Linke Gewalt: Der Staat macht beide Augen zu

Ein Berliner Abgeordneter fragt nach offiziellen Zahlen zu politischen Gewalttaten – und nach den Schlussfolgerungen der Regierung. Exklusiv dokumentiert TE hier die Antworten des Berliner Senats. Es ist ein unglaubliches Dokument amtlicher Wirklichkeitsverweigerung.

IMAGO / Christian Ditsch

Um so richtig genießen zu können, was da gerade in der Bundeshauptstadt passiert, hilft vielleicht ein Gleichnis aus der Medizin: Stellen Sie sich bitte kurz vor, Sie hätten sich beim Fußballspielen ein Bein gebrochen. Ein Arzt sieht sich das an – und verschreibt Ihnen ein Mittel gegen Durchfall. Das Bein ignoriert er (obwohl es Sie wahnsinnig schmerzt). Dafür warnt er Sie lange und eindringlich davor, wie schlimm Verdauungsprobleme sind (die Sie nicht haben).

Der Patient ist Berlin. Der Arzt ist der Senat.

Ronald Gläser sitzt für die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus, so heißt das Parlament im Stadtstaat. Seit Jahren führt er die Landesregierung regelmäßig vor – erst die rot-rot-grüne, jetzt die schwarz-rote. Vor allem mit außergewöhnlichen Anfragen setzt er dem Senat zu.

Der jüngste Streich ist eine sogenannte „Schriftliche Anfrage“ über die Zunahme linker Gewalt in der Hauptstadt. Die Antwort des Senats ist weit über Berlin hinaus bedeutsam: Denn sie zeigt, dass der „Kampf gegen Rechts“ tatsächlich nicht faktisch, sondern ideologisch begründet ist – und dass er praktisch alle Parteien (außer der AfD) blind macht für die wirklichen Gefahren, die unsere Gesellschaft bedrohen.

TE: Warum haben Sie Ihre Anfrage gerade jetzt gestellt?

Ronald Gläser: Es gab in diesem Jahr mehrere Brandanschläge gegen die Bahn, die vermutlich von Linksextremisten verübt wurden. Im Frühjahr wurde das Tesla-Werk lahmgelegt, im Hochsommer der S-Bahn-Betrieb in Mitleidenschaft gezogen.

Außerdem ist drei Tage vor der EU-Wahl ein Lieferwagen abgefackelt worden, den wir für das Aufhängen von AfD-Plakaten benutzt haben. Er stand vor meinem Wahlkreisbüro, das auch immer wieder angegriffen wird – zuletzt am 24. September, als etliche Scheiben zu Bruch gingen. Kurzum: Wir erleben eine Welle linksradikaler Gewalttaten. Und mit „wir“ meine ich alle Berliner, denn die Beeinträchtigung des Bahnverkehrs hat nun wirklich fast jeden zumindest indirekt getroffen.

Was wollten Sie vom Senat wissen?

Ich habe nach spezifischen Zahlen gefragt – und nach Gegenmaßnahmen, die der Staat ergreift. Die Zahlen haben mich wenig überrascht, der nachlässige Umgang mit der Thematik umso mehr. Der Senat gibt ein Lippenbekenntnis ab, unternimmt aber wenig.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

Die Zahlen über linksradikale Straftaten in Berlin sind erschreckend hoch. Es gibt eine gewaltbereite Szene, die kontinuierlich Terror vor allem gegen Andersdenkende ausübt. 218 Fälle von Brandstiftungen, Explosionen und sogar Tötungsdelikten gehen auf ihr Konto im Zeitraum ab 2018.

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In der Tat ist die Statistik beeindruckend. Sie steht in krassem Gegensatz zur Behauptung, die größte Gefahr für unser Land gehe von „rechts“ aus:

Im Jahr 2022 gab es in Berlin acht (8) Brandstiftungen mit linksextremistischem Hintergrund – gegenüber fünf (5) Fällen, die Rechtsextremisten zugeschrieben werden.

Im Jahr 2023 gab es schon 23 linksextremistische Brandstiftungen und noch genau null rechtsextremistisch motivierte.

Die Statistik der Sachbeschädigungen spricht eine noch deutlichere Sprache: Zwischen 2022 und 2023 gab es hier einen Anstieg von 413 auf 483 linksextremistisch motivierten Taten. Auf der rechtsextremistischen Seite sank die Zahl der Delikte im selben Zeitraum dagegen von 122 auf 89.

