Der deutsche Ex-Botschafter in Syrien fordert von der Bundesregierung eine außenpolitische Wende. Peter Gauweiler donnert gegen die „durchgeknallten Europäer“ und verschreibt ihnen „ethische Hallo-Wach-Tabletten“ angesichts der ukrainisch-syrischen Sackgasse. Italien geht auf Tuchfühlung mit Assad. Und Faesers Ministerium intrigiert bei der Abschiebungsfrage gegen Baerbock.
Wenn sich Peter Gauweiler zurückmeldet, dann scheppert es. Der frühere CSU-Politiker, der sich gegen den Irak-Krieg 2003 einsetzte, sprach sich für einen Kurswechsel in der Syrien- und Ukraine-Politik aus. Er geißelte die Außenpolitik der „durchgeknallten Europäer“ und verordnete ihnen stattdessen die Worte des Papstes als „ethische Hallo-Wach-Tabletten“. Er nahm Bezug auf die vermittelnde Position von Papst Franziskus. Evangelisch meets Katholisch meets Wagenknecht.
„Die politische Klasse bestimmt eine Mischung aus Medien und Jurisdiktion, in wechselseitiger Abhängigkeit“, so der Münchner Rechtsanwalt gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Sie sei „am Urteilen und Richten mehr interessiert als am Problem-Lösen“. Das habe zu den Flüchtlingsströmen der vergangenen Jahrzehnte geführt. Gerade die päpstliche Außenpolitik habe dagegen in den letzten beiden Jahrhunderten diese gesinnungsethische Außenpolitik zugunsten eines pragmatischen Ansatzes abgelehnt. Die Päpste hätten das „damit verbundene Elend immer ziemlich klar gesehen und die Unmoral einer solchen Politik beim Namen genannt“, so der überzeugte Lutheraner.
„Ethische Hallo-Wach-Tabletten“ für „durchgeknallte Europäer“
Syrien ist angesichts des Ukraine-Konfliktes in den Hintergrund gerückt. Laut der christlichen Hilfsorganisation CSI International leben 90 Prozent der Bevölkerung nunmehr unter der Armutsgrenze. „Der Hunger ist allgegenwärtig. Über zwei Millionen Kinder erhalten keine Schulbildung. Wiederaufbau kann nicht stattfinden. Dabei verschärft das aktuelle Sanktionsregime von EU und USA die Not der Zivilbevölkerung wesentlich. Die allermeisten Menschen möchten daher das Land verlassen“, so CSI.
Umso überfälliger ist eine Wende in der Syrienpolitik. Sie wird dabei immer greifbarer. Denn Gauweilers Einlassungen bauen auf einer Stellungnahme von Andreas Reinicke auf, dem letzten deutschen Botschafter in Syrien. „Syrien ist ein wichtiger Staat südlich des Mittelmeerraums, dessen Instabilität den Migrationsdruck auf Europa erhöht“, hatte dieser zuvor ebenfalls gegenüber der KNA gesagt. „Europa hat jedes Interesse, über eine Neuorientierung seiner Politik nachzudenken.“
Er forderte deswegen die Bundesregierung dazu auf, den – wenn auch schwierigen – Prozess einer Überprüfung der aktuellen Syrien-Politik durch die EU zu unterstützen und nicht blockieren. Die Sanktionen gegen Syrien verschärften die humanitäre Lage, ohne das syrische Regime nachhaltig zu schwächen. Zugleich kehrten geflohene Syrer – vor allem aus dem Libanon und Jordanien – tage- und wochenweise zurück in ihre Heimat. „Das deutet darauf hin, dass die Sicherheitslage nach deren eigener Einschätzung zumindest in einigen Gebieten wieder so stabil ist, dass sie eine Rückkehr für möglich halten.”
