Systematisch verfolgt: Heute Frauen in Afghanistan – morgen auch hier?

Frauen aus Afghanistan sollen laut Beschluss des EU-Gerichtshofs ganz allgemein als schutzwürdig angesehen werden. Das stellt vieles auf den Kopf, nicht zuletzt das individuelle Asylrecht: Nun gibt es Kollektive, die Schutz beanspruchen können. Wer kommt als nächstes?

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Anja Niedringhaus

Der Gerichtshof der EU hat entschieden: Frauen aus Afghanistan sollen automatisch, nur aufgrund ihres Geschlechtseintrags im Pass oder sonst einem Dokument, Asyl genießen. Damit rennt der EU-Gerichtshof auf moralischem Feld offene Türen ein. Wer könnte da schon widersprechen, hören wir doch seit langem die Schreckensbotschaften, was die Lage der Frauen im Taliban-Land angeht? Und sicher ist das für viele Frauen schwer. Aber hilft da ein Blanko-Asylstatus weiter? Und was bewirkt er letztlich? Denn auf die „persönlichen Umstände“ im Leben einer Afghanin soll es fortan nicht mehr ankommen. Das kann (und wird sicher) dazu führen, dass die Frauen mit Schutzstatus die Männer ihrer Sippe nachreisen lassen. Und das wären dann vielleicht auch Unterdrücker im Sinne der Taliban, die sich nicht am streng ausgelegten Koran stören, aber den relativen Wohlstand Deutschlands der Armut ihres Landes vorziehen.

Daneben ist auch bei Frauen nicht ausgeschlossen, dass sie dem Gedankengut der radikalen Koranschüler mindestens nahestehen. Nehmen wir nur an: Eine Afghanin könnte ja nach Deutschland reisen, weil sie mit einem Detail ihres Lebens in Afghanistan nicht zufrieden ist. Vielleicht möchte sie eine medizinische Behandlung durchführen lassen oder ein paar praktische Dinge über ein Handwerk, die Medizin oder einen technischen Beruf lernen. Das ist alles möglich und denkbar. Aber macht sie das zur „Verfolgten“, wie der EU-Gerichtshof nun dreist und von Detailkenntnis sicher unbelastet behauptet? Auf lange Sicht sollte man in Frage stellen, dass Gerichte in einer europäischen Stadt überhaupt über Asyl- und Schutzchancen entscheiden.

Die Tagesschau weiß, dass Frauen in Afghanistan „kaum medizinische Betreuung“ erhalten, keinen Sport betreiben dürfen und keinen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Dabei ist klar, dass einige Berufe gerade wegen der Geschlechtertrennung des Islams nur von Frauen ausgeübt werden können: Ärztin und Schwester in der Frauenklinik etwa. Auch im Frauenbad – wenn es so etwas gäbe – dürfte es wohl nur Bademeisterinnen geben, im Kleiderladen vielleicht auch nur weibliches Personal. Frauen seien „systematisch verfolgt“, heißt es im Luxemburger Richterspruch trotzdem. Man will alle Diskriminierungen zusammen betrachten, etwa im Sinne der amerikanischen Theorie der „intersektionalen Diskriminierung“, bei der allerdings noch weitere Identitäten eine Rolle spielen.

Wie gesagt, mag das für afghanische Frauen so sein. Nur stellt sich die Frage, ob dies für Deutschland eine Pflicht zu deren systematischer Aufnahme bedeuten kann. Letztlich öffnet das Urteil die Tür für alle Arten von Blanko-Anrechten auf Asyl oder Schutz in der EU. Alle möglichen Gruppen sind denkbar: Homosexuelle, Schuhverkäufer, Rikschafahrer, Schweinemetzger. Jüngst gab es den Fall eines verheirateten Russo-Tadschiken mit fünf Kindern, der im zweiten Anlauf „bemerkte“, dass er homosexuell war und daher in seinem Land verfolgt.

Alle diese Gruppen könnten in dem einen oder anderen Land „intersektional“ verfolgt sein, soodass man das dann eine „systematische“ oder „systemische“ Verfolgung nennen wird. Die Frauen sind also vielleicht nur ein Anfang. Daneben stellt der EuGH klar: Zwangsverheiratungen sind der Sklaverei gleichzustellen. Aber ist das deutsche Asylsystem dafür zuständig, diese Mängel, die mehr als einmal in der Welt existieren, zu kurieren? Das kann es ohnehin nicht.

Von einer Massenwelle von Schutzgesuchen afghanischer Frauen ist trotz alledem nicht auszugehen. Zumeist werden sich auch weiterhin ihre unverfolgten Brüder auf die Reise machen – und die Frauen dann im zweiten Schritt nachholen. Sie, die Brüder, Onkel und Väter, bekommen ja ebenfalls Schutz in Deutschland, auch ohne weiblichen Geschlechtseintrag. Ob die Afghaninnen und anderen Frauen dann auf Dauer in Deutschland „unverfolgt“ sind, bleibt als offene Frage bestehen.

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Kommentare ( 33 )

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Martin Mueller
39 Minuten her

Wenn neben unseren verantwortlichen Politikern nun auch nicht mehr Richter auf höchster Ebene das Wohl und Wehe der Einheimischen primär in ihrer Entscheidungshandlung setzen, dann wird alles, was wir haben und hart erarbeitet haben, zur Beute für jedermann Fremden erklärt, der seinen Fuss auf unser Territorium setzt und etwas von Asyl fabuliert.
Für afghanische Frauen entfällt dieser Asyl-Ausruf sogar, sie sind laut EUGH nun per se von uns dauerhaft voll zu alimentieren samt Kinderschar. Kommt noch, dass wir sie zu Hunderttausenden in unser Sozialsystem einfliegen?

