Jörg Hardt arbeitete als beratender Ingenieur und Wirtschaftprüfer im Bereich Finanzierung von konventionellen und erneuerbaren Energieprojekten. Seit mehreren Jahren ist er selbständig in diesem Bereich tätig. Hier seine Gedanken.
Noch nie gab es vor Bundestagswahlen so viele Erhebungen und Umfragen, die suggerieren zu wissen, was die Bürger Deutschlands denken, wie sie „ticken“ und welche Partei sie wahrscheinlich wählen werden.
Im Folgenden, die wirklichen Gedanken eines besorgten Bürgers zu einigen der wesentlichen Herausforderungen Deutschlands mit denen ich, so denke ich, nicht alleine stehe. Unabhängig wie repräsentativ diese Gedanken letztlich sind, hoffe ich, sie bieten eine Anregung zur Diskussion und zum Nachdenken so kurz vor den Wahlen.
I. Grenze der persönlichen Belastbarkeit
Ich habe den Eindruck, dass die Mehrzahl der Bürger bereits im Jahr 2015 an ihre persönliche Leistungsgrenze gestoßen ist – dies sowohl in Bezug auf ihre Steuerabgabenbelastung als auch in Bezug auf die psychischen Belastungen ihres Erwerbslebens. Das die psychische Belastungsgrenze bereits für viele Bürger erreicht war ist daran festzumachen, dass u.a. die Anzahl der psychischen Krankheiten inklusive der Symptome des „ausgebrannt seins“, in den letzten Jahren stark zugenommen haben.
Der Anfang dieses Jahrzehnts war wesentlich durch die Auswirkungen der deutschen Wiedervereinigung und das Ende einer langen Rezession gekennzeichnet. Die letztere konnte nur durch die für Teile der Bevölkerung durchaus bittere Medizin der Agenda 2010 überwunden werden. Dennoch wäre wahrscheinlich ohne diese bittere Medizin für viele die Folgen einer verlängerten Rezession bis hin zur langfristigen Arbeitslosigkeit noch viel schwieriger zu bewältigen gewesen.
Die Agenda 2010 hat jedoch zu einer Spaltung der Gesellschaft in eine Gruppe relativ gut verdienender Arbeitnehmer und einer Schar von weniger gut verdienenden Arbeitnehmern geführt, die teils nur mit einer Mehrzahl von Minijobs (und sozialer Unterstützung) ihr Auskommen bestreiten können. Wobei die psychischen Auswirkungen der hohen Leistungsanforderungen der einen Gruppe und der Existenzängste der anderen möglicherweise vergleichbare psychische Belastungen darstellen.
Was ich an dieser Stelle sagen möchte ist, dass am Ende des Jahres 2015 die meisten Bürger darauf gehofft, wenn nicht sogar erwartet haben, etwas für ihren Verzicht und ihre Anstrengungen des letzten Jahrzehnts zurückzubekommen, u.a. in Form von wesentlichen Steuererleichterungen (inkl. der Abschaffung des Solidaritätszuschlags) und höherer Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Sicherheit usw. Doch die Regierungsentscheidungen zur Öffnung der deutsch-österreichischen Grenze im September 2015, zum damaligen Höhepunkt der Flüchtlingskrise, sollte eine andere Geschichte schreiben.
II. Der Staat verletzt das Gerechtigkeitsgefühl seiner Bürger
Über die Gründe der Entscheidung unserer Regierung die Grenze von Deutschland für eine unkontrollierte Einwanderung zu öffnen, (und auch bis heute offen zu halten) sind viele Artikel und ganze Bücher geschrieben worden. Hierauf möchte ich nicht eingehen. Was mich an dieser Stelle viel mehr bewegt sind die folgenden zwei Gesichtspunkte:
- Die Entscheidung wurde im Parlament weder ausführlich diskutiert noch durch eine Abstimmung im Parlament getroffen.
- Die Auswirkung dieser Entscheidung sind wesentliche Ausgaben für Personen (über einen ungewissen jedoch langen Zeitraum), die durchaus humanitär begründet werden können, jedoch das Solidaritätsprinzip als wesentliche Säule unseres Gemeinwesens außer Kraft setzt.
