Sex nur noch nach gegengezeichneter Einverständnis-Erklärung. Jetzt schwappt die überbordende Regulierung auch ins intimste Privatleben über. In Nordamerika breitet sich gerade die Idee aus, sexuelle Übergriffe durch dokumentierte Einwilligungen zu vermeiden, die bei der Anbahnung eindeutig sexueller Betätigungen mit mehr als einem Beteiligten ausgefertigt und nachgehalten werden müssen – „affirmative consent“ und „yes means yes“ sind die einschlägigen Stichwörter.
Allerorts werden in den Vereinigten Staaten und Kanada bereits entsprechende Toolkits an junge Erwachsene verteilt. Etwa die „consent toolbox“ in Vancouver. In der pinken Pappschachtel ein Kondom, ein wenig Gleitcreme und das Sex-Einwilligungs-Formular. Oder man kann sich für ein paar Dollar das „Consent Conscious Kit“ beim Affirmative Consent Project bestellen. Wahlweise in laszivem Kunstleder oder in einem ökologisch korrekten Leinen-Beutelchen. Ebenfalls mit einem Kondom, aber ein Pfefferminz-Bonbon statt der Gleitcreme und sinnigerweise zum „Consent Sex Contract“ auch ein Stift.
Die Generation Y wird dann aber doch eher auf Smartphone-Apps wie zum Beispiel We-Consent anspringen. Damit zeichnen die Paarungsbereiten ein einvernehmliches Gespräch per Video auf, das dann verschlüsselt und nur nach Gerichtsbeschluss einsehbar abgelegt wird. Gerichtsbeschluss oder universitäre Entscheidung. Die Hochschulen sind nämlich in dieser Angelegenheit Haupttreiber. Offensichtlich meinen die amerikanischen Bildungspolitiker, den scheinbar allerorts herrschenden sexuellen Missbrauch auf dem Campus nicht mehr anders in den Griff zu bekommen.
Laut National Post haben Kalifornien und jetzt gerade New York ein Gesetz verabschiedet, das Colleges, die öffentliche Gelder erhalten, verpflichtet, entsprechende Regeln einzuführen. Die Mehrheit der Studenten dort dürfte damit künftig nur noch mit Vertrag geschlechtsverkehren. Denn viel erdrückender als die Campus-Regeln selbst ist der Umkehrschluss: Jeder Sex ohne eindeutigen Zustimmungsbeleg gerät damit unmittelbar unter den Verdacht von Missbrauch und Vergewaltigung.
In den USA rollt die Idee bereits aus. In zahlreichen Bundesstaaten bestehen schon an einzelnen Einrichtungen einschlägige Bestimmungen beziehungsweise es werden entsprechende Gesetze diskutiert. Da dürfte es nicht mehr lange dauern bis ein sich unterrepräsentiert fühlender EU-Kommissar ähnliche Vorschläge für Europa macht.
Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Erzwungener Sex ist eine ziemlich miese Straftat und dazu ist fraglos nicht einmal unbedingt körperliche Gewalt erforderlich. Aber deswegen den bürokratischen vor den sexuellen Akt zu stellen, ist dann doch die vollständige Aufgabe eines mündigen Menschenbildes. Ja mehr noch: Der eigenverantwortliche zwischenmenschliche Umgang wird damit geradezu kriminalisiert. Einer der nächsten Schritte wird dann irgendwo zwischen „Clockwork Orange“ und „Brave New World“ liegen. Also im reinen Horror.
Bild: www.affirmativeconsent.com
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