Wann endet das Kämpfen und startet das Feiern der Frauen?

Am 8. März ist Weltfrauentag. In Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist es ein gesetzlicher Feiertag. Unsere Kollegin Charlotte Kirchhof schreibt aus ihrer Sicht, was ihr das Thema Feminismus bedeutet.

IMAGO / Bihlmayerfotografie
Symbolbild

Männer können froh sein, dass es uns Frauen gibt, denn dank uns haben sie einen freien Tag mehr im Jahr – zumindest in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Was mir nicht klar war. Als 19-jährige Hamburgerin kam ich am Montag in die Redaktion in Berlin und erfuhr, dass ich am Mittwoch, 8. März, frei hätte. Keine Ahnung hatte ich davon, dass der internationale Weltfrauentag mittlerweile in zwei Bundesländern als gesetzlicher Feiertag angesehen wird.

Zunächst einmal dachte ich, nur Frauen hätten frei, Männer aber nicht. Da habe ich mir schon ausgemalt, wie die Frauenbewegung reagieren würde, gäbe es einen gesetzlichen Feiertag, an dem nur Männer frei hätten. Aber kein Grund zur Sorge: Alle Geschlechter haben frei, Schulen, Kitas und Behörden bleiben geschlossen. Das ist auch gut so: Denn so können die Männer zu Hause auf die Kinder aufpassen, während die Frauen gegen Diskriminierung protestieren.

Stephans Spitzen:
J'accuse! Ich klage mich selbst als Antifeministin an
Ich bin mehr als froh, zu einer Zeit und in einem Land leben zu dürfen, in dem die Frauen inzwischen die gleichen Rechte haben wie Männer und damit gleichberechtigt sind: Ich fühle mich frei, mich zu bilden, Fußball zu spielen, zu studieren, was immer ich möchte, und mir eine Arbeit auszusuchen, die sich in allen Berufsfeldern und Hierarchiepositionen bewegen könnte. Ich darf Hosen tragen und mir die Haare abschneiden. Letzteres will ich gar nicht, aber wie dem auch sei, wenigstens hätte ich die Freiheit dazu. Ebenso finde ich es durchaus angenehm, dass ich mich von keinem Ehemann bevormunden lassen muss, mit dem mich meine fiktiven Eltern im 19. Jahrhundert verheiratet hätten.

All diese Dinge, die wir Frauen in den letzten 112 Jahren, seit dem ersten Weltfrauentag im Jahr 1911, erreicht haben, beweisen, wie kraftvoll wir sind. Es erfüllt mich mit Stolz, eine Frau zu sein, und ich erfreue mich an meiner Weiblichkeit. Den Weltfrauentag – der in diesem Jahr auf den Tag nach dem Vollmond fällt, an dem wir Frauen ganz besonders in unserer Kraft sind – werde ich also damit verbringen, diese Kraft in mich selbst zu investieren und meine Weiblichkeit zu feiern.

Für die „Frauen*Kampftag“-Proteste in Berlin werde ich diese Kraft allerdings nicht verschwenden. Ist es den Menschen denn immer noch nicht klar, dass es nichts bringt, „gegen“ etwas zu „kämpfen“? Die Demonstrationen der feministischen Bewegung sind voller Hass gegen die Männerwelt und gegen ein vermeintliches Patriarchat. Das ist aber nicht konstruktiv und bringt niemanden voran. Besser ist es, „für“ etwas zu demonstrieren. So wie die Feministinnen im Iran. Sie kämpfen für ihre Freiheit. Für Selbstverständliches.

Stephans Spitzen:
Wie der Feminismus versagt
Der negativ ausgerichtete Feminismus hierzulande führt mit seinen aggressiven Demos zu einer größeren Spannung zwischen den Geschlechtern – zu mehr Hass zwischen Frauen und Männern. Aber solange Gesetze bezüglich Frauenquote und für gleiche Gehälter verabschiedet werden, scheinen diese Feministinnen ja erstmal zufrieden gestellt zu sein. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich würde mich schämen, wenn ich eine Stelle oder gar eine Führungsposition bekäme, weil ich eine Frau bin, und nicht, weil meine Leistungen auf dem entsprechenden Niveau sind. Dass mir mein Kinderwunsch je nach Branche im Weg stehen könnte, ist ungerecht, aber natürlich.