Gerechtigkeit des Gesetzes
Die Entscheidung zur Grenzöffnung ohne parlamentarische (und damit demokratische) Grundlage zu treffen, kann evtl. durch eine Notsituation begründet werden. Dass dieser Zustand bis heute ohne Parlamentsbeschluss anhält, ist auch unter Staatsrechtlern viel diskutiert und die Frage zur Legitimität der Aufrechterhaltung der Grenzöffnung wird wohl erst in der Zukunft klar beantwortet werden. Für den einzelnen Bürger bleibt das Gefühl, dass ihm der Schutz des Grundgesetzes gegen eine unkontrollierte Zuwanderung von Personen, die zum Teil weder politisch verfolgt werden, noch als Kriegs- oder Bürgerkriegsflüchtlinge anzuerkennen sind, versagt wurde. Was das besondere dieser Entscheidung ausmacht, ist, dass deren Folgen fast sofort zu spüren, jedoch nicht voll abzuschätzen und größten Teils unumkehrbar sind. Dass sich damit Deutschland sowie Europa für immer verändert haben und weiter verändern werden, ist zwangsläufig.
Für die meisten Bürger bleibt im Gegensatz zur eigenmächtigen Handlung der Regierung in der Flüchtlingsfrage jetzt nur die Möglichkeit, über die demokratische Willensbildung (d.h. Wahlen) Einfluss auf die zukünftige Flüchtlingspolitik zu nehmen. Ein langsamer Prozess, in dem sich manche, letztlich von der Mehrheit der Bevölkerung nicht getragene Änderungen, schon unumkehrbar manifestiert haben dürften.
Daneben gab es während der letzten Monate auch eine Reihe von Rechtsprechungen in Bezug auf Flüchtlinge, die nur schwer mit dem Rechtsempfinden des einzelnen Bürgers in Einklang zu bringen sind. Doch da, wo Rechtsprechung und Rechtsempfinden auseinanderlaufen, ist langfristig der Rechtsstaat in Gefahr. Dazu ein paar Gedanken des Staatsrechtlers Otto Depenheuer „Kein Gesetz kann sich selbst exekutieren. Seine Umsetzung bedarf vielmehr der Rechtsloyalität und des Willens des Staates seine Rechtsordnung effektiv zu wahren, zu schützen und durchzusetzen…Deshalb verlangt der demokratisch-freiheitliche Rechtsstaat entschiedenes Handeln nach Maßgabe der Gesetze ohne >> Ansehung der Person <<…“. (1)
Gerechtigkeit unter den Gesichtspunkten des Eigentums und des Solidaritätsprinzips
Die Regierung scheint darüber hinaus vergessen zu haben, dass sie nur der Verwalter des Steueraufkommens ist und dass dieses Steueraufkommen als kollektives Eigentum jedem einzelnen Bürger in Form von Leistungen zusteht. Die Verwendung eines nicht unwesentlichen Teils dieses Steueraufkommens für Flüchtlinge, die z.T. nicht einmal eine Chance auf Asylanerkennung haben, setzt das Eigentumsrecht außer Kraft, was vereinfacht ausgedrückt schlicht einer „Enteignung“ (wenn auch nicht unbedingt im strengen rechtlichen Sinne) der Bevölkerung gleichkommt. Doch Eigentumsrechte waren und sind bis heute, anders als offene Grenzen, die Grundlage für jede freie Gesellschaft.
Die Aufkündigung des Solidaritätsprinzips darüber hinaus, d.h. dass nur derjenige Anspruch auf eine finanzielle Leistung hat, der einen finanziellen Beitrag geleistet hat, untergräbt weiterhin das Vertrauen in die Richtigkeit und Notwendigkeit dieser für Deutschland so wichtigen gesellschaftlichen Regel. Wie bereits zuvor erwähnt sollte man sich bewusst machen, dass es nicht zuerst die Gesetze und Regeln sind, die das Innere einer Gesellschaft zusammenhalten, sondern die Bereitschaft diese Gesetze und Regeln einzuhalten (d.h. die Rechtsloyalität). Die Folgen der jetzigen Politik sind wahrscheinlich viel tiefer und langfristiger, als die Politik es augenblicklich abzusehen vermag.
