Wer das Falsche sagt oder schreibt, muss in den USA und anderswo schwere Angriffe befürchten. Wie hart sie sind, bestimmen der Zufall und die jeweils herrschenden Götter des Campus oder des Boulevards, der Direktionen und Redaktionen. Von der Angst, zu wenig zu sein oder zu tun.
Und dann war da noch der Fall Julius Eastman – oder auch Mary Jane Leach. Zwei Komponisten, der eine schwarz, schwul, zeitweilig obdachlos und 1990 verstorben, die andere nichts davon, aber eine Weggefährtin zu Lebzeiten, die später seine Werke sammelte. Auf einem Festival im kanadischen Halifax nannte sie Anfang Juni die Namen einiger Kompositionen, die Eastman in ironischer Absicht »Crazy Nigger« oder »Evil Nigger« betitelt hatte. Nur die Namen fielen wohlweislich, Leach machte keine Ausflüge in die Begriffsgeschichte und verwendete selbst auch keinerlei »offensive Sprache«. Wenige Stunden später war ihr eigenes Konzert abgesagt – um »weiteren Schaden abzuwenden«. Zuvor waren wieder einmal akute »Verletzungen« bei Teilnehmern aufgetreten.
Unterdessen wurde an der University of California eine Untersuchung gegen einen Dozenten eingeleitet, weil er Martin Luther Kings »Letter from Birmingham Jail« vorgelesen hatte. Auch in dem Text des schwarzen Bürgerrechtlers kommt das »n-word« vor.
Manchmal scheint das beste der Argumente nicht zu helfen. Wie viele Fälle von unberechtigtem Fenstersturz, von wahllosem »deplatforming«, wie viel erzwungene Abgänge und Rücktritte ohne Grund sich in wenigen Wochen an die George-Floyd-Proteste angeschlossen haben, ist beeindruckend und erschütternd zugleich. Am 6. Juni begann die von dem britischen Journalisten Toby Young gegründete »Free Speech Union« mit der Veröffentlichung eines Threads in 31 Teilen, in dem die verschiedensten Fälle dokumentiert sind. Viele endeten mit einem Rauswurf, andere mit Suspensionen, von denen einige wenige wieder aufgehoben wurden. Andere Schicksale sind bitterer als das. Auch nicht prominente Beispiele, die es dennoch in die Medien schafften, gibt es zur Genüge, wie ein anderer Twitter-Thread deutlich macht.
Die Entlassungen und Rücktritte ziehen sich durch alle Berufe. Manche reagieren trotzig, viele demütig, andere mit stillem Rückzug. So wurde ein Fußballspieler aus Los Angeles gefeuert, weil seine Frau die »Black Lives Matter«-Bewegung kritisiert hatte – unter anderem mit der Abwandlung »Black Nikes Matter« zu einem Bild mit Plünderern. Ihr Mann, der gebürtige Serbe Aleksandar Katai, postete eine Entschuldigung, die nur zur Hälfte von ihm stammen dürfte und natürlich den Satz »Black lives matter« enthält. Ohne dieses Mantra geht solches nicht mehr vonstatten.
Der Chefredakteur des kulinarischen Magazins Bon Appétit trat zurück, angeblich weil seine Würdigung der BLM-Proteste nicht ausreichend stark ausgefallen war – tatsächlich drängen zur gleichen Zeit bis dahin »unterdrückte« Mitarbeiter ins Rampenlicht. Der zurückgetretene Ex-Chef gelobte, »über die Arbeit, die er als menschliches Wesen« noch an sich selbst zu leisten hatte, nachzudenken. Und als ein bekennender Sozialist, Marxist und Obama-Campaigner darauf hinwies, dass gewaltsame Proteste möglicherweise kontraproduktiv seien, fanden einige, dieses rieche ganz gewaltig nach »anti-blackness«. Einige Tage später wurde der 28-jährige Datenanalytiker David Shor von Civis Analytics gefeuert. Über die Umstände darf er keine Auskunft geben. Das anlassgebende Argument Shors war relativ einfach und doch zu anspruchsvoll für die sengenden Moralisierer.
Der Brexit-Erfinder Nigel Farage darf nicht mehr Gastgeber einer einstündigen Radiosendung beim britischen Sender LBC sein, nachdem er »Black Lives Matter« mit den Taliban verglichen hatte. Disney, T-Mobile und andere Firmen zogen ihre Anzeigen aus der Fox News-Sendung »Tucker Carlson Tonight« ab, weil ihnen Carlsons grundsätzliche Kritik der BLM-Bewegung nicht gefiel. Schließlich verwendete eine Fernsehmoderatorin des kanadischen Staatssenders CBC in einer internen Konferenz das falsche, offenbar rassistische Wort (welches, ist unbekannt) und wurde suspendiert, obwohl sie sich sofort bei ihren Mitarbeitern entschuldigt hatte. Die Geschasste gab sich »tief beschämt«.
