Bei einer zweitägigen Ruanda-Reise inspizierte Suella Braverman unter anderem die Wohnungen, in denen schon bald illegale Migranten aus Großbritannien leben könnten. Das Land gefiel Braverman offenbar so gut, dass es ihren Gegnern bitter aufstieß. Ihren Kritikern wirft Braverman Snobismus vor.
Die Meinungen in Großbritannien können kaum weiter auseinandergehen. Während der elitär-sozialistische New Statesman die Ruanda-Reise von Innenministerin Suella Braverman als Debakel für das öffentliche Bild der Regierung ansieht (unter anderem, weil Braverman sich in dem ostafrikanischen Land wohlzufühlen schien), sieht der brexit-konservative Telegraph Braverman auf dem Weg zur erfolgreichsten Innenministerin aller Zeiten. Tatsächlich wurden mehrere Bilder einer aus vollem Herzen lachenden Braverman zum Anlass genommen, um die Innenministerin zu dämonisieren, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, die illegale Migration über den Ärmelkanal zu beenden.
Natürlich wäre es vielleicht klüger gewesen, eine staatsmännische Fassade zu errichten, wenn man ein so umstrittenes Projekt verfolgt, wie Ruanda als Asyl für Migranten zu etablieren, die eigentlich auf illegalem Wege in das Vereinigte Königreich gelangen wollten. Aber eine solche thatchereske Stiff-Upper-Lip war nicht der Stil von Braverman, jedenfalls nicht nur. Es gibt sie auch, die Bilder, auf denen die Ministerin versonnen in die Ferne blickt. Daneben verstand sich Braverman einfach gut mit den Ruandern (es war schon ihr dritter Besuch im Land). Und sie war entschlossen, ein positives Bild des Landes zu vermitteln. Kritiker meinen, viel zu positiv, als dass die Deportation nach Ruanda noch eine Abschreckung darstellen könnte.
Von linken Snobs und dekolonisierenden Konservativen
Ruanda, so sagte Braverman der mitgereisten Presse (in der einige linke Publikationen zu deren gerechter Indignation fehlten), sei ein „Segen“ für Bootsmigranten aus dem Kanal, wie die Times berichtet. Dort könnten dieselben sich ein neues Leben aufbauen: „Es ist ein gastfreundliches Land mit herzlichen Menschen und ein echtes Leuchtfeuer der Hoffnung für Tausende von Menschen, die hier bereits Zuflucht finden.“ In Ruanda erwarteten die Migranten „Bildungsmöglichkeiten, Sicherheit, ein Zuhause und Zukunftschancen“. Hier sei „eine Zukunft in Wohlstand“ möglich. Wirklich radikale, geradezu dekoloniale Ansichten zu Afrika, während die Gegner Bravermans voller Vorurteile zu sein scheinen.
Der Labour-Opposition warf Braverman „Snobismus“ und „ungerechtfertigte Negativität“ im Umgang mit Ruanda vor und lud die Schatteninnenministerin Yvette Cooper ein, das Land ebenfalls zu besuchen, um „mit eigenen Augen die hochwertigen Dienstleistungen zu sehen, die die Ruander den Menschen, die hierher umgesiedelt werden, anbieten werden“. Zwei Tage blieb Braverman in Ruanda, das von 1885 bis 1918 zu Deutsch-Ostafrika gehörte und danach zur belgischen Kolonie wurde. Insofern könnte auch die Bundesrepublik eine Investition erwägen – vielleicht sogar im Verein mit den britischen Konservativen.
Präsident Kagame versicherte, dass sein Land „immer Kapazitäten haben“ würde, um „mehr Flüchtlinge“ aus Großbritannien aufzunehmen. Vor einiger Zeit hatte es geheißen, dass nur die Übernahme weniger hundert Migranten durch das Abkommen mit Großbritannien umfasst seien. Doch das scheint nicht wahr zu sein, wenn man Kagame glauben mag. Erste Flüge könnten im kommenden Sommer von London nach Kigali führen. Ruanda sei „eindeutig bereit“, Asylbewerber aufzunehmen.