III. Das Problem der „Großen Zahlen“
Die Nettokosten je 1 Mio. Flüchtlinge für den deutschen Staat auf der Basis einer Generationenbilanz werden von verschiedenen Stiftungen und Finanzwissenschaftlern unterschiedlich eingeschätzt und sind stark davon abhängig, ob eine Integration in den Arbeitsmarkt gelingt oder nicht. Die hohe Anzahl („Großen Zahlen“) der Flüchtlinge bedeutet jedoch, dass die Kosten in jedem Fall wesentlich sind. Die geschätzten Kosten je 1 Mio. Flüchtlinge variieren stark zwischen 130Mrd und 450Mrd Euro (2) – mit einigen wenigen Studien (3), welche die Flüchtlingsmigration als eine langfristig lohnende Investition einordnen. Integration in den Arbeitsmarkt bedeutet, dass die Migranten Einkommen erzielen, die dem Durchschnitt der insgesamt in Deutschland anwesenden Bevölkerung entsprechen, so dass die Migration den Staat netto kein Geld mehr kostet. Alle Ökonomen sind sich jedoch einig, dass bei der Migration als Ganzes für mehrere Generationen von keinem Nettosteuerbeitrag ausgegangen werden kann.
Das Problem der großen Anzahl ist jedoch nicht auf finanzielle Aspekte begrenzt. Ungefähr 70% aller Flüchtlinge sind minderjährige, männliche Personen. Dass dies verstärkt, durch eine andere Sozialisierung, eine eigene Problematik mit sich bringt, hätte man eigentlich voraussehen sollen. Zudem ist diese große Gruppe an salopp formuliert „sexuell frustrierten“ jungen Männern ein idealer Nährboden für die Radikalisierung und Rekrutierung des Islamischen Staates (IS), wie der Anstieg an Terrorattentaten der letzten Zeit in Europa deutlich zeigt. Dazu treten diese Personen meist in Gruppen im öffentlichen Raum auf, was (zumindest gefühlt) ein gesteigertes Gefahrenpotential insbesondere für Frauen, aber auch andere Mitglieder unserer Gesellschaft inklusive der Polizei darstellt.
Spätestens wenn die Sperre zum Familiennachzug für Personen mit subsidiärem Schutz im nächsten Jahr ausläuft, werden darüber hinaus vermehrt erwachsene und ältere Personen zuwandern. Da die meisten von ihnen wohl kaum eine gleichwertige gesundheitliche Vorsorge und Versorgung in ihren Heimatländern erhalten haben, dürften hierdurch und auch durch die Fluchtstrapazen/-folgen ein höherer Versorgungsrückstand und eine höhere Versorgungsnotwendigkeit bestehen. Berücksichtigt man noch dazu die zusätzlichen Kosten für die mit der Flüchtlingswelle gleichzeitig sprunghaft angestiegenen „eingewanderten“ Krankheiten. können die Auswirkung wohl kaum ohne eine entsprechende Erhöhung der Krankenkassenbeiträge oder höherer Zuschüsse des Bundes bewältigt werden.
Schleuser bzw. Schlepper scheinen auch entdeckt zu haben, dass ein auf große Zahlen, d.h. ein auf Volumen ausgelegtes Geschäftsmodell durchaus finanzielle Vorteile bieten kann. In den Medien wird berichtet (z.B Zeit Online), dass sich Schleuserkosten in den letzten Jahren wesentlich reduziert haben. Geht man illustrativ von einem Preis von nur 1.000 Euro je Flüchtling aus, die ein Flüchtling an einen Schlepper zahlt, sind dies 1 Mrd. Euro bei 1 Mio. Flüchtlingen. Die Schleuser lassen sich ihre Vergütung bestimmt auch gerne, zumindest z.T., über die ersten Leistungsempfänger in Europa finanzieren. Absurd erscheint das Ganze besonders dann, wenn man davon ausgeht oder es zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Teil dieser Gelder an den IS fließt und wir daher wohlmöglich selbst für den zukünftigen Terror in Europa bezahlen.
