Kampf um bezahlbaren Wohnraum in Frankfurt

Drei Jahre haben Studenten der Frankfurter Städelschule und der University of Applied Sciences zusammen mit Architekten an der Umsetzung dieses Bauprojektes auf Favela-Niveau gearbeitet. Für Architekturkritiker Niklas Maak, der das Projekt als Gastprofessor an der Städelschule initiiert hat, ist es auch eine Antwort auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum für „Studierende und Geflüchtete“. Von Claus Folger

picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Bis zur Geschmacklosigkeit ist Frankfurt eine Stadt der Gegensätze und das nur auf wenigen 100 Metern. Der Luis Vuitton Store in der Goethestraße strahlt im Luxus. Er ist mit München die größte Filiale in Deutschland. „Haben Sie einen Termin?“ ist immer die erste Frage am Eingang. „Nein“, antworte ich. So habe ich noch etwas zu warten, bis ich schließlich von meiner persönlichen Kundenbetreuerin in Empfang genommen werde, die mich durch die angenehm eleganten Räumlichkeiten eskortiert. Denn niemand schaut sich hier einfach nur so um. „Es läuft unfassbar gut“, sagt sie auf Anfrage. Wer lässt sich bei 690,- € für ein schlichtes, weißes Pocket Polo Shirt schon lumpen?

Zwei U-Bahn-Stationen weiter, im Innenhof des Senckenberg Naturmuseums, wate ich durch Pfützen. Der Wind schlägt die letzten Regentropfen aus den Bauplanen, die von riesig anmutenden Höckern aus Stahlträgern herunterhängen, die wiederum aufeinandergestapelte Holzwohnkisten ohne Fenster tragen. Ist das ein Kunstprojekt aus Afghanistan oder etwa der vielumjubelte The Prototype Frankfurt für junges Wohnen? Unterhalb der sogenannten Wohnanlage ein hässlicher Unort. Hier könnte aber laut Machern ein öffentliches Wohnzimmer, ein Café, ein Lebensmittelverkauf, ein Kino, eine Theaterbühne oder sogar eine Diskussionsarena entstehen. Nur dass man bei Regen nass würde, da die als Dach dienenden Holzplanken nicht miteinander verbunden sind. Mit ihnen hätte man besser eine Spielplatz-Sandkastenlandschaft überbrückt.

Drei Jahre haben Studenten der Frankfurter Städelschule und der University of Applied Sciences zusammen mit Architekten an der Umsetzung dieses Bauprojektes auf Favela-Niveau gearbeitet. Für Architekturkritiker Niklas Maak, der das Projekt als Gastprofessor an der Städelschule initiiert hat, ist es auch eine Antwort auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum für „Studierende und Geflüchtete“. Ob der von Akademikern für Akademiker ersonnene Standard für Flüchtlinge akzeptabel ist? Werfen wir einen Blick auf die andere Mainseite, wo das Superior-Hotel Essential by Dorint Frankfurt-Niederrad – die Business Suite mit Kingsize Bett inklusive Frühstück 203 € – gerade seine letzte google-Bewertung erhält: Wir waren für zwei Nächte in diesem Hotel und waren sehr zufrieden! Schöne + saubere Zimmer, Klimaanlage+ Kühlschrank vorhanden, sehr bequeme Betten . Hervorheben möchte ich das nette Personal. Egal ob an der Rezeption , Reinigungspersonal oder die nette Dame beim Frühstück. Selten irgendwo so erlebt ☺️ Alles in einem ein schöner Aufenthalt.

Bevor es ab November mit einer Laufzeit von 20 Jahren zu einer Übergangsunterkunft für Obdachlose und Flüchtlinge umgebaut wird. Aus 191 Doppelzimmern werden dann 104 Wohneinheiten un¬terschiedlicher Größe, damit dort auch geflüchtete Familien mit mehr als vier Personen zusammen leben können. Ein Hotelbetrieb lohnt nicht mehr, das Flüchtlingsgeschäft ist lukrativer. Welche Unsummen bezahlt der Arbeiter-Samariter-Bund für die Anmietung im Auftrag der Stadt Frankfurt?

Und wenn, rein kontrafaktisch gedacht, die Stadt Frankfurt ein Superior-Hotel mit sehr guter Bewertung nicht an Flüchtlinge geben würde, sondern es in ein Studentenwohnheim umwandelte? Würde man Flüchtlingen dann etwas wegnehmen? Sicherlich. Aber dass Ressourcen begrenzt sind, wusste schon Jesus Christus. So beschied er einer Heidin, die mit der Bitte um Heilung für ihre kranke Tochter an ihn herantrat: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Es ist nicht schön, wenn man den eigenen Kindern ihr Brot nimmt (…)“ Die von Hans Bruns übersetzte Bibel erklärt: „Jesus bleibt seiner ihm von Gott gestellten Aufgabe treu. Darum antwortete er der Heidin, die ihn als den Sohn Davids um Hilfe bittet, zunächst mit keinem Wort, ja er bleibt trotz aller Bitten der Frau dabei: Ich bin für Israel da. Das war und ist Selbstbescheidung und Gehorsam.“

