Aserbaidschan heizt mit „Umweltaktivisten“ den Konflikt mit Armenien an

Seit zwei Wochen blockieren vermeintliche „Umweltaktivisten“ Aserbaidschans die Versorgungswege und haben rund 120.000 Menschen von Lebensmitteln und Medikamenten isoliert. Hintergrund ist der anhaltende Konflikt mit Armenien.

IMAGO / ITAR-TASS
Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan.

Seit dem 12. Dezember blockieren aserbaidschanische „Umweltaktivisten“ den Latschin-Korridor zwischen Armenien und der Region Berg-Karabach. Es ist der einzige Versorgungsweg zwischen Armenien und der abtrünnigen aserbaidschanischen Provinz, die mehrheitlich von Armeniern besiedelt wird. Rund 120.000 Menschen gelten als isoliert und haben keinen Zugang zu Lebensmitteln und Medikamenten. Die Blockade gilt als neue Eskalation im Konflikt zwischen der christlichen Demokratie und dem autoritär geführten muslimischen Nachbarland.

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Der Augsburger Bischof Bertram Meier warnte vor einer „humanitären Katastrophe“ in Berg-Karabach. Das sagte er am Donnerstag der Katholischen Nachrichten Agentur (KNA). „Mit der Abriegelung des Gebiets um Berg-Karabach heizt Aserbaidschan den Konflikt weiter an“, erklärte der Bischof. Es brauche einen „kraftvollen diplomatischen Einsatz für eine rasche Beendigung der Blockade“. Die EU dürfe „nicht nur in Sonntagsreden die Verbundenheit mit Armenien ausdrücken“. Sie müsse jetzt aktiv werden, um der Bevölkerung in Berg-Karabach zu helfen. Meier steht der Deutschen Bischofskonferenz der Kommission Weltkirche vor.

Der Bischof der armenisch-apostolischen Kirche in Deutschland, Serovpe Isakhanyan, kritisierte gegenüber der KNA die Haltung des Westens. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass trotz der Blockade „die EU unter der aktiven Mitwirkung von EU-Kommissionspräsidentin Frau von der Leyen neue Verträge mit Aserbaidschan schließt, um von dort ‚Öko-Strom‘ zu beziehen, angeblich um unabhängiger von russischen Energielieferungen zu werden“. Zudem sei es offensichtlich, „dass Aserbaidschan alles unternimmt, der indigenen Bevölkerung von Berg-Karabach das Leben in ihrem eigenen Land unmöglich zu machen und sie zu vertreiben“. Statt Aserbaidschan zu unterstützen, sollte die EU mit Sanktionen drohen, falls die Blockade nicht umgehend beendet würde.

Baerbock ist merkwürdig still
Das peinliche Herumlavieren der Bundesregierung zum Armenien-Konflikt
Seit dem letzten bewaffneten Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien im Jahr 2020 sollen russische Truppen vor Ort den Waffenstillstand gewährleisten. Dennoch hat es immer wieder Zusammenstöße gegeben. Ende September hatte Aserbaidschan armenisches Kernland angegriffen, nach Medienberichten wurden dabei mehr als zweihundert Armenier getötet. Die deutsche Bundesregierung hatte die Eskalation zuerst nicht kommentiert und keinen Aggressor ausmachen wollen, Außenministerin Annalena Baerbock hüllte sich – anders als bei anderen Menschenrechtsverletzungen – in Schweigen.

Das Beobachtermandat der EU für die armenisch-aserbaidschanische Grenzregion soll nicht verlängert werden. Die kleine Demokratie Armenien könnte dann nur noch auf die Schutzmacht Russland hoffen, die durch den Ukraine-Krieg gebunden ist. Die Untätigkeit russischer Truppen, die aufgrund der außenpolitischen Gegebenheiten – Aserbaidschan ist mit der Türkei verbündet – wohl keinen größeren Konflikt suchen dürften, sind für Armenien ein Hinweis darauf, dass es in dem schwelenden Konflikt auf verlorenem Posten steht. Offiziell sind Armenien und Russland über die Mitgliedschaft in der CSTO miteinander in einem Defensivbündnis.

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Kommentare ( 11 )

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bfwied
1 Jahr her

Ach Gott, diese Feminismus-Kämpferinnen, wozu auch die Merkelfreundin gehört. Sie versuchen die Welt als Familie zu sehen, in der ein paar Kinder aus der Reihe tanzen und die Mutter mit strenger Hand alle zusammenzuhalten versucht. Aber das ist nicht auf Völker anzuwenden, denn die bilden keine Völkerfamilie! Hier gibt es harte Interessen, die je nach Wichtigkeit gnadenlos verfolgt werden. Aber eine Baerbock, eine von der Leyen, …!

Marc Greiner
1 Jahr her

Der russische Krieg hat eben weitreichende Konsequenzen.
Aserbaidschan versucht im Windschatten des Krieges sein Territorium zu vergrössern.
Serbien versucht im Windschatten des Krieges sein Territorium zu vergrössern.
Hoffen wir, dass nicht auch China dieselbe Idee hat.
Genau deshalb muss russland besiegt und verurteilt werden. Endlich Offensivwaffen liefern und nicht halbe Sachen machen.