Fintenreich zeigte sich dagegen der Besitzer jenes Football-Teams, das einst und für lange Zeit »Washington Redskins« geheißen und so an den Kampfesmut der Ureinwohner Nordamerikas erinnerte hatte, die sich gelegentlich im Kampf die Haut mit roter Farbe bemalten. Da er sein Team umbenennen musste, wählte er einfach gar keinen Namen und beließ es fürs erste bei »Washington Football Team« – das ist zumindest die These eines amüsanten Artikels aus dem Washington Examiner. Tatsächlich könnte ein neuer Name noch folgen. Man darf gespannt sein.
Studenten als moralisierende Zensoren
Eine besondere Hartnäckigkeit bekommen die Dispute an den Universitäten des Landes. Das ist zum einen so, weil dort eine Studentenschaft vertreten ist, die sich mit Vorliebe in die Rolle des moralisierenden Zensors begibt (und sich darin mit einem Teil des Lehrkörpers trifft). Zum anderen können die Angegriffenen ihren Angreifern hier meistenteils noch »mit Gleichem« erwidern und haben auch ein besonders geheiligtes Recht dazu, das im Grunde jedem Amerikaner gebührt, aber hier besonders hochgehalten werden sollte. Gemeint ist natürlich der Erste Verfassungszusatz mit seinen Versprechen der Rede-, Religions-, Presse- und Versammlungsfreiheit. All das heißt aber nicht, dass die Lage an den Universitäten eine grundsätzlich bessere wäre.
So forderten Studenten der University of California Los Angeles am 4. Juni die Entlassung von Professor Gordon Klein, weil er sich geweigert hatte, seinen schwarzen Studenten die Prüfung zum Semesterabschluss zu erlassen. Als Grund für den Vorstoß galt die Trauer um George Floyds Tod. Ähnliches Entgegenkommen gibt es sonst aber nur wegen Todesfällen in der Familie oder aufgrund religiöser Unterschiede. Ein Kollege hatte sich statt einer Abschlussarbeit einen einseitigen Aufsatz – mit einfachem oder doppeltem Zeilenabstand – zu den Fragen erbeten: »Was geht gerade in unserem Land vor sich?« und »Wie geht es mir damit?«
Klein hatte keine Lust auf solches und fragte zunächst, weil er zuletzt nur online Unterricht gegeben hatte, welche Studenten überhaupt schwarz seien. Und was sollte er mit gemischtrassigen Studenten machen? Ihnen einen halben Nachlass geben? Diese Antwort wurde als »extrem unsensibel« und rassistisch empfunden, wo der Student doch um »Empathie und Mitgefühl in einer Zeit bürgerlicher Unruhe« gebeten hatte.
Letztlich wurde Klein suspendiert, weil er sich weigerte, schwarzen Studenten die Abschlussprüfung zu erlassen. Dabei folgte er so schlicht den Regeln der Universität, in denen solche Ausnahmen nicht vorgesehen sind. Nun wird der Vorgang untersucht. Kleins Haus steht unter Polizeischutz. Eine Petition für seine Rehabilitierung läuft noch immer. Ähnliche Kritik erntet die Schwarzenbewegung auch von anderen. So bemerkte Charles Negy, Psychologie-Professor an der University of Central Florida, in einem Tweet: »Das schwarze Privileg ist real.« Neben der »affirmative action« gebe es unter anderem spezielle Stipendien für Schwarze. Und nicht zuletzt gelte: »Von Kritik abgeschirmt zu sein, ist ein Privileg. Aber als Gruppe verlieren sie so auch ein sehr nötiges Feedback.« Natürlich blieb auch Negy nicht unbehelligt von Nachstellungen. Eine Kampagne gegen ihn wurde losgetreten, eine Untersuchung durch die Universität eingeleitet.
Im zweiten Teil wird es um zwei schockierende Fälle aus der US-amerikanischen Academia gehen.
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Die Veröffentlichung eines Interviews mit Ex-EZB-Banker Jürgen Stark in der FA-Sonntagszeitung unter dem Titel „Die EZB ist auf die schiefe Bahn geraten“ ist leider hinter der Bezahlschranke, aber die Zusammenfassung findet man in Focus Money. Von „schleichende Änderung unseres Wirtschaftssystems“ und „erneuter Tabu- und Rechtsbruch“ usw. wird geschrieben – liest sich 1 zu 1 wie AfD, Nazi, Rechtspopulismus. Den Vorgang kann man nur mit der jüngsten skandallösen Veröffentlichung der Meinung eines republikanischen Senators in der New York Times vergleichen. Der verantwortliche Chefredakteur ist umgehend zu feuern.
Meist sind es ja Linke oder andere Mainstream-Mitläufer, die davon betroffen sind. Wie in anderen Systemen gibt es nach einer gewissen Zeit in höheren Positionen nur noch „Überzeugte“ (die es jedenfalls offiziell sind).
Aus diesem Grund hält sich mein Mitgefühl mit den Betroffenen in Grenzen.
