Silvester in Köln – ein Bändchen soll’s richten?

Wichtig ist eine Null-Toleranz-Strategie der Polizei. Aber gerade in Köln kann das Folgen haben, nicht für die Täter, sondern für die Polizei.

Screenprint: Twitter/ZDF-Landesstudio NRW

Ein buntes Armband soll künftig dafür sorgen, dass Frauen und Mädchen nicht nur auf der Kölner Domplatte zu Silvester sorgenfrei feiern können. Ein Napoleon I. Bonaparte (1769 – 1821) zugeschriebenes Zitat lautet: „Ich habe etwas Lächerliches über die Menschen herausgefunden. Sie sind bereit, für Orden und bunte Bänder zu sterben.“ Nun, das kann man in diesem Fall auch ins Gegenteil umkehren. Bunte Armbänder mit der Aufschrift „Respect“ verhindern zu Silvester in Köln Raubüberfälle, Taschendiebstähle durch den Antanztrick, Schlägereien, Sexualstraftaten und andere Belästigungen durch Männergruppen.

Im Krieg starben einst Männer bereitwillig für bunte Bänder – nun bekehren sie „junge Männer“ zum Positiven. Das potentielle Opfer muss nur daran glauben. Napoleon war wenigstens Realist. Ob die Kölner Maßnahme lächerlich ist, möchte ich nicht bewerten, jedenfalls ist sie in einer konkreten Gefahrensituation völlig sinnfrei. Es mag auf den ersten Blick ehrenwert erscheinen, dass Köln zu einem positiven Klima betreffs „Sicherheit“ in der Stadt zurückkehren will. Es gehört jedoch deutlich mehr dazu, als ein „guter Glaube“, ähnlich dem im ersten Weltkrieg „Helm ab zum Gebet!“.

Angsträume für das weibliche Geschlecht sind in Köln längst real und bekannt. So berichtet die Sängerin und WDR-Moderatorin Andrea Schönenborn (40) davon, dass sie als Frau abends nicht mehr Straßenbahn fährt, sie bevorzugt ein Taxi. Warum? So beschreibt sie, „insbesondere spät abends liegt oft eine ziemlich explosive Mischung aus betrunkenen Männern und teils aggressiven Jugendlichen in der Luft.“ Köln hat mehr als nur ein „Silvesterproblem“.

Es ist eine Illusion zu glauben, dass man Flüchtlinge, Migranten oder deutsche „junge Männer“ mit buntem Tand am Handgelenk besänftigen könnte. Wenig hilfreich war auch der Ratschlag von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, „eine Armlänge Abstand“ zu halten. Ich weiß nicht, von wem sich die OB beraten lässt, aber als zertifizierter Polizeitrainer weiß ich, dass in Krisenszenarien mit „Gefahr im Verzug“ eine Armlänge Abstand vergleichsweise so nutzlos wie ein Glas Wasser ist, um damit einen Waldbrand löschen zu wollen.

Eine Armlänge Abstand ist in unserem westlichen Kulturkreis der Mindestabstand, um nicht ungefragt in die persönliche Distanz eines Fremden einzudringen. Diese Verhaltensweise gilt für einen ungefährdeten und ungezwungenen Umgang im Alltag, mit Nachbarn, Bekannten oder Arbeitskollegen, ohne jeglichen Gefahrenbezug. Mit Sicherheit jedoch nicht für potentielle Gefährdungslagen, zumal sich dieser Hinweis als völlig lebensfremd erweisen muss.

Denn zu Silvester, beim Karneval oder anderen Mengenansammlungen ist es oftmals schlicht unmöglich, diese Mindestdistanz einzuhalten. Schier um Kopf und Kragen redete sich die Oberbürgermeisterin, als sie anfing, sich für diese „Armlänge Abstand“ zu rechtfertigen: „(…) man verhält sich auch klug, wenn man nicht in überschwänglicher Freude jedem, der einen sympathisch anlächelt, um den Hals fällt. Da könnten Angebote falsch verstanden werden und da sollte sich jede Frau und jedes Mädchen vor schützen.“ Ich kann im Alltag keine Situation feststellen, in denen Frauen fortlaufend wildfremden Männern um den Hals fallen.

Da haben wir es wieder: Das Opfer einer Vergewaltigung oder anderen Straftat sei also selbst schuld, – das passt zur verquasten Botschaft einer Armlänge. Traurig, wenn solche Stammtischparolen selbst von Frauen mit besonderer Verantwortung unbedacht in die Öffentlichkeit hinaus posaunt werden.

