Wieso machen die das, obwohl jeder weiß, dass es falsch ist?

Wieso machen die das? Das schadet doch Deutschland! Das ist immer häufiger zu hören. Kann es sein, dass diese Fragen in einem grundsätzlichen Missverständnis begründet sind? Vorweg: Wir werden nicht von Idioten regiert, auch nicht von Umfallern – ganz im Gegenteil. Von Marco Asudo

IMAGO / dts

Eine These: Eine „von Unternehmern geführte“ Marktwirtschaft und ein von Politikern/Parteien geführter Staat sind auf Dauer nicht miteinander vereinbar. Ludwig Erhard wusste das noch. Der Staat gab die Rahmenbedingungen vor und hielt sich ansonsten aus der Wirtschaft raus. Das Ergebnis war das Wirtschaftswunder. Heute werkeln Politiker in der Wirtschaft herum – mit verheerendem Ergebnis.

Was kennzeichnet eine Marktwirtschaft?

Kennzeichen der Marktwirtschaft ist der Wettbewerb um die Kunden. Wenn ein Unternehmer langfristig erfolgreich sein will, muss er seine potentiellen Kunden davon überzeugen, dass er bessere Produkte anbietet als andere. Was bedeutet langfristig erfolgreich? Der Unternehmer muss für sein Produkt tatsächliche Alleinstellungsmerkmale entwickeln, das Produkt muss zu einem Preis angeboten werden, der es dem angestrebten Kundensegment attraktiv erscheinen lässt. Dieser Preis muss eine ausreichende Marge beinhalten, sodass aus den Gewinnen in neue Produktgenerationen und Expansion investiert werden kann.

Ein erfolgreicher Unternehmer hat ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Er versteht, dass insbesondere je komplexer das Produkt, die Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter umso mehr von essenzieller Bedeutung sind. In diesem hochdynamischen, zumeist internationalen Umfeld, wird aussortiert, wer nicht mithalten kann. Dieses Umfeld sorgt automatisch für die nachhaltige und intelligente Nutzung jedweder Ressourcen, einschließlich des Kapitals. Der Unternehmer, der nicht beständig optimiert, verliert seine Wettbewerbsfähigkeit.

Was ist Erfolg für Politiker?

Politiker sind erfolgreich, wenn sie Macht haben und sich das von Dritten zwangsbezahlen lassen. Auch Politiker sind einem Wettbewerb ausgesetzt. Hierbei werden andere Qualifikationen als bei Unternehmern in Anspruch genommen: Intrige, Wortverdrehen, Schönreden, Netzwerken, Seilschaften bilden, unter Druck setzen, Kuhhandel. Sie müssen Mehrheiten organisieren und dabei auf die Ideologie Rücksicht nehmen – also meist zusammenphantasierten Vorstellungen über das, was die Welt zusammenhält, aber meist nur zum Einsturz bringt. Wer das nicht ausreichend beherrscht, wird aussortiert. Es geht in der Parteienpolitik nicht um die Schaffung von Mehrwert, sondern um den Ausbau der Macht.

Warum ist das so wichtig? Aufgrund der genannten Selektionsmechanismen ist Parteipolitikern die Komplexität von Wertschöpfung intellektuell nicht zugänglich. Ein einfaches Beispiel aus der Praxis. Ein deutscher Motorenhersteller hat Probleme mit seinem indischen Zylinderkopfzulieferer, es entsteht in der Gießerei zu viel Ausschussware. Der Vorschlag des Motorenherstellers ist die Automatisierung. Die sozialistische Arbeiterpartei protestiert, weil das Arbeitsstellenverlust bedeutet.

Was bedeutet „Automatisierung“?: 1. Minen, die Metall gewinnen. 2. Ingenieure, die Automaten designen. 3. Ingenieure, welche die Maschinen und Werkzeuge zur Herstellung von „Automaten“ designen. 4. Facharbeiter, welche die Automaten herstellen. 5. Zulieferer, welche wiederum den Herstellungsprozess unterstützen. 6. Logistikunternehmen, die Lagerkapitalbindung reduzieren. 7. Universitäten, welche die Ingenieure ausbilden. 8. Schulen, welche eine Ausbildung zum Ingenieur oder Facharbeiter ermöglichen, usw. 9. All diese Prozesse bedürfen preiswerter Energie, diese wiederum bedarf Innovationen, Ingenieure, Facharbeiter und Arbeiter für die Infrastruktur, Konkurrenz, welche sich gegenseitig darin beflügelt, bessere, produktivere „Automaten“ zu erzeugen, etc. … Wertschöpfung ist ein mehrdimensionales, sehr komplexes Universum.

Die Gegenwelt der Politik

Weil erfolgreiche Politiker um ihr kognitives, selektionsbedingtes Defizit wissen, ist es ihnen umso wichtiger, eine Art ideologisch fundierte Scheinwelt aufzubauen, welche ein Gegenentwurf zur Marktwirtschaft ist. Denn wie gezeigt, sind ihre intellektuellen Qualifikationen in der Regel nicht dazu geeignet, in der Marktwirtschaft zu bestehen. Es geht nicht darum, seinen vermeintlichen Kunden, den Wählern, einen Nutzen zu stiften. Es geht darum, diesen Störfaktor „Wahlergebnis“ so weit als möglich in seinen lästigen Auswirkungen zu reduzieren. Diese Scheinwelt ist ein künstliches Gebilde, in der Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, und je weiter dieses Gebilde ausgedehnt wird, desto mehr Ressourcen nimmt es in Anspruch.

