Corona und Einwanderung: Der Riss in Italien geht mitten durch die Regierung

In Italiens Mehrparteienkabinett zerfleischen sich die Sozialdemokraten der PD und Salvinis Lega. Mittendrin zwischen beiden: Premier Mario Draghi.

IMAGO / Independent Photo Agency Int.
Matteo Salvini

Mario Draghi, Italiens neuer Premier, dürfte sich derzeit vorkommen wie ein Dompteur in einem Käfig voller Tiger und Löwen. Der Käfig ist sein Kabinett, in dem sich die Linken und Sozialisten des Lagers um die PD, sowie Matteo Salvini und seine rechtskonservative Lega gegenseitig anfeinden. Und es ist keineswegs nur der im Kabinett selbst nicht sitzende und dennoch omnipräsente Lega-Chef Salvini, der provoziert. Es gehören beide Lager dazu.

Seit Enrico Letta, der ehemalige Kurzzeitministerpräsident von 2013/14, Vorsitzender der sozialdemokratischen PD geworden ist, lässt er keine Situation aus, gegen Salvini zu sticheln: So ließ er sich im Vorfeld einer Gerichtsverhandlung, in der sich Salvini gegen die Spanische NGO „Open Arms“ zu verantworten hatte, mit eben diesen Aktivisten und einem Pulli mit deren Logo medienwirksam ablichten.

Die für NGO-Schiffe beziehungsweise die von ihnen aufgenommenen Migranten geschlossenen Häfen waren Kern der Innenpolitik von Matteo Salvini als Innenminister bis Anfang 2020.

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Weniger Überfahrten von Libyen und den Maghrebstaaten nach Italien bedeutete auch „keine Tote im Mittelmeer“, wird der Legachef nicht müde zu wiederholen. Mehr Kontrollen, geschlossene Häfen und Rückführungen, das seien Zeichen an die Schleuser und illegale Migration, so Salvini Argument, mit dem er vermutlich eine Mehrheit der Italiener hinter sich hat. Auch Draghi bestätigte, es müsse eine Lösung für das Migrationsproblem gefunden werden. Das linke Bündnis mit der PD sieht es anders, selbst nach der jüngsten Tragödie vor Libyen mit rund 130 toten Migranten.

Der 25. April gilt in Italien als Tag der der ‚Resistenza‘ und der Befreiung vom Faschismus. Tausende Italiener zogen in Rot gehüllt und mit Bannern durch die Straßen des Landes, organisiert von den Gewerkschaften und Sozialen Zentren, aber auch den Gemeinden selbst. Klar, dass auch ‚Bella Ciao‘, das Lied der kommunistischen Partisanen intoniert wurde.

Aber Freiheit für Italien hat dieser Tage, in Zeiten der Pandemie, eine andere Bedeutung, meint Matteo Salvini mit der Lega. Das Thema treibt die Italiener, und vorwiegend die Selbstständigen in Gastronomie und Tourismus, um: Seit Beginn der Woche sind 14 Regionen auf Gelb geschaltet, also dürfen die Schulen öffnen, Bars und Restaurants Gäste im Freien bewirten und auch Sport im Freien ist erlaubt (Sportstudios und Hallen öffnen dann ab Juni). Aber wohl den meisten Italienern geht das nicht weit genug. Das Wetter wird besser, Aerosolforscher und Studien belegen, dass das Infektionsrisiko unter freiem Himmel sehr gering ist – aber dennoch ließen Draghi und die Minister und Parlamentarier von Mittelinks den „coprifuoco“, die Sperrstunde auf 22 bis fünf Uhr Früh festschreiben, ganz ähnlich wie in Deutschland. Und ganz ähnlich auch die Bedenken gegen Öffnungen auf Seiten der Parteien links der Mitte, und die Warnungen vor der vierten Welle durch die staatlichen Virologen.

Matteo Salvini, griff die Unzufriedenheit der Bürger auf und kritisierte in Interviews und eigenen Videos die Unlogik der Maßnahmen, vor allem der Sperrstunde. Was solle die bringen, wenn tagsüber die Öffentlichen Verkehrsmittel, die Schulen überfüllt seien. Auch viele sozialistische Bürgermeister werben dafür, die Sperrstunde wenigstens bis Mitternacht zu verschieben.

Die Tageszeitung Il Libero Quotidiano berichtet auch davon, dass immer mehr Bürgermeister und Regionalpräsidenten, die Meinung des Sprechers und Regionalchefs von Friuli-Venezia Giulia, Massimiliano Fedriga, teilen, wonach man doch im Freien und zu Tisch eine viel bessere Kontrolle habe, die Leute auch mit den AHA-Regeln auf Distanz zu halten, als wenn sie sich in „kleinen Gruppen eng zusammen“ in den Wohnungen treffen würden. Andere Regionalchefs wie Luca Zaia fragen laut, wie man denn Touristen ins Land holen wolle, bei einer Sperrstunde ab 22 Uhr.

Für mehr Freiheit und weniger Strafen hat nun die Lega mit Salvini eine Onlinebefragung abgehalten, eine Art Petition #nocoprifuoco (Nein zur Sperrstunde) ins Leben gerufen. Binnen 24 Stunden hatten sich bereits über 55 000 Bürger eingetragen.

Salvini drängt Draghi
Lockerungen in Italien: Geschäfte und Restaurants öffnen sachte
Die Politiker in Rom werden nervös. Und vielleicht auch Mario Draghi ein wenig. Die Zeitung Il Giornale mutmaßt schon, die Regierung Draghi könne implodieren. Ganz offen attackieren Letta und andere PD-Politiker Salvini mit dem Vorwurf, er sei schon im Wahlkampf und schlagen ihm vor, die Lega doch aus der Regierung abzuziehen. Und wenn ihm die Politik nicht passe, könne er doch wieder austreten. Ja, das hätten sie wohl gern.

