Gutachten zu Missbrauchsfällen: Kardinal Woelki hat zu keiner Zeit seine Pflicht verletzt

Die deutschen Medien schossen sich einhellig auf Kardinal Woelki ein. Als eines der wenigen Magazine ließ TE auch kritische Stimmen zu Wort kommen. Heute wurde das Gutachten vorgestellt und bestätigt: Die wahren Vertuscher sind andere. Ein Gastkommentar von Michael F. Feldkamp.

@ Getty Images

Seit Monaten findet eine Medienkampagne gegen Kardinal Woelki statt. Am vergangenen Mittwoch fielen einige Medien darunter auch katholisch.de noch über Rainer Maria Kardinal Woelki her. Ich schrieb am 23. Februar auf TE, dass hinter dem ganzen ein Feldzug gegen den innerkirchlichen Konservativen steht und es im Kern nicht um die Vertuschungsvorwürfe gegen Woelki geht – die scheinen nämlich ziemlich aus der Luft gegriffen.

Am gestrigen Donnerstag, dem 18. März, wurde diese Sichtweise bestätigt: Das lang erwartete Gutachten wurde veröffentlicht!

Das erste Gutachten, erstellt von einer Münchner Rechtsanwaltskanzlei war im Herbst 2020 als unbrauchbar eingestuft worden, und das, obwohl in diesem Gutachten – wie man jetzt erfahren durfte – Kardinal Woelki rein gewaschen wurde. Diesmal durften Strafrechtsprofis ran, denen die gleiche Aufgabe gestellt worden war, wie den Münchner Anwälten zuvor.

Ein Bauernopfer reicht nicht
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Dieses neue Gutachten, das den Umgang mit Missbrauchsfällen zwischen 1975 und 2018 untersucht, wurde jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt. Wer an der Online-Pressekonferenz teilnahm, konnte beobachten, wie peu à peu Presseagenturen und Medien von ihrem bisher unversöhnlichen Kurs gegen Woelki abwichen und sich auf Fakten besonnen haben. Strafrechtler Björn Gercke macht deutlich: Woelki hat bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen keine Pflichtverstöße begangen! Nichts anderes, so Gercke weiter, ergebe sich zudem aus dem ersten Gutachten und nichts anderes habe auch der Vatikan festgestellt.

Insgesamt 75 Pflichtverletzungen hat der mit dem neuen (dem zweiten) Gutachten beauftragte Strafrechtler Gercke bei Verantwortungsträgern im Erzbistum Köln festgestellt. Woelki ist nicht dabei! Das Gutachten ging dennoch schonungslos vor und machte dabei auch nicht vor großen Namen in der katholischen Kirche in Deutschland halt. So werden Verstöße von Kardinal Meisner benannt, ebenso wie solche von dem jetzigen Erzbischof Dr. Stefan Heße, der dem Papst inzwischen bereits seinen Amtsverzicht anbot.

Woelki selbst betonte: „Die von Professor Gercke genannten Vorfälle und Vorgänge treffen mich zutiefst. Geistliche haben sich schuldig gemacht, indem sie ihnen anvertrauten Menschen Gewalt zugefügt haben. Und das in vielen Fällen ohne dafür bestraft zu werden und – umso schlimmer – ohne dass die von dieser Gewalt betroffenen ernst genommen und geschützt wurden. Das ist Vertuschung.“

Woelki ist – und das zeigte die Pressekonferenz deutlich – vielmehr der erste Diözesanbischof in Deutschland, der klar und unmissverständlich berichtet, dass sich Priester schuldig gemacht haben, dass Opfer nicht ernst genommen und Täter geschützt wurden. Woelki gestand ein, dass man bei Laienmitarbeitern in der Diözese sehr viel strenger vorgegangen sei, als bei Priestern. Auch das zu benennen, zeigt Größe.

Und kein Ende
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Für jene, die Woelki in den letzten Monaten zu Fall bringen wollten, wird nun klar erkennbar: Die Vorverurteilungen waren falsch! Das ist die „Frohe Botschaft“ des Tages! – Vor allem für die vielen katholischen Gläubigen im Erzbistum Köln, die auch in den letzten fünf Monaten zu „ihrem“ Kardinal gestanden und auf sein Wort vertraut haben.