IV. Grenze des Machbaren?
Geht man von den Ausgaben des Bundes zur Bewältigung der Flüchtlingskrise 2016 von etwa 21.7 Mrd und rund 1.17 Mio Asylsuchenden aus (offizielle Zahlen gehen von 890.000 Asylsuchende in 2015 und weiteren rund 280.000 in 2016 aus (4)), ergeben sich hieraus vereinfach Durchschnittskosten von 18.5 Mrd. EUR je 1 Mio. Flüchtlinge.
Illustrativ bedeutet das:
1 Mio. Flüchtlinge – 18.5 Mrd. pro Jahr
1.5 Mio. Flüchtlinge – 27.75 Mrd. pro Jahr
3 Mio. Flüchtlinge – 55.5 Mrd. pro Jahr …
Aus dieser einfachen Beispielrechnung wird schnell einsichtig, dass die Entscheidung, so viele Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen, nicht ohne wirtschaftliche Konsequenzen bleiben kann. Ich glaube nicht einmal, dass es die Absicht der Regierung war, eine solch hohe Anzahl an Flüchtlingen in Deutschland langfristig aufzunehmen, sondern eher eine Folge einer einfachen Fehleinschätzung, d.h. zu glauben, dass eine Verteilung von Flüchtlingen nach Quoten innerhalb Europas von Deutschland unilateral durchsetzbar ist und damit sozusagen erzwungen werden kann.
Diese mögliche Entwicklung der Flüchtlingskosten muss man auch in den Zusammenhang mit der Entwicklung der öffentlichen Haushalte der letzten Jahre im Allgemeinen setzen. Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung sind sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen der öffentlichen Haushalte zwischen 1950 und 2016 kontinuierlich gestiegen. In fast allen Jahren seit 1950 übertrafen dabei die Ausgaben die Einnahmen. Erstmals seit den 1950er Jahren übertrafen in 2014 (+8.1 Mrd.) und 2015 (+29.1 Mrd.) die Einnahmen die Ausgaben in zwei aufeinanderfolgenden Jahren (siehe Graphik unten). D.h. die jährlichen Flüchtlingskosten von heute wären vor 2015 nicht ohne eine Neuverschuldung tragbar gewesen.
Die zahlreichen Finanzierungsdefizite seit 1950 haben bereits zuvor zu einem Anstieg der Schulden der öffentlichen Haushalte geführt. Nicht zuletzt durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 stiegen die Schulden im Jahr 2010 sprunghaft an und lagen erstmals bei mehr als zwei Billionen Euro (2.000.000.000.000). Es ist daher einsichtig, dass die Auswirkungen der Flüchtlingspolitik zum jetzigen Zeitpunkt nur durch die gute Konjunktur verbunden mit dem schwachen Euro und den Zinseinsparungen des Bundes aufgrund der Nullzinspolitik der EZB (geschätzt rund 22 Mrd pro Prozentpunkt Zinseinsparung, bei einer Gesamtverschuldung von heute ungefähr 2,2 Billionen Euro) tragbar erscheinen. Wer jedoch diese günstigen Wirtschaftsparameter zum Normallfall der Haushaltsplanung erhebt, erscheint das empirische (und unumgängliche) Gesetz, das jede Volkswirtschaft letztendlich durch Konjunkturzyklen geht, außer Kraft setzen zu wollen.
Auch bei einer angenommenen Halbierung der durchschnittlichen Kosten je Flüchtling wird leicht einsichtig, dass die Aufnahmen von Flüchtlingen von Deutschland (und von Europa als Ganzes) nicht unbegrenzt möglich ist, besonders wenn man berücksichtigt, dass alleine in Afrika 1.1 Mrd Menschen leben, geschätzt schon 65.6 Mio Menschen (laut UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR) zur Zeit auf der Flucht sind und in vielen afrikanischen Ländern bereits Bürgerkriege oder bewaffnete Konflikte herrschen. Nicht allein unter diesen Gesichtspunkten erscheint die Diskussion darüber, dass das Asylrecht keine Obergrenze vorsieht, nicht weiterführend. Darüber hinaus gibt es nach dem Staatsrechtler Udo di Fabio keinen Rechtsgrundsatz, der den Staat zwingt, in beliebiger Höhe oder prozentualer Höhe Menschen aufzunehmen“. Seiner Ansicht nach müssen das die demokratischen Staaten mit Mehrheit entscheiden, d.h. eine Rechtspflicht gibt es aus seiner Sicht nicht (5). Es ist daher nur erstaunlich, dass Deutschland und Europa bisher Unwillens oder unfähig war, seine Grenzen zu schützen.