China als Mittler zwischen Fatah und Hamas
Reinicke warnte davor, dass andere Akteure, etwa China, in das syrische Vakuum drängten. Der Einfluss Russlands sei stärker als zuvor gewachsen. Peking habe erst jüngst eine Vermittlerrolle zwischen der Hamas und der Fatah eingenommen. „Dies kann nicht im deutschen und europäischen Interesse sein”, so der Ex-Botschafter.
Diese Vorstöße stehen nicht alleine. Die europäische Politik hat sich in der Ukraine und in Syrien in die Sackgasse manövriert. Vor der Ukraine könnte Syrien deswegen zu einem Experiment werden. Seit 2012 hatten die westlichen Staaten Bashar al-Assad verurteilt und ihre Hoffnungen in die Opposition gesetzt. Dass diese nicht nur scheiterte, sondern der syrische Bürgerkrieg dem IS die Möglichkeit gab, Fuß zu fassen, war ein Déjà-vu angesichts sehr ähnlich verlaufener Konstellationen wie im Nachbarland Irak. Dort hatte man einen säkularen Führer gestürzt und dafür den radikalen Islam bekommen. Dass auch die restliche syrische Opposition alsbald ebenfalls mehr denn je von Dschihadisten unterminiert wurde, ignorierte man.
Als erstes europäisches Land hat deswegen Italien diese Woche einen bemerkenswerten Vorstoß unternommen und wieder einen Botschafter für Syrien ernannt. Es ist damit der erste G7-Staat, der aus der Reihe der Anti-Assad-Koalition tanzt. Außenminister Antonio Tajani hat Stefano Ravagnan zum Botschafter ernannt, den bisherigen „speziellen Gesandten“ für Syrien.
Italien benennt als erstes G7-Land wieder einen Botschafter in Syrien
Giorgia Melonis Regierung hat zudem einen Brief an die Europäische Union gesendet, indem sie Josep Borrell zu einer aktiveren Syrienpolitik auffordert. „In einer Zeit, in der die Spannungen in der Region hoch sind und die Gefahr neuer Flüchtlingswellen besteht, strömen weiterhin viele Syrer aus, was die Nachbarländer zusätzlich belastet“, heißt es darin.
Neben Italien wurde der Brief von Österreich, Zypern, der Tschechischen Republik, Griechenland, Kroatien, Slowenien und der Slowakei unterzeichnet. Der Brief beklagt „die humanitäre Lage“ im Land, die sich „weiter verschlechtert“ habe, da Syriens Wirtschaft „in Trümmern“ liege. Reinicke hat diese Initiative explizit begrüßt. Die acht EU-Staaten verträten eine pragmatische Politik gemäß den Realitäten.
Das Manöver zeigt, dass man beiderseits des Tibers – also im Vatikan wie im Palazzo Chigi – eine Lösung sucht, um den Gordischen Knoten zu zerschlagen. Papst Franziskus hat schon in der Vergangenheit häufiger in der Kritik aufgrund seiner ausgleichenden Position im Ukraine-Krieg gestanden; dass dahinter auch immer ein Stück weit die andere Tiberseite ihre Fühler ausstreckt, wie weit man gehen kann, ist kein Geheimnis. In Syrien hat der Heilige Stuhl eine ähnliche Politik verfolgt, bei der das säkulare Rom nun nachzieht.
Dass Melonis Regierung die syrische Frage mit der Migrationskrise verbindet, schlägt einen Bogen zu anderen EU-Ländern. Allen voran Deutschland. Man sollte den Fehler vermeiden und das Bundesinnenministerium zu sehr mit einer reinen Schaltstelle von Nancy Faeser verwechseln. In seiner jahrzehntelangen „schwarzen“ Prägung haben sich im Mittelbau Beamte festgesetzt, die mit Sicherheit nicht die Ideen der SPD-Ministerin teilen.
