Die Nervosität der Finanzmärkte angesichts der politischen Krisen in Paris und Berlin hält sich bisher in Grenzen. Doch die Ruhe könnte trügerisch sein, und der Euro könnte bei Fortbestehen der politischen Verwerfungen erneut in eine Bewährungsprobe kommen. Von Dr. Martin Heipertz
Ncht nur die deutsche Innen- und Wirtschaftspolitik geraten immer tiefer in die Krise – auch unser Nachbarland und engster Partner, Frankreich, kommt aus den Negativschlagzeilen nicht mehr heraus: Gemeinsam haben linke und rechte Opposition die von Präsident Macron vor gerade einmal drei Monaten ernannte Regierung Barnier zu Fall gebracht. Die vereinte Macht von Links und Rechts führte zu einer satten Mehrheit von 331 der 574 Abgeordneten. Dass die französische Nationalversammlung eine Regierung stürzt, hat es zuletzt im Jahr 1962 gegeben. Erst die nächsten Tage werden zeigen, wie es weitergeht – solange Macron nicht Barniers Rücktritt annimmt, bleibt dieser jedenfalls im Amt.
Zankapfel ist – in Frankreich wie in Deutschland – der Haushalt. In beiden Ländern steht zunächst einmal vorläufige Haushaltsführung an; im Grunde eine gute Nachricht für alle Befürworter von finanzpolitischer Disziplin. Hinter der Entwicklung in Frankreich steht aber das Bestreben von Marine Le Pen nach einem möglichst raschen Rücktritt von Emmanuel Macron und einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl, bevor sie im Zuge laufender Korruptionsverfahren womöglich ihr passives Wahlrecht verliert.
Die Nervosität der Finanzmärkte angesichts der politischen Krisen in Paris und Berlin hält sich bisher in engen Grenzen. Die Renditen der Bundesanleihen steigen derzeit leicht an, die Spreads gegenüber dem Bund gehen jedoch zurück – auch für Frankreich. Der DAX eilt von Rekord zu Rekord, und auch die anderen Aktienindizes eröffnen am Tag nach Barniers Sturz mit Zugewinnen. Die Regierungskrisen in Paris und Berlin scheinen also bisweilen eingepreist.
Doch die Ruhe könnte trügerisch sein, und der Euro könnte bei Fortbestehen der politischen Verwerfungen erneut in eine Bewährungsprobe kommen. Frankreich, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, hat allemal eine kritische Lage seiner Staatsschulden erreicht, die sich mittlerweile auf rund 112 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belaufen und damit neben Italien einen der fragwürdigen vorderen Plätze in der Eurozone einnehmen.
Die Eurokrise ab 2010 hat die strukturellen und institutionellen Schwächen der Währungsunion offenbart, auch wenn heute kaum noch Aufmerksamkeit darauf verwendet wird. Besonders deutlich sind die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages und der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) ohne Belang. Der mangelnde Reformdruck und die expansive Fiskalpolitik vieler Länder, darunter auch Frankreich, haben seinerzeit entscheidend zur Schuldenkrise beigetragen. Deutschland hat damals unter Finanzminister Schäuble noch als „Stabilitätsanker“ fungieren können, indem es die Zahlungskraft seiner Steuerzahler aufgeboten und gleichzeitig auf die Einhaltung von Reformen und Disziplin gedrängt hat (mit mehr oder weniger Erfolg). Doch Schäubles „Schwarze Null“ ist Geschichte, und die deutsche Schuldenbremse ist mittlerweile selbst von der Bundesbank zum Abschuss freigegeben.
Überhaupt hat sich die Rolle der Zentralbanken und, allen voran, der EZB im Zuge der Krise stark gewandelt. Schon unter Jean-Claude Trichet, erst recht aber unter Mario Draghi („whatever it takes“), ist ein Paradigmenwechsel eingetreten: Heute ist es nicht mehr primär Deutschland, sondern die EZB, welche die Stabilität des Währungsraums garantiert, indem sie potentiell unbegrenzt die Staatsanleihen von Ländern aufkauft, die in Schieflage geraten. Sie tut dies im Rahmen von vielklingenden Programmen wie das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) und das Asset Purchase Programme (APP). Diese Entwicklung hin zu monetärer Staatsfinanzierung wirft Fragen über die politische Unabhängigkeit der Notenbank als auch grundsätzlich über die langfristige Preisstabilität auf – somit die Geschäftsgrundlage der Währungsunion.
