Papst Franziskus zum Anti-Missbrauchsgipfel: Kritiker der Kirche sind „Freunde des Teufels“

Vier Tage lang soll er dauern, der Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan. Dabei bräuchte es keine fünf Minuten, Klartext zu reden, wenn die Kirche endlich feststellt, dass uneingeschränkt jeder Verdachtsfall den weltlichen Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaften zu übergeben ist.

VINCENZO PINTO/AFP/Getty Images

Wenn eine kriminelle Tat nicht vor ein weltliches Gericht kommt, sondern vertuscht oder allenfalls im Geheimen als Sünde geahndet wird, dann sind wir da angelangt, wo die Katholische Kirche Priester schützt. Priester, die über Jahrzehnte hinweg minderjährige Schutzbefohlene sexuell missbraucht haben. Und anstatt dass die Kirche nun die Verbrecher in ihren Reihen den weltlichen Gerichtsbarkeiten übergeben hätte, wurden diese einfach an einem anderen Ort wieder auf weitere Kinder losgelassen, fast so, als wären die Kinder schuld und nicht etwa ihre Schänder.

Die obszöne Kriminalgeschichte des Christentums ist hinlänglich bekannt. Wie traditionell also ist die Kirche heute noch? Gerade berichtet der Spiegel, Papst Franziskus hätte Kritiker der Kirche als „Freunde des Teufels“ bezeichnet. Mittelalter reloaded. Und der Papst sagt das ausgerechnet und absichtsvoll in jenem Moment, wo er zum Krisengipfel im Vatikan geladen hat, wo knapp zweihundert Teilnehmer über den Missbrauchsskandal sprechen und über den Schutz von Minderjährigen in der Katholischen Kirche beraten sollen. Braucht es über die Ausrichtung dieses Gipfels durch den Papst eigentlich noch mehr Informationen?

In den Vatikan eingeladen wurden die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen weltweit sowie die Spitzen der katholischen Ostkirchen und Ordensgemeinschaften. Ein Thema soll sein zu besprechen, wie Bischöfe und Kardinäle, die Kinder missbrauchen zur Verantwortung gezogen werden. Aber was gibt es da zu besprechen, wenn diese Verbrecher bis in die Gegenwart hinein unter dem Schutz der Kirche weiter schwerkriminell tätig werden konnten? Die viel wichtigere zu beschließende Maßnahme muss hier doch sein, in Zukunft auch ihre Helfershelfer innerhalb der Kurie den weltlichen Ermittlungsbehörden und Gerichtsbarkeiten zu übergeben und sie entlang der Urteile dieser Gerichte öffentlich und sämtlichst ihrer Ämter und Pensionen zu entheben.

Stattdessen hat der Papst gerade ein Bauernopfer präsentiert, als er mit Theodore McCarrick den ehemaligen Erzbischof von Washington, einen greisen 88-Jährigen aus dem Klerikerstand entlassen hat und damit allen Ernstes ein Exempel statuieren wollte. Der Vatikan sehe es als erwiesen an, das McCarrick gegenüber Minderjährigen sexuelles Fehlverhalten an den Tag gelegt hätte. Aber wie viele Jahrzehnte lang wussten wie viele Kirchenleute davon und haben McCarrick gedeckt, sodass er immer weiter unendliches Leid an den Unschuldigsten der Gesellschaft verbreiten konnte, an den Kindern?

Das ZDF erzählt dazu gerade, dass zunehmend die systemischen Ursachen für Missbrauch in der Katholischen Kirche im Zentrum der Diskussionen ständen. Allerdings sei der „Ernst der Lage“ an vielen Stellen (Bischofskonferenzen und kirchlichen Institutionen) noch nicht erkannt worden.

Vier Tage lang soll er dauern, der Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan. Dabei bräuchte es keine fünf Minuten, Klartext zu reden, wenn die Kirche endlich feststellt, dass uneingeschränkt jeder Verdachtsfall den weltlichen Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaften zu übergeben und der Beschuldigte so lange in Absprache mit den ermittelnden Behörden von allen kirchlichen Ämtern zu suspendieren und von Kindern fernzuhalten ist, bis Schuld oder Unschuld hinreichend ausverhandelt sind.