Im Gegensatz zum Essential by Dorint Frankfurt-Niederrad ist der skalierbare Frankfurt Prototype Wohncontainer leicht demontierbar und könnte mit wenigen LKWs überall hin transportiert werden. Anfragen aus dem Ausland gebe es schon. Das ist nun nachhaltiges (dauerhaftes) Bauen, nur weil man Materialen wiederverwertet? Eine „sozialpolitische Revolution“ (das Magazin Monopol) ist die örtlich frei flottierende Wohnanlage erst recht nicht. In aller Regel revoltiert man gegen die Zustände vor Ort. Aber mit diesem Gebäudetypus ducken sich Frankfurter Studenten weg – vor dem verspiegelten Hotel mit Luxuswohnungen, das im Hintergrund aufragt. Mit einem Schwimmbad als Entfaltungsraum, das im Niederräder Premium-Hotel schnöde aufgegeben wird. So kommen am Ende alle auf ihre Kosten: Hotelbesitzer, die Geld verdienen wollen. Flüchtlinge, die komfortabel untergebracht werden wollen und Frankfurter, die den Luxus suchen. Nur Studenten eben nicht. Betrete ich den The Frankfurt Prototype Holzkubus von Innen, poppen bei mir unmittelbar vier Assoziationen auf: Es ist billig, eng, dunkel und modrig.

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Kommentare ( 37 )

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AL
7 Stunden her

Studentende wählen mehrheitlich linksgrün bis linksextrem, also wäre es genau die gerechte Strafe, wenn diese Klientel in diesem Schrott hausen muss.

RMPetersen
8 Stunden her

University of Applied Sciences …“
Fachhochschule also. Die waren früher für praktikable Lösungen bekannt, im Unterschied zu Universitäten, denen man abgehobenes nachsagte.
Man sieht: FH ist tatsächlich Uni geworden, leider nicht im Guten.

Hieronymus Bosch
8 Stunden her

Das Ding sieht aus wie eine Bruchbude! Wenn ich darin wohnen müsste, würde ich Platzangst bekommen! Auf der anderen Seite werden Millionen für den Ankauf und den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften ausgegeben, auch das sind größtenteils Bruchbuden, die aufwändig restauriert werden. Leerstehende Hotels, geschlossene Gasthöfe und abrissreife Altbauten sind dabei die bevorzugten Ankaufobjekte, mit denen die Besitzer sichtig Kasse machen! Würde es all diesen Zuzug kulturfremder Migranten nicht geben und die Gelder würden anderweitig verwendet, hätten wir auch kein Wohnungsproblem!

luxlimbus
8 Stunden her

Das muss man positiv sehen! In den Hotels für Schutzsuchende fallen ganz bestimmt auch ein paar Putz-Jobs für Studenten ab.

Fulbert
8 Stunden her

Lässt man die Frage, warum Migranten im noblen Hotel mitten in der Stadt untergebracht werden, einmal aussen vor, so ergibt sich hinsichtlich der Studenten eine ähnliche Fragestellung: warum muss für diese in zentraler Lage einer Metropole günstiger Wohnraum geschaffen werden, während zehntausende Arbeitnehmer sich Tag für Tag aus der Umgebung mit überfüllten und verspäteten Bahnen oder aber durch ständige Staus nach Frankfurt quälen, weil sie die dortigen Mieten nicht zahlen können?

Flaneur
8 Stunden her

ach, alles kein problem!
wir deklarieren die „asylenden“ zu „studierenden“ um, und haben dann beiden gruppen auf einmal wohnraum besorgt. irgendwas werden die schon studieren. den koran, den speiseplan der mensa, irgendwas!

Holger Wegner
9 Stunden her

Wer braucht auch schon die Millionen Studenten in Geschwätzwissenschaften, die gern linksgrün wählen, sich aber selbst bei erster Gelegenheit (also wenn der Job bei Staat fix ist) eine Handtasche im Luxuskaufhaus gönnen

Werner hold
9 Stunden her

Zuzug , heißt das Zauberwort.
Die offenen Grenzen , lassen die Spekulanten jubeln.

dienbienphu
9 Stunden her

Studenten könnte man idealerweise auch sinnvoller beschäftigen als mit ihrendwelchen Projekten ohne jeden Praxisbezug. Ich bin der Meinung, dass viel zu viel studiert wird. Das muss wieder die Ausnahme werden. Was „harte Fächer“ sowie Fächer mit sehr begrenzten Studienpläzten betrifft, ist es ohnehin schon so. Was „weiche Fächer“ betrifft, gibt es viele Absolventen, aber wenige Jobs. Inzwischen ist Überqualifizierung die Regel. Beispiele: Sekretärin mit BWL-Studium, promovierte Sachbearbeiter, usw. Andererseits wurden Karrieren geschaffen in nicht wertschöpfenden Industrien, in der Entwicklungshilfe und in der Sozialindustrie sowie in der Asylindustrie. Zu einem Hotel fällt mir ein, dass man dieses allenfalls einige Jahre nutzen… Mehr

Last edited 9 Stunden her by dienbienphu
89-erlebt
10 Stunden her

Wie gewählt .. so bitte schön, Frankfurt.