„Schärferes“ EU-Asylpaket beschlossen – was bringt es wirklich?

Der Rat der 27 EU-Mitglieder hat das EU-Asylpaket angenommen. Nun soll neben viel „Solidarität“ auch Effizienz in den EU-Grenzschutz kommen, angeblich auch mit anderen Drittstaaten. Die italienische Regierung hat schon ein kleineres Abkommen mit Albanien geschlossen. Olaf Scholz schaut genau hin, wird aber wohl nichts unternehmen.

picture alliance / ZUMAPRESS.com | Valeria Ferraro

Am Montag hat der Rat der Mitgliedstaaten als letztes der EU-Organe dem gemeinsamen Asylsystem (GEAS) zugestimmt. Schon Anfang April hatte das EU-Parlament die Reform gebilligt. Die neuen, angeblich schärferen Regeln sind damit in Kraft. Nun können die Außengrenzverfahren kommen, in denen festgestellt werden soll, ob die Migranten überhaupt eine Chance auf politischen Schutz in der EU haben. Für den Fall, dass das nicht der Fall ist, sind verschiedene Vorgehensweisen angedacht. Wie sie in den einzelnen Ländern umgesetzt werden, davon dürfte der Erfolg oder nicht des neuen Paktes abhängen.

Die neuen Regeln im Überblick: Beim Grenzschutz (oder Grenzmanagement) an der Außengrenze soll es fortan laut Bundesregierung „einheitliche Standards für Registrierungen und Zuständigkeiten“ geben. Aber Vorstufen dieser Absichten existieren schon. Es ist also nicht sicher, dass die neuen Varianten eine Besserung bringen werden. Jedenfalls soll an den EU-Außengrenzen strikt „kontrolliert und registriert“ werden.

Daneben soll es eine Prüfung geben, ob die Gewährung politischen Schutzes in der EU für den einzelnen Migranten wahrscheinlich ist. „Wer nur geringe Aussicht auf Schutz in der EU hat, wird ein rechtsstaatliches Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen und im Fall einer Ablehnung von dort zurückkehren müssen.“ Laut der Nachrichtenagentur dts dürfen Personen, die sich im Asylgrenzverfahren befinden, nicht in das Hoheitsgebiet der EU einreisen.

„Klein-Ruanda“ droht teures Draufzahlmodell zu werden

Angeblich will man auf diesem Wege schneller und direkt von der Außengrenze abschieben. Das könnte für Migranten aus Marokko, Tunesien oder auch Bangladesch gelten, die geringe Asylanerkennungsraten haben. Aber schon das Beispiel Türkei (auch mit einer sehr niedrigen Anerkennungsquote) zeigt, wie schwierig Rückführungen sind, auch wenn es enge Beziehungen zur EU inklusive mehrerer „gemeinsamer Erklärungen“ zur Migration gibt.

Aber nicht nur das. Es soll so sein, dass Migranten auch in andere als ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden können, wenn sie eine Verbindung zu diesen Staaten haben, etwa durch Angehörige, ein Studium oder (vielleicht) auch einen vorübergehenden Aufenthalt. Das bleibt dann wohl Auslegungs- und Anwendungssache nationaler Behörden. Aber es steht auf einem ganz anderen Blatt, ob Länder wie Tunesien oder Albanien, die hier als Aufnahmeländer präsentiert werden, überhaupt bereit sind, einen Migranten zu nehmen und danach dafür zu sorgen, dass er sich nicht umgehend wieder auf die Rückreise in die EU macht. Dieses Klein-Ruanda-Modell droht insofern ein teures Draufzahlmodell zu werden.

Entlastung durch Solidarität – noch so ein Traumbild der EU

Vor einem Monat hatte Bundeskanzler Olaf Scholz, nachdem das Paket durchs EU-Parlament gegangen war, von einem „historischen, unverzichtbaren Schritt“ bramarbasiert. Angeblich werden damit „endlich die Länder“ entlastet, die „besonders stark betroffen sind“. Also auch Deutschland, durfte man verstehen. Nun wird alles besser, wo mehr Asylbewerber auf Länder wie Tschechien, Polen, Portugal und Luxemburg verteilt werden. Gemeinsam ist ihnen wie allen anderen EU-Ländern, dass auch sie so gut wie keine zusätzlichen Aufnahmekapazitäten mehr bereithalten. Aber laut der Bundesregierung kommen in dem Pakt so ein „wirksamer Grenzschutz“ und ein „verpflichtender Solidaritätsmechanismus“ zusammen.

