Finnland will Pushbacks nach Russland legalisieren

Die Ostroute erregt den öffentlichen Medienkomplex wie keine andere. Nirgendwo reagieren Medien empfindlicher auf illegale Einreisen. Nun könnte etwas daraus folgen: Finnland will Migranten an der Grenze zurückweisen.

IMAGO / Lehtikuva

Es ist die einzige Grenze, an der sich linke und öffentlich-rechtliche Medien überhaupt für die anhaltende illegale Migration interessieren. Wann immer die Ostroute einen auch nur mikroskopischen Anstieg der Zahlen berichtet, schäumt die westliche Haltungspresse: Nun sei offenbar der nächste „hybride Angriff“ Putins zu gewärtigen, und das ausgerechnet im glorreichen EU-Wahljahr!

Das mag sich alles so verhalten. Und doch verfehlen die Kritiker ihr Ziel. Die wahre Destabilisierung der EU geschieht von anderer Seite. An allen Grenzen gibt es die Gefahr, dass nicht integrationsfähige und -willige Individuen im Staatenbund Aufnahme erhalten. Auch die Terrorgefahr lässt sich nicht durch wilde Schlepperrouten in Mittelmeer und Mittelatlantik bannen, sondern nur durch deren Blockade, auf welchem Weg auch immer. Das wäre auch das menschenfreundlichste Unternehmen. Denn jede Ermutigung der Schlepper kostet Menschenleben in Wüste und Meer.

Zahlenmäßig und im EU-Vergleich sind die Einreisen über die Osteuropa-Route sicher zu vernachlässigen. Von Januar bis April wurden ganze 2.102 illegale Einreisen festgestellt, immerhin eine Zunahme von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und selbst wenn es ein paar mehr sein sollten (wie an den meisten Grenzen), machen die derart festgestellten illegalen Einreisen nur etwa ein Dreißigstel aller illegalen Einreisen in die EU aus.

Hier wird noch jeder einzelne Grenzübertreter gezählt

Trotzdem ist die Aufregung genau in diesem Fall groß: „Putin lenkt offenbar wieder Migration nach Europa“, ist ein Bericht der Süddeutschen überschrieben. Ähnlich wird der Spin auf den Rundfunkwellen von WDR und NDR laufen. Also geballte links-öffentlich-rechtliche Medienkompetenz im Kampf gegen die Schlepper! Hier wird noch jeder einzelne Grenzübertreter gezählt: Im März waren es 412, im April schon 670, Mitte Mai dann bereits 416, auf eine Grenze, die einige tausend Kilometer misst; allein die Grenze der EU zu Russland misst 2.435 Kilometer.

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Die Osteuropa-Route umfasst alle Landgrenzen im Osten des Kontinents, also die finnisch-russischen, die estnisch-russischen, lettisch-russischen sowie die Grenzen der EU-Länder Estland, Lettland, Polen, Slowakei, Ungarn und Rumänien zu Weißrussland, der Ukraine und Moldau.

Irgendwann werden auch die hier oder an der weißrussischen Grenze durchgekommenen Schutz- und Schatzsucher – nach wohlbehaltener Ankunft in Deutschland und dem obligatorischen Willkommensgruß der Behörden – ihre Familien nachholen und es so schaffen, Staat und Gesellschaft zu unterwandern, ganz in Moskaus Sinn. An der deutsch-polnischen Grenze ist seit März schon wieder ein leichter Aufwärtstrend zu verspüren, mit 1.650 illegalen Einreisen (gegenüber 1.580 im Vorjahres-März). Laut polizeilichen Erkenntnissen kamen die zusätzlichen Einreisen vor allem aus Weißrussland. Aber die Balkanroute mit ihren Schlenkern trägt hier auch etwas bei.

Angeblich vergibt nun aber gerade Moskau fleißig Einreisevisa, die bei der Hälfte der Eingereisten gefunden wurden, also in diesem Jahr bei etwa tausend Personen. Die Süddeutsche wittert „im Wahljahr erneut“ eine „perfide Strategie“ Russlands. Also eine bösartige Kampagne zur Beeinflussung der EU-Wahl. Eines ist freilich nicht auszuschließen: Auch Moskau und Minsk könnten auf diesem Wege Terroristen in die EU leiten, um hierzulande für ernstere Bedrängnis und handfeste Probleme zu sorgen.

