Kultureller Kahlschlag – EU-Bürokraten stufen gedruckte Bücher als Umweltrisiko ein

Die europäische Buchbranche und die gesamte Lieferkette stehen unter Druck: Eine neue EU-Verordnung stellt Verlage als auch Forstwirte vor zusätzliche Bürokratielasten und verlangt komplexe Herkunftsnachweise für Holz sowie umfangreiche Lieferanteninformationen. Gedruckte Bücher werden künftig als „Umweltrisiko“ eingestuft. Von Hannes Märtin

IMAGO / Chris Emil Janßen

Es ist anzunehmen, dass die EU-Verordnung EUDR (European Union Deforestation Regulation), getarnt unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Entwaldung und Waldschädigung, koordiniert darauf abzielt, die Ausdünnung der europäischen Buch- und Verlagsbranche anzustreben.

Klar ist – für unabhängige Autoren und kleine Verlage könnte dieses Gesetz schon bald das Aus bedeuten, denn ab dem 30. Dezember 2025 wird die Verordnung verpflichtend und fordert umfassende Nachweise: Zum einen muss das für Bücher verwendete Papier aus Gebieten stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 von keinerlei Abholzung oder Waldschädigung betroffen waren. Zudem sind exakte geografische Koordinaten anzugeben, die den Ursprung der Rohstoffe belegen. Besonders drastisch: Für jedes einzelne Buch muss eine detaillierte Sorgfaltserklärung vorliegen, um die Einhaltung der Verordnung zu bestätigen.

Obendrein ist jedes Unternehmen entlang der Lieferkette für die Einhaltung der Verordnung verantwortlich, was den Koordinations- und Kontrollaufwand erheblich steigert. Das Risiko eines Zusammenbruchs internationaler und nationaler Lieferketten wächst, sollte es an den nötigen Nachweisen mangeln. – Ein bürokratischer Alptraum.

Kritik seitens AvJ – Verlage vor existenzbedrohenden Herausforderungen

Erste Kritik kommt von der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (AvJ). Sie richtet sich in einem offenen Brief an Kultusministerin Claudia Roth, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Wirtschaftsminister Robert Habeck. Darin heißt es, die EUDR-Verordnung schwebe „wie ein Damoklesschwert über der deutschen und europäischen Buch- und Verlagsbranche“.

Entlang der gesamten Produktionskette von Büchern stünden viele Partner bislang vor nahezu unüberwindbaren Hürden zur Umsetzung der geforderten Richtlinien. „Bis auf wenige Ausnahmen ist der Großteil deutscher, europäischer und außereuropäischer Druckereien nicht in der Lage, uns Verlagen die erforderlichen Daten bereitzustellen.“

Kritik an der EUDR-Verordnung kommt auch aus den Reihen der Presse- und Papierverbände. Organisationen wie der BDZV, der BÖV, der BVDA, der BVDM und der MVFP äußern ihre Bedenken in scharfen Worten. Ihre Vorwürfe: Die Nachweispflichten seien kaum erfüllbar, die Vorgaben realitätsfern und die Bürokratiebelastung für Unternehmen unverhältnismäßig. Dazu kommt die Befürchtung, dass internationale Anbieter sich aus dem europäischen Markt zurückziehen könnten – ein Rückschritt für Branchenvielfalt und Wettbewerb.

Auch Landwirte müssen einstecken – Neue Verordnung erschwert das Geschäft

Doch nicht nur die Verlage stehen durch die EUDR-Verordnung unter Druck – auch andere Glieder der Lieferkette, etwa Land- und Forstwirte, sehen sich mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Eine Umfrage zeigt, dass 93 Prozent der befragten Unternehmen in der Branche die Umsetzung der Verordnung mit großer Sorge betrachten, während 74 Prozent Wettbewerbsnachteile im internationalen Handel fürchten.

Forstbetriebe und Waldbesitzer müssen künftig auf ihren eigenen Flächen lückenlos nachweisen, dass ihre Holzproduktion „entwaldungsfrei“ und legal erfolgt. Sogar Geolokalisierungsdaten ihrer Produktionsflächen müssen erfasst werden.