Die belgische Staatssekretärin für Asyl und Migration, Nicole de Moor, glaubt auch, der Asyl- und Migrationspakt werde „ein gerechteres und stärkeres Migrationssystem gewährleisten“, das einen konkreten Unterschied am Ort machen werde. Das EU-Asylsystem werde dadurch effizienter, daneben die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten gestärkt. Das letztere darf man auch für Belgien sehr bezweifeln. Denn wieder trifft das schon Gesagte zu. Zudem halten Polen und Ungarn ihren prinzipiellen Widerstand gegen die Aufnahme von Asylbewerbern aufrecht. Auch weitere Länder könnten die Ausgleichsbezahlungen statt der Zuteilung von Migranten bevorzugen.

Am Ende hängt alles an den Modalitäten. Die italienische Regierung hat bereits ein Migrationsabkommen mit Albanien geschlossen, gemäß dem illegale Einwanderer aus dem Mittelmeer in ein albanisches Lager mit einer Fassungskraft von 3.000 Personen gebracht werden sollen. Pro Jahr sollen angeblich 36.000 Personen – zwölf Mal so viele – das Lager durchlaufen. Man geht also von einer Verweilzeit von etwa einem Monat aus. Nach Ministerpräsident Edi Rama geht es für Albanien darum, eine Last mit der EU zu teilen. Das geplante Projekt gehe „über die traditionellen Spaltungen von Links und Rechts hinaus“. In Deutschland hat Markus Söder gesagt, dass solch eine Lösung helfen könnte. Scholz gibt immerhin zu, das Abkommen aufmerksam zu beobachten. Das kann aber alles und nichts heißen. Seinen aktuellen Jubelworten zufolge, wird Deutschland sich nicht um ähnliche Abkommen wie Italien bemühen.

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Kommentare ( 20 )

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jopa
6 Monate her

Wie war das damals unter Mutti? Asylanten sollen in dem Land bleiben wo sie die Eu betreten und ihren Antrag stellen. Hat man sich daran gehalten und was ist daraus geworden? Wie war das mit der Grenzsicherung? Warum soll sich mit einem neuen Pakt was ändern? Wer das glaubt, glaubt auch, das Zitronenfalter Zitronen falten.

K.Behrens
6 Monate her

Auszüge des Plans: «In dem auf zwei Jahre angelegten EU-Plan zur Neuansiedlung und humanitären Aufnahme sind die maximale Gesamtzahl der aufzunehmenden Personen und der Beitrag der EU-Mitgliedstaaten festgelegt.« «Die neuen Regeln behandeln auch die Instrumentalisierung von Migrantinnen und Migranten, die von Drittstaaten oder feindseligen nichtstaatlichen Akteuren gezielt eingesetzt werden, um die EU zu destabilisieren.« «Es werden mehr Daten erfasst, einschließlich Gesichtsbildern. Nicht-EU-Bürger, die sich irregulär in der EU aufhalten, ohne Asyl zu beantragen, werden ebenfalls erfasst. Die Daten werden für alle Personen ab sechs Jahren und nicht mehr ab 14 Jahren erhoben. Durch diese Änderungen werden eine bessere Kontrolle und… Mehr

Ombudsmann Wohlgemut
6 Monate her

Ungarn, Polen, Dänemark usw. machen es richtig. Das sorgt nicht nur für bessere Stimmung und wenig Kriminalität im Land, sondern ist die finanziell beste Lösung. Beispiel Deutschland: Fast jeder Migrant in Arbeit verdient Mindestlohn, wo kaum Steuern gezahlt werden, im Vergleich zum Durchschnitt vielleicht höchstens 1/4. Gleichzeitig sind schon seit 2015 nur ca. 40% der Migranten in einer Arbeit, heißt diese müssten allein für Ihresgleichen die 2,5-fache Anzahl Leute versorgen. Wie viele Menschen gehen bald in Rente, 13 Millionen? Dann schauen wir mal, wie viele dieser Migranten wir rechnerisch bräuchten, um die Renten vorübergehend auf aktuellem Niveau zu halten: Es… Mehr

elly
6 Monate her

Beruhigungspillen für schlichte Gemüter, mehr nicht.

alter weisser Mann
6 Monate her

Italien schickt illegale Ankömmlinge nach Albanien mit prognostizierter Verweildauer von 1 Monat.
Ist das die Zeit, die veranschlagt wird, bis die nach kurzer Erholung zu Fuß wieder auf der Balkanroute sind?
Oder glaubt jemand, Albanien könne die innerhalb eines Monats geregelt abschieben?

Wilhelm Roepke
6 Monate her

Ich habe gestern bei einer beruflichen Veranstaltung (Techniker und Kaufleute) mal eine kleine Umfrage gestartet. Nur ein Drittel wusste aus den Medien vom Thema Asyl im Ministerrat und absolut niemand hatte im 4-Augen-Gespräch ein Problem mit der aktuellen Zuwanderung (Veranstaltungsort war eine westdeutsche Großstadt). Das bedeutet für mich, dass die Altparteien bei der Europawahl sensationell gut abschneiden werden. ?