Dass es sich um „hybride“ Spielchen im kalt-heißen Krieg zwischen West-, Mittel- und Osteuropa handelt, ist keine Frage. Aber ein wesentlicher Schauplatz der aktuellen Migrationskrise ist das nicht. Da sind Grenzneuziehungen rund um Kaliningrad (das frühere Königsberg) von größerem Belang.

Russland hat kein Recht auf Einschleusung von Migranten

Eine Entwicklung hat aber vielleicht Potential. Denn die finnische Regierung plant nun ein Gesetz, um Asylsuchende an seinen Grenzen mit Russland direkt zurückzuweisen. Erst im vergangenen Sommer bildeten Nationalkonservative und „Die Finnen“ (früher: Wahre Finnen) unter Einschluss einer liberalen Partei und der Christdemokraten eine Koalition, die das Linksbündnis von Sanna Marin ablöste. Der Fall scheint klar genug: Russland ist nach allgemeinem Dafürhalten ein Aggressor und hat kein Recht, illegale Migranten in die EU einzuschleusen. In der Tat befürchtet auch die finnische Regierung negative Auswirkungen der russischen Operation auf die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung.

Trotz Eindämmung zweier Routen
Eurostat: EU-Asylanträge anhaltend hoch
Am Vorhaben der rechts-konservativen Regierung in Helsinki gibt es aber trotzdem jede Menge Kritik, natürlich vor allem die, dass der Rechtsstaat („rule of law“) dadurch geschwächt würde, wie die angesehene Tageszeitung Helsingin Sanomat schreibt. Seltsamerweise gilt dieser Rechtsstaat in modernen Zeiten vor allem für Nicht-Bürger zuerst.

Im Grundgesetz von 1949 hieß es noch in Artikel 16 (2) kurz und knapp: „Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Politisch verfolgte genießen Asylrecht.“ Angeblich war eine Regelung angedacht, nach der Asyl ohnehin nur für Deutsche gelten solle, woran jüngst auch der Gastbeitrag eines Juristen in der FAZ erinnerte. Von solchen Zeiten ist man in Deutschland und der EU heute weit entfernt.

Dennoch tritt die finnische Boulevardzeitung Iltalehti für die Legalisierung von Zurückweisungen (englisch pushbacks) an Finnlands Ostgrenzen ein. Man dürfe in dieser Situation nicht das „falsche Signal an Russland“ senden und weist darauf hin, dass es nicht um die finnische Asylpolitik insgesamt gehe, sondern um die nationale Sicherheit. Immerhin soll die Gültigkeit des Gesetzes zunächst auf ein Jahr begrenzt werden, was man sich in der Tat für viele Gesetze wünschen würde.

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Kommentare ( 22 )

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Ein Mensch
7 Monate her

Die wahre Gefahr, auch für Finnland, kommt nicht aus dem Osten. Aber man kann sich das natürlich auch schönreden.

Haba Orwell
7 Monate her

Streng genommen, vor allem fliehen Ukro-Männer vor der Ehre, für die globale Weltherrschaft „unserer“ Oligarchen sterben zu dürfen – sogar durchaus riskant durch den Fluss Theiss an der rumänischen Grenze. Ich wäre auch dafür, dass sie im Westen überleben dürfen, wenn sie hier alleine für das eigene Auskommen arbeiten. Manche Kriegsfalken würden gerne sofort alle in die Bandera-Armee schicken.

TschuessDeutschland
7 Monate her

Vielleicht möchte Finnland einfach nicht, daß Firmengebäude von finnischen Unternehmen, welche Defensiv-Waffen für die Ukraine herstellen in Flammen aufgehen wie neulich bei Diehl Defence in Berln-Lichterfelde.

H. Hoffmeister
7 Monate her

„Seltsamerweise gilt dieser Rechtsstaat in modernen Zeiten vor allem für Nicht-Bürger zuerst.“
Für die woken westlichen Gesellschaften würde ich die Einlassung ergänzen wollen:
„Seltsamerweise gilt dieser Rechtsstaat in modernen Zeiten vor allem für Nicht-Bürger und Nicht-Nettowertschöpfer zuerst.“

Johny
7 Monate her

Es ist wie im Kindergarten. Statt bei uns die Schuld zu suchen, zeigen wir lieber wieder auf andere. Dabei macht doch sogar die Ampel weiter Werbung und die Bosse rufen nach Fachkräften. Unsere Grenzen müssen wir schon selber schützen. Wir legen fest „Wolle mer se reinlasse oder net?“ nicht Putin, warum sollte er die Leute hindern – das ist doch nicht sein Ding.

