die Zustimmung, ja nahezu Vergötterung des größten Teils des chinesischen Volkes. Selbst größte Kritiker seiner Herrschaft können nicht bestreiten, dass unter Xi’s Führung Millionen Bürger aus absoluter Armut heraus zu einem annähernd menschenwürdigen Leben gelangt sind – mehr noch, in China ist eine ansehnliche Mittelschicht entstanden. Zwei Faktoren haben dies ermöglicht. Zum einen eröffnete er Freiräume, in denen die staatlichen Unternehmen selbständig agieren können. Alle Anstrengungen der vergangenen Jahre galten dem Aufbau einer technikorientierten Industrie auf hohem Niveau. Die Dominanz der unverändert hohen Produktion von Massenartikeln für den Export wurde eine zweite Säule der Hochtechnologie an die Seite gestellt. Auch, und das ist der zweite Faktor, wurde westliches Knowhow durch Gemeinschaftsunternehmen ins Land geholt. Deutschland spielt hier eine herausragende Rolle.

Nicht wenige im Westen hatten erwartet, dass mit dieser Entwicklung zwangsläufig eine Demokratisierung einhergehen müsse. Dies erwies sich als naiver Trugschluss. Xi erklärte sein Modell der kontrollierten und gelenkten Ordnung als wegweisend für die Entwicklung in der ganzen Welt. Für die Staaten des Westens und insbesondere die USA hat er nur das verächtliche Diktum von dekadenten und im Niedergang befindlichen Kulturen übrig.

Die Ziele auf diesem Weg sind klar fixiert: Schon bis 2030 werde China mit den USA Kopf an Kopf die Spitzenposition auf der Erde einnehmen. Nur zwanzig Jahre später, zum 100. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China 1949, soll dann die Top-Postion auf dem Erdball erreicht werden. XI meint damit nicht die Existenz mehrerer Mächte in friedlicher Ko-Existenz, sondern deutlich ausgesprochen, die Durchsetzung seines Gesellschaftsmodells auf dem Planeten.

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Im Inneren wird dieser Anspruch durch einen aggressiven Nationalismus unterlegt. Erneut wird auch auf dem heute beginnenden Volkskongress ein neuer 5-Jahr-Plan verabschiedet, in dem mit 6,8 % der Rüstungshaushalt die höchste Steigerung erfährt. Schon jetzt erhebt Peking Anspruch auf die Vorherrschaft in Asien. Dazu gehören Besitzansprüche im südchinesischen Meer mit seinen Rohstoffen, die offene Einflussnahme auf Nachbarstaaten, sowie klare militärische Drohungen gegen Taiwan. Hinzu kommt eine ständig wachsende Präsenz chinesischer Kriegsschiffe auf den anliegenden Meeren mit sich aufbauender Konfrontation mit den Seestreitkräften der USA, Japans und Australiens.

Ein weiteres Großprojekt ist die sogenannte „Neue Seidenstraße“, die freilich weit über den Handelsweg von einst hinausgeht. Selbst in Afrika hat Peking milliardenschwere Infrastrukturprojekte finanziert und damit Abhängigkeiten für immer geschaffen. Aber auch in Europa werden Stück für Stück Unternehmen aufgekauft und Beteiligungen angestrebt. Amerikanische Sicherheitsexperten erwarten, dass in 10 bis 15 Jahren China die Fähigkeit haben wird, mit atomar bestückten ballistischen Raketen die Vereinigten Staaten zu erreichen. Schon US-Präsident Obama erklärte einst, dass es dazu nicht kommen werde. Unter Trump wurde der Konflikt noch deutlicher artikuliert. Zur Zeit befindet sich die Welt in der Phase der Vorbereitung auf einen möglichen Krieg.

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Die Vereinigten Staaten bemühen sich im Wettbewerb mit China um Verbündete in der Region, aber auch in der Nato. Gleichzeitig versucht Washington, die industrielle und vor allem technologische Entwicklung in China zu verlangsamen. Bisher mit Erfolg – so ist es gelungen, die Produktion des Technologie-Giganten Huawei durch den Stop der Zulieferungen von Halbleitern erheblich zu beeinträchtigen. Parteichef Xi wird auf diesem Volkskongress die Antwort darauf geben. Die neue Großkampagne steht unter dem Motto von der „Wirtschaft in zwei Systemen“. Angestrebt wird eine weitgehende Autarkie ohne Abhängigkeit ausländischer Importe. Getrennt von diesem inneren Wirtschaftskreislauf soll der Außenhandel stabilisiert werden. Deutschland spielt bei diesen Überlegungen eine zentrale Rolle und wird als bevorzugter Partner behandelt. Dies kann nicht ohne Auswirkungen auf die eh schon belasteten deutsch-amerikanischen Beziehungen bleiben.

