Was man etablierten Politikern verzeiht, darüber soll Marine Le Pen stolpern. Weil sie Fraktionsmitarbeiter auch zu Parteizwecken nutzte, soll Le Pen ihr passives Wahlrecht verlieren. Premierminister Bayrou und Ex-EU-Kommissar Breton haben vor den Folgen gewarnt.

Dieses Urteil kam dann doch mit kaum so erwarteter Härte. Marine Le Pen und acht weitere EU-Abgeordnete aus dem Rassemblement national (RN) wurden der Veruntreuung öffentlicher Gelder für schuldig befunden. Das erklärte das Pariser Gericht in seinem Urteilsspruch vom Montagmorgen, der derzeit noch unter großer Medienaufmerksamkeit verlesen wird. Anderthalb Stunden hörte sich auch Marine Le Pen das Urteil an, bevor sie den Gerichtssaal gegen zwölf Uhr sichtlich genervt verließ.
Der Gesamtschaden betrug laut den Richtern 2,9 Millionen Euro, weil Fraktionsmitarbeiter für die Partei Le Pens gearbeitet hätten. Es handele sich nicht um einzelne „Fehler“, sondern ein System, so die vorsitzende Richterin Bénédicte de Perthuis. Kritiker des Urteils wiesen darauf hin, dass es keine „fiktiven Anstellungsverhältnisse“ und keine persönliche Bereicherung gegeben habe.
Für den ehemaligen EU-Abgeordneten Bruno Gollnisch wurden drei Jahre Freiheitsentzug (zwei auf Bewährung), 200.000 Euro Strafe und fünf Jahre Unwählbarkeit gefordert. Weitere EU-Abgeordnete sollen für drei bzw. ein Jahr unwählbar werden, 20.000 bis 30.000 Euro an Strafen zahlen und mit zehn oder 18 Monaten Haft bedroht werden. So wird die Schuld für jeden Abgeordneten abgestuft bestimmt.
Die populärste Kandidatin wird aus dem Rennen genommen
Seine besondere Brisanz entwickelt das Urteil durch den schon vorab verbreiteten Umstand, dass das Berufungsrecht in diesem Fall praktisch ausgehebelt wird. Selbst wenn Le Pen und die Mitangeklagten Berufung einlegen, sollen die Urteile „vorläufig“ vollstreckt werden. Ein Verfahren, dass einzigartig erscheint. Louis Aliot, bisher Bürgermeister von Perpignan, verlöre dieses Amt in diesem Fall.
Auch diese Besonderheit führt dazu, dass der Prozess ebenso wie das nun gefällte Urteil einen entschieden politischen Charakter annehmen. Umso mehr ist das so, als Marine Le Pen laut neuesten Umfragen bei einem Rennen um das Präsidentenamt mit 32 Prozent der Befragten den ersten Platz belegt. Die nächsten Präsidentschaftswahlen stehen turnusgemäß 2027 an. Emmanuel Macron wird dann nicht mehr antreten können. So wie es jetzt scheint, wird das gleiche auch für Marine Le Pen gelten, die sich bei den Präsidentschaftswahlen 2012, 2017 und 2022 zur Wahl stellte und dabei auch zweimal in die Stichwahl gegen Macron ging.
Bayrou warnt vor „Schock in der öffentlichen Meinung“
Premierminister François Bayrou hatte am Wochenende eine heftige Reaktion der Wähler befürchtet, wenn das Urteil so ausging, wie nun geschehen. Bayrou sprach vom Risiko eines „Schock in der öffentlichen Meinung“. Pikantes Detail: Bayrou erwartet selbst ein Berufungsurteil in einem Fall, in dem seiner Partei ähnliche Vergehen im EU-Parlament vorgeworfen wurden. Merkwürdig: In Bayrous Fall war also eine Berufung möglich. In Le Pens Fall könnte sie eventuell nicht mehr rechtzeitig Wirkung entfalten, weil das Urteil bereits von heute an vollstreckt werden soll.
Breton behauptet freilich, hier als „einfacher Bürger“ zu sprechen.
