Nicht einmal drei Prozent der von der Bundeswehr evakuierten Afghanen waren tatsächlich Ortskräfte

Die Taliban hatten schon früh den Flughafen Kabul vollständig abgeriegelt. Doch die Bundeswehr machte weiter wie bisher - und evakuierte anscheinend weitestgehend willkürlich alle, die es eben zum Flughafen geschafft haben. Tatsächlich Gefährdete bleiben zurück.

IMAGO / localpic

Die Evakuierungsmission der Bundeswehr ist beendet, Soldaten und Flugzeuge zurück in Deutschland. Insgesamt viertausend Afghanen hat die Luftwaffe seit dem Fall Kabuls an die Taliban außer Landes gebracht. Jetzt kommt raus: Nur ein Bruchteil der Evakuierten sind tatsächlich auch Ortskräfte der Bundeswehr gewesen. Die übergroße Mehrheit der Menschen an Bord der A400M-Maschinen waren hingegen wohl mehr oder weniger zufällig ausgewählte Afghanen, die ein zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren.

Dabei hatte die Politik rund um die Evakuierungsmissionen etwas völlig anderes kommuniziert. Bundeskanzlerin Merkel erklärte, man wolle „vor allem“ Ortskräfte nach Deutschland bringen. Am Mittwoch teilte das Auswärtige Amt noch mit, dass „eine beträchtliche Anzahl ehemaliger Ortskräfte“ an Bord der Bundeswehrmaschinen sei. Tatsächlich sind nichtmal drei Prozent aller Evakuierten aber Ortskräfte – von 3.600 Personen, die die Bundeswehr seit Mitte August aus Afghanistan ausgeflogen hat, waren nur rund 100 tatsächlich afghanische Ortskräfte – also zuvor für die Bundeswehr tätige und tatsächlich gefährdete Personen. Wobei die Bundesregierung nach eigener Aussage „einen großzügigen Maßstab“ bei der Gefährdungsprüfung anwendet.
Dazu kommen noch rund 350 Familienmitglieder von Ortskräften. Tausende Passagiere waren hingegen keines von beidem – trotzdem vermittelte die Regierung das Bild, wir würden treue Helfer und Unterstützer vor den Taliban retten.

Doch die Evakuierung von tatsächlichen Ortskräften schlug währenddessen gewaltig fehl. Wie die Bild-Zeitung berichtet, sagte die Bundesregierung über 13.000 Ortskräften bzw. Familienangehörigen von Ortskräften die Aufnahme zu. 3.000 von ihnen wurden in den vergangenen Monaten tatsächlich nach Deutschland ausgeflogen. Was als „Evakuierungsmission“ für Ortskräfte verkauft wurde, erscheint eher als randomisiertes Ausfliegen beliebiger Afghanen – nach wie vor scheint man in Berlin keine Ahnung zu haben, wen man da überhaupt evakuiert. Nicht nur fliegt man so auch abgeschobene Straftäter nach Deutschland ein (TE berichtete) – diejenigen, die man angeblich retten will, bleiben auf der Strecke, schließlich hatten die Taliban den Flughafen Kabul frühzeitig vollständig abgeriegelt. Am Ende einer chaotischen Mission wissen Verteidigungsministerium und Auswärtiges Amt also gar nicht, wen sie warum ausgeflogen haben – Airbus-Maschinen nach dem Zufallsprinzip füllen lassen und ab dafür, lautete wohl die Afghanistan-Strategie.

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Kommentare ( 111 )

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Peter Ge.
3 Jahre her

Wie ich schon befürchtet hatte, das Bemühen um ein „Ausfliegen der Ortskräfte“, ein riesiger Betrug, mehr noch – eine grenzenlose Schweinerei und ein Verbrechen zugleich! Diese Regierung ist nichts als eine verachtenswerte, knastreife Bande.  Tatsächliche Ortskräfte werden hingegen zu Tausenden zurückgelassen und sogar auch noch deutsche Staatsbürger und damit der Todesgefahr ausgesetzt. So zu sagen, grobfahrlässige Tötung als „Kollateralschaden“. Eine abgrundtiefe Gemeinheit all jener, die dafür politisch verantwortlich sind und auch seitens jener Politiker, die dazu feige schweigen. Und dann sollen wir uns noch darüber Gedanken machen, wen wir von diesen charakterlosen Polit-Ganoven (-inen) wählen könnten und in welche Länder wir… Mehr

Ralf Poehling
3 Jahre her

Das gibt’s doch alles gar nicht mehr.

