Vor 1871 hatte Deutsche(r) keine politisch-staatliche Bedeutung, sondern bezeichnete nur die Zugehörigkeit zu einer sprachlichen, ethnischen und kulturellen Gemeinschaft.
Der Name Deutsche(r) kommt im herrschenden politischen Diskurs kaum mehr vor (vgl. Tichys Einblick 22.7.2017: „Deutschland ‒ Raum ohne Volk“). Deutschland ist, sprachlich gesehen, bewohnt vom Volk der Menschen, kurz: Menschland. Seit neuestem treten in den Mainstream-Medien aber wieder „Deutsche“ auf ‒ in einem besonderen Kontext.
I
„Die Deutsche Lamia K. ist […] in der irakischen Hauptstadt Bagdad zum Tode verurteilt worden“, berichtete die Süddeutsche Zeitung am 22. Januar. Irakische Truppen hatten sie im vergangenen Juli bei der Einnahme von Mossul gefangen genommen ‒ „zusammen mit anderen Deutschen„.
Wer sind diese Deutschen? Politisch korrekt ausgedrückt handelt es sich um „Menschen aus Deutschland“, die sich dem sog. Islamischen Staat anschlossen und einen „deutschen Pass“ haben. Aber warum spricht die SZ von „Deutschen“? Wäre die gebürtige Marokkanerin Lamia K. in Mannheim geblieben, würde die SZ sie nicht mit dem „national“ tönenden Wort „Deutsche“ bezeichnen, sondern als „Deutschmarokkanerin“, „Marokkanerin mit deutschem Pass“ oder „Mannheimerin“.
Warum also Deutsche? Nun, dieser Volksname hat eine enorme Bindungskraft: Wer ‒ wie zum Beispiel der Fußballer Kevin-Prince Boateng ‒ sagt „Ich bin stolz, Deutscher zu sein“, meint viel mehr als „Ich bin stolz, ein Mensch aus Deutschland zu sein“. Volksnamen bieten Identität und mobilisieren; deshalb werden sie außerhalb Deutschlands in der politischen Auseinandersetzung gerne verwendet: Unter „Trump“ und „the American people“ findet man bei Google 19 Millionen Einträge, „Merkel“ und „das deutsche Volk“ ergeben nur 150 Tausend.
Ist Lamia K. nun Deutsche? Ja, im Sinne von „deutsche Staatsangehörige“. Diese staatsrechtliche Wortbedeutung ist relativ neu, sie geht zurück auf die Gründung des deutschen Nationalstaates 1871. Vorher hatte Deutsche(r) keine politisch-staatliche Bedeutung, sondern bezeichnete nur die Zugehörigkeit zu einer sprachlichen, ethnischen und kulturellen Gemeinschaft (vgl. Tichys Einblick 14.8.2017: „Die Deutschen ‒ was heißt das?“). Diese alte, vorpolitische Bedeutung lebt im Wort weiter und gibt der Formulierung „die Deutsche Lamia K.“ ein semantisches Gewicht, das ein amtsdeutsches „die deutsche Staatsangehörige Lamia K.“ nicht hat und noch weniger eine politisch korrekte Umschreibung wie „die gebürtige Marokkanerin mit deutschem Pass“. Lamia K. ist in einer Notlage, die SZ will auf ihr Schicksal aufmerksam machen und greift deshalb zum stärksten Wort: Deutsche.
II
Einige IS-Anhänger und Kämpfer leben (wieder) in Deutschland, darunter ‒ titelte die Zeit (25.1.2018) ‒ „Überraschend viele Deutsche„. Zum Beweis wird eine Statistik der Bundesregierung über „islamistische Gefährder“ angeführt, also Personen, die eine terroristische Straftat begehen könnten: Darunter sind 245 „Deutsche“, aber nur 99 Syrer. Die Zeit schließt (mit verhaltenem Jubel) daraus: „Die Terrorgefahr […] ist in hohem Maße ein deutsches Problem.“
Statistisch stimmt dies nur auf den ersten Blick: Wenn in Deutschland unter 638.000 Syrern 99 Gefährder sind und unter 72 Millionen Deutschen 245, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Syrer zum Gefährder wird, 46 mal höher als bei einem Deutschen. Die Zeit stellt auch nicht die naheliegende Frage, wie die 245 „Deutschen“ ihre Staatsangehörigkeit erworben haben: (1) Durch Abstammung von deutschen Eltern, (2) durch Einbürgerung oder ‒ wie seit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts von 2000 möglich ‒ (3) durch Abstammung von in Deutschland wohnhaften ausländischen Eltern? Falls die dritte Gruppe unter den Gefährdern mit deutscher Staatsangehörigkeit stark vertreten ist, dann wäre dies kein „deutsches Problem“, also der Deutschen, sondern ein Problem des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts.
III
Bundespräsident Steinmeier äußerte am 22. Januar, „dass die Menschen in Deutschland erwarten, dass jetzt […] wieder eine Regierung zustande kommt“. SPD und Union arbeiten derzeit zügig an einem Koalitionsvertrag. Geht das sprachlich ohne Deutsche? Grundsätzlich ja; im 38-seitigen Sondierungspapier beider Parteien vom 12. Januar kommen nur Menschen vor ‒ „Menschen in unserem Land“, „zugewanderte Menschen“, „hier lebende Menschen“ usw. ‒, keine Deutschen. Allerdings soll der Koalitionsvertrag nicht nur über „Europa“ ein eigenes Kapitel enthalten, sondern auch über „Deutschland“. Werden Union und SPD es stilistisch schaffen, auch hier ohne Deutsche auszukommen?
