Der Bildungsnotstand ist die Hauptursache für die enormen Entwicklungsdefizite und das ungebremste Bevölkerungswachstum in Afrika.
Eines der entscheidenden Entwicklungshemmnisse in Afrika ist die Bildungsarmut. Bildung hat in vielen afrikanischen Staaten, besonders im Sahel, einen geringen Stellenwert. Armut und Analphabetentum gehen oft einher. Mehr als die Hälfte der Kinder weltweit, die keinen Zugang zu elementarer Bildung haben, leben in Subsahara-Afrika. Wenn auch gelegentlich in den Staats-Budgets versteckt, zeigt sich, dass für Waffen oft mehr Geld vorhanden ist als für Bildung und Gesundheit. Aber Bildung ist das wichtigste wirtschaftspolitische und sozialpolitische Steuerungselement. Eine Studie des South African Institute of Race Relations (SAIRR) macht auf beträchtliche Defizite im südafrikanischen Bildungswesen aufmerksam. Es gibt Abbruch-Quoten in der höheren Bildung. Dies führt zu einem gravierenden Fachkräftemangel in den Bereichen Management und Technik. Das relativ hoch entwickelte Südafrika hat nur ca. 500 Ingenieure pro eine Millionen Einwohner (zum Vergleich Japan: 3.306). Auf dem richtigen Weg sind Botswana, Mauritius und Ruanda. Diese Länder haben verstanden, wie stark der Wohlstand eines Landes von der Bildung abhängt. Die Anstrengungen lohnen sich. Sie spielen eine Vorreiterrolle bei gutem Regierungsmanagement. Sie haben eine qualitativ hohe Bildungsinfrastruktur. Ausstattung wie auch Qualitätssicherung sind sehr gut und beide Länder profitieren davon.
Nur sechs Prozent der jungen Afrikaner gehen auf eine Hochschule, im Weltdurchschnitt sind es 26 Prozent. Nach dem Schanghai-Uni-Ranking schaffen es nur fünf afrikanische Universtäten in die Top 500 der Welt. Sie liegen alle in Südafrika (University of the Witwatersrand, University of Cape Town, Stellenbosch University, University of Johannesburg und University of Kwa-Zulu-Natal). Afrikas Forscher tragen nur etwa zwei Prozent zur globalen Forschungsleistung bei. Aber die Mehrzahl der erfolgreichen afrikanischen Wissenschaftler lehrt an amerikanischen oder europäischen Universitäten. In Afrika gibt es laut einer UN-Studie 500 staatliche Universitäten sowie 1.000 private Hochschulen. Die Kapazitäten reichen aber bei weitem nicht aus.
Die Hochschule für Betriebs- und Volkswirtschaft TSiBA, Pinelands bei Kapstadt (TSiBA: Xhosa Wort für „Sprung“) ist eine private Hochschule, ohne staatliche Unterstützung, für ehrgeizige Führungskräfte, die sonst keinen Zugang zu Hochschulbildung hätten. Die Ausbildung der derzeit 320 Studenten ist kostenlos und die Stipendien müssen nicht zurückgezahlt werden. Gegründet wurde die Universität 2005 von Leigh Meinert, einer weißen Südafrikanerin. Unterstützung erhielt sie von ihrem Vater, einem Winzer im Devon Valley. Die Uni wird von Firmen unterstützt, die die Absolventen einstellen. Zahlreiche Studenten und Studentinnen wollen nach ihrem Abschluss ein eigenes Unternehmen gründen.
Kleine private Bildungsprojekte sind richtig, wenn ein Projekt über einen längeren Zeitraum läuft und auch ständig vor Ort überprüft werden kann. Entscheidend ist immer, dass es einen Langzeitplan für ein Projekt gibt. Ebenso wichtig ist, wie hoch der Verwaltungsaufwand vor Ort ist, welche Gehälter gezahlt werden, und dass diese nicht höher als ein durchschnittliches Gehalt sind. Auch muss sichergestellt sein, dass ein nicht zu geringer finanzieller Beitrag von den Empfängern geleistet wird. Sie müssen das Gefühl haben, das ihnen Mögliche zum Projekt dazugetan zu haben.
