US-Wahlkampf: Das Rennen der Demokraten

Im Gegensatz zu den turbulenten Vorwahlen der Republikaner um und mit Donald Trump finden die der Demokraten sehr wenig Beachtung in den Medien. Einige der demokratischen Präsidentschaftskandidaten sind vor allem in Europa völlig unbekannt. Ein Überblick über Personen und Programme.

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Das demokratische Bewerberfeld ist im Vergleich zu den Republikanern auch sehr klein. Insgesamt versuchten am Mittwochabend nur fünf Kandidaten die demokratischen Vorwähler von ihren Qualifikationen für die Präsidentschaft zu überzeugen. Neben den beiden Hauptkontrahenten Hillary Clinton und dem Linkspopulisten Bernie Sanders findet kaum ein demokratischer Kandidat in den Medien oder sonst in der Öffentlichkeit statt. Selbst der lediglich mögliche Kandidat und Vizepräsident Joe Biden erhält mehr mediale Berichterstattung als die anderen drei Kandidaten zusammen.

Im Vorfeld gab es keine großen inhaltlichen Erwartungen, da seit dem vollzogenen Linksruck von Hillary Clinton eigentlich keine inhaltlichen Unterschiede mehr übrig geblieben sind. Sogar was die umstrittene Keystone-Pipeline und den einst von ihr als Goldstandard bezeichneten Freihandelsvertrag mit Asien TPP angeht, hat Clinton sich kurfristig noch etwas weiter links positioniert.

Hillary Clinton

Die ehemalige First Lady ist die klare Gewinnerin des Abends. Sie hatte die Kontrolle in der Debatte, sie wirkte kompetent, war manchmal sogar witzig und sogar vergleichsweise aggressiv, was für die führende Person in einer TV-Debatte sehr ungewöhnlich ist.  So hat sie alle ihre Herausforderer auf die hinteren Plätze verwiesen und gezeigt, warum sie nicht nur die Favoritin ihrer Partei ist, sondern warum sie die einzige der Kandidaten der Demokraten ist, die tatsächlich genug Erfahrung und Disziplin hat und auch über die notwendige professionelle Haltung verfügt, um die Wahl zu gewinnen.

Man muss festhalten, dass sich die ehemalige Außenministerin zu Beginn dieser Debatte in einer unerwartet erfreulichen Ausgangslage befand. Fast alle ihre größeren Probleme konnte sie vor der Debatte selbst noch schnell beseitigen oder sie lösten sich von selbst in Luft auf. Gegen wirksame Attacken durch ihre sehr umweltpolitisch orientierten Konkurrenten sicherte sie sich mit dem faktischen Positionswechsel in der Frage der Keystone-Pipeline ab, das Massaker in Oregon hat den sehr waffenfreundlichen Sanders innerhalb der demokratischen Partei deutlich in die Defensive gezwungen und die Äußerungen des Fraktionsführers der Republikaner im Kongress, dass der Bengasi-Untersuchungsausschuss nur ein parteipolitisches Instrument gegen Clinton sei, machte auch diesen Skandal in der innerparteilichen Auseinandersetzung wirkungslos. Auch der Schwung einer möglichen Kandidatur des Vizepräsidenten Joe Biden hat durch dessen Assoziation mit der Freihandelsagenda des Präsidenten, die innerhalb seiner eigenen Partei extrem unbeliebt ist, spürbar abgenommen.

Ihr größtes Problem, der Skandal und die laufenden Ermittlungen um die Nutzung ihrer privaten E-Mailadresse als Außenministerin, räumte dann sogar noch ihr größter Konkurrent Sanders aus dem Weg. Denn wie alle Beobachter wissen, hängen Sieg und Niederlage in diesen TV-Debatten immer an einzelnen Momenten. Diesen Moment hatte allerdings nicht Clinton selbst, sondern Bernie Sanders, als er Hillary in einer einmaligen Situation in der amerikanischen politischen Geschichte zur Seite sprang. Er brüllte laut, dass die amerikanische Bevölkerung es satt habe, sich mit Clintons E-Mails zu befassen, woraufhin tosender Applaus losbrach und Clinton und Sanders sich sogar noch die Hände schüttelten. Durch diese Aktion hat er das Thema in der innerparteilichen Auseinandersetzung ein für alle Mal aus dem Weg geräumt und sich und den anderen Kandidaten damit einer wirksamen Angriffslinie beraubt. Clintons in der Bevölkerung so umstrittene Vertrauenswürdigkeit spielt in diesen Vorwahlen der Demokraten nun absolut keine Rolle mehr, was man auch hier besichtigen kann.