Gutachter Gercke hob übrigens hervor, dass Kardinal Woelki das Ergebnis des ersten Gutachtens gekannt habe, das ebenfalls seine Unschuld feststelle. Trotzdem habe Woelki nicht den bequemen Weg gewählt, das Gutachten trotz äußerungsrechtlicher Bedenken kurzerhand zu veröffentlichen.

Aber Woelki schaut nicht nur zurück auf die vielen Kölner Missbrauchsfälle in der Vergangenheit, die in die Amtszeit der Kardinäle Joseph Höffner und Joachim Meißner fielen. Woelki wäre auch nicht Woelki, wenn er nicht umgehend Konsequenzen aus dem Gutachten ziehen würde. Mit sofortiger Wirkung entband Woelki noch in der Pressekonferenz seinen Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und seinen Offizial Günter Assenmacher von ihren Aufgaben im Erzbistum, bei denen die Gutachter Pflichtverstöße festgestellt haben. Beide sind keine Bauernopfer! Bei den übrigen Verantwortlichen liegt ein weiteres Vorgehen nicht in Woelkis Hand. Damit wird zugleich demonstriert, dass Woelki eben nicht davor zurückschreckt, bei Fehlverhalten personelle Konsequenzen zu ziehen. Er selbst hatte ja propagiert: Keine Toleranz!


Michael F. Feldkamp (Berlin) studierte in Rom (Gregoriana) und in Bonn. Er ist promovierter Historiker und Autor zahlreicher Bücher zur Verfassungsgeschichte, Zeitgeschichte und kirchlichen Rechtsgeschichte.

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Kommentare ( 27 )

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MeHere
3 Jahre her

Ich verstehe es nicht, warum SIE die Kirche derart hassen, dass seit Jahren immer diese Missbrauchskeule geschwungen wird. Missbrauch ist ein gesellschaftliches Problem und findet überall statt – auch jetzt und in diesem Moment. Zudem kommt eine neue Kultur der medialen Selbstjustiz dazu, in der die Medien sich zum Staatsanwalt, Richter und Henker ausspielen, ohne dass Politik und Justiz selbst hier eingreifen .. offenbar weil Geld zu verdienen ist mit … Klicks … pervers und degeneriert !

Joerg Baumann
3 Jahre her

Lieber Herr Feldkamp, ich möchte Ihnen eine eher philosophisch religiöse Frage stellen. Angenommen es gibt wirklich einen Gott, wie wir ihn uns in der Vergangenheit vorgestellt haben. Und Herr Wölki tritt eines Tages vor seinen Schöpfer. Wird der auch sagen „Du bist frei von Schuld?“ Ich persönlich glaube das nicht. Kindesmissbrauch ist für die Betroffenen wohl das Schlimmste was einem Menschen angetan werden kann. Die Folgen sind verheerend und die Selbstmordraten der Betroffenen zeigen, dass es für viele sogar noch schlimmer als Mord ist. In meiner Vorstellung wird Herrn Wölki nach seinem Ableben direkt in die Hölle wandern. Und das… Mehr

GregorClausner
3 Jahre her

Wölki muß mir keiner schönreden.
Es passt so schön, daß die Hauptschuld auf den bereits verstorbenen Kardinal Meissner abgeladen wurde.Tote können sich nicht mehr wehren.
Aber Wölki war dessen Privatsekretär !
Solche Leute haben in der Regel mehr Einfluß und Einsichtnahme wie der vorgeschobene Kardinal im hohen Alter.
Wölki ist ein unsympathischer Populist im rot-grünen Zeitgeist.
Man muß schon viel von irgend etwas genommen haben, um bei ihm konservative Züge entdecken zu wollen.
Christ bin ich geblieben – aber die Amtskirche kann mich mal…Und der Mann muß weg !