Abgesehen davon stehen auch Rinderzüchter unter dem Druck des neuartigen Gesetzes: Sie sollen ebenfalls sicherstellen, dass die gesamte Produktionskette nicht zur Entwaldung beiträgt. Detaillierte Informationen über alle Betriebe, die an der Aufzucht und Fütterung der Tiere beteiligt sind, einschließlich Geburtsorte, Weideflächen und Schlachthöfe, müssen akribisch dokumentiert werden.

In Anbetracht dieses gigantischen Bürokratiebergs und der unzähligen zu beachtenden Vorschriften stellt sich die Frage: Sind das noch die Gegebenheiten einer freien Marktwirtschaft und Demokratie? Sind das die hoch angepriesenen europäischen Werte? Kritiker würden diese Entwicklungen möglicherweise an sozialistische Tendenzen in einem autoritären Überwachungsstaat erinnern.

Kritik von Seiten der Agrar- und Ernährungswirtschaft

Auch die Agrar- und Ernährungswirtschaft warnt, dass die EUDR-Verordnung ein Jahr vor ihrer geplanten Einführung in zentralen Bereichen schlichtweg nicht umsetzbar sei. Hierbei wird vor allem das Fehlen eines funktionierenden IT-Systems, das die Millionen von Datensätzen zur Nachweispflicht effizient verarbeiten könnte, bemängelt. Die unzureichende staatliche Zusammenarbeit mit wichtigen Herkunftsländern verstärkt die Probleme zusätzlich.

Nach der Kritik von unzähligen Branchen, Verbänden und Organisationen wird klar, dass die EUDR-Verordnung umstritten ist, doch welches Ziel verfolgt die Verordnung wirklich? Könnte hier bezogen auf den Buchdruck eine subtile Einschränkung der Publikations- und Meinungsfreiheit verborgen sein? Ganz abwegig ist dieser Gedanke nicht. Indem die EU den physischen Buchdruck schrittweise verdrängt und eine vollständige Digitalisierung anstrebt, wird potenzielle Zensur wesentlich erleichtert.

In der Europäischen Union zeigt sich ohnehin ein klarer Trend zum Digitalen: Digitale Identitäten, Wallets und der digitale Euro sind längst keine Zukunftsvisionen mehr. Aber warum dieser radikale Schritt zur Digitalisierung? Vermutlich ist die Antwort beunruhigend einfach – und nein, ziemlich sicher geht es nicht nur um den technischen Fortschritt, sondern wohl eher um umfassende Kontrolle und Überwachung. Ganz nach dem Motto: Jederzeit sollen die Aktivitäten der Bürger überprüfbar und dokumentiert sein. – Deshalb könnte auch das Bargeld ein Dorn im Auge der Technokraten sein.

Dient die EUDR-Verordnung also möglicherweise ähnlichen Zwecken? Durchaus denkbar, denn im Gegensatz zu einem digitalen Medium lässt sich ein gedrucktes Buch nicht nachträglich verändern, löschen oder manipulieren. Bücher sind somit nicht „trusted-flagger-approved‟.

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Kommentare ( 36 )

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Axel Fachtan
39 Minuten her

Das digitale Geld ist erforderlich, weil die EZB nicht mehr wird nachweisen können, dass ihr Papier aus „sauberen“ Quellen stammt.
Deshalb wird ab 31.12.2025 kein Papiergeld mehr gedruckt und es so nach und nach abgeschafft.
Das geht viel schneller als gedacht ?
Welche Nachweiserfordernisse gibt es eigentlich für Münzen ?
Können die dann gleich mit abgeschafft werden ?

Britsch
1 Stunde her

EU -Bürokraten sind nicht nur ein Risiko ganz Europa und die gesamte EU-Bevölkerung sondern für die ganze Welt

PrivyLeak
1 Stunde her

Ja, das kann ich sehr gut nachvollziehen: Bücher sind umweltschädlich, weil für deren Produktion Holz aus dem Wald verbraucht wird. Aber wie bei Pellets ist das doch kein großes Problem, wenn wir diese Bücher verbrennen, weil das dabei freiwerdende CO2 von den Pflanzen bei der Photosynthese ja wieder in Biomasse umgewandelt wird! Es muss also ein Gesetz her, das die Verbrennung von Büchern vorschreibt, sagen wir, spätestens 2 Jahre nach Kauf. Bis dahin wird es der Empfänger ja wohl gelesen haben. Zur Kontrolle muß dafür nur jeder Bücherkauf registriert und dem Bundesumweltamt gemeldet werden. Die Einhaltung der Abgabefrist wird dann… Mehr

