Was wird aus der Meinungs-, der Rede- und der Zitierfreiheit?

Nicht nur die Bundesregierung, auch die Kirche wirbt schon längst für die Einschränkung der Redefreiheit. Sie will die Grenzen des Sagbaren enger ziehen; wie eng genau, weiß man noch nicht. Ein Blick in das evangelische Magazin „Chrismon“ genügt, um die Richtung zu erkennen. Von Konrad Adam

picture alliance / CHROMORANGE | Udo Herrmann

Vor Jahren, als sich die roten Pazifisten noch nicht in grüne Bellizisten verwandelt hatten, war einer von ihnen auf die Idee gekommen, seinen Wagen mit der Parole „Soldaten sind Mörder“ zu verzieren. Einige  Bundeswehrsoldaten, die geschworen hatten, ihr Leben für diesen Staat aufs Spiel zu setzen, fühlten sich dadurch beleidigt und zogen vors Bundesverfassungsgericht, um Ehren- oder Rechtsschutz zu erlangen. Das Gericht war aber schon damals auf der Höhe der Zeit und wies die Klagen ab. Die hässliche Parole sei doch nur ein Zitat, meinten die Richter, Zitieren aber sei erlaubt, gedeckt durch das Grundrecht auf Redefreiheit.

Damals bot das Zitat also noch Schutz; heute wahrscheinlich nicht mehr. Denn inzwischen ist das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft getreten, das uns erlaubt, einmal im Jahr das Geschlecht zu wechseln. Demnächst wird dies Gesetz auch noch verschärft, und dann wird es gefährlich, weil dann ein paar neue, bislang unbekannte Tatbestände wie das misgendern oder das deadnaming greifen werden. Jeder/jede/jedes von uns, der/die/das  nicht so denkt und fühlt und spricht und anspricht, wie der/die/das es sich wünscht oder vorstellt, hat dann mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro zu rechnen. Was wird dann aus der Meinungs-, der Rede- und der Zitierfreiheit?

Auf den bekannten Büchmann, einen Klassiker mit hoher Auflage, sollte man dann nicht mehr schwören. Denn der bietet zwar einen riesigen Zitatenschatz „zum Nachschlagen von Adam und Eva bis Lasst hundert Blumen blühen“, verstößt aber schon auf den ersten Seiten gegen das neue Gesetz, indem er sich zur Zweigeschlechtlichkeit bekennt. Aus der Schöpfungsgeschichte zitiert er den bekannten Satz, dass Gott den Menschen „ihm zum Bilde“ erschuf, ergänzt um die fatalen Worte: „und er schuf sie als Mann und Frau“.

Die Evangelische Kirche hat sich von dieser Aussage schon längst distanziert, sie will von Zweigeschlechtlichkeit nichts wissen und schreibt statt Gott inzwischen G*tt w/m/d. Aber reicht das? Was, wenn ein Pfarrer seinen Luther, das Alte Testament oder den Büchmann beim Wort nimmt? Wenn er den verworfenen Satz in voller Länge zitiert und dabei von Volker Beck, Tessa Ganserer, Sven Lehmann oder sonst einem Mitglied der LGBTQ-Gemeinde erwischt wird? Wie reagiert dann das Volksministerium für Aufklärung und Propaganda unter Lisa Paus?

Natürlich müssen auch heilige Schriften aktualisiert und modernisiert, angepasst und verbessert werden. Wie das geschieht, hat Nietzsche vorgemacht, als Pfarrerssohn kannte er sich aus in den Schmutzecken der frommen Seelen. „Wer sich selbst erniedrigt, will er erhöht werden“ notierte er deshalb unter dem Stichwort „Lukas 18,14, verbessert“. Als Kenner des Griechischen hat Nietzsche aber nicht nur die Evangelien, sondern auch die Episteln verbessert. Aus dem bekannten Ausspruch des Apostels Paulus „Dem Reinen ist alles rein“ hat er den Satz gemacht „Den Schweinen wird alles Schwein“ und seinem Zarathustra in den Mund gelegt. Was, wenn sich ein Autofahrer mit diesem Aufkleber am Wagen in eine Stadt begibt, die gerade den Christopher-Street-Day feiert? Kann er sich dann noch auf die Redefreiheit berufen?