Theos Meinungsfreiheit
3 Jahre her

Ach, Herr Feldkamp: Was hat denn das Zweite Gutachten gekostet?
Und wer bezahlt diese Kosten? Der Rheinische Kirchensteuerzahler? Die Menschen, aus deren Reihen Frauen und Kinder mißbraucht, vergewaltigt und vereinzelt auch in den Selbstmord getrieben wurden?
Oder werden für solche Kosten dann Gelder von der Deutschen Bischoffskonferenz getragen?

F.Peter
3 Jahre her

Wölki ist seit 2014 – also jetzt seit sieben Jahren – Erzbischof von Köln und in den sieben Jahren war es nicht möglich, die Missbrauchsfälle früher auszuklären? Und Wölki war es, der auf einem umgedrehten „Flüchtlingsboot“ eine Messe zelebrierte. Was daran war da konservativ einzuordnen? Für meine Wahrnehmung spielt dieser Herr eine Doppelrolle und laviert sich durch die Netze der verschiedenen politischen Strömungen und hat wohl kein Problem damit, es jeder Seite recht machen zu wollen. Bei uns nennt man solche Personen „U-Boote“, die in anderen Sphären rumschnüffeln um eigenen Profit daraus zu schlagen. Daher, auch wenn die Gutachten Wölki… Mehr

Peisistratos
3 Jahre her

Die meisten Kommentare hier strotzen nur vor Überheblichkeit gegenüber der Kirche. Die eigenen Vorurteile stehen bombenfest, da ist es vollkommen wurscht, was die Kirche macht.

Last edited 3 Jahre her by Peisistratos
F.Peter
3 Jahre her
Antworten an  Peisistratos

Was bitte ist da überheblich, wenn das Verhalten des Bodenpersonals von Jesus in dieser Welt und in diesem Land einen Morast geschaffen haben, der zum Himmel stinkt? Zwar wärmt ein Morast auch, aber wer sich darin wärmen möchte, sollte nicht die Augen davor verschließen, was drumherum geschieht – und vor allem nicht die Menschen kritisieren, die an den Zuständen Kritik üben.

alter weisser Mann
3 Jahre her

Woelki ist zumindest lange genug Mitläufer im mittelalterlichem System der Kirche und hat äußerst unklug agiert zwischen erstem und zweiten Gutachten.
Deshalb wird ihm das Fehlen direkter persönlicher Schuld nicht helfen, bei vielen seiner Schäfchen ist er „durch“ und das kann keiner mehr ändern.

Deutscher
3 Jahre her

Die Kleinen fängt man, die Großen lässt man laufen. War doch fast immer so.

gehtsnoch
3 Jahre her

Hallo Herr Feldkamp, Sie schreiben „Gutachter Gercke hob übrigens hervor, dass Kardinal Woelki das Ergebnis des ersten Gutachtens gekannt habe, das ebenfalls seine Unschuld feststelle. Trotzdem habe Woelki nicht den bequemen Weg gewählt, das Gutachten trotz äußerungsrechtlicher Bedenken kurzerhand zu veröffentlichen.“ So wahr das sein mag, so interessant wäre zu wissen, welche Namen denn bereits in dem ersten Gutachten – das der Kardinal ja kannte – genannt sind?? Und wenn da keine Vertuschung seitens Herrn Wölki im Spiel ist, dann ist es immerhin eine offenbare „Verschleppung“ und damit Duldung der Zustände. Der Geistliche Wölki hat nämlich seinen „umgehenden Aktionismus“ verschleppt… Mehr

Sonny
3 Jahre her

Oft wird geäußert, es ginge ja nur darum, die Kirche zu diskreditieren und sie in schlechtem Licht dastehen zu lassen.
Ähm, ich habe da mal eine Antwort:
Die (katholische) Kirche steht in schlechtem Licht da! …und das hat sie ganz alleine geschafft.
Ein Kardinal, wie Herr Woelki, kann niemals bis an die Spitze dieser in Stein gemeißelten Institution steigen, ohne nicht irgendwann mit diesem ganzen Sumpf in Berührung gekommen zu sein. Und da ist er jahrelang als Mitwisser mitmarschiert.
Ich glaube ihm kein Wort, ebenso wenig wie diesen Gefälligkeitsgutachtern.