Der Lega-Chef verweist auf das Ausland. Es sei doch komisch: In London, Stockholm, Kopenhagen, sowie in Madrid, „alle öffnen sie, nur wir nicht“, obwohl die Impfungen nun ansteigen, und die Infiziertenzahlen zurückgehen würden?
Salvini betont, dass er den Italienern vertraue, die bisher schließlich auch sehr diszipliniert, umsichtig und vorsichtig gewesen seien. Das sei eben der Unterschied zu seinen Gegnern von links, die dem eigenen Volk nicht trauen würden.

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Kommentare ( 8 )

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Sonny
3 Jahre her

Salvini vertraut den Menschen.
Das trifft nur auf wenige Politiker in Europa zu.
Die meisten Politiker betrachten sich als übergeordnete, klügere Masse. Und vergessen (bewußt), für wen und was sie gewählt wurden.

ThomasWoerner
3 Jahre her

Herr Deriu, mit ihren Artikeln tue ich mich leider etwas schwer. Der permanente Unterton lautet stets, dass Salvini kurz vor einer triumphalen Rückkehr, diesmal an die Regierungsspitze, steht und das eine überwältigende Mehrheit der Italiener ohnehin hinter ihm steht. Leider geht das bei Ihnen schon ein paar Jahre so und er ist (leider) immer noch nicht zurück. Vielleicht beleuchten Sie einmal die Aspekte, die ihren Wunsch verhindern. Und nein, nicht nur Merkel und die EU stehen dagegen. Es muss wohl auch unter dem Wahlvolk ein paar Störfaktoren geben, ähnlich wie bei uns?

Manfred_Hbg
3 Jahre her

Zitat 1: „Das Thema treibt die Italiener, und vorwiegend die Selbstständigen in Gastronomie und Tourismus, um“ > Na, wenn hier dann die ital. Regierung weniger Steuereinnahmen erhält und dann natürlich auch weniger Geld für den Italiener und die ital. Infrastruktur ausgeben könnte, dann braucht und wird das den -vor allem immer fordernden- linken Politikern wohl kaim Angst und Sorge bereiten das sich deren Bevölkerung beklagen könnte. Denn die fehlenden Steuereinnahmen werden nun ja DANK deutscher Steuerzahler/-gelder und EU-Brüssel großzügig ausgeglichen -mindestens ausgeglichen! ~~~~~~ Zitat 2: „dennoch ließen Draghi und die Minister und Parlamentarier von Mittelinks den „coprifuoco“, die Sperrstunde auf… Mehr

ketzerlehrling
3 Jahre her

Salvini wurde abserviert wie Strache. Die Linken sind international wesentlich besser vernetzt als die sog. Konservativen. Und Merkel mittendrin.

Wilhelm Roepke
3 Jahre her

Italien hat den gleichen Konflikt wie Deutschland. Mathematisch gesehen fängt Europa entweder an, den Migrationsstrom aus Ländern, die ihre Probleme selbst nicht auf die Reihe bringen, gründlich abzuwehren. Oder es wird gnadenlos in den genau diesen Problemen untergehen. Wenn Italien oder Deutschland jeweils mal geschätzt 15 Millionen Migranten aus Afrika oder Vorderasien haben, ist es zu spät. Dann knicken die Einheimischen bzgl. der Lebensgewohnheiten, des Rechtsstaates und der Gleichheit aller Bürger entweder ein und öffnen die Pforten ganz oder es kommt zu inneren Spannungen höchster Qualität, wenn das Geld für Sozialmaßnahmen ausgeht, weil die Zahl der Einzahler für die Zahl… Mehr

Henni
3 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Wilhelm, ich sag Ihnen etwas, es wird kippen. Wo ich nur hinschaue in unserem Lande (Baden-Württemberg), überall sehe ich glückselige Grüne, im Baerbock- Rausch. Das ist so, als würden diese Menschen sehenden Auges und voller wahnsinniger Vorfreude ihrem Messias in den Abgrund folgen. Frauen, die ihren Henkern aus dem Orient sozusagen in die Arme laufen. Nicht mehr all zu weit weg von den Selbstmordattentätern und den Kamikazefliegern. Auf diesem immer voller werdenden Planeten haben nur die eine Chance, die sich wie ein Mann verhalten, obwohl es Millionen sind. Das beste Beispiel ist Japan, oder vielleicht noch eindrucksvoller China. Der weiße… Mehr

MeHere
3 Jahre her

Man muss sich auch hier ernsthaft die Frage stellen, ob Leute wie Enrico Letta nicht Teil der organisierten Kriminalität sind und im Auftrage derselben die Schleusung von Migranten gegen BARES weiter eifrig fördern. Sonnenklar ist, dass das alles KEINE ASYLANTEN nach §16GG sein können, die sich da über das Meer aufmachen, dass es keine Ertrunkenen mehr geben würde, hätte man konsequent und rechtzeitig gehandelt (siehe Australisches Modell), dass es kein Recht auf Zuwanderung gibt und dass die Sozialistische Linke diesen Humbug betreibt um absichtlich die Bürgerliche Gesellschaft zu zerstören (inklusive all der Ertrunkenen, die auf das Konto der Linksbunten gehen).… Mehr

Last edited 3 Jahre her by MeHere
eisenherz
3 Jahre her

Ich stelle mir gerade vor ein AfD-Abgeordneter trägt im DEUTSCHEN Abgeordnetenhaus und um den Saal herum eine Maske mit den Farben Schwarz-Rot-Gold wie Matteo Salvini die italienischen Nationalfarben oben auf dem Bild.
Aber alter Schwede was dann passieren würde? Nein, das kann sich keiner mehr vorstellen.