Einzelrichterliche Verfügungen sollen kein Problem mehr sein
Parallel verhandelt die Regierung auch mit dem Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), an dem im letzten Sommer ein einzelner Richter durch eine gerichtliche Verfügung einen Flug nach Ruanda verhindert hatte. Die Gespräche mit Straßburg seien konstruktiv, sagte Braverman, die zuvor eingeräumt hatte, es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die neue britische Migrationsgesetzgebung nicht mit den Urteilen des EGMR zu vereinbaren sei.
In Kigali legte Braverman den Grundstein für eine Wohnsiedlung mit 528 Wohnungen, die das Königreich durch sein 140-Millionen-Pfund-Programm finanziert. Es sollen Wohnungen für Migranten sein. Ein ähnliches Anwesen mit 2.500 Wohnungen besuchte Braverman. Sogar die Innenarchitektur gefiel der Ministerin. Dagegen will Braverman in Großbritannien bald tausende Migranten aus Hotels herausführen. 51.000 Asylbewerber sind derzeit so untergebracht. Diese inakzeptable Praxis müsse ein Ende finden. Laut ihrem neuen Migrationsgesetz, dem „Illegal Migration Bill“, sollen geschlossene Lager an die Stelle der Hotelzimmer treten. Das ist durchaus der strafende Teil des Umgangs mit illegalen Migranten. Sind sie einmal in Ruanda, besteht dazu aus Bravermans Sicht kein Anlass mehr.
Dänemark will Plan nun mit anderen Ländern verwirklichen
Übrigens soll Dänemark die Verhandlungen mit Ruanda derzeit nicht weiterverfolgen. Das sagte Migrationsminister Kaare Dybvad – der Nachfolger von Mattias Tesfaye – der Tageszeitung Altinget laut The Local. Seit die Rechtsliberalen der Regierung beitraten, habe man sich ein anderes Ziel gesetzt: den Aufbau eines Aufnahmezentrums außerhalb Europas „in Zusammenarbeit mit der EU oder anderen Ländern“.
Im Grunde hat man also noch dasselbe Ziel – man hält es nun nur für verwirklichbar mit anderen EU-Ländern: „Es gibt jetzt viele, die auf eine strengere Asylpolitik in Europa drängen.“ Aus der Opposition ruft nur noch Inger Støjberg mit ihren Dänemark-Demokraten nach einer unmittelbaren Verwirklichung des alten Ruanda-Plans. Sie war die Suella Braverman Dänemarks, lange bevor es Braverman auf den vorderen Rängen der britischen Politik gab. Støjberg sagt, sie sei „offen gesagt angewidert“ davon, dass die dänischen Sozialdemokraten so wenig Wort halten, da sie ihren Wählen noch vor den letzten Wahlen die Realisierung des Ruanda-Plans versprochen hatten.
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Was sollen diese Diskussionen über die Zukunft von Migranten?
Es gibt immer eine Zukunft, nur eben anders als in DE oder GB. Sie ist nicht schlechter, nur anders.
Es ist daher völlig OK, Asylanten in ein anderes aufnahmewilliges Land zu bringen. Dort sind sie vor der eigenen Regierung geschützt und versorgt. Es gibt für sie also eine Zukunft.
Ablenkungsgeschwätz vom Feinsten. Die Regierung in GB labbert jetzt seit Jahren über die Beschränkung der Zuwanderung und Abschiebungen. Tatsächlich erreicht die Zuwanderung aber jeden Monat neue Höchststände.
Vielleicht sollten die Briten mal weltweite Anzeigen wegen des rasch fallenden Realeinkommens schalten. Das bewirkt wahrscheinlich deutlich mehr als das ganze Gelabber.
Außerdem werden die Ruander (ein Land das sich nach der Völkermordkatastrophe übrigens erstaunlich gut entwickelt hat) sich bedanken das die Briten jetzt bei ihnen den ganzen Schrott abkippen.