Dort dürften schon länger Überlegungen bestehen, wie man Abschiebungen nach Syrien durchsetzen kann, ohne das heikle Thema des Kriegszustandes im dortigen Land zu berühren. Um abzuschieben, bedarf es zudem Verhandlungen mit der Assad-Regierung, mit der man sich tunlichst nicht an den Tisch setzen will. Nach Jahren der Stagnation braucht es in diesen Fragen Antworten. Die Kontakte zu Syrien sind zwar nicht abgebrochen, aber die Botschaft in Damaskus geschlossen und die Sanktionen in Kraft. Die syrische Botschaft in Berlin ist zwar geöffnet, der syrische Botschafter dagegen ausgewiesen.
Faeser und Scholz intrigieren in der Syrien-Frage gegen Baerbock
Deswegen kommt die überraschende Ankündigung Faesers, sie wolle Straftäter nach Afghanistan oder Syrien abschieben, weniger überraschend als man denken mag. „Deutsche Sicherheitsinteressen stehen für mich ganz klar an erster Stelle. Wir wollen insbesondere islamistische Gewalttäter konsequent abschieben“, erklärte sie der Bild am Sonntag. „Wer kein Recht hat, in Deutschland zu bleiben, muss unser Land deutlich schneller wieder verlassen.“
Dahinter stehen nicht nur die bloßen Ankündigungen, wie man sie von Faeser gewöhnt ist. Es ist nicht so sehr das Innenministerium, das sich gegen Abschiebungen wehrt denn das Auswärtige Amt von Annalena Baerbock. Spätestens mit der Visa-Affäre steht die Einwanderung insbesondere afghanischer Straftäter in einem neuen Licht. Eines, das sehr schlecht auf Baerbock fällt. Offenbar will das BMI die Situation nutzen, um Nägel mit Köpfen zu machen.
Faeser fungiert hier als Schachfigur von Olaf Scholz. Bekanntlich wird die Außenpolitik im Bundeskanzleramt gemacht. Annalena Baerbock hat immer wieder in ihrer Amtszeit bewiesen, dass sie sich nicht an diese Regel hält. Ihre Alleingänge und insbesondere ihr Auftreten gegenüber Russland dürfte den Genossen aufgrund ihrer eigenen, eher ausgleichenden Position missfallen. Wenn Scholz nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim ankündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen, dann ist das eine Machtprobe. Eine, bei der Kanzleramt und Innenministerium das Auswärtige Amt in die Mangel nehmen.
Es geht mehr ums Prinzip als um die Sache. Die Frage nach Koch und Kellner hat Scholz gegen Baerbock, wenn es hart auf hart ging, immer wieder gewonnen. Es könnte demnach sein, dass sich die Syrien-Frage aufgrund von Partei- und Machtpolitik hierzulande löst. Da Assad immer noch als ein enger Verbündeter Wladimir Putins gilt, wäre es zugleich ein bemerkenswertes Tauwetter in Richtung Moskau. Womöglich braucht es in der Ukraine keine zwölf Jahre, um einen Kompromiss zu finden – oder geopolitische Realitäten anzuerkennen.
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Bald wird man auch wieder mit Putin reden. Der geldwerte Vorteil bei den Rohstoffen wird es erzwingen.
Bedenken Sie, das etwa 70% der Bevölkerung in Deutschland mit dieser Handlungsweise eiverstanden sind.
Ein Land dessen religiöse Führer alle andersdenkenden Menschen pauschal zu Ungläubigen erklärt und zu Freiwild macht, kann niemals unser Freund sein. Auch dessen Menschen, die die gleiche Ansicht haben nicht. Assad und auch Gauweiler hin oder her. Ein Punkt den alle religiös denkenden Menschen bei der nächsten Wahl beachten sollten.
(a) Wir sollten anerkennen, dass es Länder gibt, die nur durch Diktaturen regiert werden können, weil es sonst Bürgerkrieg gibt. Muslimische Staaten (wahrscheinlich fast alle) gehören dazu. Solche Diktaturen kann man nicht dem Diktator vorwerfen, wie es 2012 etwa US-Präsident Obama in seinem weltfremden Idealismus getan hat.
