Hamas-Angriff auf Israel – Israel erklärt Kriegszustand

Am frühen Samstagmorgen durchbrachen Kämpfer der Hamas in Geländewagen die Grenze zwischen Gazastreifen und Israel. Es ist der größte und schwerste Angriff seit Jahren mit tausenden Luftschlägen. Viele Israelis werden in ihren Häusern als Geiseln festgehalten, werden verschleppt, getötet. Die Armee reagiert mit Luftschlägen und Gegenoffensiven

IMAGO

Seit dem frühen Samstagmorgen (6.30 Uhr Ortszeit) steht Israel unter massivem Beschuss durch Raketen aus dem Gazastreifen. Seit 8.15 Uhr hörte man vielerorts Sirenen in Israel, bis nach Jerusalem. Um 10.15 Uhr waren wieder Sirenen zu hören. Die Armee rief die Bürger auf, in ihren Häusern oder geschützten Bereichen zu bleiben. Derzeit feiern Juden in aller Welt das Fest Simchat Tora (Freude der Tora). Zugleich überschritt die Hamas die Grenze des Gaza-Streifens mit dutzenden Bewaffneten, um mehrere israelische Städte und Gemeinden anzugreifen, wobei unklar blieb, wie das angesichts der strenge bewachten Grenze gelingen konnte. Ein X-Video zeigt angeblich, wie die Kämpfer massenweise in Geländewagen über die Grenze fahren. Zuvor hätten Bulldozer die Grenzzäune zerstört.

In mehreren Städten in der Nähe des Gazastreifens kam es zu Feuergefechten zwischen palästinensischen Angreifern und israelischen Verteidigern. In Sderot eröffneten Bewaffnete das Feuer auf Passanten. In der Nähe des Kibbutz Urim wurden Menschen bei einer Party im Freien von den Kämpfern überrascht und flohen. Auch auf der palästinensischen Seite verließen die Bewohner ihre Siedlungen, um sich von der Grenze zu entfernen.

— Dmitri (@wartranslated) October 7, 2023

Laut den israelischen Behörden befanden sich (mindestens zeitweise) drei Siedlungen nahe dem Gazastreifen unter der Kontrolle der Hamas. Wie Haaretz berichtet, haben sich 60 Terroristen an 14 Orten festgesetzt. Palästinensische Quellen teilten mit, die Hamas habe 35 Israelis gefangengenommen und einen israelischen Panzer erobert (dazu kein Kommentar der israelischen Armee laut AFP). Hamas-Bilder zeigen einen brennenden Panzer.

Israel sprach zunächst von Terroristen, die das Staatsgebiet infiltriert haben. Die israelische Armee erklärte den Kriegszustand und reagierte mit Luftschlägen auf den Gazastreifen. Man sei im „Kriegsmodus“. Die Hamas werde „die Konsequenzen und die Verantwortung für diese Ereignisse“ zu tragen haben. Verteidigungsminister Yoav Gallant sprach von einem „schweren Fehler“ der Hamas, israelische Truppen kämpften an allen Fronten. Premierminister Benjamin Netanjahu sagte: „Wir sind im Krieg und wir werden gewinnen.“ Zunächst werde man die Siedlungen von den infiltrierten Terroristen befreien. „Der Feind wird einen Preis zahlen wie noch nie gesehen.“

Militärchef der Hamas: Die Besatzer vertreiben, Mauern zerstören

Der Chef des Al-Qassam-Brigaden, des militärischem Arms der islamistischen Hamas, Muhammad Deif, hatte am Morgen über soziale Medien zu einem Angriff mit allen Kräften auf Israel aufgerufen. Man müsse „die Besatzer vertreiben und die Mauern zerstören“, so Deif, man habe den Feind gewarnt, nachdem er die Al-Aqsa-Moschee angegriffen und entweiht habe. Das dürfte eine Anspielung auf Ereignisse zwischen den jüdischen Festen Rosch ha-Schana und Jom Kippur (15. bis 25. September) sein. Deif rief die Operation „Al-Aqsa-Flut“ aus.

