In den Niederlanden kommt es zu auch gewaltsamen Demonstrationen und harten Polizeieinsätzen. Will Regierungschef Mark Rutte sich kurz vor den Wahlen als Bewahrer von Recht und Ordnung inszenieren, um Geert Wilders und seine Freiheitspartei (Partij voor de Vrijheid’) auf Abstand zu halten?
Es lag schon in der Luft. Monatelang gab es in den Niederlanden kleine Proteste gegen die Corona-Politik des Rutte-Kabinetts. Als am Samstagabend, dem 23. Januar, um 21:00 Uhr, landesweit Ausgangssperren eingeführt wurden, setzte die nächste Phase ein. Die Polizei war im ganzen Land auf den Straßen, sowohl um Straftäter zu bestrafen als auch, um Demonstrationen zu stoppen. Tausende wurden mit Geldstrafen belegt, Tausende gingen landesweit auf die Straße, um zu demonstrieren, so dass an einem Dutzend Orten sofort eine Explosion von Straßengewalt ausbrach. Hunderte wurden festgenommen. Nach einem unruhigen Wochenende ging es am Montag weiter, jetzt in Städten wie Rotterdam und Hertogenbosch.
„Ich befürchte, wenn wir gemeinsam auf diesem Weg sind, sind wir auf dem Weg zu einem Bürgerkrieg“, sagte der Bürgermeister der südlichen Stadt Eindhoven, die von Unruhen einschließlich Plünderungen schwer betroffen war. Andere gaben an, dass die gewalttätigen Corona-Unruhen am Wochenende vom 23. und 24. Januar 2021 in den Niederlanden die schlimmsten seit 40 Jahren seit den gewalttätigen Besetzern in den 1980er Jahren waren.
Das ist nicht ganz richtig. Schon im August 2020 gab es unter anderem in Den Haag und Utrecht schwere Straßenunruhen. Damals nannte Premierminister Mark Rutte die aufrührerischen Jugendlichen „Abschaum‘‘, jetzt nannte er sie „Verbrecher“. Zu dieser Zeit handelte es sich hauptsächlich um junge Einwanderer, meist Marokkaner. Jetzt ist es ein gemischteres Bild, das von besorgten Wohltätern bis zu Hardcore-Plünderern reicht. Auf Internetplattformen finden sie zusammen.
Seit Beginn der Coronapandemie gab es auch eine zunächst kleine, aber wachsende Gruppe von Gegnern der Coronapolitik der Rutte-Regierung. Einige von ihnen stellten die Gefahr der Coronapandemie grundlegend in Frage. Andere hielten die Maßnahmen für übertrieben und den Freiheitsentzug für katastrophal. Bei Demonstrationen, zum Beispiel im Juni in Den Haag, schlossen sich Fußballrowdys an, die erneut Polizeieinsätze provozierten und den ursprünglich fast hippieähnlichen Versammlungen einen grimmigen Charakter verliehen. Sowohl die Proteste im Internet als auch die Demonstrationen wurden von so bemerkenswerten Personen wie dem Besitzer einer Tanzschule und einem Rap-Sänger angeführt.
In den letzten Monaten ist jedoch ein neuer Führer aufgetaucht, der Inhaber einer bankrotten Eventagentur, der eine Reihe von Sonntagsdemonstrationen im Herzen von Amsterdam entfesselt hat. Die erste fand am 17. Januar statt, vor der erwarteten Ausgangssperre, und führte sofort zu einem gewaltsamen Zusammenstoß mit der Polizei.
Als am Sonntag, dem 24. Januar, eine solche verbotene Demonstration in Amsterdam stattfinden sollte, war die Polizei erneut mit Wasserwerfern, Berittenen, Hundebrigaden und verdeckten Aufklärern bereit. Es war nicht auf Amsterdam beschränkt. Auf der ehemaligen Insel Urk im IJsselmeer wurde eine ‚Coronateststraße‘ des Gesundheitswesens in Brand gesteckt, in Eindhoven der Bahnhof, Autos und Geschäfte zerstört, in Enschede das Krankenhaus angegriffen, auch in anderen Orten war es unruhig. Randalierer warfen Steine und Messer und warfen Feuerwerksbomben. Auch Journalisten wurden angegriffen. Den Medien wird vorgeworfen, „nicht die Wahrheit zu sagen“.
Neben den Unruhen der Hausbesetzer in den achtziger und neunziger Jahren erinnern die Unruhen auch an die traditionellen niederländischen Silvesterunruhen. Seit mindestens dem Zweiten Weltkrieg ist an Silvester in weiten Teilen des Landes – auch in vielen Dörfern – Polizei aktiv, um die Unruhen zu kontrollieren und den übermäßigen Einsatz von Feuerwerkskörpern einzudämmen. Zufälligerweise war die Regierung in den letzten Jahren in rasantem Tempo – teilweise unter dem Banner der Coronamaßnahmen – damit beschäftigt, den Einsatz von Feuerwerkskörpern an Silvester einzudämmen. Dies erregt bei einigen Bevölkerungsgruppen große Ressentiments. Es ist kein Zufall, dass jetzt, einige Wochen nach dem ersten Corona-Neujahr, viele Feuerwerkskörper von Demonstranten gegen die Corona-Politik eingesetzt werden.