Helmut Berschin ist Professor em. für Romanische Sprachwissenschaft.
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Es gab doch mal vor einiger Zeit hier bei TE eine Umfrage zum Thema was ist eigentlich Deutsch, oder was macht Deutschland aus, oder so ähnlich. Vielleicht sollte man aus den Einsendungen einmal eine Zusammenfassung erstellen und sie veröffentlichen. Auch könnte man der Frau Özegöze oder so ähnlich eine Zusamenfassung zum Lesen geben, damit sie lernt was deutsche Kultur ausmacht.
Die Tendenz ist klar: Abschaffung der Staatsgrenzen, der Nation und des Volkes. Wird gelingen, falls keine Gegenwehr.
Lustig. Im Fall Kachelmann war es genau anders herum, da hieß es immer „der Schweizer Jörg Kachelmann“. Kein Wort davon, dass Herr Kachelmann gebürtiger Deutscher ist und den Schweizer Pass erst später erwarb.
Deutsche existieren nach Meinung unserer etablierten Parteien nur in der Art, wie sie in einigen Indiana Jones Filmen gezeigt werden.
Süddeutsche Zeitung – das sagt sehr viel über Qualität, Gesinnung und Interpretationsfähigkeit aus. Eigentlich braucht man den TE-Artikel gar nicht lesen, da dem geneigten Leser das Verhalten und die Sichtweise eines Herrn Prantl und seiner Untergebenen bekannt sein dürfte und diese somit zur Vermeidung von Desiformation besser mit Ignoranz bestraft werden sollten. Meinungsverzerrung oder alternative Realität sind ein Stilmittel der SZ.
„Deutscher“ ist eigentlich. Daher ist die primäre Bedeutung eine ethnische und keine juristische. Daher ist es kulturell und hat Bezug zur Abstammung. Die Abstammung hat die Schröder-Regierung bei der Neugestaltung der Passvergabe unterwandert. Die Grünen wollten nicht mal, dass die deutsche Sprache als Voraussetzung gesetzt ist. Dieses wird aber von manchen Medien mit Absicht hintertrieben. Der Begriff „Deutscher“ soll nicht mehr diesen eigentlichen Bezug besitzen. Denn er könnte ausgrenzend sein. Um die Bedeutung weiter auszuhöhlen, wird das Grundgesetz als alleinig sinnstiftendes Papier der Kultur gepriesen. Nicht zuletzt versucht sich die Integrationsministerin eher als Kultur-Entkernungsministerin. In der Konsequenz ist das Unterfangen… Mehr
Wenn man von dem verengenden zeitgeschichtlichen Begriff des Nationalstaates abweicht, gibt es eine deutsche Staatlichkeit natürlich seit der Begründung des Hlg. Römischen Reiches Deutscher Nation durch Otto I. Mit einigen Unterbrechungen z. B. in der sog. kaiserlosen Zeit nach dem Aussterben der Hohenstauffen, existierte diese Reich bis zur vollständigen Niederlage (Jena/Auerstedt 1806) gegen Napoleon I.
Lassen wir diese Ö. doch mal ein deutsches (Volks)-Lied singen…
Statistisches Bundesamt : Pressemitteilung vom 01. August 2017 – 261/17
Von den 73,3 Millionen Deutschen in Deutschland im Jahr 2016 haben 63,8 Millionen Deutsche keinen Migrationshintergrund .
9,6 Millionen Deutsche haben einen Migrationshintergrund .
Davon zugewanderte Deutsche mit Migrationshintergrund : 5,1 Millionen .
In Deutschland geborene Deutsche mit Migrationshintergrund : 4,4 Millionen
Also ,ich empfehle 2 Videos zu dem Thema ,wo die Reise hin geht :
1. phoenix Runde: Zwischen Idealismus und Realität – Flüchtlingspolitik in Deutschland vom 31.01.18
2. You Tube : Deutsche Schüler in der Minderheit. Kampf im Klassenzimmer
https://www.youtube.com/watch?v=3A348VnVJ-A
Ich finde diese Entwicklung eigentlich gar nicht so schlecht. Deutschland und das deutsche Volk, wie ich es aus Erzählungen der Alten und andeutungsweise noch aus eigener Kindheitserinnerung kenne, existieren nicht mehr. Dann ist es nur richtig, wenn man den altehrwürdigen Begriff „Deutsch“ nicht für diese heutige Ansammlung von Menschen in diesem Staatsgebilde BRD verwendet, das haben die gar nicht mehr verdient. Macht ja aber auch nichts, zuerst gab es hier die heidnischen „Germanen“, dann hiessen deren Nachfahren (nach Lautverschiebung und Christianisierung) „Deutsche“ und jetzt nennt man deren Nachfahren (nach Masseneinwanderung, Säkularisierung und Gehirnwäsche) eben anders, „Bundesbürger“ zum Beispiel. Das ist… Mehr