Die meisten afrikanischen Staaten geben weniger als ein Prozent des BIP für Bildung aus. Fehlende Infrastruktur erschwert den Weg zur Schule, es mangelt an engagierten Lehrern, an geeigneten Räumlichkeiten, und die Lehrpläne und die Ausstattung der Schulen sind oft schlecht. Viele Lehrer in Subsahara-Afrika sind selbst kaum ausgebildet und die Abwesenheitsquoten sind in einigen Staaten sehr hoch: „Ghost-Teacher“ (Geisterlehrer) werden sie genannt. In Kenia fehlen die Lehrer durchschnittlich jeden vierten Tag. Wegen der schlechten Bezahlung haben sie oft einen Zweitjob. Der südafrikanische Bildungsforscher Servaas van der Berg von der Universität Stellenbosch erklärt, dass Kinder in einigen afrikanischen Staaten vier bis fünf Jahre brauchen, um in der Schule das gleiche Wissen zu erlangen, welches Kinder in Industrienationen in zwei Jahren lernen. Auch wenn Bildung allein Afrika nicht retten kann, so ist Bildung doch eine wichtige Ressource für rohstoffarme Länder, die die sozialen Defizite der Gesellschaft ausgleichen kann und der Schlüssel für eine gedeihliche Zukunft ist. Obwohl dies eine Binsenweisheit ist, werden aus dieser Erkenntnis noch nicht in ausreichendem Ausmaß die notwendigen Schlüsse gezogen. Europa kann kein einziges afrikanisches Land „retten“. Stattdessen müssen sich die Regierungen in diesen Staaten viel stärker um die Bildung der nachwachsenden Generation kümmern. Leider genießen die Themen Bildung und Ausbildung in vielen afrikanischen Staaten bis heute nicht die nötige Priorität. Dort, wo ambitionierte Politiker wie in Botswana, Mauritius oder Ruanda konsequent und zielgerichtet Mittel in Bildung, Familienplanung und wirtschaftliche Dynamik gesteckt haben, wird auch die Armut verringert.
Sollte das Bevölkerungswachstum, wie von der UNO prognostiziert, anhalten, wird der Kontinent die Menschen nicht mehr mit Nahrung, Trinkwasser oder Jobs versorgen können. Allein Bildung, Berufsausbildung, Arbeitsplätze, Gleichberechtigung der Frauen können eine Veränderung der Mentalität bewirken. Mit Bildung können die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Nur dort, wo Bildung und Familienplanung für breite Bevölkerungskreise zur politischen Priorität gemacht wurden wie in den asiatischen Tigerstaaten, ging die Überpopulation zurück und die menschliche Lebensqualität und Leistungsfähigkeit wurde erhöht.
Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Zwei Nachauflagen 2019. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.
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Ich weiß, Herr Seitz, sie mögen das nicht gern hören, aber es geht kein Weg daran vorbei: Bildungserfolge, gemessen z.B. an Schulnoten, sind zu mindestens 62% genetisch bedingt, wie Robert Plomin in seiner bahnbrechenden Studie nachweisen konnte. Auch alles Geld der Welt investiert in ein Bildungswesen erzielt in internationalen Schülervergleichstests wenig Verbesserung, wie das Beispiel z.B. Kuwaits bei den TIMSS-Schülervergleichstest immer und immer wieder demonstriert (Kuwait gönnt sich von all seinen Petrodollars eine allgemeine Schulpflicht und 25 000 Lehrer für 120 000 Grundschüler, landet bei den Tests aber auf einem beschämenden Platz).
