Lasst die Drohnen fliegen!

Moralisch einwandfrei handeln jene, die den Schutz der eigenen Truppen an den Anfangspunkt jeder Überlegung stellen. Bevor es zu Einsätzen kommt.

Anfang Januar ging eine Meldung ein bisschen unter, die ohne das Dauerthema der unheilvollen Kölner Silvesternacht und ihre Folgen für große Empörung gesorgt hätte. Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt beschloss das Verteidigungsministerium nämlich, bis spätestens 2018 Kampfdrohnen israelischer Herstellung zu leasen.

Genau. Die Dinger, die bei Pazifisten schon mal einen Tobsuchtsanfall auslösen können und von ihnen mit allerlei moralischen und wenig sachlichen Attributen bestückt werden: Unethisch, Killerroboter, Joystickwaffe, Verrohungsinstrument. Die  Verdächtigen des linken Parteienspektrums haben natürlich ebenfalls ihre sehr spezielle Sichtweise.

Jan van Aken etwa, der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, meint: „Der Krieg per Joystick ist nichts anderes als ein Türöffner für hemmungsloses Töten aus der Distanz.“ Ziehen wir dem hysterischen Aufschrei den Stecker und betrachten nüchtern, um was es hier eigentlich geht und wieviel Substanz in Aussagen wie etwa denen van Akens steckt.

Distanzwaffen schützen auch die eigenen Soldaten

Zunächst einmal ist eine bewaffnete Drohne eine Weiterentwicklung der Waffentechnik. Beispiele für Neuerungen bei Waffen finden sich in fast jedem Jahr der bisherigen Militärgeschichte. Ohne die Erfindung des Schießpulvers würden sich Soldaten noch heute im Kampf Mann gegen Mann mit Schwertern die Körper aufschlitzen. Mit den ersten Kanonen konnte feindliche Kavallerie über mehrere hundert Meter hinweg bekämpft werden, ohne die eigenen Soldaten in Gefahr zu bringen.

Auch wenn es Friedensapostel selten gerne hören, aber Distanzwaffen haben neben all den anderen Zwecken, für die sie geschaffen wurden, eine weitere prominente Hauptkomponente: das Leben der eigenen Soldaten zu schützen. Wenn sich also Herr van Aken interpretiert, bewaffnete Drohnen seien die Initialzündung für hemmungslose Mordaktionen ohne jegliche Grenzen, kann das nur zweierlei bedeuten.

Er hat keine Ahnung, wie Kriege bislang geführt wurden. Oder, was weitaus schlimmer wäre und er wohl nicht will, die Bundeswehr stattdessen im dreckigen Häuserkampf oder auf dem Schlachtfeld das Leben vieler Soldaten riskieren zu lassen. Wer Drohnen als unethische Waffen brandmarkt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob es ethischer wäre, den schießenden Soldaten wieder einer unmittelbaren Gefahr auszusetzen.

Überhaupt ist es sehr gewagt, Waffen eine Ethik oder Moral zuzuschreiben. Eine ethische und damit moralische Verantwortung hat nur der, der den Einsatz solcher Waffen plant, billigt oder umsetzt. Zusammengefasst: Moralisch einwandfrei handeln jene, die den Schutz der eigenen Truppen an den Anfangspunkt jeder Überlegung stellen.

Auch eine andere, sehr oft bemühte Schmähung der Drohnen, hält einer objektiven Betrachtung kaum stand. Wie in einem Computerspiel würde der Soldat emotionslos hinter seinem Joystick hocken und alles abschießen, was ihm vor die Linse käme. Das ist natürlich totaler Unfug. Einerseits hieße das ja, unsere Bundeswehr würde nach Gutdünken Leute kaltmachen, die ihnen einfach nicht passen.

Waffen haben keine Moral, aber Menschen

Gerade die Kritiker sollten wissen, dass in Deutschland noch nicht einmal eine Waffe durchgeladen werden kann, ohne dass der Bundestag sein Ja und Amen dazu abgibt. Und was unterscheidet den Piloten des unbemannten Flugkörpers vom Piloten, der tausende Meter über seinem Ziel kreist und schließlich ebenfalls nur den Knopf an seiner Steuerung drückt? Ist der Kampfflieger nun mehr oder weniger emotional beteiligt?

Andererseits zielt die Computerspiel-Analogie auch darauf, dass dem Drohnenpiloten eigentlich egal wäre, wen er da tötet. Gerne wird hier noch Kollateralschaden hinterhergeschoben, um die maximale Verruchtheit der Drohnen demonstrieren zu können. Allerdings haben sich bisherige und jetzige Distanzwaffen bei diesem Thema auch selten mit Treffergenauigkeit auszeichnen können. Man denke nur an die Artillerie, die unmöglich so genau gesteuert werden kann, dass ihre Geschosse eben nicht das im Feindesland liegende Dorf treffen.

Zivile Opfer sind also überhaupt nicht drohnenspezifisch. Um aber solche Schäden zu minimieren, sind Zielgenauigkeit und Echtzeit-Lageinformationen nötig, bevor die Waffe ausgelöst wird. Drohnen werden dieser Spezialisierung gerecht. Zu guter Letzt sollte erlaubt sein, den Gebrauch militärischer Waffen auch unter dem wirtschaftlichen Aspekt zu sehen. Ein ferngelenkter Flieger hat in der Kosten-Nutzen-Relation ein hohes Maß an Effizienz vorzuweisen. Pleiten wie beim Eurohawk sind der schlechten Beschaffungspolitik anzulasten, nicht der Waffenart an sich.

Machen wir uns also nichts vor: Dass Deutschland beim Angebot aus Israel zugreift, ist weder ein Schritt zur Berserker-gleichen Killerarmee noch eine Abwendung von allen moralischen oder ethischen Prinzipien. Die Bundeswehr kann nicht wegsehen, wenn sich die Art der Kriegsführung ändert, ohne peinlich zu wirken wie mit veraltetem. Sie hat’s begriffen und lässt die Drohnen endlich fliegen.

Sebastian Antrak ist nach vielfältigen Erfahrungen von Journalismus bis Werbebranche freier Autor.

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