Erleichterungen mit Blick auf die Achtung der Menschenrechte oder gar Öffnung in Richtung Demokratie westlichen Musters sind illusionär. Die Bundesrepublik als solche, und auch das gilt es zu bedenken, ist nicht in der Lage, in einem Konflikt mit China eine besondere Rolle zu spielen. Hinzu kommt, dass die deutschen „Eliten” – ob politisch oder wirtschaftlich – ihr Hauptaugenmerk auf die wirtschaftlichen Kontakte legen. Menschenrechte oder die Unterdrückung jeglicher politischen Freiheit spielen dabei, außer in Sonntagsreden, keine Rolle. Was dabei vergessen wird, ist die historische Erfahrung, dass der Herrschaftsanspruch von Mächten wie China – und hier liegt auch der Unterschied zu Russland – über wirtschaftliche Ziele hinaus auch die politische Kultur und das Wertesystem umfasst. Das dürfte zum Problem künftiger Generationen in Europa werden.

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Kommentare ( 39 )

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Thomas
3 Jahre her

Mit der Installation von „Präsident Biden“ ist der Niedergang der USA und das Ende des Westens endgültig besiegelt.
Trump hat versucht das Steuer herumzureissen im sich rasch schliessenden Zeitfenster.
Ob es realistisch war werden wir nie erfahren.
Jetzt ist es an der Zeit die neuen Realitäten zu akzeptieren.
Das Zeitalter des Westens, Europas und der Europäer geht jetzt schnell zu Ende.
Ich würde Deutschland mehr nach Russland/Osten/Asien aber auch Afrika und Indien orientieren. Südeuropa ist pleite.
Die Geschehnisse von 2020 sind historisch, die Achsenverschiebung nach Asien kommt schnell.

pm
3 Jahre her

Sehr guter Artikel, erinnert mich an Spenglers Untergang des Abendlandes.
Ich wäre dem Author dankbar, wenn er folgende alternative Projektion bedenken würde: das Internet wird den Chinesen auf Dauer zeigen, dass man auch in einem freiheitlichen System leben kann und dadurch langfristig eine demokratische Umwälzung einleiten.

Mausi
3 Jahre her
Antworten an  pm

Das Internet wird zensiert werden. D mit seinem gelobten NetzwerkdurchsuchungsG, Unterstützung von Meinungslöschung zumindes durch Unterlassen und den geplanten Uploadfiltern zeigt, wie es geht. D in Führung immer in den „richtigen“ Punkten.

Last edited 3 Jahre her by Mausi
Medienfluechtling
3 Jahre her
Antworten an  pm

Das Internet kann besser als jedes anderes Medium zensiert und notfalls abgeschaltet werden.

giesemann
3 Jahre her

Sehe ich auch so, s. meinen Kommentar oben. Aber wir werden weder Kalifat noch wie China – wenn wir es nicht wollen. China ist zudem ein Pulverfass, das jederzeit hochfetzen kann. Die Kalifen sind derart unattraktiv, dass sogar deren Protagonisten zu uns „flüchten“. Wir müssen sie nur noch draußen halten, basta. Wie Mette von Dänemark, das werden immer mehr merkeln und genauso machen, wetten dass?

Oblongfitzoblong
3 Jahre her

Damit das auch wirklich funktioniert, unterstützen wir das „Entwicklungsland“ China auch jährlich mit einer halben Milliarde €.

giesemann
3 Jahre her

Eine aparte Idee, das mit der Patronenhülse. Mein Großonkel Heinrich G. kam noch persönlich aus dem KZ Dachau zur Familie, als Asche in einer Urne, Rechnung für die Krematoriumskosten beiliegend. Er hatte doch tatsächlich gesagt, „der Hitler fährt alles gegen die Wand“ – das war kurz nach der Niederlage von Stalingrad 1942/43, Wehrkraftzersetzung. Nun, er hatte recht und China wird die Nr. 1 werden auf der Welt – wenn nichts dazwischen kommt, kleine Revolution, bisschen Bürgerkrieg, schaumermal. Indien als das zweitgrößte muslimische Land nach Indonesien wird trotz vergleichbarer Bevölkerungszahl nicht mithalten können. Bin sehr froh, dass wenigstens die beiden weit… Mehr

Der Ketzer
3 Jahre her
Antworten an  giesemann

Patrone oder Urne mit Rechnung sind schon makaber genug, aber die Angehörigen der Opfer vom Breitscheidplatz erhielten nur eine Rechnung … für die staatlich angeordnete Obduktion.