Wenn zum Anti-Missbrauchsgipfel die Geschäftsführerin eines US-Netzwerks von Missbrauchsopfern (SNAP) auf einer Pressekonferenz sagt: „Der Papst hat die Macht, heute etwas zu ändern. Er hat entschieden – entschieden, nicht zu handeln.“, dann beschreibt das die Situation der Gegenwart. Über die Jahrhunderte alte Kriminalgeschichte der Kirche ist damit noch nichts gesagt. Nichts darüber, wie viele Generationen von Kindern missbraucht wurden, seelisch verkrüppelt von Generationen von Männern der Kirche, die keine Skrupel kannten, die gedeckt wurden von ihrer Kirche wie Banditen von einer kriminellen Organisation, von einer Kirche, der es um Macht über Menschen ging und nicht um deren Seelenheil.

Der Papst nennt Kritiker der Kirche – präziseren wir es: Kritiker sexuellen Missbrauchs durch die Kirche! „Freunde des Teufels“, aber wie teuflisch ist das eigentlich?

Einer der fleißigsten „Freunde“ war der Schriftsteller, Religions- und Kirchenkritiker Karlheinz Deschner, er hat Jahrzehnte lang am eigenen Leibe erfahren, welchen Schmutz die Kirche bereit ist, über ihre Kritiker auszuschütten, wenn es nur dazu dient, diese zu diffamieren, zu diskreditieren und ihnen übel nachzureden. Aber Deschner blieb standhaft und vollendete sein zehnbändiges Opus magnum mit dem Titel: „Die Kriminalgeschichte des Christentums“.

Dort sind sie alle versammelt, die Untaten, die Morde und die Verbrechen der Kirche, die vor den tausendfachen Verbrechen waren, die nun im Vatikan besprochen werden sollten und die der Papst gerade wieder zu den Akten gelegt hat, bevor die Gespräche überhaupt begonnen haben, als er die Kritiker der Kirche gewohnheitsmäßig diffamierte.

Hier soll jetzt einem Tapferen gegen die Kirche das letzte Wort gehören:
„Sie verzeihen es mir nie, dass sie so abscheulich sind, wie ich sie geschildert habe.“ Karlheinz Deschner.

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Kommentare ( 75 )

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Fulbert
3 Jahre her

Die Stimmungskanone aus Rom befindet sich mit der knackigen Aussage zu den Feinden der Kirche ja in bester Gesellschaft. Einer sieht sich von Teufeln bedroht, andere von Leugnern und Verschwörungstheoretikern. Die Guten und Unfehlbaren haben es derzeit nicht einfach.

karl117
5 Jahre her

Mit abgetriebenen Föten wird schon lange nicht mehr nur „geforscht“, die sind ein wichtiges Material verschiedener Industrien, allem voran der Schulmedizin. Immer mehr Impfstoffe enthalten (auch laut Angabe der Inhaltsstoffe, man muss nur lesen) „Human Tissue“. **

heinzB
5 Jahre her

ich war als Waise seinerzeit über 15 Jahre in katholischen Einrichtungen..Was man dort erlebt hatte,war schon das reinste Grauen..Darüber kann ich immer noch nicht offen reden,aber es hat mich das ganze Leben begleitet..Diese Diener_innen Gottes,ob männlich oder weiblich waren überwiegend sehr sonderbar und sind es wohl heute noch. Die diskutieren bereits seit Jahren über ihre Verfehlungen um den Schein zu erwecken,dass man ja etwas tut..Getan hat sich aber bis heute nichts und es ist auch ein Unding,dass Täterkreise ihre Taten selbst aufklären dürfen,wie in Deutschland.. Man stelle sich vor,ein Seriendieb darf seine Taten selbst aufklären und dann selbst entscheiden,welche Strafe… Mehr

batman
5 Jahre her
Antworten an  heinzB

Das tut mir sehr leid für Sie. Waise und dann noch 15 Jahre Katholisches Heim. Unvorstellbar. Ich hoffe, Sie konnten das verarbeiten.