Die Bilanz der EZB hat durch den Ankauf von Staatsanleihen immer neue Höchststände erreicht. Diese expansive Geldpolitik trägt zwar zur kurzfristigen Stabilisierung der Krisenländer bei, birgt jedoch erhebliche Risiken für die Preisstabilität. Die Inflationsrate in der Eurozone nähert sich zwar zuletzt dem 2-Prozent-Ziel wieder an, doch die Spitzenwerte von weit über 10 Prozent in der jüngeren Vergangenheit sind bei weitem noch nicht vergessen. Jeder Bürger mit normalem Einkommen bekommt den Verlust seiner Kaufkraft auf den Weihnachtsmärkten landauf und landab im eigenen Portemonnaie zu spüren. Anders als der Bundeswirtschaftsminister suggeriert, gehen die Preise ja auch nicht wieder zurück – lediglich ihr Anstieg hat sich verlangsamt. Das gerät nun wieder in Gefahr.
Zudem zeigt auch ein Blick auf die Target-2-Salden, dass die Ungleichgewichte in der Eurozone wieder zunehmen. Deutschlands Forderungen im Zahlungsausgleich innerhalb des Notenbanksystems liegen bei deutlich über eine Billion Euro, während Frankreich ein Defizit aufweist. Diese Entwicklungen verdeutlichen in den Augen mancher Kommentartoren die finanzielle Abhängigkeit einiger Mitgliedstaaten von der EZB.
Indem die im Euroraum zusammengeketteten Nationalstaaten nach wie vor ihre Hausaufgaben nicht machen, zwingen sie die EZB zu einer Politik, die über kurz oder lang den Kern der Währungsunion gefährdet: die Preisstabilität. Deutschland ist wirtschaftlich nicht mehr so robust wie in der letzten Krise. Der verführerische Ausweg in Richtung Schuldenunion wird das Vertrauen erst recht untergraben. Mit und ohne Verhandlungen im Ukraine-Krieg wird die Belastung der öffentlichen Haushalte durch Rüstung und Verteidigung weiter massiv zunehmen – denn wer wird wohl die Kontaktlinie zwischen Ukraine und Russland absichern sollen?
Auf Pump und ohne klare Strategie droht die Eurozone erneut in eine Krise zu geraten, deren Folgen für die Preisstabilität und das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung katastrophal sein könnten.
Der Verfasser dieses Artikels, Dr. Martin Heipertz, ist Autor des Buches „Merkelismus – die hohe Kunst der flachen Politik“, einer Analyse von Angela Merkels Regierungsstil anhand der Euro-Rettungspolitik. Das Buch ist zeitgleich mit Merkels Memoiren „Freiheit“ im Frankfurter Westend Verlag erschienen.
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Ich bin nicht einzigste, der den Euro, nicht vermissen würde. Nun beeilt man sich rasch den digitalen Euro einzuführen um die Druckerpresse zu schonen, die Wahrheit ist eher, das sie uns damit eher kontrollieren können. Aber alles was digitalisieren zusammen hängt, die Datenwut verbraucht unheimlich viel Strom und ohne G5 und höher läuft nix. Mit besser telefonieren hat dies nichts zutun. Nun beziehen etliche Länder Strom aus Frankreich, aber die Akws benötigen alle eine Wartung und Instandsetzung, doch der Sonnenkönig verpulvert das Geld lieber für seine perversen Shows und dem Kurruptski aus der Ukraine. Da bleibt kein Geld über für… Mehr
Eine Inflation von 2% gegenüber 10% des Vorjahres bedeutet ja nicht, daß die Preise um 2% gegenüber den Preisen von vor der 10% Inflation gestiegen sind, sondern um 2% der bereits um 10 % gestiegenen Preise, also 12%.