Das „neue Konzept“ für die Stadt Köln zu Silvester in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi sieht vor: „Nein heißt Nein! Null Toleranz bei Übergriffen“ oder „Fröhlich, sicher und respektvoll feiern“. Es wäre ja schön, wenn sich die Täter daran halten würden, mit trauriger aber höherer Wahrscheinlichkeit aber ein Wunschtraum. In der Prävention erreicht man eher weniger die potentiellen Täter. Das implizierte Grundproblem ist eben nicht die ausgelassene junge Frau, die modern gekleidet und vielleicht auch ein wenig angeschwipst von der Party nach Hause möchte. All diese „Ratschläge“ lenken vom eigentlichen Problem ab: von den Tätern.

Zur Armlänge die Armbändchen
Köln: Mit Pop art und Armbändchen Silvester sichern?
Männergruppen, die kriminell auf Frauenjagd gehen, erreicht man nicht mit präventiven Maßnahmen und einem öffentlichen Bewusstsein á la ein „Nein“ sei tatsächlich so gemeint und nicht vielleicht doch ein „Ja“. Erst recht nicht, wenn diese Männer kaum unsere Sprache sprechen und aus einem völlig anderen Kulturkreis kommen, in der jede Frau, die nachts noch unterwegs ist, als „Hure“ gilt. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Antisoziales Verhalten ändert man nicht durch Händchenhalten, Kerzenschein, plakative Absichtserklärungen oder Armbänder.

Wichtig ist vielmehr eine Null-Toleranz-Strategie der Polizei. Aber gerade in Köln kann das Folgen haben, nicht für die Täter, sondern für die Polizei. Als die Einsatzkräfte an Silvester zu 2017 über 1.000 Personen nordafrikanischer Herkunft kontrollierten und rund 900 von der Domplatte verwiesen hatten, war das Geschrei groß. „Rassismus, Diskriminierung, Racial Profiling“ polterte es aus allen Rohren. Linke und Grüne überschlugen sich in ihrer Empörung. Den gleichen Einsatz habe ich vermisst, als es darum ging, sich für die Frauen und Mädchen einzusetzen, die zu Silvester 2016 Opfer der massenhaften Straftaten durch „junge Männer“ wurden. Es wurden damals 1.054 Strafanzeigen aufgenommen, darunter waren 454 Sexualdelikte inklusive drei Vergewaltigungen. Die einzig richtige Strategie kann bei solchen besonderen Lagen nur die zahlenmäßig ausreichend präsente Polizei sein und deren sofortiges konsequentes Eingreifen. Dass die Polizei gelernt hat, hat sie inzwischen bewiesen. Man muss sie nun arbeiten lassen und darf sie nicht ständig mit einer gekünstelten „hochmoralischen“ Empörungskultur überziehen.

Mit bunten Bändchen wird man auch nicht den Personalrückgang bei der Polizei in NRW – Ergebnis des jahrelangen Stellenabbaus – kompensieren können. Das erinnert mich an den verbreiteten Aktionismus im Partnerland Brandenburg. Hier hat man ebenfalls die Stellen bei der Polizei, allen Ratschlägen zum Trotz, abgebaut. Man wollte durch sogenannte „Künstliche DNA“ die Wohnungseinbrüche minimieren. Ein mit viel öffentlichkeitswirksamem Tamtam vorgestelltes Konzept, dass von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Die Berliner Polizei ging diesen Weg aus gutem Grunde nicht mit. Inzwischen spricht niemand mehr davon. Bändchen können nicht den Schutzmann auf der Straße ersetzen, an den man sich bei Gefahr wenden kann.


Steffen Meltzer, Buchautor von „So schützen Sie Ihr Kind! Polizeitrainer vermittelt Verhaltensrichtlinien zur Gewaltabwehr“ und „Ratgeber Gefahrenabwehr Wie Sie Gewalt- und Alltagskriminalität in der Gesellschaft begegnen“.

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Kommentare ( 69 )

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Mylan
7 Jahre her

Die Bändchen werden nur ein paar linksgrüne Jungs so verängstigen, dass die sich gar nicht mehr trauen, ein Mädchen anzusprechen…

Alemannische Riten
7 Jahre her

Die Deutschen sollten dem ganzen Zirkus mal ihre Ur-Kultur entgegensetzen und an Silvester zu Tausenden vor den Kölner Dom kommen. Und zwar mit Kuhglocken und anderen lärmenden Geräten und mit bunten alemannischen Masken. So nehmen wir vielleicht wieder UNSERE EIGENE Kultur an. Das, woher WIR kommen. Ja. Auch das gehört dazu, zu uns. Es ist nicht bloß ein Schauspiel, bei dem man zusieht und früher böse Geister vertrieben hat. Ich würde dann gerne die Halbstarken sehen, die auf der Kölner Domplatte ihr Unwesen treiben.

