Die Eröffnung der Olympischen Spiele 2024 – ein Fiasko

Die Leser dieses Magazins beklagen sich ebenso oft wie zurecht über den offensichtlichen Niedergang Deutschlands. Dem großen Nachbarn Frankreich geht es nicht besser. Die Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris war vom Anfang zum Ende eine einzige große Katastrophe, nicht nur logistisch, sondern auch und vor allem symbolisch.

Screenshot / Le Monde

Wer einmal Fellinis „Satyricon“ gesehen hat, wird im Paris Emmanuel Macrons, wie es sich gestern gezeigt hat, zweifellos die Ästhetik des an seiner eigenen Perversität erstickenden neronischen Roms wiedererkannt haben. Enthauptete Königinnen, spritzendes Blut, blasphemische Nachstellungen des letzten Abendmahls, ein schlumpfblauer Dionysios, und dazu Plastik, Klimarhetorik, Schwulität, LGBTQ, Diversität und Trans-Irgendwas wohin das Auge nur blickt – die Eröffnung der Olympischen Spiele war eine üble Farce, in der sich die ganze Widerlichkeit der postmodernen Ästhetik wie unter einem Brennglas offenbarte.

Es ging schon damit los, daß die Werbung für die diesjährigen Olympischen Spiele ein Panorama von Paris zeigte, von dessen Kirchenkuppeln sämtliche Kreuze ganz bewußt entfernt worden waren – ein Skandal, der natürlich unter dem üblichen Diversity-Gerede zum Zeichen von Toleranz und Weltöffentlichkeit hochstilisiert wurde. Dann die schon fast hermetische Abriegelung der Metropole: Man wollte (aus guten Gründen) kein Attentat riskieren, dafür aber schloß man Millionen aus der Stadt aus, sperrte ganze Stadtbezirke mit transportablen Gittern ein, bat Polizeikräfte aus 40 fremden Ländern zur Unterstützung der heillos überforderten eigenen Sicherheitskräfte und führte wieder einmal ein großflächiges QR-Code-System zur Triage von Menschen ein – ein aus der Covid-Zeit traurig bekanntes Menetekel unserer Zukunft.

Die millionenschwer bezahlte Interpretation des Allegretto aus Beethovens 7. Sinfonie durch die blondperückte Arielle Dombasle stellte sich dann als erster großer Medienflop aus: die peinliche Choreographie, die lächerliche Gestik und allen voran das gräßliche Kleid der Sängerin, das wahlweise mit einer Ikea-Lampe, einem Präservativ oder einem Plastikabwasserrohr verglichen wurde, sorgte für einen denkbar schlechten Einstieg in die „Feststimmung“. Am Tag der Eröffnung kam dann das erste logistische Fiasko: An gleich mehreren Stellen Frankreichs gelang es (wahrscheinlich linksradikalen) „Aktivisten“, die Zuglinien nach Paris zu kappen, so daß Millionen von Menschen sich urplötzlich blockiert fanden – ein Zeichen, daß Frankreichs Logistik und Sicherheit am seidenen Faden hängt.

Die feierliche Eröffnung der Spiele selbst wurde wie immer mit dem Hissen der berühmten weißen Flagge mit den fünf olympischen Ringen eingeleitet – mit dem leichten Schönheitsfehler, daß die Fahne falschherum aufgezogen wurde; ein hochnotpeinlicher Irrtum, der wohl stellvertretend für die allgemeine Inkompetenz der ungeliebten Regierung Macron stehen dürfte und nicht zu Unrecht daran erinnert, daß vor wenigen Jahren auch am Nationalfeiertag die Farbstreifen, mit denen neun Flugzeuge die Trikolore in den Himmel sprühen sollten, falsch verteilt worden waren, so daß sich innerhalb der blauen Streifen ein roter hineingepfuscht hatte.

Das „Spektakel“ der Spieleröffnung, zu dem, auch dies bezeichnend für die Regierung Macron, eben nur einige „happy few“ Zugang hatten, während der Rest der Bevölkerung wörtlich hinter Gittern gesperrt worden war – man will offensichtlich lieber „Gated Communities“ schaffen als in den „Banlieues“ aufzuräumen –, stellte sich dann als postmodernes Debakel heraus, das jeder Beschreibung spottet und wie ein alptraumhaftes Kaleidoskop von popkulturellen Belanglosigkeiten, republikanischer Propaganda und plastiköser LGBTQ-Idealisierung anmutete.

Der Gedanke, die Seine-Ufer zur Kulisse zu machen und die einzelnen Delegationen auf Schiffen einfahren zu lassen, war ja an sich keineswegs schlecht; die Realisierung dann aber grauenhaft. Eine feministische Ahnengalerie mit plastikgoldenen Statuen „großer Französinnen“; eine erotisch gehauchte Marseilleise aus dem Mund der aus Guadeloupe stammenden Axelle Saint-Cirel; in jedem Fenster der berüchtigten „Conciergerie“ eine enthauptete Marie-Antoinette, bevor dann symbolisch fässerweise Blut in die Seine gespritzt wurde; schwimmende Müllhaufen, auf denen Juliette Armanet zur Musik eines brennenden Flügels die üblichen Banalitäten in die Welt hinaussingen durfte; ein gigantischer goldener Stierkopf auf der Festtribüne, der wohl mehr als eine Person an das goldene Kalb hat denken lassen; Aya Nakamura, die mit blonder Perücke im Afro-Porno-Stil ihre Hits „Pookie“ und „Djadja“ vor dem Hintergrund des altehrwürdigen Institut Francais zum Besten gab und sich von der Fanfare der republikanischen Garde begleiten ließ; Céline Dion, die seit einigen Jahren eine „gender-freie“ Kleidermarke lanciert hat, welche vor dem (zunehmend baufälligen) Eiffelturm „L’hymne à l‘amour“ sang; und als optischer Höhepunkt eine Art Laufsteg, der von Verkörperungen aller erdenklichen Gender- und LGBTQ-Varianten gesäumt wurde und auf dem eine „Modenschau“ präsentiert wurde, die sämtliche denkbaren Klischees zum „Untergang des Abendlandes“ bestätigte und in einer blasphemischen Nachstellung des letzten Abendmahls und der triumphalen Vorführung eines dicklichen blaugefärbten Dionysos führte – der jakobinische Kult des „Höchsten Wesens“ erscheint da schon fast als ultrakonservative Utopie, und man faßt sich nur an den Kopf und fragt sich, ob man gerade viel zu viel … oder vielleicht eher viel zu wenig getrunken hat.

— David Engels (@DavidEngels12) July 27, 2024

Selten habe ich in meinem Leben eine solche, nicht nur in jeder Beziehung häßliche, sondern auch surreale, ja schon fast dadaistische Anhäufung billiger und krankhafter Belanglosigkeiten gesehen; alles unter dem stoischen Blick eines angeschlagenen Präsidenten, der gerade dabei ist, sein Land durch die vorgezogenen Parlamentswahlen vorsätzlich ins Chaos zu stürzen und es wohl in absehbarer Zeit den Linksradikalen überlassen wird. Bedürfte es eines einzigen bildhaften Mittels, den Begriff „Fin de règne“ zu illustrieren und zu zeigen, daß eine ganze Zivilisation gerade dabei ist, sich ad absurdum zu führen – die Eröffnung der olympischen Spiele haben ihn geliefert. Vor den Augen der gesamten Welt.

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