Baerbock in China: Außenministerin ohne Gesprächspartner

Eigentlich wollte Annalena Baerbock noch einmal so recht repräsentieren. Denn in Deutschland ist Wahlkampf und da machen sich Bilder mit ausländischen Potentaten immer gut. Doch der chinesische Außenbeauftragte spielte da nicht mit.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Andy Wong

Außenministerin Baerbock reist nach Peking und spricht mit ihrem Amtskollegen. Das klingt erst mal sehr gut. Aber dieser Außenminister ist eben nicht ihr wirklicher Amtskollege. Denn in Peking ticken die Uhren anders. Dort hat eigentlich nur der Leiter der Internationalen Abteilung der KP Chinas etwas zu sagen, und der heißt Liu Jianchao. Der offizielle Außenminister Wang Yi ist nicht viel mehr als dessen Aushängeschild, fast nur ein Grüß-August für ausländische Politiker, die sich wichtig fühlen wollen, es aber nicht sind.

Dazu gehört auch Baerbock, seit sie vor anderthalb Jahren mit Wangs Vorgänger aneckte und ihm vor versammelter Presse den chinesischen Umgang mit den muslimischen Uiguren sowie einen möglichen Krieg mit Taiwan – nicht einmal ganz ungeschickt – um die Ohren schlang. Der damalige „Außenminister“ Qin Gang verwahrte sich schließlich gegen Baerbocks „herablassende“ Bemerkungen und forderte einen Dialog auf Augenhöhe. Baerbock hatte listig darauf hingewiesen, dass 50 Prozent des Welthandels durch die Nahtstelle zwischen Indischem Ozean und Pazifik laufen – das müsste doch ein Eigeninteresse an dem Konflikt begründen. Die chinesische Antwort war ein klares „Nein“.

— Hartes Geld (@Hartes_Geld) April 14, 2023

Auch ihr neuestes Anecken in Peking hat die deutsch-grüne Außenministerin gut vorbereitet. Im November drohte Baerbock der Volksrepublik mit Konsequenzen wegen möglicher Drohnenlieferungen an Russland. Die „chinesische Drohnenhilfe“ müsse aufhören. Dabei bleibt der Vorwurf vorerst ein Gerücht. Peking bestreitet, jemals tödliche Waffen für den russischen Krieg in der Ukraine geliefert zu haben. Was also tun? Vielleicht wäre das Erste, sich nicht in die international ausgelegten Nesseln zu setzen. Aber das liegt der tapsigen Baerbock fern, der die vor sich her getragene Moral das Ein und Alles ist.

Daneben wollte Baerbock den Chinesen die nordkoreanische Militärhilfe an Russland ausreden, von der ebenfalls allgemein geraunt wird. „Drohnen aus chinesischen Fabriken und nordkoreanische Truppen, die den Frieden mitten in Europa angreifen, verletzen unsere europäischen Kern-Sicherheitsinteressen“, raunte Baerbock in Peking. China verletze seine Pflichten als Mitglied im UNO-Sicherheitsrat, wo es als Garant des Friedens und der Sicherheit sitze. Das bleibt mindestens eine einseitige Sicht der Dinge.

Kein Decoupling, niemals – aber ein bisschen Sanktionen

Daneben kritisierte Baerbock die vom chinesischen Staat subventionierte Überproduktion in der E-Automobil-Industrie. Das wollen Deutschland und die EU angeblich „auf Dauer“ nicht akzeptieren, meinte Baerbock. Es hatte wohl auch VW den Rest gegeben. Aber sie will noch immer keine Konfrontation, sondern Kooperation mit China. Nur keinen Handelsstreit, und wenn die eigenen Interessen noch so sehr berührt sind. Kein Decoupling, niemals. Derweil bereitet die EU das 15. Sanktionspaket gegen Russland vor. Dabei könnten auch chinesische Unternehmen in den Blick geraten, die an der Herstellung von Drohnen beteiligt sind.

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Aus Sicht der Tagesschau formuliert Baerbock in Peking „wichtige“ und „ehrenwerte Appelle“ und hat allerdings so einige Schwierigkeiten „mit dem chinesischen Stil“. Während sich die ARD-Korrespondentin im „festlichen Rot“ des Mao-Porträts verliert, ist Baerbock enttäuscht, weil sie den chinesischen De-facto-Außenminister Liu Jianchao, Außenbeauftragter der KP, nur hinter verschlossenen Türen treffen durfte. Eine gemeinsame Pressekonferenz verweigerte der Partei-Grande. Also trat Baerbock mit großer Verve allein vor die Kameras und hielt eine flammende Rede – die aber in Peking niemanden interessierte. Denn die Grüne gilt einesteils als abgewählt, andererseits nach den vorangegangenen Erfahrungen nicht als besonders gut verdaulich.

Wiederum sprach Baerbock die chinesischen Militärübungen vor Taiwan und das „aggressive provozierende Verhalten im südchinesischen Meer“ an, womit wohl nur China gemeint sein konnte. „Eigentlich“ hätte man aber doch „ähnliche Interessen“ und eine „intensivere wirtschaftliche Verflechtung“ im beiderseitigen Interesse. Das klappe aber nur, wenn sich jeder an die Regeln hält. „Von Peking über Passau bis Porto“ sehnen sich „die Menschen“ angeblich nach Wirtschaftskontakten mit China. Baerbock weiß, wem sie sich verpflichtet fühlt. Nur „Fehler bei der Globalisierung“ dürfe man eben nicht zweimal machen.

Die Außenministerin spricht inzwischen selbst wie eine öffentlich-rechtliche Korrespondentin, in diesem gestelzten Singsang mit den abrupten, absurden Sprechpausen und Betonungen. Das muss sie irgendwo gelernt haben, ministrabel klingt es aber trotzdem nicht. Und wenn sie von ihrem eigenen Redefluss ermüdet wird, verfällt Baerbock wieder in eine Abart ihrer Pattenser Mundart, die dann doch von der neuen Maske abweicht. Das ist dann das müde Gesicht von drei Jahren Regierungsverantwortung. Es war eigentlich genug, nach all den Skandalen und Fehlleistungen.

Derweil schaut Habeck in Kenia den Bäumen zu

Ein PR-Professor sprach in der Bild von „Ausflügen ins Ausland“, die auch Scholz (Kiew) und Habeck (Kenia) derzeit absolvieren, wobei sie aber recht nutzlos bleiben. Für den PR-Experten Klaus Kocks sind diese Ausflüge der (noch) Mächtigen „Feigheit vor dem Parlament und Flucht vor dem eigenen Volk“. Habeck beobachtet etwa die afrikanischen Bäume, die im ansteigenden Wasser des Naivasha-Sees absterben. Ach ja, im Süßwasser ertrinkende Bäume, das muss dieser Klimawandel sein.

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