Nachdem sich schon Hutus und Tutsis (trotz in Afrika seltener nationaler Gleichsprachigkeit) die Köpfe einschlugen, und die ruanischen Streitkräfte mit Argusaugen darüber wachen, dass keine Armutsflüchtlinge aus dem Kongo das Land überschwemmen, bin ich mir nicht sicher, ob das nichts weiter ist als eine Presseente und Propaganda.Ich glaube kaum, dass sich die Ruander einen Männerüberschuss aus Uganda oder Malawi ins Land holen wollen. Klar ist aber, dass die Briten versuchen, den schwarzen Peter an die Afrikaner abzuschieben. Denn Migranten wollen in Afrika nicht in ein anderes afrikanisches Land – sie wollen nach Europa. Alle. Die Briten wollen aber nicht diese… Mehr
Braverman macht einen wunderbaren Job. Asyl bedeutet temporären Schutz vor Verfolgung. Asyl bedeutet nicht(!) Migration in das jeweils gewünschte Land zum Zwecke des dauerhaften Niederlassens. Wenn in Ruanda der Schutz genauso gewährleistet ist wie in Großbritannien, dann stellt sich mir die Frage, warum Braverman immer wieder so viel Gegenwind bekommt. Und da drängt sich schon der Verdacht auf, dass die Befürworter der Asylantenaufnahme in Großbritannien ein falsches Spiel treiben und sich darüber genau bewusst sind, dass es sich eben nicht(!) um Asylanten, sondern um Migranten handelt, die zum Zwecke der Übernahme Großbritanniens dort einwandern und so die dortigen Mehrheitsverhältnisse ändern… Mehr
Da erdreistet sich eine leibhaftige britische Ministerin (!) nach einer Dienstreise in Ruanda Zukunftschancen für Migranten zu sehen. Die grün-rote woke Gesellschaft drüben wie insbesondere auch hier zerreißt es förmlich. Allein der Begriff „Afrika“ ist ja schon Synonym für die Unmöglichkeit dorthin abzuschieben, allein wegen der latenten Gefahr dort evtl. in bescheideneren Verhältnissen oder gar in Armut leben zu müssen, …zumal wenn sich schon deutsche Gerichte weigern in das EU-Land Griechenland (!) abzuschieben, weil dort die Verarmung droht und nicht die gleichen angenehmen sozialen Verhältnisse herrschen wie hier in Deutschland. Nach dieser Rechtsprechung können wir als reiches Deutschland eigentlich in… Mehr
Die jetzige Migrationspraxis hat nichts mit unserem im Grundgesetz festgelegten recht auf Asyl gemeinsam.
Es kann nicht sein, das sich unser Land für jeden verantwortlich sieht, der es über die Grenze geschafft hat.
Ob jemand seine wahre Identität offenbart oder in seiner Heimat tatsächlich verfolgt wird, kann bei dieser Anzahl von Migranten unmöglich überprüft werden.
Diesen Zustand muss die Politik beenden, wenn ein Zerfall dieses Landes und ein abdriften in die Radikalität verhindert werden soll.
„In Ruanda gibt es Zukunftschancen für Migranten“
wieso soll es Aufgabe der Europäer sein, Zukunftschancen für afrikanische Migranten zu suchen und finden?
Diese WIR sehen das auch immer nur von der wirtschaftlichen seite. Was nutzt es einem ruander wenn er „hier“ gerade so viel geld bekommt um hier gerade so über die runden zu kommen wenn er gleichzeitig kulturell absolut unglücklich ist und oder rassismus erleben muss.
Sorry, aber wenn ich ihre Vita lese, hat sie sich eigentlich darauf zurück zu besinnen, dass sie momentan ganz offensichtlich äusserst gut aufgehoben ist. Ich benötige allerdings auch im fernen England keine Menschen, die mir erklären wollen, dass Menschen aus Goa, oder Kenia (Herkunftsländer ihrer Eltern!) ausgerechnet mir etwas über Migrationspolitik a la „da frag mal die Maus“ erzählen wollen. Ganz offensichtlich merkt Frau Braverman also nur, dass ihr Nachname sie vor nichts schützt. Und es ist dabei übrigens völlig unerheblich, dass sie „Politikerin“ ist. Jeder kann und jeder darf also mal. Was hat diese Frau ergo davon abgehalten, es… Mehr
Es sollte von vorneherein gar keine Rolle spielen, wo die Migranten Zukunftschancen haben oder nicht. Solange es das tut, wird es immer eine Rechtfertigung für Migranten geben nach Europa zu kommen. Wegen der Zukunftschancen, zum Beispiel im deutschen Sozialsystem.