Klaus Kabel
1 Stunde her

Die Bürokraten der EU scheinen so manches dystopische Werk der Weltliteratur gelesen zu haben und scheinen diese Werke für den Bürger umsetzen zu wollen. Ob „Wir“, dem dystopischer Roman des russischen Autors Jewgeni Samjatin, der vom „Vereinigten Staat“, schreibt. Ob „1984“, von George Orwell, der einen totalitärer Überwachungsstaat sieht, nun „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury, worines als schweres Verbrechen gilt, Bücher zu besitzen oder zu lesen. Die Gesellschaft wird vom politischen System abhängig, anonym und unmündig gehalten. Selbständiges Denken gilt als gefährlich, da es zu antisozialem Verhalten führen und so die Gesellschaft destabilisieren kann Bücher gelten als Hauptgrund für nicht… Mehr

Last edited 1 Stunde her by Klaus Kabel
Stefan Schumacher
1 Stunde her

Diese Verordnung umfasst 42 eng bedruckte Seiten. Soll der Dachdeckermeister das alles lesen, bevor er Holz verarbeitet?

Gert Lange
1 Stunde her

Da die EU die Grundlagen für individuelle Freiheit und Wohlstand systematisch zerstören will, hilft nunmehr nur noch das Gegenmittel Zerstörung der EU, Austritt Deutschlands aus dem Unterdrückungskartell der ungewählten Zerstörer, oder?

Dietrich
1 Stunde her

Angeblich Wälder retten also. Auf der anderen Seite werden in Spanien Hunderte Bauern enteignet und 100000 Olivenbäume gerodet, um Platz zu machen für Solargroßparks, weil diese CO² einsparen. FINDE DEN FEHLER.

helmut.w.k
47 Minuten her
Antworten an  Dietrich

Junker aus Luxemburg (der mit dem Ischias):
«Wir beschliessen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein grosses Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt» (zitiert im Spiegel, Dezember 1999)

GefanzerterAloholiker
1 Stunde her

Die EU wurde von dem Angelsachsen seit 1942 geplant. Eine in Algier gegründete Alliierte Militärregierung der besetzten Gebiete („AMGOT“) wurde von Charles De Gaulle nicht akezeptiert. Um die AMGOT-Regierung auf Norwegen, die Niederlande, Luxemburg, Belgien, Dänemark und Frankreich etc anzuwenden, suchten die Angelsachsen daher nach etwas Neuem. Und zwar sehr global galaktisch, denn die USA und die Engländer wollten sich damals die Welt aufteilen. Untereinander versteht sich. Der Schachzug bestand darin, die EWG als Nachfolge und Ersatz der AMGOT einzuführen, um die Kolonien ausbeuten zu können. (Das Prinzip des freien Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs ist keine Freiheit. Es ist nur die Strategie/Praxis des Freihandels nach angelsächsischer Machart. Und… Mehr

Last edited 1 Stunde her by GefanzerterAloholiker
Ananda
1 Stunde her

Wer selber liest hat wenigstens die zarte Chance sich von dem verordneten EU/Woke/GrünRot Einheitsbrei geistig zu lösen.
Erst importiert man Millionen an unbrauchbaren Analphabeten, dann richtet man es so ein, dass unabhängige Informationsquellen und das Wissen von Generationen „verschwinden“.
Wer da noch glaubt es ginge um den Schutz von Wäldern … nun ja.
„Entwaldungsfrei“ !!!! Wie mach das nur die, die die schutzwürdigsten Waldgebiete mit Vogelschreddern vollstellen.

Lupo A
1 Stunde her

Wahrscheinlich wird die zugehörige Bürokratie mehr Papier verschlingen als die Verlagsbranche. Zusätzliches Papier, falls die Verlage mit ihrem einsetzenden Kampf ums Überleben erfolgreich sein sollten.

Wenn jemand mich fragen würde: Einen solchen Bürokratenterrorismus, wie ihn die EU in jedem Lebensbereich ungebeten entfesselt, braucht überhaupt niemand. Kann weg. Ersatzlos.