Kendra1958
7 Monate her
Antworten an  Johny

Bald gibt es den BRD Pass für umme. Die Werbeetrommel läuft doch schon weltweit. Arabisch auch …

Wilhelm Roepke
7 Monate her

Jeder Mosaikstein bei der Verteidigung des Abendlandes hilft. Wir sind sowieso brutal in der Defensive, weil die Mehrheit der Wähler in den Untergang hineinträumt. Immerhin ein nicht zu unterschätzender symbolischer Anfang, denn wenn es den Finnen an der EU-Außengrenze erlaubt wird, ist es schwierig zu argumentieren, warum das andere Länder der EU an anderen Grenzen nicht dürfen sollten.

ketzerlehrling
7 Monate her

Werden vermutlich nicht soviele sein in Finnland, aber trotzdem Der einzige friedliche Weg, um sich vor diesen Kreaturen zu schützen.

Die Wahrheit
7 Monate her
Antworten an  ketzerlehrling

Das ist leider falsch – Helsinki meine neue Heimat hat sich in nur 4 Jahren sehr verändert. Die Finnen lieben Ihre Heimat und wollen es nicht zulassen, wie Schweden zu werden. Ich kenne sehr viele Geschichten aus Schweden und wenn die Deutschen wüssten, was da auf Sie zukommt – wäre morgen hier Bürgerkrieg.

Manfred_Hbg
7 Monate her
Antworten an  ketzerlehrling

Nun ja, es ist ja nicht nur Finnland von wo die -vor allem islamische und afrikanische- „Bereicherung“ am einsickern und fluten ist. Wenn man hier dann mal von eben Finnland über die Baltik-Staaten , Polen, Rumänien und Bulgarien bis hin nach den Balkan die gesamten osteuropäischen (Außengrenz-)Länder nimmt, dann summiert sich die Zahl derer, die vor allem nach Deutschland wollen, nicht unerheblich. Wobei dann scheinbar auch noch einige 100 bzw wenige 1000 männliche Ukrainer dazu kommen die illegal in die EU einreisen um so ihre Einziehung zum Wehrdienst zu entgehen und dann lieber ihre ukrain. Mitmenschen für z.Bsp die eigene… Mehr

Kendra1958
7 Monate her
Antworten an  Manfred_Hbg

Viele werden doch in der BRD legal auf Bitten eingeflogen. Nebelkerzen. Europa ist ein gefallenen Kontinent. Die VSA sind Happy.

Teiresias
7 Monate her

Amerikanisch organisierte Massenmigration nach Europa/Deutschland in 7-stelliger Höhe ist also kein Problem (Syrien 2015), russisch organisierte Migration in 4-stelliger Höhe dagegen muss unbedingt unterbunden werden.

Weil die Amerikaner unsere Freunde sind?

Last edited 7 Monate her by Teiresias
Haba Orwell
7 Monate her
Antworten an  Teiresias

Die komplett ungesteuerte Einwanderung als Mittel zum gesellschaftlichen Umbau ist ein Konzept, welches in den 1960er Jahren in den USA entwickelt wurde – Putin hat damit nichts zu tun:

https://en.wikipedia.org/wiki/Cloward%E2%80%93Piven_strategy

honky tonk
7 Monate her

Man gibt also von „progressiver“ Seite zu,daß diese Migration aus islamischen Gefilden ein kriegerischen Akt ist.Warum wird dann die Migration der selben Klientel über Südeuropa zur Bereicherung erklärt?Für wie doof halten die uns?

Haba Orwell
7 Monate her
Antworten an  honky tonk

> Für wie doof halten die uns?

Doof genug, die Woken immer wieder und wieder und wieder zu wählen. Die könnten zwar auch wie im führenden Land westlicher Demokratie die Wahlen absagen (dortiger Presidente bleibt einfach so weiter im Amt), doch der Michel nimmt den Woken das Zeigen der wahren Fratze ab.

maru
7 Monate her
Antworten an  honky tonk

Genau das habe ich auch gedacht. Es hängt offenbar vom Framing ab, ob Massenmigration ein kriegerischer Akt oder eine „Bereicherung“ ist. Ganz so, wie s grad passt.
Da die Wähler das eigenständige Denken eh eingestellt haben, wird ihnen das Unlogische daran nicht weiter auffallen.

Ralph Martin
7 Monate her

Fussbadlena: bitte übernehmen.
Da werden Menschen im hohen Norden diskriminiert die bei uns locker Platz haben