#metoo – Männer auf der Anklagebank

Männer ekelhaft, alle Frauen Opfer? DER SPIEGEL widmet dem einen Titel - BamS schreibt über drei Mädchen aus Kroatien, die in Diensten eines Roma-Clans "zehntausend Wohnungen ausgeraubt" haben. Publizistisches Wochenende des Geschlechterkampfs.

© Getty Images

Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Nun scheint es gefährlicher zu sein, wenn man nicht auf den Punkt diese Klugheit zum Thema abrufen kann, wie es Jan Fleischhauer auf SPON gelang. Es geht, Sie ahnten es, um #metoo und den Weinstein-Skandal. Nur eine Frage der Zeit, wann der deutsche Weinstein öffentlich wird? Der FDP-Politiker Brüderle, der jahrzehntelang das politische Leben in Deutschland mitgeprägt hat, was wird von ihm bleiben? Googeln Sie ihn mal, nach zwei Lebensläufen kommt schon ein WELT-Artikel mit der Schlagzeile: „Sexismus-Vorwurf gegen FDP-Spitzenkandidat“. Der Mann ist ruiniert. Die Arbeit eines Lebens auf einen Abend an der Bar verkürzt. Der Mann geoutet als Schwein.

Aber muss man sich als Mann den Schuh anziehen, wenn in den Nachrichten von Frau Slomka genüsslich ein #metoo Tweet nach dem anderen ausgebreitet wird, wo Frauen in 140 Zeichen berichten, wie ekelhaft Männer sind? Übergriffig. Oder mindestens verbal säuisch. Der zweite Durchgang von #aufschrei. Und natürlich Anne Wizorek, Initiatorin von #aufschrei bei Slomka. Irgendwo in einem Berliner Hippster-Café sitzend und sich einklinkend in die aktuelle Debatte um diese Weinsteins der Welt. Also um Männer. Fühle ich mich instinktiv schuldig? Bin ich auch so ein Weinstein?

Ich diskutiere es am sonntäglichen Frühstückstisch mit Frau und Tochter, die nun ihrerseits aufgebracht schildern, was Frauen auf der Straße alltäglich erfahren. Dann wird die Diskussion lauter, weil ich vorsichtig interveniere. Mein Alter (53) macht mich schnell zum alten Sack. Tochter weiß, dass ich schon mal, als ein hübsches junges Mädchen am Auto vorbei ging, gegen die Scheibe geklopft hätte und wie ekelhaft sie das fand.

Ich spreche es vorsichtshalber nicht an, denke aber an diese fünfzehn Jahre Tätigkeit in der Agentur, an diese wimpernklimpernden jungen Frauen, die sich immer schnell aus der Schusslinie bringen konnten, während ich mit Chef in den Infight gehen musste. Ich denke an diese junge Frau, die immer am verglasten Büro vorbeidefilierte, wo man nicht hinschauen wollte, sondern musste, weil ihre Stöckelschuhe so laut auf dem edlen Parkett hämmerten und die nun mit einem der Geschäftsführer zusammen lebt.

Ich denke an diese vielen Meetings, wo Schlechtleistung von Kolleginnen vor den männlichen Chefs einfach weggelächelt werden konnte, während meine Schlechtleistung für mich zu einer existenziellen Bedrohung wurde. Lag es daran, dass es keine Chefinnen gab? Wäre das der Problemlöser gewesen? Aber warum gab es keine?

Und dann denke ich darüber nach, wie es früher war. Damals, als ich noch kein an Autofenster klopfender oller Geilerich war. Auf jeden Fall standen wir als Jugendliche enger zusammen als die Jugendlichen heute. Es gab Cliquen, Gruppenzwänge, die heute vor den einsamen Computerplätzen der Jugendlichen nicht mehr zu existieren scheinen, die sich auf die Zeit in der Schule beschränken.

Ja, ich bin sicher, wer in meiner Clique Frauen gegenüber übergriffig geworden wäre, hätte den Druck der gesamten Gruppe zu spüren bekommen. Ehrlich, ich erinnere keinen einzigen Vorfall. Aber ich höre heute die Musik meiner Kinder, der Jungs wie des Mädchens, ich höre Textzeilen von Bushido und Co, aus dieser Aggro-Rapper-Szene, die auf eine Weise Frauen gegenüber verbal übergriffig sind, die früher indiziert und im Radio nicht gespielt worden wäre.