Bernie Sanders

Sanders ist der einzige offizielle Kandidat, der neben Clinton noch wirklich stattfindet, auch wenn er absolut chancenlos ist. Er ist 73 Jahre alt und sitzt seit 2006 als unabhängiger Politiker parteilos im Senat der Vereinigten Staaten. Er gilt in den USA als der absolute Anti-Establishment-Kandidat und ist ein selbsterklärter demokratischer Sozialist. Auf äußerst untypische Weise, für amerikanische Verhältnisse, hegt er offen Sympathien dafür, die USA in eine „Soziale Demokratie“ nach skandinavischem Vorbild zu verwandeln. Auch in der Debatte konnte er sich ein für ihn äußerst schädliches Loblied auf Dänemark nicht verkneifen.

Mit seinen Themen konnte er bislang auffallend große Menschenmengen für seine Wahlkampfveranstaltungen gewinnen und trotz eindeutig linkspopulistischer Agenda gilt er als einer der authentischsten Kandidaten. Sanders steht im linken Lager für den Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit, vor allem „income inequality“ und für die konsequent höhere Besteuerung von „Großkonzernen“ und „der Reichen“. Darüber hinaus ist er einer der härtesten Verfechter einer „restriktiveren Klimapolitik“ im Kongress der Vereinigten Staaten. Was die Waffengesetzgebung angeht, gilt er trotz eines negativen „voting-records“ der NRA als waffenfreundlich.

In der Debatte hat sich Sanders gut geschlagen. Aber bei weitem nicht gut genug, um Clinton jetzt noch gefährlich werden zu können. Sanders hat sich keinen Aussetzer geleistet und wird auch keine Anhänger verloren haben, aber die große Mehrheit der Demokraten wird sich nach dieser Debatte in ihrer Meinung bestätigt sehen, dass Sanders zwar ein authentischer Kandidat mit sympathischen linken Positionen ist, aber nicht ansatzweise das präsidiale Format von Hillary Clinton hat. Sanders einzige Chance, in diesem Rennen, genau wie in dieser Debatte, war eine schlechte Performance von Clinton, die wiederum aber mit Biden wahrscheinlich einen neuen Frontrunner hervorgebracht hätte, der wieder nicht Bernie Sanders heißt. Sanders wird sicherlich noch einmal einen kleinen Aufschwung in den Umfragen erleben, aber langfristig wird er keine Rolle mehr im Rennen um die demokratische Nominierung spielen. Denn alle vernünftigen Demokraten wissen, dass die Amerikaner wahrscheinlich eher Donald Trump als einen bekennenden Sozialisten wählen würden.

Lincoln Chafee

Der 62-jährige ist eigentlich einer der erfahrensten Kandidaten der Demokraten. Er war zuerst Bürgermeister einer kleineren Stadt in Rhode Island, dann Senator und später auch Gouverneur des Staates und er kennt sich somit sowohl in Wahlkämpfen als auch inhaltlich auf allen Ebenen der amerikanischen Politik aus. Besonders interessant ist auch seine sehr wechselhafte Parteizugehörigkeit. So war er von 1997 bis 2007 zu seinen Zeiten als Bürgermeister und Senator ein Republikaner, der aber wegen seiner linken Positionen und seiner Opposition gegen Präsident George W. Bush in seiner Partei eher ein Außenseiter war. Ab 2007 war er dann parteiloser Politiker und wurde als solcher auch zum Gouverneur gewählt. Erst seit 2013 ist er offiziell als Demokrat registriert.

Trotz seiner Erfahrung und seines vielseitigen Lebenslaufs wirkte er in der TV-Debatte vollkommen überfordert und deplatziert. Er ist eindeutig der Verlierer des Abends. Schon während seines Eröffnungsstatements hatte man das Gefühl, dass es nicht seine Nacht werden würde. Seine Versuche, sich als Kandidat mit den höchsten ethischen Standards von Hillary Clinton abzusetzen, waren sehr ineffektiv. Er war auch der einzige Kandidat, der sich einen wirklichen Patzer leistete. Als er nach seiner umstrittenen Zustimmung zur Abschaffung des berüchtigten Glass-Steagall Acts gefragt wurde, erklärte er, dass er nur zugestimmt hätte, weil es seine erste Abstimmung im Kongress gewesen sei und sein Vater gerade gestorben wäre. Er hätte einfach nicht gewusst, was er da täte. Als ob diese Aussage nicht schon ausgereicht hätte, legte er nach, indem er dem Moderator einen Mangel an Fairness zum Vorwurf machte, er solle nicht zu hart zu ihm sein. Hätte er sich nicht schon zuvor im nicht-messbaren Bereich der Umfragen befunden, wäre er spätesten nach diesem Patzer dort angekommen.

Martin O’Malley

Der ehemalige Bürgermeister der berüchtigten Stadt Baltimore war noch bis Anfang des Jahres Gouverneur des Staates Maryland und ist mit 52 Jahren der jüngste Bewerber im Feld. Er gilt als dem sehr progressiven linken Flügel der demokratischen Partei zugehörig und wird vor allem vom politischen Gegner immer wieder für die teils katastrophalen Zustände in der Stadt Baltimore verantwortlich gemacht. Auch seine Umfragewerte sind katastrophal niedrig.

