Macron deutet in Neujahrsansprache mehrere Volksentscheide für 2025 an

Es war angeblich eine Bitte um Vergebung für 2024 als nicht so gutes Jahr für Frankreich: Drei Regierungen fielen, die innere Sicherheit ist eine Riesenbaustelle, ein Haushalt 2025 noch nicht in Sicht, Notre-Dame nur ein Sahnehäubchen. Nun will Macron den Unmut bezwingen, indem er das Volk befragt. Worüber, das sagt er nicht.

IMAGO

In seiner Neujahrsansprache redete Macron über manches, ohne doch viel zu sagen. Im Kern war diese Rede angeblich eine Bitte um Vergebung für 2024 als doch nicht so gutes Jahr für Frankreich, andere sagen gar „annus horribilis“ (Jahr des Grauens) für Macron: Drei Regierungen fielen, die Olympischen Spiele waren mit einer dreckigen Seine und merkwürdigen Gender-Inszenierungen nur halb schön, die innere Sicherheit ist eine Riesenbaustelle, ein Haushalt 2025 noch nicht in Sicht, Notre-Dame nur ein Sahnehäubchen am Jahresende.

Während Macron am Dienstagmittag schon einmal den zentralen Inhalt seiner Neujahrsansprache ventilieren ließ – es war, wie gesagt, die „Vergebung“ –, befand sich sein neuer Premierminister François Bayrou auf der Insel Mayotte im Indik. Die Insel war von einem todbringenden Zyklon heimgesucht worden, der auch in der französischen Politik einiges in Unordnung brachte. So verzögerte sich auch die Regierungsbildung um einige Tage – oder zumindest deren Präsentation.

Die Entourage von Präsident Emmanuel Macron hofft nun also, dass „die Franzosen ihm vergeben können“. Vergeben wofür? Sicherlich für ein Jahr voller Umschwünge, angefangen von der glanzvollen Planung der Olympischen Spiele bis hin zur Auflösung des Parlaments in einer Kurzschlussreaktion auf heftige Einbußen seiner „Mehrheit“ bei den EU-Wahlen. Es brachte Macron nur ein mittleres Glück, zwar konnte er sich – mit Klauen und Zähnen – einen Großteil auch der parlamentarischen Macht sichern, aber sicher keine Mehrheit mehr, auch nicht dem Anschein nach. Es stehen sich nun definitiv drei Blöcke in einem Dreieck gegenüber, die wohl nicht so schnell weggehen werden. Da täte Pragmatismus not, der aber ist auch in Frankreich nicht so recht ausgeprägt, obwohl das Mittellager der Macron, Barnier und Bayrou sich weiter in einer zumindest partiellen Lockerung übt. Die Linken und ihre Medienmacht verbieten hier allerdings jeden definitiven Fortschritt. Das ist in Frankreich nicht anders als in Deutschland.

Weihnachten mit neuer Regierungsequipe versaut

Nun bat Macron also um Vergebung dafür, den Franzosen Weihnachten versaut zu haben wie ein frankophoner Grinch, als er es erst am 23. Dezember schaffte, seine neue Regierung zu präsentieren. Die Einordnung stammt ganz aus der Nähe des Präsidenten und zeigt, wie er langsam beginnt, sie alle zu nerven. Der Staatschef gilt nun als „vollständig geschwächt“, er besitze „nicht mehr dieselbe Autorität“ wie einst, sagte dieselbe Quelle. Ein anderer aus dem engeren Zirkel sagte es so: Macron hat sein „Spielzeug“ zerbrochen – jetzt muss er es reparieren. Macron versucht, aus den Trümmern seiner eigenen Welt eine neue Regierung zu bauen. Genau das ist der Eindruck bei dieser Ministerriege voller Wiederverwertungen, von Ex-Innenminister Gérald Darmanin über Immer-noch-Kulturministerin Rachida Dati bis zu den Ex-Premiers Manuel Valls und Elisabeth Borne. Daneben überrascht höchstens der neue Finanzminister, Eric Lombard, der bisher Bänker war und das Sparen möglich machen soll.