Juergen Schmidt
3 Jahre her

Nein, alles gut und nach Plan gelaufen. Die Bundesregierung setzt nur die Umsiedlungspläne der UN um. Möglichst viele Fremde nach Deutschland einschleusen und somit nach Mitteleuropa umsiedeln. Nicht mehr und nicht weniger. Dabei darf man auch mal ein bißchen die eigenen Bürger belügen. Geht ja schließlich darum, die Welt zu retten (UN = gottgleiche Weltregierung, hat immer recht, will nur das Gute und macht alles richtig. Kann alles, darf alles.). Davon abgesehen – meiner Meinung nach diente insgesamt der abrupte Abzug aus Afghanistan dazu, eine weitere »Flüchtlingswelle« Richtung Mitteleuropa auszulösen. Destabilisierung und Schwächung von Gesellschaften. Spaltung. Falsche Bindung von Ressourcen.… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Juergen Schmidt

In den UN haben moslemische Länder die Stimm-Mehrheit. Die werden den Wandel aller Welt hin zur Umma mit all ihren Möglichkeiten forcieren.
Belügen heißt bei denen „Taqiyya“ und ist seit Jahrhunderten Sitte.

Last edited 3 Jahre her by Kassandra
Kassandra
3 Jahre her

Deutsche, denen als Hauptkompetenz bis zurück ins III. Reich und weit darüber hinaus akribische Ordnung und peinlichste Sorgfalt sowie Gründlichkeit in allen Belangen zugeschrieben, ja teilweise sogar angelastet wird, machen solche „Fehler“ nur, wenn sie sollen. Oder müssen.
Wir werden gerade wieder politisch-medial hinter die Fichte geführt.

Last edited 3 Jahre her by Kassandra
Endlich Frei
3 Jahre her

Blinder Aktionismus und schöne Bilder.
Ich glaube, der Politik geht es vorrangig darum. Wer da zu uns kommt, ist denen zweitrangig.

Leroy
3 Jahre her

Einer meiner Freunde war jahrelang in Afghanistan ( Bundespolizist im Auslandseinsatz, u.a Südsudan, Mazedonien, Indien, Kolumbien). Er kennt keinen Afghanen dem er traut.

Leroy
3 Jahre her

Ich gehe davon aus, dass alle echten Hilfskräfte ausgeflogen wurden. Alle anderen waren sowieso Spitzel der Taliban.

bkkopp
3 Jahre her

Marcus Grotian vom BMV sagte kürzlich bei der Bundespressekonferenz dass es um auf Listen erfassten ca. 2500 Ortskräften, plus deren direkten Familienangehörigen – demnach ca. 8,000 Personen – gegangen sein soll. Im Hin- und Her zwischen Ministerien und Bundeskanzleramt könnten dies dann die ca. 13,000 Erwähnten geworden sein. Insgesamt soll aber diese Personenzahl schon seit Monaten bekannt gewesen sein – man hat nur nie geschafft sie tatsächlich auszufliegen. Siehe der praktische Leerflug mit 7 Passagieren, der kürzlich vorgekommen sein soll. Die USA sollen letzte Woche in der Spitze bis 21,000/Tag, und im Wochendurchschnitt mehr als 10,000 pro Tag ausgeflogen haben.… Mehr

Andreas aus E.
3 Jahre her
Antworten an  bkkopp

Ich hätte lieber eine Erklärung, warum überhaupt auch nur ein einziger Afghane nach Deutschland verbracht wurde und warum die Hinflüge nicht zur Rückführung ausreisepflichtiger Afghanen genutzt worden sind.

Kassandra
3 Jahre her

Wahrscheinlich sind da die Kosten für zusätzliche Infrastruktur noch gar nicht eingerechnet. https://www.presseportal.de/suche/afghan/blaulicht – 3141 Treffer – wobei längst nicht alles gemeldet wird, was so in Buntland geschieht.
Sucht man nach „syr“ liegt die Trefferzahl bei 4808: https://www.presseportal.de/suche/syr/blaulicht
Wobei man ja weiß, dass längst nicht in jedem seit 2015 gemeldeten Syrer auch ein Syrer steckt.

fatherted
3 Jahre her

hmm….so wie es aussieht entpuppen sich die Taliban als verlässliche Partner…die schützen nun den Flughafen Kabul von außen vor Terroranschlägen von Seiten der IS. Natürlich lassen sie auch keinen mehr durch….was den Amis und allen anderen vor Ort nur recht sein kann. Im übrigen….das nur so wenige Ortskräfte ausgeflogen wurden, könnte ja auch daran liegen, dass die „Ortskräfte“ sich mit den Taliban arrangiert haben und vor Ort verbleiben möchten. Letztlich sind die berichteten Übergriffe auf die Zivilbevölkerung bei jedem gewaltsamen Vorstoß von Militär zu beobachten….wird nur nicht immer berichtet. Mal abwarten….vielleicht wird es mit den Taliban besser als mit den… Mehr