Volkswirtschaftlich macht es zudem wenig Sinn, Personen aufzunehmen, von denen man weiß, dass sie kaum eine Chance auf Anerkennung haben, und deren Abschiebung (wenn überhaupt durchsetzbar) mit hohen Zusatzkosten verbunden ist. Das zerstört volkswirtschaftlichen Wert, der ansonsten auch für die Unterstützung weiterer Schutzbedürftiger vor Ort eingesetzt werden könnte. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Bundesrechnungshof bisher nicht zu dieser doch recht offensichtlich wenig wirtschaftlichen Vorgehensweise des Bundes geäußert hat.
V. Entscheidung ohne langfristige Folgenabschätzung
Nach dem Buch von Robin Alexander „die Getriebenen“ erscheint die Entscheidung zur Grenzöffnung im September 2015 mehr eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus“ gewesen zu sein, wohlmöglich zur Vermeidung >>hässlicher Bilder<<, als eine weitsichtige, gut durchdachte Entscheidung der Regierung unter Berücksichtigung langfristiger Folgen für Staat und Gesellschaft. Hätte jedoch die deutsche Bevölkerung nicht ein Anrecht darauf gehabt, dass zumindest ausgiebig (auch im Parlament) diskutiert wird wie die gesellschaftlichen Veränderungen einer großen Zuwanderung von Menschen aus anderen Kulturkreisen denn aussehen solle, bevor diese bedeutende Entscheidung getroffen wurde? Vielleicht hätte auch ein Großteil der Bevölkerung 2015 die Meinung von Frau Charlotte Knobloch, der früheren Präsidentin des Zentralrats der Juden vertreten, die etwa sinngemäß formuliert hat – dass sie gar nicht möchte, dass Deutschland sich ändert, weil es das beste Deutschland ist, das wir je hatten, mit einer in jeder Hinsicht funktionierenden Demokratie. (6)
Die Regierung scheint aufgrund der außergewöhnlich guten wirtschaftlichen Lage Deutschlands der letzten Jahre darüber hinaus vergessen zu haben, dass Deutschland weiterhin und insbesondere in der Zukunft im Wettbewerb mit anderen Ländern steht. Nicht zuletzt das Vereinigte Königreich versteht sich als Unternehmen (d.h. UK plc), aber auch die USA werden (ob schlecht oder recht) verstärkt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten regiert. Eine Schwächung Deutschlands durch eine wenig vorausschauende Flüchtlingspolitik kann Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit über Jahre negativ beienflussen.
Wesentlicher Erfolgsfaktoren für ein ressourcenarmes Deutschland waren schon immer Bildung und Innovation. Diese und damit der Wohlstand Deutschlands erscheinen nun, durch die Auswirkung der Aufnahme von einer solch hohen Anzahl von Zuwanderern in Gefahr. Eine direkte Auswirkung auf den Wohlstand ergibt sich alleine dadurch, dass der Wohlstand pro Kopf in einer Gesellschaft sinkt, wenn die Zuwanderer weniger qualifiziert sind und weniger verdienen als der Durchschnitt. Daneben besteht die Gefahr, dass die Zuwanderung das Bildungs- und damit das Leistungsniveau in Deutschland senken. Zum einen haben viele der Flüchtlinge einfach zu viel aufzuholen, zum anderen wirkt sich eine hohe Anzahl von Flüchtlingskindern und -jugendlichen, die anfänglich nicht einmal im Ansatz die deutsche Sprache beherrschen dürften, in den Schulklassen mancher Regionen auf das Lernniveau und Lerntempo ihrer deutschsprachigen Mitschüler aus.