FlyingHorse
43 Minuten her

Diesem „Gericht“ fehlt es an grundsätzlicher demokratischer Legitimation. Ebenso den Machthabern in der EU-Kommission. Ebenso dem EU-Parlament. Auch zur Frage, ob(!) man diese Einrichtung will, hätte man den Souverän befragen müssen. Daran ändern auch salbungsvolle Bezeichnungen nichts. Kein deutscher Staatsmann war jemals berechtigt Hoheitsrechte per Vertragsrecht abzugeben. Die untertänigen Staatsjuristen schweigen in der Tradition, wie es sich für die Juristenspezies seit ihrer Gründung in der Lombardei gehört hat.

Länder, die diese Hoheitsrechte demokratisch legitimiert abgeben wollen, brauchen keine eigenen Riesen-Parlamente mehr, um alles was sich diese Cliquen ausdenken, in formale Gesetzgebung umzuwandeln. Dazu reichen Schreibkräfte.

Last edited 41 Minuten her by FlyingHorse
luxlimbus
47 Minuten her

Man kann nicht einmal die afghanischen Frauen der „Schutzsuchenden“ vor islamistischen Ansprüchen und Gängelungen ihrer Community auf dem Boden der EU schützen!
Gesetze die nicht durchzusetzen sind bedrohen unser aller fundamentales Rechtsgefüge! Wer dies, wie es ja geschieht, trotzdem betreibt – hat ganz offensichtlich anderes im Sinn, – oder ist so unfähig, so deplatziert, so undemokratisch ideologisiert, dass er schleunigst seiner Position enthoben gehört! Man möge schon einmal Teer und Federn bereitstellen…

GWR
50 Minuten her

Den ganzen EU-Institutionen fehlt eine demokratische Legitimation. Warum soll in der EU-Kommission in Brüssel oder einem EuGH entschieden werden, wie sich die Bevölkerung der Mitgliedsstaaten zusammensetzt? Das ist immer noch Sache der Länder. Es ist an der Zeit, dass die „Macht“ der EU auf des unbedingt Nötige zurück gestutzt wird. Da lobe ich mir Ungarn, die sich von der EU keine Migranten aufnötigen lassen. Und die Ungarn genießen die Linie der Regierung Orban.

Brauer
37 Minuten her
Antworten an  GWR

News von VdL, dass ist keine Demokratie!
An die lieben EU Befürworter. Heute gelesen.
Geheimdokument zeigt: Von der Leyen will EU-Haushalt radikal umbauen
Brüssel plant, künftig politische Vorgaben für den Erhalt von EU-Mitteln festzulegen. Staaten, die sich nicht daran halten, sollen keine finanziellen Mittel erhalten.

Jan Frisch
57 Minuten her

Wenn die Herrschaft des Islam Grund genug ist Frauen automatisch Asyl zuzugestehen, warum bleibt eben dieser Islam in Deutschland trotzdem legal?

Hans_Bethe
1 Stunde her

Letztendlich trifft man auf das Thema, dass es großen Teilen der Weltbevölkerung deutlich schlechter geht, als den Europäern und jeder Versuch dies zu ändern zum Untergang Europas führen wird.

Die Gerichte ignorieren die praktischen Grenzen der Sozialsysteme.

Ecke
1 Stunde her

Wir sollten das allgemeine Asylrecht für Deutsche im eigenen Land vor dem komischen Gerichtshof beantragen.

Waehler 21
1 Stunde her

Dieses Urteil ist die Konsequenz eines ausgeuferten, dysfunktionalen Asylrechts, welches über Brüssel der Gesamten EU übergestülpt wird.
Praktikabel ist dieses Urteil schon deshalb nicht, weil die Unterdrücker (Ehemänner, Väter, Brüder) ein Anrecht auf Familienflüchtlingsschutz haben.

Fragt doch einmal Frau Esken, Herrn Scholz und Herrn Merz welche Folgen sie für Deutschland sehen?
Doch die EU zu kritisieren ist ein Sakrileg.
Und hier eine kleine Wette! Die fliegen lieber nach Tonga Tonga und beklagen sich über den Müll der am Strand liegt, als dem Bürger reinen Wein einzuschenken.

Zaha
1 Stunde her

Damals wäre das noch Sinnvoll gewesen ja. Asyl war für politisch verfolgte gedacht. Am ehesten trifft das auf die Frauen in Muslimisch geprägten Ländern zu.

Aber bei der Suppe die das Asylsystem geworden ist, interessiert mich auch deren Schicksal nicht mehr.

Je weniger Muslime in Deutschland leben desto besser könnten wir dafür sorgen dass es ihnen in ihren eigenen Ländern besser geht.

Deutschland hat sich zur Zentrale der Eroberung Europas gemacht. Staatsangehörigkeit wird verschenkt und damit gibt es keine Grenze für die Wanderung innerhalb Europas mehr.

EvaZ
1 Stunde her

„Nehmen wir nur an: Eine Afghanin könnte ja nach Deutschland reisen“

Das ist doch gar nicht die Frage. Es ist eben nicht EINE, es sind ca. die Hälfte der afghanischen Bewohner, zu deren VOLLVERSORGUNG wir VERGATTERT werden. Egal wie viele von denen das wollen, wir müssen die tragen. Naja, mehr als 20 Mio sind es wohl nicht, das wäre dann die Obergrenze.
Uns wird keine Chance eingeräumt, uns dieser Last die draufgepackt wird, zu entziehen.