Es gibt über fünf Mal mehr Brandstiftungen und Sachbeschädigungen durch Linksextremisten als durch Rechtsextremisten.

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Was sind die Hauptziele für linksextremistische Anschläge?

Autos von Andersdenkenden werden nachts angezündet, Wahlkreisbüros werden beschmiert, oder es werden Scheiben eingeworfen. Das sind gar nicht nur Büros der AfD. Selbst Abgeordnete von SPD und Grünen werden zur Zielscheibe solcher Straftaten, die von Linksaußen kommen.

Manchmal werden auch Menschen überfallen. Im Prenzlauer Berg haben Linksextremisten nachts einem Rechtsextremisten aufgelauert. Es gab einen Messerkampf, bei dem auch die Angreifer verletzt wurden. Dazu kommt die traditionelle Krawall-Demo zum 1. Mai, die regelmäßig aus dem Ruder läuft. Und ganz allgemein richtet sich die Gewalt auch gegen „kapitalistische Strukturen“ – zu Deutsch: gegen normale Bürger auf dem Weg zur Arbeit.

Wie wird eine Tat einer bestimmten Tätergruppe zugeordnet?

Wirklich eindeutig ist es nur, wenn es ein entsprechendes Bekennerschreiben gibt oder Täter das hinterher gestehen. In vielen Einzelfällen wird die Polizei abwägen. Ich fürchte, dass beispielsweise bei angezündeten Autos das linksextreme Motiv dadurch manchmal unter den Tisch fällt.

Was tun die Sicherheitsbehörden, um solche Taten zu verhindern?

Sie sagen, dass sie alles rechtlich Mögliche unternehmen. Ich habe da meine Zweifel. Der Senat fördert ja sogar Organisationen wie das „Berliner Register“ oder das „Antifaschistische Pressearchiv“ mit Steuergeldern. Er signalisiert damit, dass die Bespitzelung Andersdenker korrekt ist.

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Sachbeschädigungen und Brandstiftungen – auch wenn sie natürlich sehr gefährlich sein können – richten sich zumindest nicht unmittelbar und direkt gegen Leib und Leben. Doch auch Einschüchterung und Androhung körperlicher Gewalt ist auf dem Vormarsch.

Hier bietet sich dasselbe Bild: Zwischen 2022 und 2023 stieg die Zahl der von Linksextremisten begangenen Nötigungen und Bedrohungen von 249 auf 380. Rechtsextremisten wurden hier 33-mal (2022) bzw. 52-mal (2023) auffällig.

Es gibt über sieben Mal mehr Nötigungen und Bedrohungen durch Linksextremisten als durch Rechtsextremisten.

Besonders augenfällig ist das sogenannte „Extreme Personenpotenzial“. Zwischen 2022 und 2023 ist das linksextreme Personenpotenzial stark gestiegen: von 2.554 auf 3.587 Personen. Das rechtsextreme Personenpotenzial blieb dagegen praktisch unverändert: 1.042 in 2022 und 1.052 in 2023.

Es gibt über drei Mal mehr potenziell gefährliche Linksextremisten als Rechtsextremisten, und die Zahl der Linksextremisten steigt rapide.

Was ist nun die Schlussfolgerung, die der vom CDU-Linksaußen Kai Wegner geführte schwarz-rote Berliner Senat zieht? In der Antwort auf Gläsers Anfrage heißt es dazu wörtlich und ohne jede weitere Begründung oder Erläuterung:

„Die Entwicklungen in den einzelnen Phänomenbereichen sind dynamisch und nicht miteinander vergleichbar. Dennoch geht der Senat davon aus, dass der Rechtsextremismus derzeit die größere Bedrohung für die freiheitliche demokratische Grundordnung darstellt.“

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Der Senat liefert selbst Statistiken – und zieht dann eine politische Konsequenz, die zu 100 Prozent nicht zu den Statistiken passt. Warum kommt man in Berlin mit so etwas durch?

Keine Frage: Die Zahlen zeigen eindeutig, dass der Linksextremismus gefährlicher ist als der Rechtsextremismus. Aber auch der Regierende Bürgermeister selbst erklärt im Parlament, vom Rechtsextremismus gehe die größte Gefahr aus.