Der massive Einsatz der Polizei ist in den Niederlanden höchst ungewöhnlich. Die Niederlande sind ein Land der Toleranz, ein ‚Gedoogland‘. Nicht nur mit Drogen, sondern in vielerlei Hinsicht werden Gesetze von Regierung, Polizei und Justiz nicht durchgesetzt. Dies gilt insbesondere in Amsterdam, wo die Polizei selbst Verstöße gegen die Verkehrsregeln ignoriert.
Es ist daher auffallend, dass gerade in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam, die einen linken Gemeinderat und zum ersten Mal einen ‚grüne‘ (GroenLinks) Bürgermeister in Femke Halsema hat, nicht nur die Ausgangssperre streng kontrolliert, sondern auch mit großer Polizei-Ausrüstung aufgetreten wird.
Dies ist umso auffälliger, als die meisten niederländischen Bürgermeister, einschließlich Bürgermeister Halsema, die Ausgangssperre wie besonders von Premierminister Mark Rutte gewünscht überhaupt nicht befürworteten. Die Bürgermeister waren von der Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht überzeugt und befürchteten im Voraus, dass es schwierig sein würde, die Maßnahme durchzusetzen. Die Debatte über die Ausgangssperre in den Niederlanden wurde auch von der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg überschattet, als der deutsche Besatzer eine „spertijd“ einführte.
Es stellt sich die Frage, ob die niederländische Regierung diesmal so hart handelt – Überprüfung der Ausgangssperre, Verbot von Demonstrationen, Anwendung von Gewalt -, weil sie sich bewusst ist, dass es auch Zweifel an der Verwendung innerhalb ihres eigenen Kreises gibt. Die Ausgangssperre geht über die bestehenden Sperrmaßnahmen hinaus. Universitäten, Schulen, Theater und die meisten Geschäfte sind seit Monaten geschlossen und die Maßnahmen übertreffen die Koronamaßnahmen vom Frühjahr 2020.
Darüber hinaus gibt es in der Bevölkerung immer mehr Kritik an der Corona-Politik des Rutte-Kabinetts. Die Niederlande sind das letzte Land der EU, das Impfstoffe vertreibt. Zunächst wurde die Verwendung von Masken abgelehnt und anschließend zur Pflicht gemacht. Offiziell hieß es, die Politik ziele auf den Schutz älterer und gebrechlicher Menschen ab, aber genau die gebrechlichen älteren Menschen sterben in Tausenden in Altersheimen. Zunächst waren sie dem Coronavirus praktisch ungeschützt ausgesetzt und wurden dann monatelang in Einsamkeit eingesperrt.
Überraschenderweise hat Mark Rutte – seit zehn Jahren Premierminister – von seiner Rolle als Premierminister in Corona profitiert, selbst jetzt, wo der Widerstand gegen diese Politik zunimmt. Das ist sehr wichtig, da die nationalen Parlamentswahlen am 17. März stattfinden. Rutte hat die Konkurrenz auf Distanz gebracht. Nur Geert Wilders von der rechtsradikalen Freiheitspartei (Partij voor de Vrijheid‘) weiß, wie man mit dem liberalen (aber in der Praxis hauptsächlich pragmatischen) Rutte Schritt hält, sowohl im Parlament als auch im Wahlkampf.
Einige Kritiker werfen Rutte vor, er wolle die strenge Ausgangssperre einführen, um vor allem Entschlossenheit auszustrahlen, während er die Einwände, die eingeschränkte Wirksamkeit und den Widerstand der Bevölkerung ignoriere. Die von Rutte so begehrte Ausgangssperre birgt das Risiko, dass die von ihr hervorgerufene Welle der Gewalt auch zu Ruttes Wahlnachteil wird.
Syp Wynia ist einer der erfahrensten und bekanntesten Journalisten der Niederland. Mit seinem Onine-Portal WyniasWeek gestaltet er das niederländische Partner-Medium von Tichys Einblick
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Ich habe die Vorgänge teils live im Internet gesehen. Es ist etwas vielschichtiger aus meiner Sicht, als oben dargestellt. Am Samstag demonstrierten autochtone in Urk, unterstützt von der örtlichen Partyjugend, die dann einigen Schaden hinterließen. Das wurde von der Öffentlichkeit nicht gut aufgenommen. Am Sonntag dann der Vorfall in Amsterdam, wo relativ normale Bürger ungenehmigt, aber friedlich demonstrierten. Das wurde mit brutaler Polizei Gewalt unterbunden. Zur gleichen Zeit waren Hooligans und gewaltbereite Jugendliche in Eindhoven dabei, sich am Bahnhof mit der Polizei zu prügeln. Es gab Plünderungen und viel Gewalt. Das wurde schon in einen Topf geworfen mit dem Amsterdamer… Mehr
Da schau an.