Und es ist eben nicht so, dass Macron seine Mehrheit verbreitert hätte. Die Linke ist wieder einmal im Delirium, angefangen von den Sozialisten. Der Chef des Parti socialiste (PS), Olivier Faure, schrieb auf X: „Das ist keine Regierung, das ist eine Provokation. Die extreme Rechte an der Macht unter der Aufsicht der Rechtsextremen.“ Der Hashtag #Bayrou ließ keinen Zweifel daran, dass Faure von der neuen Regierung Frankreichs sprach. Nun war dieser Bayrou noch nie als „extrem Rechter“ bekannt gewesen, sondern scharwenzelt seit mindestens 1977 im engeren Kreis der Macht herum, ohne ihn je wirklich betreten zu haben.

Was Faure meinte, ist: Die Minister, die Bayrou von seinem Vorgänger Michel Barnier übernommen hat, markieren zum Teil auch Bedürfnisse des Volkes, die allerdings in links-elitären Kreisen als „extrem rechts“ verschrien sind. Etwa das Bedürfnis nach Ordnung, Sicherheit und Bestrafung von Kriminellen, wozu sich auch Frankreich immer mehr unfähig zeigt, wie nicht zuletzt die sensationelle Befreiung eines Drogenkriminellen in Nordfrankreich zeigte, wobei zwei Justizbeamten erschossen wurden. Im Grunde weckte schon das Erinnerungen an den Deutschen Herbst 1977, als eine andere Gruppierung (die RAF) Unbeteiligte massakrierte, um ihre Ziele zu erreichen. Dass die überall in Frankreich aktive Drogenmafia zu Ähnlichem bereit ist, konnte man ahnen. Dass sie dazu in der Lage ist, weiß man seit diesem Frühjahr.

Krimineller Drogenhandel längst Teil des ‚neuen Frankreichs‘

Die Linke, hier personifiziert vom PS-Chef Faure, verkennt dabei systematisch die wahre Lage des Landes, scheint sie sich schönzureden und sie rosarot zu malen. Gleich hinter den Grenzen der großen Innenstädte beginnt dabei ein feindliches Land, das die in den Städten Sitzenden und Herrschenden anscheinend nicht einmal kennen, geschweige denn verstehen. So wurden nun in der Banlieue von Bordeaux – also knapp außerhalb des Herrschaftsbereichs des grünen Bürgermeisters Pierre Hurmic – Ausgangssperren für Minderjährige am Dienstag, den 31. Dezember verhängt, offenbar eine Maßnahme gegen allfällige Silvesterunruhen. In Paris wurden derweil 10.000 Polizisten und Gendarmen eingesetzt.

Auch der neue Justizminister Gérald Darmanin will sich „den Narkobanditismus und den Drogenhandel“ als „absolute Priorität“ vornehmen. Darmanin will also von anderer Warte aus das versuchen, wozu er als Innenminister nicht in der Lage war. Immer wieder, sobald der französische Staat ihre Spielräume auch nur etwas einengte, rebellierten die Drogenbanden aus den Vorstädten und entfachten wahre Flächenbrände, auf die man auch aus den „besseren“ Vierteln gebannt schaute.

Schon der Neologismus für organisierte Drogenkriminalität („narcobanditisme“) spricht Bände. Das zugrundeliegende Phänomen widersetzt sich offenbar jedem Zugriff und hat sich damit als Grundbestand des ‚neuen französischen Staates‘ etabliert. Der kriminelle Drogenhandel ist eines der großen Probleme Frankreichs. Die Mafia-Banden sind längst in allen größeren Städten tätig. In Grenoble starb ein 49-jähriger Straßenreiniger, als er ein Drogenmafia-Mitglied (mit 19 Vorstrafen) an der Fahrerflucht hindern wollte. In Brüssel treffen die Banden Frankreichs auf die „Mocro Maffia“ der Marokkaner aus den Niederlanden und Belgien (und Westdeutschland).