War Deutschland zumindest bis vor einigen Jahren eines der wenigen Länder in Europa, dass jedem Kind, unabhängig von Herkunft, einen gleichwertig hohen Bildungsstand zu erlauben schien, erscheint dies nun in Frage gestellt. In den Regionen Deutschlands, in denen die Qualität der Schulausbildung durch die Auswirkungen einer erhöhten Zuwanderung nicht mehr gewährleistet erscheint, werden Eltern, soweit sie es sich leisten können, ihre Kinder in Zukunft auf eine Privatschule schicken oder in anderer Weise außerschulisch fördern. Der Druck auf die Regierung, private Schulträger vermehrt zuzulassen, wird wohl zunehmen. Ich befürchte hier Verhältnisse wie in Großbritannien und Amerika, die zu einer fortschreitenden Spaltung der Gesellschaft beitragen.
Ein sinkendes Bildungs- und Leistungsniveau ist keine gute Ausgangslage für Deutschland mit dem Ziel eines Innovationsführers in einer digitalisierten Welt (Stichwort: Digitale Transformation 2.0). Unter dem gleichen Gesichtspunkt der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist es unverständlich, dass die Regierung es zulässt, dass Schlüsselindustrien z.B. an Staatsfonds (Sovereign Funds) aus dem Nahen Osten oder an Firmen in China veräußert werden können (Bsp. Unternehmen Kuka Industrieroboter). Anstelle dessen sollte die Regierung ein Vetorecht erhalten, um zu verhindern, dass Unternehmen, die insbesondere ein Branchenwissen besitzen (und das damit dem Unternehmen nicht alleine gehört) an ausländische Investoren veräußert werden können und damit die langfristige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in Frage stellen.
Die stetig steigenden Steuerbelastungen der letzten Jahre sind auch ein Zeichen dafür, dass sich Deutschland vermehrt zu einem Versorgungsstaat entwickelt hat, was weder zur gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands noch zur Mündigkeit einzelner Empfängergruppen beiträgt. Der Sozialbericht 2017 weist bei einem Bruttoinlandsprodukt von 3.132.7 Mrd insgesamt Euro 918 Mrd (ca. 30% der Wirtschaftsleistung) für Sozialleistungen aus und das trotz niedriger Arbeitslosigkeit. Diese Tendenz zu höheren Sozialleistungen kann sich insbesondere durch die Zuwanderung von sogenannten „Armutsmigranten“ nur verstärken. Bezeichnend ist jetzt schon, dass heute etwa nur 27 Mio der 44 Mio Erwerbstätigen Deutschlands Nettosteuerzahler sind (7).
Zusammenfassend lässt sich in Folge einer fehlenden Folgenabschätzung feststellen: Ein sich zunehmend schwächendes Deutschland, heißt nicht nur, dass es in Zukunft im Wettbewerb mit anderen Ländern kaum mehr bestehen kann, sondern auch, dass es seine Führungsrolle in Europa verlieren wird. Die weitgehend reaktive Flüchtlingspolitik folgt wie zuvor die Eurokrisenpolitik oder die Energiepolitik wegen mangelnder Voraussicht der Regierenden dem „Gesetz der unbeabsichtigten Folgen“. Diese reaktive Politik führt auch dazu, dass deren Lösung und Lasten vermehrt auf nachfolgende Generationen verschoben werden. Um eine größere Krise schon in der näheren Zukunft zu vermeiden, muss Deutschland unweigerlich zurückfinden zu einer vorausschauenden, vernunftsorientierten Politik, die den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft im Sinne von Ludwig Erhard folgt. Das heißt auch, dass Leistung sich in Deutschland wieder lohnen muss, um die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft von Deutschland zu erhalten.
VI. Youth & Brain Drain
Es ist eine edle Handlung, die Grenzen aus humanitären Gründen zu öffnen. Der Sogeffekt, der dadurch entstand, dass dies weitgehend ungesteuert und unkontrolliert passierte, hatte jedoch zur Folge, dass nicht nur Flüchtlinge – im Begriff des Grundgesetzes (Artikel 16a) oder der Genfer Flüchtlingskonvention (§ 3 AsylG) – , sondern auch vermehrt Wirtschafts-/Armutsmigranten und Kriminelle ihr Glück in Europa suchen. Insbesondere das EU Recht, dass jede Person ein Anrecht auf eine Prüfung seines Asylgesuchs hat, öffnet die Tür zur illegalen Einwanderung, wenn zur Prüfung dieses Rechts eine Einreise nach Europa zugelassen wird. Schwer nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, dass dies auch für die Personen gilt, die quasi keine Chance auf Anerkennung haben.