Das bedeutet: Der nachwachsende Rohstoff, von dem sich die politische Klasse ernährt, also der Steuerzahler, muss geschröpft werden. Dieser Automatismus des zunehmenden Schröpfens stößt irgendwann auf passiven und dann auf aktiven Unmut und vielleicht auf Widerstand. Wenn sich dieser Widerstand organisiert, ist das Kind für die politische Klasse schon fast in den Brunnen gefallen. Um sich zu retten, muss mit jedwedem Mittel – und diese Mittel rekrutieren sich nun mal aus dem Pool der vorhandenen Eigenschaften, also Intrige, Wortverdrehen, Schönreden, Netzwerken, Seilschaften bilden, unter Druck setzen – die Macht ausgebaut werden, um die Macht zu bewahren.

Macht ausüben bedeutet zu kontrollieren, zu zwingen und zu bestrafen. Somit gleitet eine ursprünglich leistungsfähige, marktwirtschaftlich geprägte Gesellschaft per Automatismus hinüber in eine Art Faschismus, einer „Bündelung“ der Kräfte, von denen Friedrich Merz bereits gesprochen hat, die gekennzeichnet ist durch wenige, zumeist von Staatsgeld finanzierte Großunternehmen und der politischen Klasse, welche den vollkommenen Machtanspruch umzusetzen gedenkt, auch in und mit den Mitteln der Unternehmen. Die Macht bestimmt über das Leben und den Tod des nachwachsenden Rohstoffs, des Steuerbürgers.

Die Macht, Menschen in den sicheren Tod zu schicken, in den Krieg, und dann Beileidstelegramme versenden zu dürfen, ist ebenso historisch ein vielfach verfolgtes Ziel. Es kennzeichnet auch das eine Szenario des Untergangs der politischen Klasse, das andere Szenario ist die endgültige Zerstörung der Wirtschaft ohne Krieg. Das ist nicht komplex. Im großen Gegensatz zu Unternehmern, die stets – um wirtschaftlich zu überleben – die permanente Optimierung der Ressourcennutzung umsetzen. Im Gegensatz dazu dienen wirtschaftsbezogene Maßnahmen der politischen Klasse ausschließlich ihrem Ziel des Machterhalts bzw. des zwangsläufigen Machtausbaus.

Somit geht das politische System aus der Sicht derer, die wirtschaftlichen Mehrwert schaffen, verschwenderisch und sinnlos mit Ressourcen um, insbesondere mit Kapital. Aber nicht nur mit Kapital. Was tragen in Wirtschaftsfragen gut ausgebildete Wähler zum Machterhalt der etablierten Parteien bei? Richtig, nichts – im Gegenteil, je besser ausgebildet der nachwachsende Rohstoff in Geschichte und Wirtschaft ist, desto eher steigt die Unzufriedenheit mit der politischen Klasse. Die systematische Verlotterung des Bildungswesens dient der politischen Klasse, diese Verlotterung wird mit zielstrebiger Absicht forciert.

Wir werden nicht von Idioten regiert. Die erfolgreichen Politiker der CDU, CSU, SPD, Linke, FDP und Grünen sind höchst versierte Fachleute in ihrem Gebiet der Machtanhäufung und Ausbeutung des nachwachsenden Rohstoffs, des Steuerbürgers.

Waren Ihnen, geneigter Leser, diese Gedanken zu radikal? Vielleicht. Aber machen Sie sich doch die Mühe und prüfen einmal Maßnahmen, welche Ihnen wirtschaftlich fragwürdig erscheinen aus der geschilderten Sicht eines erfolgreichen Politikers. Vielleicht ergeben diese Maßnahmen, dem richtigen Ziel zugeordnet, plötzlich Sinn und Sie merken auf einmal: Es sind keine Idioten, die uns regieren.

Es ist vielmehr so, dass Sie, die Leser, andere Zielprioritäten haben, und mit der öffentlichen Formulierung dieser abweichenden Ziele zwangsläufig den Staat delegitimieren.

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Kommentare ( 39 )

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Buonarroti
10 Tage her
Heiner Mueller
11 Tage her

„Wir werden nicht von Idioten regiert.“ Stimmt, aber auch Al Capone war auch kein Idiot. Aber er war ein Verbrecher, der kaltblütig über Leichen ging, um Riesengewinne zu machen. Und heute?