Paul Brusselmans
6 Monate her

Es fehlt der Wille in Deutschland, das ist alles. Wer an der Aussengrenze seinen Asylantrag nicht gestellt und Asyl bekommen hat und hier auftaucht, gehört sofort an die Aussengrenze. Damit entfällt auch der Zwang, die betreffenden Personen hier nach deutschem Recht umfassend zu versorgen. Asyl ist ferner zeitlich begrenzt, bis die Asylgründe entfallen. Gibt alles keine schönen Bilder, ist aber vom gegenwärtigen Asylrecht abgedeckt. Die Aufforderung des Europäischen Rates vom 9.2.23, Unberechtigte mit allen Mitteln abzuschieben, trägt auch Scholzens Unterschrift. Sind Parteien, die Artikel 16a GG dauerhaft missachten, eigentlich verfassungswidrig? Aufwachen: Asylschlepperei ist Business und hängt auch mit Waffenhandel, Drogenhandel,… Mehr

GefanzerterAloholiker
6 Monate her

Olaf Scholz schaut genau hin, wird aber wohl nichts unternehmen.
Genau. Die Frage der deutschen Politik ist: „was passiert mit uns?“
Arbeitsplätze? Rente für ältere und Bildung für junge Menschen? Wieso leiden immer die Bürger, aber nie die Altparteien? Was passiert eigentlich, wenn die 40% Nahrungs/Lebensmitteleinfuhr unbezahlbar werden?

Last edited 6 Monate her by GefanzerterAloholiker
Heiko Winkler
6 Monate her

Für Menschen wie mich, die seit vielen Jahren in einem anderen Teil der Welt leben und erleben mussten, was es für einen deutschen Staatsbürger bedeutet, mit seiner nicht-deutschen Ehefrau einen Besuch bei den Eltern in Deutschland realisieren zu wollen, kann nur ungläubig dreinschauen. Nun ist die Situation ja nicht so, dass generell vereinfachte Einreisegenehmigungen das Leben einfacher gestalten. Nein, nein. Wenn sie legal nach Deutschland reisen wollen, sei es aus familiären Gründen oder als Tourist, entblössen sie ihre gesamten finanziellen Verhältnisse. Studieren können sie auch in Deutschland. Aber nur wenn auf keinen Fall Kosten während ihres Aufenthaltes in Deutschland entstehen,… Mehr

Innere Unruhe
6 Monate her
Antworten an  Heiko Winkler

Asylanten werden eigentlich wir kleine Haustiere behandelt, die weder für sich selbst sorgen können noch Verantwortung für ihre Lage zu Hause tragen…
Insbesondere deren Frauen sind lediglich Versorgungsobjekte. Was arbeiten sie? Was haben sie gelernt???
Wer von den Asylern bringt zum Steueraufkommen mehr als er und seine Familie verbraucht haben?

Heiko Winkler
6 Monate her
Antworten an  Innere Unruhe

ich wollte das Thema deutscher Faschismus nicht ansprechen. Aber wenn sie schon mal dabei sind. Ja, aus dem Ausland sieht das so aus. Der deutsche Gutmensch wählt sich seine Benachteiligten selber aus, richtet über deren Wohl und Aber, hebt und senkt seinen Daumen über das Schicksal der Welt. Also die kleine Welt die er/sie/es+72 kennt.

pcn
6 Monate her

Das Asylabkommen verpufft wirkungslos. Sage ich jetzt schon voraus. Reine Hilflosigkeit gegenüber einer Invasion, die diese Hilflosigkeit für sich zu nutzen weiß.

Innere Unruhe
6 Monate her
Antworten an  pcn

Wir hatten auch vorher ausreichend Gesetze. Hätten wir sie angewendet, wären die Asyler nicht hier.

U.S.
6 Monate her
Antworten an  pcn

Fragen Sie mal Abteilungsleiter “ Abschiebung“ in den kommunalen Behörden, wie schwierig es ist, jemanden abzuschieben, nicht einmal schwerst kriminelle Migranten.
Z.B. in Bremen sagt die kommunale Abteilung „Abschiebung“: mit jedem tatsächlich abgeschobenem schwerst kriminellem Migranten ist Bremen wieder ein Stück sicherer geworden ( in der Zwischenzeit fluten pro 1 tatsächlich abgeschobenem schwerst kriminellem Migranten dafür mehrere hunderte Einreisende aus allen Armutsregionen des gesamten Planeten nach Germanisthan hinein).

U.S.
6 Monate her
Antworten an  pcn

Grün rot woke Regierung will ausdrücklich Einreisende aus allen Armutsregionen des gesamten Planeten nach Germoney hinein fluten.

AlNamrood
6 Monate her
Antworten an  pcn

Es ist keine Hilflosigkeit, es ist bewusste Behinderung der eigentlich eindeutigen Rechtslage.