Während einige der Flüchtlingsländer eine wesentliche Reduzierung der Kriminalitätsraten melden, bleibt für sie doch das Problem, dass die Flüchtlingspolitik zu einer Auswanderung meist jugendlicher oder der besser ausgebildeter Menschen führt, eben jenen, die sich die größte Chance in einem neuen Land ausmalen. Diese sind jedoch für das Funktionieren und den zukünftigen Erfolg einer Gesellschaft unabdingbar. Man könnte daher die These aufstellen, dass die jetzige Flüchtlingspolitik (oder besser das Fehlen einer solchen) die Fluchtgründe langfristig eher verstärkt, als zu ihrer Beseitigung beizutragen. Dazu fällt mir ein Zitat des deutsch-jüdischen Schriftstellers Kurt Tucholsky ein: „das Gegenteil von gut, ist gut gemeint“, dass manche bestreiten mögen. Unbestreitbar jedoch ist, dass es ein Fehler ist, nicht eindeutig zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten zu unterscheiden und dass bisher immer noch eine weitgehend unkontrollierte Einreise nach Europa (auch von Kriminellen und IS Kämpfern) möglich ist.
VII. Der Irrweg der Leitkultur?
Zu Recht hat die Diskussion über die Integration von Flüchtlingen auch zu einer Diskussion über die deutsche Identität und damit über die deutsche Leitkultur geführt. Viel Kritik mussten „die Deutschen“ sich gefallen lassen, dass die meisten nicht wüssten, welche Werte ihre Kultur eigentlich ausmachen. Ist es nicht eher ein hohes Gut einer Gesellschaft, wenn die Werte, die sie ausmachen, so selbstverständlich sind, dass sich eine Gesellschaft dieser nicht mehr täglich bewusst werden muss? Leider hat sich die Situation in den letzten Monaten merklich in dem Sinne verändert, dass der Verlust von Werten, die als selbstverständlich erachtet wurden, nun verstärkt und fast täglich ins Bewusstsein der Bürger tritt. Insbesondere die unbeschwerte Bewegung im öffentlichen Raum erscheint, zumindest gefühlt, nicht allein durch die Terrorattacken der letzten Monate nicht mehr als selbstverständlich. Wenn Frauen nicht mehr alleine abends ausgehen möchten; wenn ein Freund seine fast volljährige Tochter am Nachmittag zum Kölner Bahnhof begleitet; wenn Eltern ihre Teenagert nicht mehr alleine ins Schwimmbad gehen lassen; wenn Kinder nicht mehr alleine mit dem Fahrrad zur Schule fahren können und meine Mutter (86) nicht mehr alleine mit dem Zug in die Stadt fahren möchte, dann hat sich zumindest in den Köpfen der Gesellschaft schon einiges seit Ende 2015 verändert. Ich fürchte zutiefst um die Freiheit unserer Gesellschaft und Selbständigkeit unserer Kinder.
Die Diskussion um eine Leitkultur (im Sinne z.B. de Maizières Thesen, die Gewohnheiten und Sebstverständlichkeiten einbeziehen), um zu klären um welche Form der Integration es in Deutschland eigentlich geht, erscheint jedoch wenig zielführend. Dies insbesondere, wenn es um die Integration von Teenager oder Erwachsenen geht, für die der Sozialisierungsprozess bereits weitgehend abgeschlossen ist. Was insbesondere für eine erfolgreiche berufliche Eingliederung notwendig ist, ist weniger die Anpassung an die Leitkultur einer Gesellschaft im Sinne de Maizières als die Anpassung an den national dominierenden gesellschaftlichen Wertekonsens. Für Deutschland heißt dies uneingeschränkt ein Bekenntnis zu Bildung, Leistung, Arbeit und Qualität der Arbeit. Wenn wir diese Werte, neben Grundwerten wie Demokratie und Freiheit, nicht bewahren, hat dies langfristige Auswirkungen nicht nur auf die Wirtschaftsleistung Deutschlands.