Die europäischen Bürgerproteste nehmen langsam Fahrt auf.
Wird aber auch echt Zeit.
Von mir aus gerne in Terminabstimmung.
So lange, bis wir uns unsere Länder zurückgeholt haben. In der DDR hat es 1989 doch auch geklappt.
Das kleine Holland hat das Potential, diesen Lock Down Irrsinn im eigenen Land genauso wie in ganz Europa zu beenden. Wie? Voraussetzung wäre, dass sich genügend Einwohner zur Wehr setzen. Man wird dann abwägen müssen, ob es das Wert ist, dass man mit aller größter Anstrengung und auch mit Verlusten Hunderttausende jagt, verurteilt und einsperrt, nur um diesen Grundgesetzbruch durchzudrücken. Ich rede hier nicht vom Bürgerkrieg. Aber Zustände, Intensitäten und breite Bevölkerungsschichten, ähnlich der Gelbwestenproteste in Frankreich, sollten es über Wochen und Monate schon sein. Wenn sich 54 % der Staatsquoten Einkommensbezieher hier bei uns gerne zuhause einschließen möchten, meinetwegen.… Mehr
Es ist mir in den diversen Videos schon aufgefallen, dass viele Geflüchtete offensichtlich auch mit den Ausgangssperren nicht einverstanden waren und mitrandaliert hatten … aber das kann auch täuschen … bin sicher die Nebel werden sich lichten und niemand hat die Absicht anderen als den „Verschwörungstheoretikern und Hooligans“ irgendeine Schuld zu geben … oder ?
„Nicht das Virus verwandelt das Land der Toleranz in einen Polizeistaat! – Es ist die Regierung!“
Niederländer und Toleranz, das sind zwei nur sehr selten zusammen zutreffende Begriffe. Gleichgültigkeit und Ignoranz sind keine Toleranz und ersteres hat zu den angeblich toleranten niederländischen Zuständen geführt.
Wer unterhaltsam in die niederländsiche Kultur eingeführt werden will, der sollte zu den Büchern von Maarten ’t Hart greifen.
ähm….also bei aller Kritik an der Niederländischen Regierung….die „Demonstranten“ die dort für Chaos und Plünderungen sorgten, waren weitgehend keine „Corona-Gegner“ sondern eher vom „schwarzen Block“. Zu diesen gesellten sich „junge Männer“ die wir hier von verschiedenen Zusammenrottungen auch immer öfter zur Kenntnis nehmen müssen und sich per SMS ganz schnell gegenseitig verständigen.
Wer Holland und den dort sehr viel höheren Lebensstandard kennt (Renten, Einkommen), der weiß auch um die auch wochentags stramm gefühllten Bars, Restaurants, Kneipen etc….. – ja überhaupt das gesellige Leben der Holländer (…wir wohnen nahe der Grenze und kennen den gewaltigen Unterschied).
Während den Deutschen schon aus finanziellen Gründen ein Leben in Einsamkeit und Abgeschiedenheit sehr viel näher liegt, fällt es den holländischen Behörden sehr viel schwerer, dieser „Geselligkeit“ der Holländer, die aus Wohlstand resultiert, Herr zu werden. Schon aus dieser Tatsache heraus ergeben sich unterschiedliche Ansätze.
Mit der „Maske“ gab es in den Niederlanden ohnehin ein Problem, da dort die Burka-Vermummung gesetzlich verboten ist. Das kollidiert argumentativ mit der nun angeordneten allgemeinen Vermummung. Ist im übrigen im hiesigen Muh-Tanten-Land nicht anders, denn für Demos „Maske“ zur Auflage zu machen, während meines Wissens das gesetzliche Vermummungsverbot bei Demos nicht aufgehoben ist, paßt auch nicht zusammen, wird von Juristen aber offenbar nicht thematisiert.
Es ist niemand gehindert, sein Hirn mit abseits der MSM verfügbaren Informationen zu füttern und sich daraus einen eigenen Erkenntnisstand zu verschaffen, zumal heutzutage eine Masse an Informationen vorliegt. Nur sind die meisten nach meiner Kenntnis mit einer Mischung aus Faulheit und Regierungsvertrauen (woher auch immer sie die noch nehmen) „gesegnet“, was zu einer kritiklosen Folgschaft führt. Davon hat -bei zugegeben kaum verfügbarem InfoMaterial abseits der Gleichschalter- das Regime ab 1933 z.B. entsprechend profitiert und zum Dulden verführen können. Wer heute nicht wissen will, wird sich dagegen kaum heraus reden können. Solange wer z.B. die „Impfung“ für sich selbst entscheidet,… Mehr