Im selben Atemzug bezeichnet Kai Wegner Grüne und Linke als „demokratische Opposition“. Damit will er die Alternative für Deutschland als Demokratiegegner diffamieren. Das offenbart ein komplett verschobenes politisches Koordinatensystem. Das hindert ihn und sehr viele andere daran, die Wirklichkeit so wahrzunehmen, wie sie ist.

Zudem ist Wegner bei großen Gesetzesvorhaben auf die Grünen angewiesen, und er will sie sich auch als möglichen Koalitionspartner warmhalten. Bei der Frage, was man als gefährlichen Extremismus bezeichnet und was nicht, können auch machtpolitische Aspekte eine Rolle spielen.

Warum wurden die Ex-RAF-Mitglieder in Berlin so lange nicht entdeckt?

Das ist nochmal ein Thema für sich. 2019 kamen die ersten Gerüchte über „Nachzügler“ der RAF auf. Die Terrorgruppe hatte sich ja eigentlich offiziell aufgelöst. Aber Daniela Klette, Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub haben insgeheim weitergemacht. Ihnen werden mehrere Überfälle zur Last gelegt.

Wie sich inzwischen herausgestellt hat, lebten zumindest Garweg und Klette jahrelang unerkannt in Berlin. Klette wurde hier vor ein paar Monaten spektakulär verhaftet. Journalisten hatten nach ihr gesucht und damit wohl der Polizei auf die richtige Spur gebracht. Übrigens war Klette jahrelang in einem Kulturverein tätig, der auch wieder mit Steuergeldern finanziert worden ist. Das kann sich alles niemand ausdenken.

Für aufmerksame Beobachter war es auch keine ganz so überraschende Nachricht, denn vor einigen Jahren waren vermehrt neue RAF-Aufkleber in der Stadt aufgetaucht. 2019 gab es plötzlich ein Twitter-Konto mit dem Namen „RAF Berlin“, und beim linksradikalen Aufmarsch im Gedenken an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg war 2019 ein Transparent mit der Aufschrift zu sehen: „RAF – der Kampf geht weiter“.

Ich habe das seinerzeit zum Anlass genommen, den Berliner Verfassungsschutz dazu mündlich in einer Sitzung zu befragen. Was weiß er über diese neue RAF? Die Antwort war bestenfalls lustlos. Der Verfassungsschutzchef meinte, das seien nur Provokationen. Es gebe keine neue RAF oder Anhaltspunkte für eine Zusammenarbeit jener neuen Gruppe mit den „echten“ Terroristen der dritten Generation. Ob es dem Senat nicht gelungen ist, mehr herauszufinden, oder ob er es gar nicht versucht hat, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall hätten die Sicherheitsbehörden spätestens damals damit anfangen müssen, den Komplex genauer zu beobachten. Das ist aber nicht geschehen. Garweg und Klette bewegten sich weiterhin inkognito in unserer Stadt und planten ihre Straftaten.

Gibt es noch andere blinde Flecken in Berlins Sicherheitspolitik?

Islamismus wird ungefähr genauso angestrengt verdrängt wie linksextremistische Gewalt: Die Zahl der Mitglieder islamistischer Gruppen in Berlin ist im vergangenen Jahr geradezu explodiert. Nordkaukasische Islamisten: plus 20 Prozent. Muslimbruderschaft: plus 33 Prozent. Hamas: plus 50 Prozent.

Kann man die Berliner Verhältnisse ganz oder teilweise auf ganz Deutschland übertragen?

Teilweise. In anderen Teilen Deutschland mag es andere Bedrohungsszenarien geben – auch eine stärkere Rolle, die Rechtsextremisten spielen. Für Berlin trifft das aber offensichtlich nicht zu.

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Kommentare ( 3 )

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Kassandra
3 Stunden her

Danke, dass TE hier Öffentlichkeit schafft.
Und Dank an Herrn Gläser fürs Aufdecken!

Der Person
3 Stunden her

„Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht. Bei der Feuerwehr, der Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerkbar macht.“

Benedikt Lux, Grüne

Rob Roy
3 Stunden her

Wie die meisten Landesregierungen hat auch der Berliner Senat schlichtweg Angst vor Gewaltreaktionen von Linken und Islamisten. Deswegen geht man gegen diese lieber nicht vor. Durch das Ausbleiben von Sanktionen fördert man damit weitere Gewalt.
Da man dem Bürger jedoch vorgaukeln will, man würde etwas unternehmen, sucht man sich ein leichtes Ziel wie die paar Rechten, bei denen man keine Vergeltung befürchten muss.