VIII. Integration – Illusion oder Wirklichkeit?
Wie bereits zuvor erwähnt, hängen die voraussichtlichen Kosten der Integration aus ökonomischer Sicht, insbesondere davon ab, ob eine Integration in den Arbeitsmarkt möglich ist. Der Sachverständigenrat des Bundes (die „fünf Wirtschaftsweisen“) kommt in seinem Jahresgutachten 2016/17 zu dem Schluss, dass die mit der Flüchtlingsmigration der vergangenen und anstehenden Jahre verbundenen zusätzlichen Ausgaben kaum auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen durchschlagen werden. Entscheidend ist jedoch bei den betrachteten Szenarien vor allem die Arbeitsmarktintegration. Je schneller und umfassender sie gelingt, desto geringer sind die langfristigen fiskalischen Kosten. D.h. eindeutig, dass die Einschätzung zur langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auf der Prämisse der erfolgreichen Arbeitsmarktintegration (als Vorstufe zur breiteren gesellschaftlichen Integration) beruht.
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Ein rechter Beifallklatscher. Eine ganz hervorrangende Einstellung.
Darum schließen Sie messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf! Frei nach Herrn Palmström in den Galgenliedern von Christian Morgenstern.
Oder meinten Sie alle Ihre Ausführungen als versteckte Satire?
Bis 2021 wird der Islam in Deutschland, bzw. ganz Europa, dermaßen an
Einfluss zugenommen haben, dass bis dahin die AfD massiv Wählerstimmen
zugewinnen wird. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass der „Kampf
gegen Rechts“ dann überhaupt noch freie Wahlen zulässt! Diverse
politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Katastrophen werden
zusätzlich leider nicht zu vermeiden sein!
Vergessen Sie Gauck. Ein Mann der mit seiner Affäre Staatsoberhauptpaar spielt, ist ja nicht ernstzunehmen.
Sodom und Gomorra.
Ok keiner hatte Lust zu raten oder hat es sofort erkannt, ich weiß es nicht.
Es war Konrad Adenauer 1946 Grundsatzrede zur Gründung der CDU. Herr Hettlage hat mich drauf gebracht.
An Arbeitszeitreduzierung hab ich tatsächlich schon gedacht. Mein Problem ist das ich in meiner Firma Personalmangel herrscht. Nicht genug Fachkräfte zu finden. Daher wird mein Ansinnen wohl abgelehnt.
Ob mein Vermögen groß genug für ein Schweizer Konto ist, wage ich zu bezweifeln. Aber ins Ausland gehen, mir Schuhcreme ins Gesicht zu schmieren und als „Flüchtling“ wieder einzureisen, die Idee hatte ich schon. Aber an die 4 Damen hatte ich noch nicht gedacht.
Vollverpflegung und Damen und ich hab was zu sagen. Gefällt mir ?
Dann lebe ich gut und gerne hier. Aber Mutti wähle ich deswegen noch lange nicht. Die ist bei mir unten durch.
Nicht „der Staat“, sondern Repräsentanten des Staates verletzen das Gerechtigkeitsgefühl vieler Bürger.
Das Gebilde „Staat“ kann nichts für die bescheidenen Verhältnisse 🙁
Eine ganz hervorragende Analyse.
Aber ich gehe noch weiter:
nicht nur Enteignung sondern auch Veruntreuung von Steuergeldern.
Ein Rationalist kann Irrationalisten umd Moralisten nicht mit Fakten und Argumenten überzeugen.
Hierzu Karl Popper:
„Selbst in Europa ist der Rationalismus noch immer etwas sehr Seltenes und sie Ideen des Rationalismus werden auch heute noch von fast allen Intellektiüuellen nur mit der größten Verachtung behandelt, obwohl unsere europäische Zivilisation ohne den Rationalismus des Thales von Milet gar nicht existieren würde“.