Völlig zufrieden ist diese Art von Feministinnen in Wahrheit jedoch nie: Jedes Jahr gibt es etwas Neues, auf das sie sich stürzen. Wenn es in Deutschland nicht mehr genug zum „Kämpfen“ gibt, dann wird am „Kampftag“ eben gegen die Diskriminierung im Iran und in Afghanistan protestiert. Dort unterstützen sie zu Recht Frauen, die sich gegen den Kopftuchzwang auflehnen – hierzulande tun sie aber so, als ob das Kopftuch oder andere Formen der Verhüllung etwas kulturell Bereicherndes seien. Das belegt eine Doppelmoral.

Ich denke, der Frauentag wäre eine tolle Möglichkeit, die innere weibliche Kraft zu feiern, statt immer nur zu fordern. Und das gilt auch für Männer: Auch die Männer sollten ihre weibliche Kraft erkennen und dazu ermutigt werden, diese auch zu leben. Auf diese Weise könnte man Frieden, Verständnis und Liebe zwischen den Geschlechtern stiften. Würden alle Menschen ihre männliche und ihre weibliche Seite anerkennen, dann müssten wir diese Anteile nicht mehr im jeweils anderen Geschlecht bekämpfen. Dann hätte physische Gewalt gegen Frauen und psychische Gewalt gegen Männer vielleicht ein Ende und die Herzen könnten aufgehen, sodass die Männerwelt und die Frauenwelt zu einer ganzheitlichen Welt verschmelzen könnten.

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Kommentare ( 42 )

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Oneiroi
1 Jahr her

Angesichts dessen, dass das empfundene Leid von Frauen stets direkt proportional mit dem Wohlstand korreliert (je größer der Wohlstand, desto weniger existentielle Sorgen, desto größer das zur Schau gestellte Leiden der Feministen im Namen aller Frauen), dürfte das kämpfen erst aufhören, wenn ein signifikanter Teil des Wohlstandes abgebaut wurde und geschlechtliche Ungleichheiten stärker zum Ausdruck kommen. Wenn nigerianische Frauen sehen würden, worüber sich westliche Frauen beschweren, kämen die aus dem Lachen icht mehr raus.

Guzzi_Cali_2
1 Jahr her

Wenn ich mir so die Bilder auf YT von „Sealed in Time“ oder „Time in Color“ anschaue, dann könnte man auf die Idee kommen, daß die Frauen bis weit in die 70er glücklicher waren, als jetzt. Ich bin ein Verfechter der alten Schule der Galanterie und der Verehrung der Frauen – halte gerne Türen auf, erbiete mich an, etwas Schweres zu tragen, helfe, einen Kinderwagen in den Bus zu lüpfen etc. Allerding präferiere ich dabei Frauen, bei denen ich vermute, daß sie derlei auch zu schätzen wissen und nicht für plumpe Anmache halten. Nennt mich Macho, aber manchmal wünsche ich… Mehr

Evero
1 Jahr her

Mit diesen Ansichten kann ich mich als Mann fast durchgehend identifizieren. Vorwärts ihr Powerfrauen! Wenn ich aber herauslese, dass Frauen der Welt mit Sanftmut den Frieden bringen, dann stimme ich der These nicht zu. Es hat sich gezeigt, dass Frauen in der Politik sich mitunter naiv gutgläubig über den Tisch ziehen lassen, wozu Quote gut ist, oder dass Frauen auch dazu in der Lage sind, abgrundtief zu hassen und Nüchternheit vermissen lassen. Im diplomatischen Dienst wäre das keine gute Eigenschaft. Ich will damit nur andeuten, auch mit Frauen in der Politik wird die Welt nach meiner Erfahrung nicht besser, obwohl… Mehr

bfwied
1 Jahr her

In D. gibt es latent vorhandenen und offenen Zwist bis zum Hass und Selbsthass, der wohl dahinter steht. Ich kenne keine Frau in meinem Kreis, die auch nur irgendwie diskriminiert würde. Ich kenne aber andererseits Frauen, die eigentlich mehr fehlen als sie im Büro sind, auch in höheren Positionen in öffentlichen Institutionen, worüber sich die anderen Frauen äußerst aufregen! Diesen dauernd fehlenden Frauen stünde es zu, tendenziell geringer bezahlt zu werden als alle anderen, die Verantwortung zeigen und ihre Arbeit mit Verve leisten. Die Feministinnen werden niemals Ruhe geben, bis sie alle Positionen, die auch nur ein bisschen mit Leitung… Mehr