(b) Was die syrische Frage mit der Ukraine zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Wie kann es wegen einer Besserung in Syrien Frieden in der Ukraine geben, den es jetzt nicht geben kann? Welchen?
Deutschland spielt außenpolitisch seit Machtantritt von Scholz & Co. keine Rolle mehr. Diese Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht allem was die anderen Verbündeten wollen, zuzustimmen. Das geht natürlich nur, wenn man verlernt hat eigene deutsche Interessen zu formulieren. Das ist kein „moderner Vorteil“, sondern ein ganz entscheidender Nachteil.
Haben Sie ein Problem damit, wenn eine deutsche Frau, die vorher Weiterso gewählt hat, eine Vergewaltigung erlebt? Ich persönlich muss jegliches Mitleid unterdrücken, denn die Frau hat dem Erlebnis indirekt zugestimmt. In der Wahlkabine. Ich verstehe auch nicht, warum wir hier Gerichte bemühen. Wenn der Arzt auf Komplikationen einer OP hinweist, sagen wir Lippen unterspritzen (unnötig) und diese Komplikationen dann eintreten, wer soll zahlen? Das ist dann die private Einschätzung. Man muss mit den Nebenwirkungen leben. Nichts anderes ist eine Vergewaltigung durch Migranten. Man hat darauf verzichtet, diese an der Grenze abzuweisen, was dem Verzicht auf Vorsorgemaßnahmen gleichkommt. Traurig, aber… Mehr
„Die Frage nach Koch und Kellner hat Scholz gegen Baerbock, wenn es hart auf hart ging, immer wieder gewonnen.“ Das mag ja sein, das Scholz als Gewinnerchen immer aus der Machtprobe ging. Aber Scholz ist und bleibt eine schwache Figur, die keine Führungsqualität besitzt. Er ist die Blaupause eines grauen Beamten (so wie Steinmeier). Loyal, biegsam, immer im Kielwasser der Entscheider. Niemand, den man sich zum Vorbild nimmt. Er vermittelt einfach keinen Esprit.
Regierungspropagander! Das, was Politiker sagen und das, was Politiker dann machen, müssen nicht deckungsgleich sein.
Wenn diese Frau es ernst meinen würde, hätte sie den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht mit dem Füllhorn über schlecht bis garnicht integrierte Einwanderer ausgeschüttet.
Dass Baerbie, als US-Drohne, natürlich keine Normalisierung zu Syrien will ist klar, denn die USA klauen den Syrern ja im großen Stil das Öl. Bei einer Annäherung könnten dann ja unangenehme Fragen auftauchen.
Eigentlich müsste es strikt nach deutschen nationalen Interessen gehen.
In der alten Bundesrepublik hatte man mit jedem Kontakte, offiziell oder inoffiziell.
Weil man die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands im Blick hatte.
Ob südamerikanische Militärdiktaturen, die Sowjetunion oder Südafrika.
Money talks war das Motto, nicht wie heute die Hypermoral.
A propos Koch und Kellner: Das mag für Scholz und Baebock gelten, aber der alles bestimmende Chef des Lokals, die USA, sollte schon benannt werden. Die Außenpolitik der EU im Allgemeinen und Berlins im Besonderen wird wesentlich von Washington bestimmt. Eine unabhängige auropäische Außenpolitik und speziell Russland-/Ukraine-/ Syrienpolitik sähe natürlich ganz anders aus, weil nicht US-Interessen an erster Stelle stünden.
Inzwischen sind die aus diesem (weitgehend selbstverschuldeten) Abhängigkeitsverhältnis resultierenden Probleme, Nachteile und (Kriegs-) Gefahren so groß, daß offenbar ein erstes Umdenken stattfindet.
Jetzt werden noch so viele Asylanten wie möglich eingebürgert damit sie nicht mehr in ihre Heimat zurückgeschickt werden können.