Arabische Medien sprechen von einer Antwort auf verschiedene israelische Angriffe auf die besetzten Gebiete und wiederholte „Stürmungen“ der Al-Aqsa-Moschee (auf dem Tempelberg) durch israelische Extremisten. Zudem hätten mehr als 200 Palästinenser durch Kämpfe in diesem Jahr ihr Leben verloren. Daneben war es immer wieder zu gewaltsamen Aktionen an der Grenze zwischen Gaza und Israel gekommen, bei denen auch Sprengsätze gegen Soldaten zum Einsatz kamen. Die israelische Armee griff aufgrund der Vorfälle mehrmals mit der Luftwaffe ein.

An den jetzigen Kämpfen ist neben der islamistischen Hamas auch die Miliz Islamischer Dschihad beteiligt. Deif behauptete, schon in den ersten 20 Minuten der „Militäroperation“ seien mehr als 5.000 Raketen auf israelische Siedlungen abgefeuert worden. Andere sprechen von hunderten Raketenangriffen. Israel beziffert die Zahl gegen Mittag mit 2.500 – jedenfalls sind es mehr als ein einige „dutzende“, wie der Spiegel in einer unglaublichen Entgleisung schreibt.

Bürgermeister in Grenzregion getötet

In Beersheba wurden 140 verletzte Israelis ins Krankenhaus eingeliefert, 20 von ihnen in kritischem Zustand. Laut dem Roten Schild Davids (Magen David Adom) wurde eine etwa 60-jährige Frau bei Gedera von einer Rakete getroffen und getötet. Mindestens 22 Personen sollen inzwischen bei dem Angriff ums Leben gekommen und hunderte verletzt worden sein. Der Rettungsdienst rief zu Blutspenden wegen des Mangels an Blutkonserven auf. In Tel Aviv wurde ein Wohngebäude getroffen.

Der Bürgermeister von Scha’ar HaNegev, Ofir Liebstein, wurde laut der Jerusalem Post in einem Schusswechsel mit Terroristen getötet. Die Kommune mit gut 9.000 Einwohnern grenzt direkt an den Gaza-Streifen. Liebstein hatte sich an der Verteidigung seiner Region beteiligt. Vor zwei Tagen hatte Liebstein eine Gruppe von Christen empfangen und die Situation der Gemeinde geschildert.

Aufruf an Araber und Muslime zum Marsch auf Israel

Die Hamas rief auch die „Widerstandskämpfer in der West Bank“, in Jerusalem und Nordisrael sowie anderen arabischen und islamischen Nationen – wie dem Libanon, Irak und Syrien – über die Plattform Telegram auf, sich dem Kampf anzuschließen. Sie sollten ihren Widerstand mit dem des palästinensischen Volkes vereinen und „sofort den Marsch nach Palästina beginnen“. In Jerusalem rufen anscheinend die Moscheen die Gläubigen über Lautsprecher zum Kampf gegen Israel auf.

Am 6. Oktober 1973 – also vor genau 50 Jahren – begann der Jom-Kippur-Krieg, der mit einem Überraschungsangriff Ägyptens und Syriens begann. Auch dieses Mal kam die Invasion der Hamas-Kämpfer überraschend, nur so konnten die israelischen Grenzanlagen überwunden werden. Die internationale Politik hat die Palästinenser aufgefordert, der Gewalt eine Ende zu machen, darunter die Führungen von Ägypten und Saudi-Arabien, Josep Borrell für die EU und das Vereinigte Königreich. Außenministerin Annalena Baerbock sprach vom „verbrieften Recht (Israels), sich gegen Terror zu verteidigen“. Wie das für die Bundesregierung und EU-Repräsentanten dazu passen möchte, das Terror-Regime weiter und weiter mit hunderten Millionen Euro zu unterstützen, wird nicht beantwortet.

Laut Meldungen und Bildern auf der Plattform X wurden zahlreiche Israelis als Geiseln genommen, teils in ihren Häusern, teils wurden sie verschleppt, darunter angeblich auch Soldaten, wie die Tageszeitung Haaretz berichtet.

Ein Video zeigt, wie der entblößte Leichnam einer Frau – angeblich einer israelischen Soldatin – unter Allahu-Akba-Rufen mit Füßen getreten und bespuckt wird.

Feiernde „Flüchtlinge“ und Glaubensbrüder

In einem Flüchtlingszentrum auf der griechischen Insel Samos wurden derweil Allahu-Akbar-Chöre mit Verweis auf den Gazastreifen angestimmt. Ähnliche Bilder und Töne kommen aus dem Sultanat Oman.

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