Pharisäer
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Was aber macht das mit den jungen Leuten? Mit den jungen Männern? Was für spätere alte Säcke werden da schon heute programmiert? Und was ist da auf der Strecke geblieben und hat sich nicht weiterentwickelt? Es ist ja in vielen Bereichen so. Schauen Sie sich nur diese Regalmeter von Giftreinigern in ihren giftlila Verpackungen an, wo es zu meiner Zeit nur Froschreiniger gab. Schauen Sie sich diese Milliarden von kleinen Alu-Hütchen an, Wegwerfbehälter für eine einzige Portion Kaffee, wo man in den 1980ern schon dachte, diese Sünden seien ein für alle Mal entsorgt. Emanzipation war ebenfalls ein Thema. Aber anders, nicht als Hashtag, sondern in Form von Podiumsdiskussionen, in Form von Literatur, die zwar für Männer schon mal schrecklich war, aber Debatten eröffnete wie beispielsweise der Bestseller „Tod des Märchenprinzen“ von Svende Merian. Auch die grünen Frauen hatten irgendwann genug von diesen Macho-Joschkas, von einer Generation von Männern, die immer wusste, wie man sich gegen Frauen durchsetzt. Die sich bis heute mit der x-ten Frau schmücken, die ihre Tochter sein könnte.

#metoo – ich würde mich betroffener fühlen, wenn es tatsächlich so etwas wie ein Wohlfühlgefälle gäbe. Dort die betroffenen Frauen und auf der gegenüberliegenden Seite die besser bezahlten feixenden und glücklichen Kerle. Aber so ist es leider nicht. Beide Geschlechter sind offensichtlich mit ihren Rollen in der Gesellschaft überfordert. Niemand fühlt sich besser. Hypernervöse Frauen, verstörte Männer und ein paar wenige Weinsteins, die nur deshalb so lange so viel Unheil aufhäufen konnten, weil sie die Position dafür hatten, tun und lassen zu können, was ihnen passt. Weil sie wie selbstverständlich Macht, weil sie Macht über Frauen ausgenutzt haben. Aber welche Macht hat der einfache Mann auf der Straße gegenüber der einfachen Frau?

Nun geht es mir nicht anders als vielen Männern. Ich liebe meine Frau. Aber ich zucke auch schon Mal zusammen, wenn meine Frau mit Kleidung vor die Tür geht, die mir zu aufreizend, zu sexy erscheint. Warum ist das so? Habe ich etwa Sorge, dass sie damit zuviel Aufmerksamkeit anderer Männer generiert? Habe ich am Ende kein Vertrauen in meine Frau? Verstehe ich generell nicht, warum sie überhaupt so aus dem Haus gehen muss?

Inszenierte Betroffenheit
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Um Himmelswillen, bin ich am Ende schon auf der Vorstufe zur männlichen Burka-Verordnung für Frauen angekommen? Oder kenne ich am Ende instinktiv die Männer zu gut, weil ich selber einer bin? Zeit also, zum Abschluss dieses Artikels das eigene Verhalten mal zu überdenken. Natürlich schaue ich hin, wenn eine Frau aufreizender gekleidet ist als die Masse, wenn sie noch dazu nach meinem Geschmack hübscher und attraktiver ist. Aber wann wird schauen glotzen und wann ist glotzen schon #metoo? Wenn man hinterher geht? Wenn man extra den Umweg wählt, um die Entdeckung noch etwas länger betrachten zu können?

Übergriffigkeiten sind unstrittig, aber Frauen haben offensichtlich auch besonders feine Sensoren für Hinterherschauer. Meine Frauen erzählen, sie fühlen sich auf der Straße oft unangenehm beglotzt. Ihnen wird hinterher geschaut, sie werden immer wieder „blöd von der Seite angequatscht“, sie werden mit „dummen Sprüchen“ belegt.

Nein, in meiner Gegenwart ist das noch nie passiert. Ich habe ja meinerseits eine feine Sensorik dafür entwickelt, wer wann meine Frau zu gierig anschaut. Noch dazu wenn ich dabei bin! Ich schaue dann mit einem Blick, den ich über Jahrzehnte perfektioniert habe. Ein Blick, der dem Glotzer gegenüber echten Vernichtungswillen ausstrahlt, alleine deshalb, weil er es gewagt hat, Interesse an meiner Frau in sein Glotzen zu legen.

Meistens funktioniert diese Drohgebärde aus der Steinzeit. Aber was bedeutet das nun alles? #metoo hat nichts mit mir zu tun? Ich kann es nur hoffen. Schön ist es ja nicht, als Mann so unter Generalverdacht gestellt zu werden. Und um diese schnellen Gedanken hier nun nicht noch eskalieren zu lassen, klammere ich bewusst #Köln aus. Oder gab es den #Köln nicht, als über hunderte von Frauen zur Polizei gingen, Anzeige erstatteten und #metoo erklärten, während ein Jakob Augstein auf Twitter meinte, ach, dass sei doch nur ein bisschen Grabschen gewesen. Ein Weinstein-Grabschen? Was ist eigentlich so los in den Redaktionsstuben beim Freitag? Eine #metoo-freie Zone?