Babylon
1 Jahr her
Antworten an  Marc Greiner

Die geopolitisch bedingten Spannungen im postsowjetischen,postsozialistischen Raum, konnten seit dem Ende der Sowjetunion nicht abschließend für alle Seiten befriedigend gelöst werden. Deshalb sehen wir mit einer bestimmten temporären Verzögerung jetzt eine Situation, wo wieder kriegerische Aktivitäten an der Tagesordung sind. Russland/Ukraine, Armenien/Asebaischan und in Exjougoslawien Serbien/Kosovo. Diese kriegerischen Aktivitäten (Krieg als Fortsetzung von Poltik mit anderen Mitteln, Clausewitz) sind eine Art von Lückenphänomen, da anders als nach der militärischen Niederlage Frankreichs nach der Epoche Napoleons nicht ein „Wiener Kongress“ alle strittigen territorialen Fragen final einer Lösung zuführen konnten. Ob China die entstandene Situation jetzt nutzt, um sich Taiwan einzuverleiben, bleibt… Mehr

Marc Greiner
1 Jahr her
Antworten an  Babylon

Ausser in Taiwan hat überall russland die Finger im Spiel. Die sind nicht zufrieden zu stellen. D.h. die brauchen eine komplette Niederlage, anders begreifen sie es nicht.
Das Problem ist, dass nach dem WWII die russen für den mitverantworteten Krieg nicht zur Rechenschaft gezogen wurden (Hitler-Stalin-Pakt). Die Faschisten denken bis heute sie seien Antifaschisten. Es bräuchte eine geschichtliche Aufarbeitung wie in Deutschland. (Aber nicht wie heute in D sondern so wie bis in die 1990er hinein)

Mocha
1 Jahr her

120.000 Menschen können wir doch locker aufnehmen und versorgen. Baerbock übernehmen Sie.

Karl Schmidt
1 Jahr her

Man kann mit „Umweltaktivisten“ Bürgerkriege oder nun auch Außenkriege führen. Es ist der nächste logische Schritt in einer Eskalationsspirale, die erst dadurch möglich wird, dass Gewalt – je nach Zielrichtung – als unterschiedlich akzeptabel bewertet wird. „Aktivisten“ sind so – da der Konsens aufgelöst ist und in jedem Einzelfall ausgehandelt werden muss (oder von einer Mehrheit der politisch Wirksamen bestimmt wird), was zu dulden ist und was nicht – generell sehr praktisch für die Träger der Macht: Sie sind universell einsetzbar (zukünftig: einsitzbar) und kommen als Teil der „Zivilgesellschaft“ nur mit dem eigenen Körper (und Kleber) als Waffe daher. Das… Mehr

EinBuerger
1 Jahr her

Nur zur Info: Allen „Gegen Russland müssen wir siegen“-Enthusiasten:
Sollte Russland besiegt werden, werden Aserbaidschan und die Türkei Armenien unter sich aufteilen. Die EU kann und wird nichts dagegen tun.
Die einzigen, die etwas dagegen tun könnten, sind die USA. Und bei denen ist mir unklar, wie sie reagieren.
Als weitere Info: Die andere Macht, die eher Armenien unterstützt, damit Türkei und Aserbaidschan nicht so stark werden, ist der böse Bube Iran.
Ich sage das allen, die gerne das kindliche Trottelspiel Gut-gegen-Böse spielen. Es gibt kein gut gegen böse, es gibt nur strategische Interessen und taktische Bündnisse.

Exilant99
1 Jahr her
Antworten an  EinBuerger

Die Amis werden gar nichts tun. Die Türkei ist NATO Land und ist schon in Syrien einmarschiert und hat sein Territorium vergrößert. Dazu schweigen selbst die Waffennarren der Grünen.

A.G.
1 Jahr her

Was ich mir gewünscht hätte bei diesem Bericht wären die Hintergründe dieser sog. „Klima-Aktivisten“ zu erhalten. woher kommen sie, wer bezahlt sie? Interessant auch das Bild welches in der Frankfurter Alggemeine (FAZ) dazu abgedruckt wurde: die sog.Aktivisten halten engl. sprachige Transparente hoch….war mir gar nicht bewusst dass die Amtssprache in Aserbaidschan english ist?

89-erlebt
1 Jahr her

Und siehe da, die rot Grünen Binden Heuchler sitzen in der selbst gestellten Falle. Gasabhängigkeit von einem Diktator, der Krieg führt, Christen verfolgt und die Nachbarn verhungern lässt. AnnaLenas neuer Putin darf nicht als solcher benannt werden, die Armenier werden der grünen Unfähigkeit und Verlogenheit geopfert.

Schwabenwilli
1 Jahr her

Es ist den aktuellen deutschen Regierunspolitikern noch nie gut bekommen sich mit Moslems für Geschäfte oder sonstiges zusammen zu tun, das endete immer in einer Katastrophe, siehe Wk I und WK II.