Wolfgang Schuckmann
11 Tage her

Ich verstehe den Beitrag als Aufruf sich der Dinge anzunehmen und dabei Tabula Rasa zu machen. Wer sein Urteilsvermögen noch nicht komplett verrelativiert hat, ist meiner Auffassung nach geradezu gezwungen den Machenschaften einer intelligenten Bande den Riegel vorzuschieben. Und das beginnt damit, dass man den Leuten klar machen muss, dass das Spiel nicht um sie geht, sondern um die Gesamtheit der Gesellschaft ohne Bonuspunkte für diese oder jene Klientel. Kurz, dem Staat im Staat muß klar gemacht werden, dass sich die Welt nicht um die Parteien dreht, sondern klar sein muss, dass sie ein Vertreterverhältnis mit uns, dem Bürger haben.… Mehr

Flik Flak
11 Tage her

Wieso? Weil sie es können. Diese Leute sind wie kleine Kinder, ohne entwickelte Impulskontrolle.

Rene Meyer
11 Tage her

Was Politiker tun, machen sie (im Wesentlichen) mit voller Absicht. So weit stimme ich dem Artikel zu. Die Glorifizierungen zu Beginn des Textes teile ich jedoch nicht. Hierin liegt eine wesentliche Ursache für die Probleme unserer Zeit: nämlich der blinde Fleck, dass eben nicht alles kritiklos gut war an der Art, wie über Jahrzehnte hinweg gewirtschaftet wurde. Diese Kritik wurde unterdrückt oder verunglimpft mit dem Ergebnis, dass von linker Seite und denen, die sie instrumentalisieren, der wahre Kern dieser Kritik aufgegriffen, zu einem Popanz aufgebauscht und zur woken, linksgrünen Ideologie mit allen ihren heute für Menschen, die guten Willens sind,… Mehr

Aegnor
11 Tage her

„Was tragen in Wirtschaftsfragen gut ausgebildete Wähler zum Machterhalt der etablierten Parteien bei? Richtig, nichts“ Das ist definitiv so. Man sieht es ja als Folge der mittlerweile grün-dominierten Lehrerschaft. Allerdings unterliegen diese ideologischen Fußsoldaten in den Klassenzimmern wie ihre Herren in der Politik, die massenweise Ungebildete einwandern lassen, einem gravierenden Irrtum. Ohne ausgebildete Fachkräfte kollabiert die Wirtschaft. Und wenn es nichts mehr umzuverteilen gibt, weil die letzten Leistungsträger abgehaun sind oder nicht mehr arbeiten, hungert auch der grüne Lehrer, denn seine Propaganda kann er nicht essen. Und auch wenn die Politiker das Land bis zum letzten Cent ausplündern um ihre… Mehr

GeWe
10 Tage her
Antworten an  Aegnor

Sie freuen sich wie Kindsköpfe, wenn wieder ein Kraftwerk gesprengt wird,
träumen von irgendeinem Neo-Kambodscha, wollen aber fürstlich leben auf Kosten der Ausgeplünderten, deren Lebensgrundlage sie zerstören.

H. Hoffmeister
11 Tage her

Hervorragende Analyse der Unvereinbarkeit von marktwirtschaftlichem Wettstreit zwischen dabei nutzenstiftenden Kontrahenten und dem üblen Winkelzuggeschachere korrupter Politikdarsteller mit immer destruktiven Auswirkungen. Am Ende ist alles kaputt.

Manfred_Hbg
11 Tage her

Zitat 1: „Wenn ein Unternehmer langfristig erfolgreich sein will, muss er seine potentiellen Kunden davon überzeugen, dass er bessere Produkte anbietet als andere.“ > Wenn hier in Deutschland vom DExit und Austritt aus der EU gesprochen wird und unsere grünwoke Polit-Elite dann erzählt dass das der Untergang von Deutschland wäre, dann habe ich das mit Blick auf obiges Zitat immer für volksverdummendes Geschwätze gehalten. Denn mal abgesehen davon, dass es auch noch andere europäische Ländern gibt die nicht in der EU oder sogar ausgetreten sind und sich auch nicht zum Drittweltstaat entwickelt haben und das es Deutschland auch schon gut… Mehr

W aus der Diaspora
11 Tage her

Jeder, der ein Interesse an Unternehmertum und Politik hat, muss sich irgendwann entscheiden. Diese Entscheidung muss durch das System der Parteien immer früher gefällt werden. Entweder man steckt seine Zeit in die Partei – deren Verwaltung und Plakate kleben etc., oder man steckt seine Zeit in den Erwerb von Wissen und Können um eben Unternehmer werden zu können. Da ist es logisch, dass gerade die, die es nicht so mit dem Wissenserwerb haben, sich lieber um Parteibelange kümmern. Das Parteiensystem, dass wir derzeit haben taugt nichts. Um da etwas zu revormieren müssten zuerst einmal die Jugendorganisationen verboten sein und als… Mehr

maps
11 Tage her

Sie wollen „ihren Weg“ und „ihre Demokratie“ um jeden Preis durchsetzen. Eine „repräsentative Demokratie“ ist ein Widerspruch in sich, denn es ist lediglich ein Schein-System, der mehrheitliche WIlle des Bürgers wird und soll gerade so nicht durchgesetzt werden. Den Beweis erleben wir täglich seit mindestens 25 Jahren. Ganz abgesehen davon, das die Leute bewusst dumm gehalten werden oder mit Propaganda in die „richtige“ Richtung gebracht werden.