Könnte es sein, dass ein Gesetz, das auch bisher bestand, einfach nie angewandt wurde, weil es bisher nur die eigenen Leute getroffen hätte? Und heute wird es von den Richtern härtestmöglich angewandt, weil es nunmehr die aus ihrer Sicht „Richtige“ trifft. Der Eindruck drängt sich auf, zumal wenn man die Protestnoten der Politiker anderer Parteien sieht. Der Entzug des passiven Wahlrechts wird immer wieder als „notwendig“ und automatisch bezeichnet, wo es um Veruntreuung öffentlicher Gelder geht. Das könnte man begrüßen – es sollte aber für alle Politiker gleichermaßen gelten.
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Zumindest ist die Fußfessel auf zwei Jahre politisch motiviert und nur bei Schwerstkriminellen anzuwenden, bei denen Fluchtgefahr besteht.
All das trifft auf die Le Pen nicht zu.
In Anlehnung an den Post von Viktor Orban schlage ich vor, europaweite Demonstrationen unter dem Motto „Je suis Marine – Freiheit und Gerechtigkeit“ zu organisieren, um diesen brutalen Attacken linksradikaler Justizbehörden endlich einen Riegel vorzuschieben!!!!
Sowas aber auch. Da hat die schleimige Anbiederung des RN an die Systemparteien und speziell die Selbstweichspülung von Le Pen ja doch nicht funktioniert. Jetzt bin ich aber wirklich überrascht.
Fr. Le Pen (56 J.) weiss seit drei Jahrzehnten, mit wem sie es politisch zu tun hat und zu tun bekommt. Da fehlte ihr offensichtlich eine vorwegnehmende Strategie, um nicht mittels der Justiz zu Fall gebracht zu werden.
Da das ihr vorgeworfene gängige praxis (vermutlich) aller parteien ist, ging sie wohl fälschlich davon aus, daß das auch bei ihr / dem RN niemanden jucken würde.
Bis zu 5% des EUdSSR-Budgets werden für politische Propaganda umgeleitet: https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/eu-kommission-verweigert-auskunft-zu-finanzierten-ngos/ LePen sollte erst recht nachhaken, wieso nur sie nicht tun darf, was die komplette EUdSSR tut.
Hier der umgekehrte Fall wie bei Lagarde; die wurde nicht bestraft wegen Fahrlässigkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern im Wert von 45 Mio Eur. – das Gericht befand „Ihre Persönlichkeit und ihr nationaler und internationaler Ruf müssen ebenfalls berücksichtigt werden“.
Soso, und LePen wird wegen ihrer Persönlichkeit verurteilt. Ist wohl einigen zu sehr auf die Zehen getreten. Da ist die politisierte Justiz dann unerbittlich.
Das wird so manchen nicht Le Pen Wähler erschaudern lassen, wird ihm jetzt doch gezeigt was passieren kann wenn man nicht so spurt wie gewünscht.
Steuerhinterziehung – wenn es an dem so ist, kann man Frau Le PEN verurteilen.
Aber das passive Wahlrecht in diesem Zusammenhang entziehen, das klingt nach Autokratie und nicht nach Demokratie. Seit wann Gibt es in einer funktionierenden Demokratie politische Strafurteile obendrauf.
Oder ging es in dem Prozess von Anfang an nur um den Entzug des passiven Wahlrechts, die Verfehlung um Steuerhinterziehung wurde dabei nur mit besonderem Eifer vorwändlich gesucht ….
Es liegt ein politisch motiviertes Urteil natürlich in der Luft, jeder kann es riechen.
Der Entzug des passiven Wahlrechts ist nur politisch motiviert.
Was für einen Sinn sollte er sonst machen, da der zugrunde liegende Straftatbestand mindestens 9 Jahre zurückliegt. Man überlege, Le Pen hätte inzwischen ein Regierungsamt inne.
Könnte bei uns glücklicherweise ja nicht passieren!
(*IRONIE AUS*)
Doch. Hat Thierry Breton doch schon angekündigt nach dem Streich in Rumänien.
Das ist das Selbe was man in den USA mit Trump versucht hat: Da die Eliten keine politischen Mittel aufweisen können, um den Erfolg Le Pens zu bremsen, sie über großen Rückhalt in der Bevölkerung verfügt, hat man einen juristischen Angriffspunkt gesucht und gefunden, um Le Pen auf diesem Weg aus dem Kampf um die politische Macht zu entfernen.
Es wird immer deutlicher, mit welchen Bandagen gespielt wird, wenn die Dinge sich nicht so entwickeln, wie der bestehende Macht-Komplex sich das vorstellt.