Ganze Viertel und Siedlungen ohne französische Kultur

Die Millionenstadt Marseille befindet sich mitten in der Umwandlung in eine „narco-ville“ oder Rauschgiftstadt. Für die rivalisierenden Großbanden „Yoda“ (benannt nach der Figur aus Star Wars) und „DZ Mafia“ ist die Metropole an der Mittelmeerküste ihr Einsatzzentrum und Hauptschlachtfeld zugleich. Mindestens vier Stadtviertel sind fest in der Hand der kriminellen Gruppen. Und so kommt es zu rund 150 Schießereien mit 49 Toten und 110 Verletzten im Jahr, meist in den Vorstädten im Norden und am Hafen. Aber die Gewalt erstreckt sich bis ins Zentrum und die schönen Orte an der Küste im Osten (etwa dem bekannten Prado-Strand). Einige Teile von Toulon und Nizza folgen Marseille auf dem Fuß, wie ein „Städteranking“ des Figaro zur Delinquenz aus dem Sommer zeigt.

Auch anderswo sterben unschuldige junge Franzosen durch Kugeln oder Messer, wenn sie nachts vor der Disko anstehen – so wie erst im November wieder in der Ardèche, wo der 22-jährige Rugby-Spieler Nicolas derart getötet wurde, angeblich ein reiner „Kollateralschaden“ in Bandenkämpfen. Auch kleinere Städte haben inzwischen Probleme. So kann man ins kleine Saint-Nazaire bei Nantes an der Atlantikküste schauen, wo der Bürgermeister vor „rechtsfreien Zonen“ (zones de non-droit) warnt.

Es ist aber noch schlimmer. In Frankreich haben sich längst ganze Viertel und Siedlungen herausgebildet, deren Kultur heute de facto nicht mehr französisch ist und in denen der Rechtsstaat und am Ende auch das „normale Leben“ der Franzosen zurückweicht. Im kleinen Vénissieux bei Lyon hat ein Bäcker aufgehört, Produkte mit Schweinefleisch anzubieten, wie die Valeurs actuelles im August meldeten. Der Grund oder Anlass waren die Proteste muslimischer Kunden.

„Bandenführer sind nicht weniger gefährlich als Bärtige“

Im Oktober sollte ein 14-jähriger Täter einen Auftragsmord für 50.000 Euro begehen und erschoss am Ende seinen Chauffeur, der zufällig ein in der Provence bekannter Ex-Fußballspieler war. Ganz Marseille verspürte „absoluten Horror“. Anfang November war es so weit, dass auch der damalige (wie auch jetzige) Innenminister Bruno Retailleau sich nach Marseille begab, um diese „Geißel“ Frankreichs zu bändigen und einen „republikanischen Gegenschlag“ auszuführen, der mit einer Anti-Terrormaßnahme vergleichbar sein soll. In einem Interview sagte Retailleau: „Die Bandenführer sind nicht weniger gefährlich als die Bärtigen, die Vendetta ist nicht besser als die Scharia.“ Derselbe Retailleau hatte auch offen von der „Mexikanisierung“ Frankreichs gesprochen.

Geplant ist eine Kronzeugenregelung mit vollständigem Identitätswechsel, vielleicht auch für Kapitalverbrechen (oder „crimes de sang“). Gegen die Korruption, die der Minister als wesentlichen Faktor des Drogenhandels sieht, soll es härtere Strafen geben. Im Klartext: Staatsbedienstete werden bestochen, um krumme Geschäfte zu decken. Außerdem soll künftig durch Isolationshaft und Konfiszierung von Mobilgeräten verhindert werden, dass Drogenpaten auch noch aus der Zelle weiter Verbrechen planen. Man sieht, an wie vielen Stellen sich ein Rechtsstaat wie Frankreich (oder Deutschland) schwertut, wenn es gegen hochgradig organisierte Kriminalität geht.

Durch den Regierungssturz drohten alle diese Projekte im Staub zu versinken. Und nichts hätte die politische Linke anscheinend lieber gesehen. Nun ‚droht‘ eine Fortsetzung mit Retailleau im Innen- und dem macronistischen ‚Kettenhund‘ für innere Sicherheit Darmanin im Justizministerium, was den Knoten zwischen diesen beiden häufig antagonistischen Ressorts lösen soll. In Frankreich könnte die Ministerial-Bürokratie allmählich begreifen, womit sie es zu tun hat – wenn es nicht schon zu spät ist. Am Ende will Retailleau sogar gegen die Drogenkonsumenten vorgehen, ohne die dieser Markt freilich nicht vorstellbar wäre. Aber würden sich die organisierten Banden bei einem Wegbrechen nicht einfach ein neues Betätigungsfeld suchen? Das wäre dann zu sehen.