Wahrscheinlich nicht. Denn nicht nur die Bundesregierung, auch die Kirche wirbt ja schon längst für die Einschränkung der Redefreiheit. Sie will die Grenzen des Sagbaren enger ziehen; wie eng genau, weiß man noch nicht, ein Blick ins Chrismon, das evangelische Reise- und Urlaubsmagazin, genügt jedoch, um die Richtung zu erkennen. Franz Josef Strauß durfte Hildegard Hamm-Brücher seinerzeit noch als Krampfhenne verspotten; dürfen wir Britta Hasselmann, Gesine Lötsch oder Beatrix von Storch auch so nennen? Ricarda Lang als Leierkasten, Robert Habeck als Dummbart, Claudia Roth als Appetitzügler und Karl Lauterbach als Maulkorbträger bezeichnen? Oder fliegen uns dann die Abmahnungen, Unterlassungsklagen und Bußgeldforderungen zu Hunderten ins Haus? Fragen über Fragen, die der letztgültigen Klärung durch irgendein hohes Gericht harren.

Bis es so weit ist, werde ich allen kaiserlichen und demokratischen Majestäten den schuldigen Respekt erweisen. Im Umgang mit den Maulhelden, die mich zur Kapitulation vor irgendwelchem politisch korrekt verlogenen Blödsinn auffordern, werde ich mich aber an den bekannten Götz von Berlichingen erinnern und antworten wie der. Ist ja doch auch nur ein Zitat.

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Kommentare ( 11 )

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AlNamrood
3 Monate her

Es sollte eigentlich mittlerweile jedem Konservativen klar sein, dass diese Kulturmarxisten die zivilisatorischen Grundrechte nur genau so lange für gut und wichtig erachten wie sie ihnen selbst nützen. Diese Leute spielen nicht nach irgendwelchen ethischen Regeln. Sobald sie an der Macht sind wird jedwede Gegenmeinung mit allen Mitteln bekämpft.

Britsch
3 Monate her

Wo leben Sie?
Das Grundgesetz gilt zwar offiziell noch,
in der Realität wird es doch aber von den Regierenden fast täglich mit Füßen getreten
und Behörden wie z.B. Polizei und auch Gerichte „verbiegen es teilweise doch erheblich“, eher abgeschwächt ausgedrückt
Nur ein kleines Beispiel, das mir gerade in den Sinn kommt, wie war das beispielsweise mit der Untersuchungshaft von Ballweg, oder Allgemein das Vorghehen gegen so genannte Querdenker.
Aber das fing ja bereits bei Merkel an als sie Z.B. die deutsche Flagge einem der sie im Bundestag zeigte aus der Hand riß und quasi mit Füßen trat

gmccar
3 Monate her
Antworten an  Britsch

AfD-Politikerin muss 6.000 Euro zahlen – wegen Suggestivfrage zu „afghanischen Ortskräften“
7 Mai 2024 11:49 Uhr

Marie-Thérèse Kaiser wurde wegen „Volksverhetzung“ zu einer Geldstrafe verurteilt, da sie im August 2021 über einen Facebook-Eintrag mögliche afghanische Flüchtlinge in Verbindung mit „Gruppenvergewaltigungen“ brachte. Die rhetorische Frage habe deren „Menschenwürde“ verletzt“, hieß es. Selbst Elon Musk zeigt sich irritiert über das Urteil.

ratio substituo habitus
3 Monate her

Nun ja, eine Verfassung kann sich nicht selbst schützen. Das müssen schon die Bürger machen. Und gerade verstößt die Regierung regelmäßig gegen die durch das GG geschützten Werte. Und defamiert diejenigen, die darauf hinweisen als Querdenker, Schwurbler und räääächts. Solange nicht anders gewählt wird und/oder eine kritische Masse auf die Straße geht, werden sie weitermachen und das GG schleifen.