In der Debatte wollte er mit seinen politischen Erfolgen punkten, wirkte dabei aber häufig etwas selbstgerecht, insbesondere dann, wenn man sein politisches Vermächtnis in Baltimore und Maryland betrachtet. Er wirkte nicht so fehl am Platz wie Chafee und Webb, aber vom großen Auftritt, den er gebraucht hätte, um wenigstens etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, war er sehr weit entfernt. Er hätte mindestens einen besonderen Moment, wie Fiorina oder Carson in den republikanischen Debatten gebraucht, aber er konnte nicht liefern.

Jim Webb

Webb ist der letzte der drei völlig irrelevanten Kandidaten und auch die Umfragewerte des 69-jährigen bewegen sich in den gleichen Größenordnungen wie die von O’Malley und Chafee. Webb ist ein hochdekorierter Veteran und war ein wichtiger Verteidigungspolitiker in der Reagan-Regierung (United States Secretary of the Navy = Marineminister). Von 2007 bis 2013 vertrat er dann als Demokrat den Bundesstaat Virginia im Senat der Vereinigten Staaten. Webb hat sich außerdem auch als Autor und Filmemacher betätigt.

Jim Webbs Auftritt in dieser Debatte war auch eine lehrreiche Demonstration darüber, was man in einer Debatte nicht tun sollte. Das einzige, was von ihm in Erinnerung bleiben wird, ist seine weinerliche Art und seine konstanten Hinweise, dass er ungerecht behandelt werde. In den USA wird Eigeninitiative auch in TV-Debatten großgeschrieben und wer sich nicht durchsetzen kann, ist selbst Schuld und sollte nicht den Moderator attackieren. Außerdem mutete es auch etwas seltsam an, dass er in seinem vorletzten Satz noch darauf hinweisen musste, in Vietnam einen Feind getötet zu haben, dabei grinste er hämisch.

Was bleibt?

Clinton lässt somit kein Fenster für Bernie Sanders und auch keins für Biden. Die anderen spielen nach wie vor überhaupt keine Rolle. Sanders lieferte den Moment der Debatte, aber Clinton wird von diesem am meisten profitieren können.

Die Debatte innerhalb der Demokratischen Partei, ob man nicht, wie die Grand Old Party (GOP), die Republikaner, mehr TV-Debatten veranstalten müsste, wird sich nach den krassen Unterschieden in der Performance der Kandidaten auch erledigt haben. Wer würde schon mehr von Chafee, Webb und O’Malley sehen, geschweige denn hören wollen oder noch mehr Lob für Clinton von Bernie Sanders?

Inhaltliche Unterschiede, die weitere TV-Debatten interessant und wichtig machen würden, gibt es auch nicht mehr und so unterhaltsam wie die Republikaner werden diese demokratischen Kandidaten in ihrem Leben und in diesem US-Wahlkampf nicht mehr werden.

Obwohl der Moderator Anderson Cooper von CNN sehr souverän war und harte Fragen gestellt hat, gab es, wie erwartet, kaum Auseinandersetzungen zwischen den Kandidaten. Es gab vor allem keine persönlichen Attacken wie bei der GOP. Das wird weniger, wie Donald Trump angedeutet hat, auf eine Verschwörung zurückzuführen sein, als darauf, dass sich keiner traut, die eindeutige Favoritin der Demokraten wirklich anzugehen, da jeder weiß, dass seine Zukunft in der demokratischen Partei wahrscheinlich sehr stark von ihr abhängen könnte. Dies kann auch in der entscheidenden Auseinandersetzung mit den Republikanern erneut ein großer Vorteil sein, denn der Kandidat der GOP wird wesentlich schwerer durch die Vorwahlen beschädigt sein, als die Kandidatin der Demokraten.

Es gilt weiterhin: Sofern nicht der unwahrscheinliche Fall eintritt, dass wegen der E-Mail-Affäre doch noch Anklage gegen die ehemalige Außenministerin erhoben wird, wird sie die Nominierung erhalten. Andernfalls wird Biden seinen Hut in den Ring werfen und die Nominierung erhalten. Alles andere hängt von den Republikanern ab.

Zum Schluss möchte ich doch noch einmal festhalten, dass es eine große Dissonanz zwischen den von den Kandidaten beschworenen Herausforderungen und der Tatsache gibt, dass die Demokraten seit sieben Jahren das Land regieren. Der einfache und immer wiederholte Verweis auf die Blockadehaltung der Republikaner wirkt hier wie ein Stehlen aus der Verantwortung. Dies gilt besonders für Hillary Clinton, die viele der dramatischen außenpolitischen Fehlentscheidungen des Präsidenten mit zu verantworten hat.

Gastautor Tim Tressel studiert Business Administration, Schwerpunkte: USA, Wirtschaft & Politik.

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