Quellen:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4210287/
http://timss2015.org/timss-2015/mathematics/student-achievement/
Bildungserfolge, gemessen z.B. an Schulnoten, sind zu mindestens 62% genetisch bedingt, wie Robert Plomin in seiner bahnbrechenden Studie nachweisen konnte. _________ Diese Aussage ist einfach nur Nonsense und Plomin würde so etwas niemals sagen. Die 62 Prozent beziehen sich NICHT auf den Bildungserfolg, SONDERN auf die VARIANZ des Bildungserfolgs. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Wenn man nicht genau weiß, was Erblichkeit bedeutet und was man unter Varianz versteht, dann kann nicht begreifen, was mit diesen Prozentangaben gemeint ist. Eine einfache Denksportaufgabe: Die Erblichkeit der Körpergröße beträgt 50 Prozent. Sie sind 1,80 Meter groß. Wie viel Prozent Ihrer Körpergröße haben… Mehr
Laut Gerd Müller kosten eine Million Flüchtlinge Bund, Länder und Gemeinden 30 Milliarden Euro im Jahr.
Das sind 30.000 Euro pro Flüchtling pro Jahr für Menschen, die größtenteils illegale Methoden nutzen, um Sozialhilfe zu bekommen.
Es ist extrem unsozial Menschen zu bevorzugen, die (auf meist illegale Wege) nach Deutschland kommen.
Es hätte extrem viel Leid gemindert werden können hätte Deutschland das Geld in Entwicklungshilfe und Bildung vor Ort in Afrika gesteckt, wo man für 30 Euro einen Monat Schule und Essen bezahlen kann.
Die grüne Willkommenskultur ist reine Heuchelei!
Was ich wohl nie verstehen werde: Auch ohne hohe Bildung muss ich mir doch dessen bewusst sein, in einem Land zu leben, das keine Zukunft hat, und das ich selber sowohl als auch meine Kinder keine Zukunft haben werden.Dann kann ich doch nicht einfach viele Kinder in die Welt setzen, nur vielleicht um mir selber eine kümmerliche Perspektive zu verschaffen. Haben wir es hier eigentlich mit Homo sapiens oder mit Lemmingen zu tun?
EU und vor allem Deutschland MÜSSEN dringend AFRIKA RETTEN!! Vor etwa 30 Jahren in 1990 hatte Afrika nur etwa 250 Mio Einwohner, die Afrika schon damals nicht alle ernähren konnte. Es gab schon damals in den 1990er Jahren: „Brot für die Welt“, „Hungerkinder in Biafra“, „Idi Amin, den Schlächet von Uganda!“, „Muamar Ghaddafi, den irren Diktator von Libyen!“, „Geld spenden für Afrika!“ Heute in 2019 sind es ca. 1,3 Mrd. Menschen in Afrika; für 2050 werden ca. 2,5 Mrd. Afrikaner prognostiziert! Die Riesenprobleme Afrika’s sind: (1) Bevölkerungsexplosion; (2) irre Korruption; (3) Bildungsrückstand/- notstand; (4) Hunger, Armut, Gewalt, Perspektivlosigkeit; EU und… Mehr
Nur sechs Prozent der jungen Afrikaner gehen auf eine Hochschule … In Afrika gibt es laut einer UN-Studie 500 staatliche Universitäten sowie 1.000 private Hochschulen. ______________ Es ist ein Leichtes, ein Gebäude als „University“ und die Menschen, die dort ihre Zeit verbringen, als „Students“ zu bezeichnen. Viel schwerer ist es, dort etwas Nützliches zu lehren. Und noch viel schwerer ist es, das Gelehrte in die Köpfe zu bringen. „although variation in performance is high in developing countries, the top performers still often perform worse than the bottom performers in developed countries” (Es gibt zwar große Leistungsunterschiede in den Entwicklungsländern, aber… Mehr
Wie wahr! Heiner Rindermann hat die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema in seiner Monographie „Cognitive Capitalism“ zusammengefasst.
Ich frage mich, wie der Autor, der sonst sehr viel Sachverstand aufweist, Mauritius in die gleiche Tasche wie die anderen Staaten Afrikas stecken kann? Auf dieser Insel leben vorwiegend Menschen indischer Abstammung mit einer ganz anderen Sozialisierung als die der afrikanischen Stammes-Gesellschaften.