Die Politik des Gelddruckens gelangt an ihr natürliches Ende, eine Währungsreform wird unerlässlich sein. Die gemeinsame Währung und die katastrophale Zinspolitik, war und ist ein politisches Mittel zur Schuldenfinanzierung der einzelnen maroden Eurostaaten und des seit 2008 über beide Ohren verschuldeten Bankensystems. Ich denke ohne Corona, hätte unser Finanzsystem bereits anno 2020 einen Kollaps erlebt, hier wurde noch einmal richtig viel Kohle in das System gepumpt und die Menschen davon abgehalten, dieses neue Geld auszugeben, was erst verzögert zu einer massiven Inflation geführt hat. Wenn man Ursache und Wirkung in einem zeitlichen Abstand zueinander hält, werden die meisten Menschen niemals… Mehr
Wenn man eh kein Geld mehr hat, dann kann einem der Euro vollkommen egal sein und das werden immer mehr. Seit der Euroeinführung hat sich für uns der Wert dieser »Währung« auf ca. 15 – 20 % reduziert mit weiter fallender Tendenz, von den Targetsalden ganz abgesehen. Wenn der Euro dem Ende entgegen geht, dann ist das nicht unbedingt ein Schaden, denn der war von Anfang an ein großer, undurchdachter Fehler.
Die ewige Kette die D bis ans Ende von Euro und EU wie Blei in die Tiefe zieht, sind die inzwischen 1 Billion Target II Verbindlichkeiten. Das ach so EU europäische Erfolgsmodell Deutschlands hat dieses 🇩🇪 höchst selbst finanziert und auf ewig bei Strafe des eigenen Untergangs abgesichert. Diese unendlichen Verbindlichkeiten sind nie und nimmer einforderbar. Eine große EU Illusion, Potomkinsche EU Dörfer.
„Der DAX eilt von Rekord zu Rekord, und auch die anderen Aktienindizes eröffnen am Tag nach Barniers Sturz mit Zugewinnen.“ Der Dax ist ein Performance Index, die Kurse der Firmen sind nur ein Teil des Indexes. Denn wie man hier in den Detaildaten sehen kann, lebt der Index vorwiegend von Rheinmetall (dank des Ukraine-Konfikts), Siemens Energy (also einer Luftnummer danke Gamesa), SAP, Heidelberg (Energiepreise verteuern Cement), MTO Aeroengines sowie der Banken und Versicherungsbranche, wobei die Banken auf seeeehr niedrigem Niveau sind. Die eigentliche Industrie ist fast alles im negativen Bereich oder nur geringes Wachsum über der Inflation. Insgesamt ist das… Mehr
Ich habe es so verstanden, dass die EZB inzwischen die eigentliche „Geldwertstabilität“ kaum noch verfolgt. Sie versteht unter Stabilität v.a. die Existenz des Euro an sich. Offenbar ist in den zugrundeliegenden Verträgen der Begriff „Stabilität“ nicht klar definiert (oder anders ausgedrückt: Unsere Politiker haben sich seinerzeit bei der Unterzeichnung der Verträge über den Tisch ziehen lassen).
Allerdings mutieren wir m.E. derzeit selber zu einem der „Problembären“ der Währungsunion.
Wohl denjenigen, die seinerzeit (und danach) den Worten der Politiker nicht getraut haben und für sich in geeigneter Art und Weise vorgesorgt haben.
Dann muss man eben von Bankeinlagen in Sachwerte umschichten, wie etwa in Aktien oder Anleihen von „grünen“ Rüstungsunternehmen.
Kein Problem. Deutschland ist seit über 100 Jahren der Finanzierer Frankreichs. Das ändert sich auch nicht. Wieso auch?
Eine „deutsche“ Ampel als Stabilitätsanker?
Die wesentliche Eigenschaft einer Ampel ist, dass sie permanent
zwischen ROT-GELB-Grün hin-und her hampelt.
Das daraus folgende sich permanent vergrößernde
Desaster ist täglich zu bestaunen.