StefanH
3 Jahre her
Antworten an  giesemann

Mein Großonkel hat’s überlebt und für meine politische Bildung deutlichst mit beigetragen. Und meinen Großeltern wurde von der nächsten Verwandtschaft doch glatt angekündigt, dass man höchstpersönlich dafür sorgen werde, dass sie nach Dachau kämen, wenn sie sich noch einmal dermaßen despektierlich über Führer, Volk und Reich äußern würden. Interessant, wer sich so alles auf TE wiederfindet … Und noch interessanter ist, wer sich auf der anderen Seite wiederfindet …

jorgos48
3 Jahre her
Antworten an  StefanH

Hat sich die deutsche Mentalität nach der Nazi Katastrophe eigentlich drastisch geändert? Jetzt in Coronazeiten sehe ich da keinerlei Änderung. Die Denunziaten-und Büttelmentalität ist die gleiche wie in Nazideutschland und in der DDR.

alter weisser Mann
3 Jahre her

Das Wertesystem des Westens und seine politische Kultur, die von ihren angeblichen Trägern innerlich zunehmend ausgehöhlt werden, sind nicht konkurrenzfähig. Da kann China ganz zuversichtlich sein.
Warten wir einfach mal, was im Rahmen von „bunter Welt“ und „Klimarettung“ noch auf die Bürger zukommt, wie das System sich wandeln wird, da könnte das chinesische Modell sogar Attraktivität gewinnen.

Babylon
3 Jahre her
Antworten an  alter weisser Mann

Das chinesische Modell ist autoritär, staatsinterventionistisch und kollektivistisch. Genau diese Linie streben bedeutende Teile der CDU, SPD und Grün an, selbstverständlich auch die Linke und was viel wichtiger ist, auch global handelnde und wirtschaftenden Konzerne

StefanH
3 Jahre her

„Für die Staaten des Westens und insbesondere die USA hat er nur das verächtliche Diktum von dekadenten und im Niedergang befindlichen Kulturen übrig.“ Womit er meiner Meinung nach völlig recht hat. Ich denke genauso. Was dem Westen jedoch fremd ist, ist das Denken in Dynastien. Xi weiß, dass dem Niedergang nach einiger Zeit des Umbruchs immer ein Wiederaufstieg und ein Wiederaufblühen der Kultur folgt. Abgesehen davon ist eine Öffnung in Richtung Menschenrechte und in Richtung Demokratie auch deswegen illusionär, weil „man“ ja gesehen hat, wozu das führt. Die Chinesen bewundern die Europäer durchaus, aber das, was derzeit in Europa und… Mehr

TylerDurden
3 Jahre her

„Amerikanische Sicherheitsexperten erwarten, dass in 10 bis 15 Jahren China die Fähigkeit haben wird, mit atomar bestückten ballistischen Raketen die Vereinigten Staaten zu erreichen. “ … das ist abstruser Unsinn.
Diese Fähigkeiten hat China schon seit Jahrzehnten … vermutlich mit Nord-Korea verwechselt ….

EinBuerger
3 Jahre her

Es gab Imperien, die hatten eine bestimmte Agenda. Spanien unter Philipp II. z.B. den Sieg des Katholizismus über die christlichen Abweichler. Dann gibt es andere Imperien, die eher pragmatisch waren, auch wenn sie sich anders verkauft haben. Dazu zähle ich die Imperien von GB und Frankreich zu ihrer Zeit. Bei Xi glaube ich, dass es ein pragmatisches Imperium ist. Er und sein China sollen einfach immer stärker werden. Zur absoluten Nummer eins. Und natürlich sollen sich möglichst alle Staaten dieser Welt unterordnen. Wenn sie das machen, ist es Xi egal, welche Gesellschaftsform sie im Inneren haben. Aber vermutlich sind diktatorische… Mehr

Medienfluechtling
3 Jahre her
Antworten an  EinBuerger

Was ist aktuell die Ideologie des Westens?!

jorgos48
3 Jahre her
Antworten an  EinBuerger

Auch Xi hat nur eine begrenzte Lebenszeit. Ob seine Wünsche und Träume wahr werden steht auf einem anderen Blatt. Der Mann aus Braunau hatte auch bestimmte Wünsche und Träume. Und erstens kommt es anders als zweitens als man denkt. Leider sind bis dahin politische Massenmorde und Krieg nicht ausgeschlossen.

Lesterkwelle
3 Jahre her

China investiert 2,7% seines BIP in Entwicklung und Forschung. Deutschland unter Merkel setzt andere Schwerpunkte! Man kann die konkreten Ergebniss beim Vorantreiben des Projekts Neue Seidenstrasse bei Reisen in Ostafrika nur mit Staunen zur Kenntnis nehmen: Hervorragende Strassen, Tiefwasserhäfen, Eisenlinien innerhab kürzester Zeiträume realisiert.