Ich werde aus dieser Diskussion jedenfalls eines mitnehmen: #metoo mag für viele sehr nervig sein, für manche eine Befreiung – für uns hat er immerhin ein Gespräch am Frühstückstisch ermöglicht. Eines, das gut war. Das nachdenklich gemacht hat. Und das ist doch auch schon was.

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Kommentare ( 27 )

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Hosenmatz
7 Jahre her

Kein Wunder, dass MGTOW starken Zuspruch hat.

Sabine Ehrke
7 Jahre her

Ich bin es wirklich leid, dass dieses Thema auf den Rücken der durch die europäische Kultur geprägten Männer ausgetragen wird. Es gab und wird immer Vollidioten und Perverse geben, die es bis hin zur Gewalt an Frauen treiben. Dennoch, das Zusammenleben von Männern und Frauen hat bei uns bis vor nicht allzu langer Zeit und seit einigen Jahrzehnten gut funktioniert. Auch mit Hinterherpfeifen, Blicken, Komplimenten, Türe aufhalten, Sitzplatz anbieten, Bikinis, Autos und Playboy, ohne das ich je überlegt hätte, mich an der Rolltreppe umzusehen, nicht in einer Menge von Männern zu feiern oder nicht allein mit meinem Bandkoffer nach der… Mehr

Leo M
7 Jahre her

„Bushido“ als „Aggro-Rapper“ – ich schmeiß mich weg 😀
Ich empfehle zum genaueren Verständnis (bei ausreichenden nervilichen Kapazitäten) mal Artisten wie 187, Kapital, Miami Yacine & Co.
Die deutsche Sprache ist dem Untergang geweiht, genauso wie ie deutsche Moral und Deutschland allgemein.
Ich weine um euch, die ihr nicht seht.

Armin Reichert
7 Jahre her

In wenigen Jahren wird sich dieses Problem von selbst erledigt haben. Dann werden die deutschen Frauen ihr Kopftuch tragen und Menne passt schön auf sein Eigentum auf.

#irrenhaus

Herold Hansen
7 Jahre her

Nix Fotomontage! Das Original-Video, das ich im Fernsehen sah, ist auf You tube mehrfach erhalten, wenn man z.B.“Love is in the air. Juncker küsst Kurz“ googlet, hat man die Auswahl.
Es lohnt sich, denn dort sieht man, wie unangenehm dies dem Kurz ist und wie er versucht, den Kopf „aus der Schlinge“ zu ziehen. Es gelingt ihm auch, einen wirklichen Körperkontakt im Zielgebiet Junckers auf nackter Haut zu vermeiden.

Frank in ZA
7 Jahre her

Woher wollen Sie das wissen? Waren Sie dabei oder war es doch eher Herr Wallasch?

Frank Stefan
7 Jahre her

Nein, gefährlich (für alle) wird es erst, wenn Claudia Roth sich über Begrapschungen durch Männer anfängt zu beschweren.
Ernsthaft: wollen Frauen attraktiv sein? Sie wollen es sein. ATTRAKTIV! Anziehend.
Am stillen Teich sitzt der Angler, die Angelrute im Anschlag. Den Haken hat er abgemacht. „Wegen der Fische.“ Es wird spät. Das Anstaltspersonal ruft die Insassen zum Abendbrot. Der Angler packt seine Sachen ein und geht langsam auf das Hauptgebäude zu…

Cornelius Angermann
7 Jahre her

Vorab geschickt: Übergriffigkeiten JEGLICHER ART, nicht nur sexueller, gegenüber Frauen sind unakzeptabel. Es gibt bei der derzeitigen Hysterie aber einiges anzumerken. Erstens ist es auffällig, wieviele Frauen sich plötzlich daran erinnern, dass sie vor Jahren oder Jahrzehnten sexuell belästigt wurden. Da kann ich nur fragen: Hallo? Warum fällt dir das jetzt erst ein? Hättest du nicht gleich zur Polizei gehen können und damit vielleicht vielen anderen Frauen Leid erspart? Oder war dir (mindestens im Falle der Film- und Unterhaltungsbranche) vielleicht wichtiger, Karriere zu machen und du hast das damals als „notwendige Investition“ dazu betrachtet, und jetzt, wo du die Vorteile… Mehr

ThurMan
7 Jahre her

Nun, Herr Wallasch, hat sich ihre Tochter mittlerweile entschuldigt?
Oder liegt da die Erziehung im Argen?