Unruhen bei Paris – kaum einer berichtet

Übrigens ist nicht jede Vorstadt-Unruhe noch interessant für die großen Medien. Dass Polizisten mit Feuerwerkskörpern attackiert werden und sich prügeln müssen, um ihre Aufgabe zu erfüllen, scheint normal geworden – nicht nur an Silvester. So gab es auch Mitte Dezember wieder Unruhen in einigen Wohnquartieren im Département Hauts-de-Seine mit dem Postcode 92. Ein 34-jähriger Mann war im Polizeigewahrsam gestorben, und seine Genossen wollten das nicht ohne Gegenwehr über sich ergehen lassen.

Haben Sie etwas davon gehört? Keine Sorge, die Mehrheit der Franzosen auch nicht. Lediglich das etwas kratzbürstige Online-Magazin Boulevard Voltaire machte sich die Mühe zu berichten, etwa auch, dass linke Lokalpolitiker zuallererst Verständnis für die Unruhen zeigten. So sagte die sozialistische Stadträtin Astrid Brobecker, deren Name irgendwie deutsch klingt: „Die Jugendlichen fühlen sich zunehmend ungerecht behandelt. Sie verstehen es nicht und ihre Verärgerung ist berechtigt.“ Legitime Verärgerung gegen die Durchsetzung von Rechtsstaat und Gewaltmonopol? Die französische Linke treibt es vielleicht noch ärger als die deutsche.

— frontlinenews2024 (@frontline2024) December 15, 2024

Wie man auch in größeren Medien nachlesen kann, ist Fontenay-aux-Roses eine „preislich (sehr) attraktive Stadt“ nur 20 Minuten von Paris. Dass man die günstigen Mieten mit erhöhter Unsicherheit bezahlt, wird aus diesem Bericht nicht deutlich. Im nahen Malakoff wurden am 1. Dezember drei junge Männer von Angreifern vor einem Monoprix-Markt mit Messern verletzt. Das sind so Kleinigkeiten, die auch in Deutschland durchaus die Gazetten füllen könnten – wenn sich noch jemand dafür interessieren würde.

„Zuflucht“ vor dem Preisverfall – und vor der Gewalt

In Paris ist inzwischen von Wohnvierteln die Rede, die laut Figaro als „Zuflucht“ dienen können – sozusagen als Schutzraum vor sinkenden Immobilienpreisen. Mit anderen Worten: Das Wohnen in Paris wird rasch billiger, sichere Anlageobjekte gibt es nur noch in einigen extrem gefragten Innenstadtnachbarschaften links und rechts der Seine. Und manch einer fragt sich, wie die konservative Tageszeitung zu dieser Wortwahl („réfuge“) kam: Eine Zuflucht sucht man gewöhnlich vor echten Gefahren. In anderen Vierteln regiert hingegen, so berichtet wiederum der Figaro, das „Gesetz des Dschungels“, so im Viertel von La Chapelle (18. Arrondissement), wo gewaltbereite Afghanen die Straßen beherrschen.

Und so kommt man ganz unversehens vom Thema des Drogenhandels und der überbordenden Kriminalität zu wirtschaftlichen und am Ende pekuniären, finanziellen Problemen, die Frankreich ja ebenso hat. Denn die größte Sorge des neuen Premiers dürfte eben nicht die Etablierung eines „Narco-Staats“ sein, sondern die Sanierung der französischen Staatsfinanzen, ohne dass seine Regierung davon in kürzester Zeit hinweggerafft wird, so wie mindestens zwei ihrer Vorgänger im vergangenen Jahr (die Regierungen Borne und Barnier, die an Haushaltsnöten scheiterten).

Was blieb von den „stolzen Taten der Franzosen“, die Macron letztes Jahr in seiner Fernsehanspache ankündigte? Neben der Ankurbelung des Tourismus durch die Olympischen Spiele endete 2024 mit einem Haushaltsloch, das größer war als das der Vorjahre. Im Dezember warnte der Premier Barnier, dass auch die Neuverschuldung kontinuierlich steige und die Zinszahlungen einen immer größeren Teil der Steuereinnahmen auffresse – inzwischen in der Höhe von einzelnen Ministerbudgets.