batman
5 Jahre her

Als Christ sollte man aus der Kirche austreten. Meine Meinung.

giesemann
5 Jahre her
Antworten an  batman

Absolut: Ego te absolvo. Bin vor über 40 Jahren da raus, gehe auch nicht mehr rein, habe mir nebenbei jede Menge Geld gespart. Für alle Anderen gilt wie immer: Selber schuld. Denn die Kirchensteuer ist die einzige Steuer, die niemand bezahlen muss, so einfach ist das. (Umsatzsteuer auch nicht, aber nur, wenn man nix kauft und alles selber macht … . Damit wird auch klar: Der Begriff „Mehrwertsteuer“ ist Ver…, sollte niemand mehr benutzen. Mehrwert lieber selber schaffen umsatzsteuerfrei als schaffen lassen – umsatzsteuerpflichtig).

Johann Thiel
5 Jahre her

Da hat der Herr Wallasch den richtigen Knochen in die Runde geworfen, klappt immer.

batman
5 Jahre her
Antworten an  Johann Thiel

??? Was klappt immer?

Johann Thiel
5 Jahre her
Antworten an  batman

Der Beißreflex.

Berndi
5 Jahre her

Und der Fiskus spielt brav den Erfüllungsgehilfen.

rainer niersberger
5 Jahre her

Danke, Herr Wallasch, besonders für den Hinweis auf den sehr lesenswerten Autor Deschner zu diesem Thema, der sozusagen ein spätes männliches Opfer einer Art Hexenjagd wurde. Über ihn wäre sicher eine „katholische Fatwa“, so es sie gäbe, verhängt worden. Falls man sich der lohnenden Lesemühe unterzieht, könnte der/ die ein oder andere mit den üblichen Abwehrmechanismen gegen jede Form von Aufklärung und ( Gewissheits )Erschütterung konfrontiert werden.

Babylon
5 Jahre her

Im Vatikan wohnt der „Teufel“, präziser „Luzifer“, gerade neben dem „lieben Gott“, präziser „Jehova“. Das kann auch gar nicht anders sein, denn in der „Haushaltung Gottes“ hatte und hat der „Versucher“ als ein nicht unwichtiger Vertreter der Gesamtorganisation der himmlischen und höllischen Veranstaltung, immer ein „Wohnrecht“ wenn auch etwas anrüchiger Natur, wegen seinses Schwefelgeruchs.
Luzifer, der „gefallene Engel“, mutiert zu Satanas, dem „bösen Prinzip“ gefällt es im himmisch/höllischen Theater die Rolle zu spielen, die ihm zukommt, nämlich dem Gesamtbetrieb eine pfefferige Note beizufügen, was schon Altmeister Goethe nicht verborgen blieb.
Siehe die Sache mit Faust, Gretchen und Mephisto.

Milliarden von Galaxien
5 Jahre her
Antworten an  Babylon

Das sind doch vom realen Leben weit entfernte Märchen.
Es geht aber um reale seelische und körperliche Gewalt an realen, unschuldigen Menschen. Nicht um symboltraechtige, theatralische Geschichten. Kein Gott wird den armen Missbrauchsopfern beistehen und sie „erlösen“. Und der Teufel ist in diesem perversen „Spiel“ immer ein psychisch schwer gestörter Mensch, der zum Taeter wird. Das einzige, was helfen kann, sind Menschen mit gutem Herzen, die unterstützen und besser nicht dem Taeterverein angehören.

Nichzufassen
5 Jahre her

Tja, warum sagt der dazu nix?!!!

Martin L
5 Jahre her

Mir sind die Kirchen hier im Lande relativ egal. Es gibt andere Gruppen, die ich hasse, die Kirchen sind für mich aber nur schwache und fast peinliche Mitläufer des linken Mainstreams, die auch „einmal cool sein wollen“.