Weisheitszahn
1 Jahr her

Dass Frauen vor dem Gesetz gleich sind und nicht wie im Iran Menschen 2.Klasse ist richtig und wichtig. Gleichwohl sind sie aber nun mal nicht gleich, denn abgesehen von ein paar wissenschaftsleugnenden Genderideologen weiß jeder, dass nur eines der zwei Geschlechter Kinder kriegen und damit die Arterhaltung sicherstellen kann. Die vorausgeschickt ist es für eine Gesellschaft geradezu grotesk, dieses Alleinstellungsmerkmal komplett negieren zu wollen. Die aktuelle Praxis der Doppelbeschäftigung geht letztlich zu Lasten der Kinder, die von ideologisiertem Ersatzpersonal ohne Liebe großgezogen werden und im zweiten Schritt dann zu Lasten der Gesellschaft, weil sich natürlich immer mehr Menschen dieser Doppelbelastung… Mehr

MartinL
1 Jahr her

Das Ganze ist m.E. doch längst ins Gegenteil umgeschlagen, in eine massive Benachteiligung der Männer. Das Benachteiligungs- und Sexismus-Gerede ist wirklich nur noch eine Rechtfertigung für das Erlangen unverdienter Vorteile. Ja, Frauen kriegen -teils- weniger Lohn. Sie arbeiten aber auch nur 30,7 Stunden pro Woche statt 38,4. Ob’s wohl einen Grund gibt, warum Menschen, die nur 3/4 der Zeit arbeiten -und dann auch nur 3/4 der Arbeitserfahrung haben- weniger Lohn kriegen, als die die mehr arbeiten? Die privaten KV wurden dazu gezwungen Einheitstarife zu implementieren. Die Krankheitskosten vonFrauen sind aber rund 21% höher, als die von Männern. Frauen haben etwa… Mehr

Weisheitszahn
1 Jahr her

Ich wusste das gar nicht, aber in Berlin ist dieser Frauentag tatsächlich ein richtiger Feiertag. Man merkt daran, wie massiv dieser kranke, woke Gesellschaftswandel durchgedrückt wird. Klar beschwert sich keiner über einen freien Tag mehr, egal welcher Unsinn dahintersteckt. Aber was kommt danach? Weihnachten heißt dann wohl künftig „Fest der Liebenden“ und statt Allerheiligen und Pfingsten gibt es demnächst Gay-Day, Diversity-Day, BLM-Day, Klima-Day, Veggy- und Tierschutz-Day und da der Islam ja zu Deutschland gehört auch Ramadan und Zuckerfest. Mission accomplished. Um christliche Feste aktiv zu begehen, kann ich mir dann künftig Urlaub nehmen und die vorgenannten neuen Feste gelten vermutlich… Mehr

elly
1 Jahr her

da propagieren sie Vollzeit arbeitende Mütter, die ihre Kinder in Anstalten abliefern und jammern jetzt rum: „Die Generation Vereinbarkeit ist müdeUnsere Mütter waren Hausfrauen, unsere Väter gingen arbeiten. Dreißig Jahre später ist Gleichberechtigung lediglich ein Phantasma der großstädtischen Mittelschicht.“ https://www.zeit.de/arbeit/2023-03/gleichstellung-frauen-care-arbeit-muetter-feminismus Von der Biografie der Mehrheit der Mütter keine Ahnung: die Omas mussten ihre Kinder ohne Mann durch den Krieg bringen, nach dem Krieg klopften sie Steine und hatten ihre Kinder zu versorgen, die Männer blieben im Krieg zurück oder kamen als Kriegsversehrte wieder. Ein Hausfrauendasein, wie es hier suggeriert wird, konnten sich nur die Mütter der saturierten Wohlstandsecke leisten. Die… Mehr

Guenther Adens
1 Jahr her

Aus subjektiver Warte kann ich nur sagen: Gott sei Dank, daß es die Frauen gibt: In einer normalen Familie ( 80%) sind die Rollen, ganz kurz gesagt, folgendermaßen verteilt: Die Ehefrau sitzt auf dem Portemonnaie und kalkuliert die Einkäufe, sorgt für die Kinder und bestimmt wochentags, wann es ins Bett geht. Dafür dürfen ihre Männer am Wochenende am (Vereins)- Stammtisch Weltpolitik machen – hier ist die Meinung der „unterdrückten“ Frau nicht erwünscht- und wenn sie sich doch unqualifiziert äußert, während sie den promillebeladenen Mann von der Theke per Automobil abholt, hat sie natürlich immer, übrigens bei allen eingeschüchterten Diskutanten, ausnahmslos… Mehr

Sozia
1 Jahr her

Man hat Millionen Männer aus patriarchalen Gesellschaften ins Land geholt. So bald wird der Kampf nicht enden, den man hat ihn damit maximal befeuert. Unsere Straßen waren zwischenzeitlich recht sicher für Frauen, schon allein das haben wir verloren, es ist ein herber Verlust.