Volksentscheide gegen den Unmut an der Regierung

Die Kathedrale Notre-Dame konnte Macron nach fünf Jahren termingerecht wiedereröffnen. Er ist fähig, Prioritäten zu setzen. Doch die Stabilität seiner Regierungen gehört nicht dazu. Barniers Regierung war die kurzlebigste der Fünften Republik, also seit dem Jahr 1958. Sie hielt gerade einmal drei Monate, auch weil Macron alle Wege zur wirklichen Macht blockierte. Zugleich fiel aber die Popularität des Präsidenten auf (im negativen Sinn) rekordträchtige 21 Prozent.

Hinzu kommt: Schon die Vorgänger Barniers konnten die Haushaltsgesetze ja nur per Dekret durchsetzen. Und auch wenn Macron noch für zwei Jahre gewählt ist, hat sich doch nichts an dem Parlament ohne klare Mehrheit geändert. Auch der altgediente François Bayrou, der schon um die Macht herumscharwenzelte, als Macron noch gar nicht geboren war, beginnt mit dieser Lage. Wie Bayrou auf diesem Hintergrund einen Haushalt aufstellen will, ohne gleich seinen eigenen Kopf einem erneuten Misstrauensvotum zu opfern, bleibt völlig offen. Er ist ja bisher auch noch mit einem Zyklon vor Madagaskar beschäftigt.

In seiner neuen Neujahrsrede hat Macron vor allem zwei Dinge getan: Er hat zugegeben, mit den vorgezogenen Neuwahlen „mehr Spaltungen … als Lösungen für die Franzosen“ bewirkt zu haben. Nun, das ist so Macrons Verständnis von Politik, auch er kennt die Guten und die Bösen, und die Meinungsunterschiede zwischen diesen beiden nennt man dann gewöhnlich Spaltung. Aber in der Tat gibt es auch ein paar Meinungsunterschiede zwischen den „Guten“ – vor allem zwischen Macronie, Sozialisten und Grünen –, und die haben Macron seit dem Sommer das politische Genick gebrochen. Mal sehen, wie lange der Bayrou-Krug zum Brunnen geht.

Kein Wohlstand ohne Sicherheit

Zum zweiten hat er vorsichtig angekündigt, dass er zwar auch im neuen Jahr eine Menge Dinge selbst entscheiden will, daneben aber auch die Franzosen bitten könnte, „einige dieser wichtigen Themen zu entscheiden“. Das wurde sofort als die Ankündigung eines oder mehrerer Referenden verstanden, und da Macron in seiner Fernsehansprache auch daran erinnert hatte, dass es Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum kaum ohne innere Sicherheit geben kann, liegt der Gedanke nicht allzu weit entfernt, dass sich eines dieser Referenden auch mit der Lage an den Grenzen befassen könnte. Oder könnte er auch eine Entscheidung über eine brisante Haushaltsfrage an die Franzosen delegieren? Das wäre allerdings etwas Neues. Spannend wird dann auch sein, ob sich die Regierenden an die geäußerten Wünsche halten werden – oder ob sie versuchen werden, dem Verdikt zu entgehen wie leider schon so oft in der Geschichte der Volksentscheide.

Und am Ende rief Macron wieder einmal zu einem „europäischen Erwachen“ auf, ein „wissenschaftliches, intellektuelles, technologisches, industrielles, landwirtschaftliches, energetisches und ökologisches Erwachen“. Er denkt dabei an KI, „die Biologie“, die Quantentechnik und noch vieles anderes. „Die Europäer“, sagte der französische Staatspräsident, müssten „Nein sagen zu den von anderen erlassenen Handelsgesetzen, zu allem, was uns ohne Gegenleistung und ohne Vorbereitung auf unsere Zukunft von anderen abhängig macht“. Das scheint aber zu bedeuten, dass die EU (denn davon spricht Macron hier) auch ihre Sicherheit und Verteidigung in die eigenen Hände nehmen muss. Darüber spricht Macron nun schon seit sieben Jahren – die Verteidigungsunion wird ihm wohl auch in diesem Jahr nicht gelingen. Eines ist aber sicher: Über diesen Fragen dürfte Macron die Sicherheit und Verteidigung der französischen Grenzen nicht vernachlässigen. Doch seine Rede legt genau das nahe.

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