Das ist eine sehr gute Anmerkung! Die Bewohner von Mauritius sind zu „53 Prozent indischer Herkunft, 43 Prozent kreolischer bzw. gemischt kreolisch-asiatischer Herkunft, 2,3 Prozent europäischen, meist frankophonen Ursprungs und rund 1,6 Prozent chinesischer Herkunft“ (Miltsch, R. und Krahforst (2016). Mauritius. In: Gieler, W. (Hrsg.). Staatenlexikon Afrika. Geographie, Geschichte, Kultur, Politik und Wirtschaft. Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung, S. 399-407). Hier haben wir es also mit einer asiatischen und nicht mit einer afrikanischen Bevölkerung zu tun. Die Zuordnung zu Afrika ist geographisch und geologisch gerechtfertigt, in ethnographischer und kultureller Hinsicht ist das eine Fehlallokation. Der IQ von Mauritius liegt beträgt… Mehr
Frage an den Autor:
Können Sie mir bitte erklären, in welcher Form Nelson Mandela zu einer Weiterentwicklung Südafrikas beigetragen hat ?
Der Gewinner schreibt die Geschichte.
Nun, so gesehen hat er eine „Umkehrung“ der Apartheid bewirkt. Mittlerweile werden massiv weiße Südarikaner bedroht, Farmen und Weingüter von militanten ANC-lern besetzt. Daher geben viele Ihren Besitz auf oder verkaufen unter Wert und gehen nach Südamerika oder Australien/Neuseeland. Es herrscht Korruption und Clanwirtschaft. Es erscheinen nur keinerlei Berichte über Südafrikas Zustände in den Medien hier. Wäre ja auch unpopulär.
Eu-Ropa, insbesondere Deutschland und da ganz besonders Berlin, kann von Afrika noch viel lernen. Ein Bespiel: „Ghost-Teacher“. Nur jeden 4. Tag fehlend? Das geht doch, klingt nach modernem Gleitaebeitszeitmodell. Wir sollten darum eine Studiengruppe nach Kenia schicken, welche im Auftrag des Bildungsministerium (Kosten spielen keine Rolle) erforscht, wie Kenia damit umgeht. Denn bei uns dürfte das ja bald noch weit krasser der übliche Fall sein: Wer sich an Brennpunktschule verdingt und nicht mindestens 200 Tage / Jahr krankgemeldet ist, kann nicht ganz richtig im Kopf sein. Oder er/sie ist so Ergänzungsquereinsteiger und erteilt an der Ganztagsschule im Brennpunkt nachmittags Trommel… Mehr
Bildung zu erwerben ist mühsam und langwierig. Dann doch lieber per Rackete zu einem markierten Verkaufplatz im Görli.
Eine jahrzehntelange Entwicklungshilfe die die Selbstverantwortung auf „0“ gesenkt hat, leistet der Bevölkerungsexplosion Vorschub. Die „Erfolge“ der Entwicklungshilfe sitzen heute in Schlauchbooten.
Ich denke, in Schlauchbooten sitzen eher die „Erfolge“ des hiesigen Sozialmagneten bei fehlender Grenzsicherung und Verhöhnund des einst edel gedachten Asylrechts durch Gutmenschen. Was Sie zu der gewaltigen Schattenseite der sogenannten „Entwicklungshilfe“ schreiben, ist davon ganz unabhängig richtig, leider. Vielleicht sollte man mal den Forderungen dauerndbeiunsschuldsuchender Gutmenschen nachkommen und die letzten Reste des bösen Kolonialerbes tilgen: Einfach jegliche Altlasten des „bösen weißen Mannes“ nicht weiter mit Ersatzteilen, Know-How etc. versorgen, den Kontinent sich selbst überlassen, und abwarten, wie sich das „Paradies“ so entwickelt, ganz ohne Medikamente, Weltraumtechnik, … Wobei ohne jede Arroganz festzustellen ist, daß Deutschland derzeit ganz „freiwillig“ auf… Mehr