Der-Michel
3 Monate her

Wie sage bereits Stalin:

Gedanken sind mächtiger als Waffen, wir erlauben unseren Bürgern nicht, Waffen zu führen – warum sollten wir es ihnen erlauben, selbständig zu denken?

Wir sind auf dem besten Weg.

U.S.
3 Monate her

Ich, Baby Boomer 1955er, mit Abitur und Doppel Diplom einer deutschen TU, möchte nicht von einem sich als Elite fühlendem Menschen ( egal, ob m,w, div, sonstiges) hochnäsig angepoebelt werden, ob ich schon den Intelligenz Test in der einfachen Basis Ausführung der rot grün Elite bestanden hätte?
Ich treffe immer mehr und öfter gebildete und gut verdienende Deutsche im Ausland an, die aus Frust wegen rot und vor allem grün ins Ausland ausgewandert sind – macht nichts: pro ausgewanderten Deutschen Akademiker reisen 100.000 Fachkräfte aus allen Armutsregionen der ganzen Welt nach Germoney hinein.

Michael Palusch
3 Monate her

„das uns erlaubt, einmal im Jahr das Geschlecht zu wechseln. Demnächst wird dies Gesetz auch noch verschärft, und dann wird es gefährlich, weil dann ein paar neue, bislang unbekannte Tatbestände wie das misgendern oder das deadnaming greifen werden.“ Das ist ein interessanter Punkt. M.M.n. wird dabei aber viel zu wenig beachtet, dass das wohl kaum durchsetzbar sein wird. Denn das Horst wünscht, künftig mit Marianne angesprochen zu werden, leitet ja noch keinen Rechtsanspruch ab. Dazu müsste sich Marianne, die noch immer Schnauzer trägt und deren Stimme verdächtig nach Horst klingt, sich mir gegenüber mit ihren neuen Personenstand ausweisen. Ob ich… Mehr

Last edited 3 Monate her by Michael Palusch
Muensterlaenderin
3 Monate her

Vielen Dank für die Nennung des Götz von Berlichingen. Der war mir irgendwie entfallen. Ich werde ihn bei meinen gegenwärtigen Diskussionen mit Ampel-Politikern ab jetzt häufiger gebrauchen.

Deutscher
3 Monate her

Ich kann eine Zivilisation nicht länger ernst nehmen, wenn Männer Gold im Frauenboxen gewinnen. Man wird mich mit Repressalien zwingen müssen, so zu tun, als ob.

Last edited 3 Monate her by Deutscher
Salvian
3 Monate her

Tja, wir müssen damit zurecht kommen, in einem Land zu leben, in dem jeder Arbeitgeber seine Stellenausschreibungen gehorsam mit dem Zusatz „m/w/d“ versieht, in dem Werbung für beliebige Firmenprodukte mit dem Attribut „klimaneutral“ ein gläubiges Publikum findet, in dem die erdrückende Mehrheit jede noch so idiotische Corona-Regel penibel befolgt hat und in dem jeder, der irgend etwas davon infrage stellt, als gefährlicher Volksfeind markiert wird. Ein wenig Trost kann man in der klassischen Literatur finden – zum Beispiel in einem 2435 Jahre alten Theaterstück (Euripides, „Die Phoinikerinnen“). Iokaste (Königin von Theben): „Was martert den Verbannten?“ Polyneikes (ihr verbannter Sohn): „Vor… Mehr

Last edited 3 Monate her by Salvian
Britsch
3 Monate her

Ich denke ohne Aufstand der echt arbeitenden Massen die geringschäzig mehr oder weniger als Unterklasse / weniger gebildete bezeichnet werden, wird sich nichts ändern. Die so genannte Elite hat sich selbst und gegenseitig zur Elite erklärt. Ohne eine gewisse Gewalt und Rohheit ( Volkstümlich es geht zur Sache bezeichnet) wird es nicht gehen. Revolution nannte man es in der Vergangenheit. Eine BRD wie sie neben der DDR bestand gibt es nicht. Es ist auch wieder so, daß sich eine gewisse Klasse alle Macht an sich gerissen hat, andere unterdrückt und ausbeutet wie das vor vergangenen großen Kriegen war. Heute ist… Mehr