US-Präsident Biden gab vergangenen Freitag die Einrichtung einer Präsidenten-Kommission bekannt, die sich mit einer möglichen “Reform” des Obersten Gerichts der USA befassen soll. In Washington weiß jeder, was mit “Reform” gemeint ist: „Courtpacking“ (zu deutsch in etwa “das Gericht vollstopfen”). Die Idee dahinter ist, die Zusammensetzung des höchsten US-Gerichts zu verändern. Und zwar nicht, indem man nur Richter für freigewordene Plätze ernennt, so wie es die letzen hundert Jahre üblich war, sondern indem man neue Richterposten hinzufügt, die dann mit genehmen Personen besetzt werden können.
Das wäre ein historischer Bruch mit allen Konventionen. Seit der Zeit des Bürgerkriegs im 19. Jahrhundert blieb der Supreme Court auf neun Richter beschränkt. Im Endeffekt könnte man das Gericht so lange aufblähen, bis es eine gewünschte linke Mehrheit gibt. So zumindest der Plan linker Aktivisten, die vor allem wütend sind über die Richterbesetzungen durch Bidens Vorgänger Trump.
Eine breite Koalition linker Gruppen unterstütze Biden letztes Jahr bei der Präsidentschaftswahl. Der wollte sich nämlich vor der Wahl nicht festlegen, ob er Courtpacking ablehnt (TE berichtete). Gruppen wie “Demand Justice” fordern das jetzt von ihm ein. Nach deren Plan soll er 4 neue Richtersitze hinzufügen – damit könnte Biden eine 7 zu 6 Mehrheit linker Richter durchsetzen. Dazu müsste aber der Kongress eine Gesetzesänderung billigen, die die Anzahl der Richter erhöht. Nach dem Sieg in den Senatswahlen im US-Bundesstaat Georgia Anfang dieses Jahres haben die Demokraten eine hauchdünne Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. Ob die allerdings für so einen radikalen Vorschlag reicht, ist eine andere Frage, gerade der moderate demokratische Senator Joe Manchin aus dem tiefroten West Virginia (Trump holte den Staat mit fast 40 Prozentpunkten Vorsprung bei der letzten Wahl) könnte dem im Weg stehen.
Kein Platz mehr für alte weiße Richter?
Das fürchten linke Aktivisten nun und fordern daher strategische Rücktritte linker Richter damit die Platz machen für jüngere, auch identitätspolitisch passablere Richter. Sie wollen die zwei Jahre nutzen, in der ihre Partei noch auf jeden Fall Senat und Präsidentenamt kontrolliert. Gruppen wie “Demand Justice” werden dabei zunehmend dreister:
Rund um das Gerichtsgebäude des Supreme Court in Washington lassen sie Plakatwägen herumfahren, die direkt an den ältesten Richter Stephen Breyer gerichtet sind: “Breyer geh in den Ruhestand! Es ist Zeit für eine schwarze Frau als Supreme Court Richterin. Es gibt keine Zeit zu verlieren!”, heißt es da völlig unverblümt. Ob der von Präsident Bill Clinton in den 90ern ernannte “alte, weiße Mann” seinen Parteifreunden den Gefallen tut, bleibt fraglich. „Biden lässt Breyer entscheiden, wann er in den Ruhestand geht“, das titelte die Nachrichtenseite The Hill jüngst, ganz so als hätte Biden da irgendwie mitzureden. Natürlich ging es um die Hoffnung einiger Linker, der Präsident würde vielleicht selbst intervenieren und sogar persönlich Druck auf den älteren Richter ausüben. Bisher bleibt Richter Breyer von all dem allerdings unbeeindruckt und macht keine Anstalten aufzuhören, wie es sich viele Linke wünschen.
Im Oktober soll dann Bidens Kommission zur “Reform” des Gerichts ein Ergebnis liefern, dann wird man sehen, ob er den radikalen Schritt zum parteipolitischen Aufblähen des Gerichts unternimmt. Das ist aber nicht der einzige Plan der Demokraten, der das politische System in den USA umkrempeln würde – und vor allem nicht der einzige Weg. Eines der Vorhaben, ein langer Wunsch der Demokraten, den Biden nun ausdrücklich unterstützt, ist es, den links dominierten Hauptstadtdistrikt Washington D.C. als Bundesstaat aufzunehmen. Damit würden automatisch 2 linke Senatoren im Senat dazukommen, für radikale Vorhaben wäre man dann auf den moderaten Senator Manchin nicht angewiesen und würde gleichzeitig die Balance der Kammern auf Dauer nach links verschieben.