Frau A.
7 Jahre her

Es werden viele sein. Die gleichen, wie etwa die sensationslüsternen Gaffer bei schweren Autounfällen, um auf Facebook posten zu können „Ich war dabei!“

Mr Mago
7 Jahre her

Warum sind wir da nicht schon früher drauf gekommen? Anstatt Hundertschaften von Polizisten inclusive teuern Fahrzeugen zu finanzieren, hätte man einfach an alle paar bunte Bändchen verteilen müssen. Dann gäbe es auch keine kriminalität mehr die zu ahnden ist. Keine Morde, Vergewaltigungen, Diebstähle usw usw.
Danke Köln, mit dieser Idee habt ihr dem Land Milliarden und Milliarden gespaart.
Vielleicht sollten wir diese Idee mit der ganzen Welt teilen.

Beteigeuze
7 Jahre her

Respekt muss man sich verschaffen, mit den buntem Tand am Handgelenk werden die Frauen in einer denkwürdigen parallele allenfalls ähnlich markiert, wie mit islamischen Kopftüchern. Das hindert in islamischen Staaten auch niemanden am Taharrusch dschamā’i, den öffentlichen sexuellen Übergriffen durch Männergruppen. Hier aber ist der zur infantilisierten und geistig entwaffneten „bunten Gesellschaft“ passende bunte Tand am Handgelenk eine Unterwerfungsgeste, weil man den Tätern aus den Staaten des vorderasiatischen, arabischen und schwarzafrikanischen Islamgürtels nichts entgegensetzt und ihnen nicht entschlossen entgegentritt. Das Juste Milieu [Grüne, Linke, SPD, verwirrte CDUler, Willkommensjubler, Leitmedienartikler …] liefert den Tätern die Frauen und unsere Gesellschaft aus, überlässt… Mehr

AlNamrood
7 Jahre her

Mein Mitleid was Bahnhofsklatscher und linksgrüne Sojamännchen anbelangt hält sich in Grenzen.

Arno Schäfer
7 Jahre her

Kafkaesk. Anders kann man die „Politik“ (in Springeranführungszeichen) im Homeland NRW nicht mehr bezeichen. Am besten das bunte Bändchen über Augen, Mund und Ohren ziehen, damit man wenigstens zu den drei Affen wird, die Vorbild für diese idiotische Aktion waren: Billigster Aktionismus, um ja nur keine Ursachenbekämpfung machen zu müssen. -Ich warte noch auf den Tag, an dem die ersten Bürger die französischen Staatsphilosophen der Aufklärung beim Wort nehmen und proklamieren, dass ein seitens des Staates nicht ausgeübtes Gewaltmonopol automatisch wieder in Volkes Hand zurückfällt und den ersten Vergewaltiger, Mörder oder Weihnachtsmarktbomber stande pedes lynchen. Noch vor ein paar Jahren… Mehr

Simon Templar
7 Jahre her

Die Verschnullerung Deutschlands ist in voller Gange. Wenn sie vollendet ist, nennen wir es in Eloiland um.

Casa Done
7 Jahre her

Nein, bitte nicht an die Politik, überhaupt nicht an Menschen! Woran dann glauben? Na, vernünftigerweise an den Mächtigsten und freiwillig Ohnmächtigsten, dessen Geburtstag demnächst wieder und leider kommerzorientiert „gefeiert“ wird. Worum ging´s nochmal an Weihnachten?? „Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ (Luk 2,10.11) „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben… Mehr

Burkhard Minack
7 Jahre her

Ihrem Text ist vollinhaltlich zuzustimmen, den letzten Satz „Bändchen können nicht den Schutzmann auf der Straße ersetzen, an den man sich bei Gefahr wenden kann.“, möchte ich ergänzen: Auch der Schutzmann (einer, 100 oder mehr…?) auf der Straße kann schon lange nicht mehr die Sicherheit der Bürger garantieren, wenn sich wer an ihn wendet. Weil dieser Staat, seine Institutionen, die verantwortlichen Politiker, seine weisungsgebundenen Staatsanwälte dies regelmäßig und nachhaltig, aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen (jedoch mutmaßen…) kann, verhindern, torpedieren und sabotieren! Warum brauchen wir denn mehr Polizei? Es ist an der Zeit, die Ursachen für den Ruf nach mehr… Mehr