Marodierende „Studenten“ gab es bei Maos Kulturrevolution, die diese Studenten als Menschenschänder instrumentalisierte. Das moralisierende Böse wird Kultur genannt. Die realen Bösen müssen auch bei uns ihre Macht über andere zeigen.
Für die Erklärung des Irrsinns, der sich gegenwärtig in der westlichen Welt austobt, können hoch wissenschaftliche Untersuchungen, komplizierte Theorien oder politische Analysen heran gezogen werden. Doch im Grunde ist es lediglich eine wachsende Massen-Verblödung.
Generationen nach uns werden sich fragen, wieso es zu dieser massenhaften Erscheinung kam?
Ich stelle mir diese Frage schon heute.
Generationen nach uns werden nichts anderes mehr kennen und es für völlig normal halten.
Sehe ich anders. Die unvermeidlichen Generationen-Konflikte werden auch in Zukunft zur Abwendung vom Bekannten führen. Deshalb wiederholt sich auch die Geschichte.
Das Verhalten von Uni- und manchen Unternehmen-Leitern scheint von der großen Angst gesteuert. Eine Angst von lauten, schlecht gebildeten und ewig beleidigten infantilen Menschen.
Ganz genau! Diese Entwicklung habe ich schon vor fünf Jahren kommen sehen, als ich die bekannten Bilder im Fernsehen sah. Alle meine Befürchtungen, die ich damals hatte, haben sich bewahrheitet. Die Spaltungen innerhalb der Gesellschaft, die Zunahme bestimmter Kriminalitätsdelikte. Dazu kommt die vermutlich negative Wirtschaftsentwicklung in naher Zukunft. Ein Pulverfass!
Hysterie und Blutdurst. Typisch für Progrome. Gab es in der Geschichte immer wieder: Reichskristallnacht, Hexenverfolgung, Maos Kulturrevolution, BLM. Immer das Gleiche. Zum „Glück“ wurden die Geächteten und Gejagten bis jetzt nur um ihre Jobs gebracht und noch niemand am nächsten Baum erhängt.
Wetten, dass….
Am 27. Juli schrieb der Bezirksstaatsanwalt von San Francisco, Chesa Boudin, einen Gastkommentar in der New York Times unter der Überschrift “ Look to Local Prosecutors for Police Reform „. Er behandelt darin mit Sachverstand worum es im Kern bei BLM geht. Von Kulturmarxismus keine Spur. Im Mississippi-River schwimmt viel Müll. Er ist trotzdem “ Ol‘ man river „, BLM ist der Fluß, nicht der Müll.
Es geht nur um Kulturmarxismus.
Wenn man versucht das zu verstehen kann man nicht übersehen, dass die extreme Identitäts- und Political-Correctness-Ideologie, die aus der akademischen Welt der USA, zusammen mit Gender-Ideologie, u.a., auch nach Europa gekommen ist, das Moralisieren unserer Linken und Grünen, schon sehr lange, 20-30 Jahre, besteht und nicht ursächlich mit BLM oder der Ermordung von George Floyd im Mai 2020 zu tun hat. Soweit es in den USA Kulturmarxisten gibt, und es sind dort nicht viele die Marx überhaupt gelesen haben, und noch weniger die ihn inhaltlich und historisch verstehen, sehe ich keine Gefahr, dass die USA, anders als die EU, zu… Mehr
Der Widerstand ist da. In den USA nur nicht in den Medien sichtbar. Gestern hat in der Anhörung von Barr auf CNN eine Befragerin der Reps gesagt, dass in ihrem Bundesstaat in einer Woche noch nie so viele Waffen verkauft wurden, wie in der letzten Woche. Sprich….die Bürger bereiten sich auf Unruhen und Angriffe vor. BLM mag in den Medien bejubelt werden….in der US Bürgerschaft (vor allem auf dem Land aber auch in vielen Städten….eben die schweigende Mehrheit) ist weder BLM noch Biden sehr beliebt. Vor allem bei Biden sehe ich das Hindernis bei der Wahl….wer den mal gesehen hat,… Mehr
Dozenten und andere Wissenschaftler an den Unis, sollten dort Lehren wo sie erwünscht sind und uneingeschränkt lehren können. So werden die Unis dann von schwarzen Dozenten bevölkert, denen man die Prüfungen erlassen hat. Man wird dann bald merken, welche Elite man heranzüchtet und ihre sogenannte Elite zu Hintlerwäldern mutieren.
Die UCLA war schon immer ein besonderes Pflaster. In ein paar Jahren wird es wohl ein Sanierungsfall werden.
Wer der Meinung ist, auf einer Universität sich nur einen Titel abholen zu müssen, der muss wohl zu einer NGO oder in die Politik wollen.
Die Neue Zeit braucht keine Uni‘s im ursprünglichen Sinn mehr. Die Bildung übernimmt der Staat.
Der Staat war mal in Deutschland ein positiv besetzter Begriff. Jetzt ist er nur noch eine leere Hülle.