Robert Nef erklärt seinem vierjährigen Enkel, wie Licht entsteht. So einleuchtend erklärt er seit Jahrzehnten, was Freiheit und Liberal miteinander zu tun haben, wenn man beide ernst nimmt. Ja, wenn.
Kürzlich fragte mich mein vierjähriger Enkel Alois, wie denn Licht entstehe. Dass man Kerzen mit Zündhölzern anzünden kann, weiss er und praktiziert er bereits – unter Aufsicht – hoffentIich. Ich hatte etwelche Mühe, ihm „das mit dem Licht“ spontan zu erklären, denn ich erinnerte mich schwach an meinen Physiklehrer, der sagte es gebe zwei Licht-Theorien, die Wellentheorie und die Korpuskeltheorie. Fluch und Segen der Allgemeinbildung! Beide Theorien, so hiess es, würden viele Phänomene erklären, aber keine von beiden alle. Wie der heutige Diskussionsstand beim Licht ist, weiss ich nicht. Ich könnte es googeln. Der neueste diesbezügliche Stand des wissenschaftlichen Irrtums hätte mir allerdings bei der Erklärung gegenüber Alois kaum viel weitergeholfen.
Was auf den ersten Blick skandalös erscheint: „Die Wissenschafter wissen nicht einmal über ihre Grundbegriffe Bescheid!“ ist auf den zweiten Blick ganz normal. Kein Jurist weiss genau, was „Gerechtigkeit“ ist, kein Theologe kann den „Dreieinigen Gott“ definieren, kein Arzt weiss, was „Gesundheit“ ist, kein Psychologe weiss, was „die Psyche“ ist und die Ökonomen können sich nicht auf einheitliche Definitionen von „Wert“, „Kapital“ und „Produktivität“ einigen, es sei denn, sie kombinieren Begriffe, die ihrerseits wieder kontrovers sind.
Sie sind alle in derselben Situation wie der Opa, wenn er dem Enkel erklären muss, was Licht ist, oder wie Licht entsteht, nachdem dieser mit strahlenden Augen und mit einer selbstgebastelten Kerzenlaterne das brav auswendiggelernte Lied „Liechtli my, Liechtli my, lüücht üs allne gross und chlii, Liechtli my, Liechtli my, git en helle Schy“ gesungen hat.
Ich habe irgendetwas von Feuer, Funken und Wärme und von Sauerstoff in der Luft erzählt und mich zuletzt gefragt, ob ich meine, gewiss stümperische, Erklärung aufklärerisch mit dem Satz schliessen soll: „Weisch, mer wössed halt no nöd ales“ oder metaphysisch-religiös „Es git halt im Läbe vill Sache, wo me nöd ganz cha erkläre..“ oder biographisch „Es git vill Sache, wo au de Opa nöd weiss, aber er hät gern Liecht, und diis Liechtli hät em ganz bsonders gfale“.
Ich habe mich für die demütige dritte Variante entschieden, um dem Enkel die Chance zu geben, selbst einmal herauszufinden, was Licht ist. Er war ganz zufrieden und überlegte sich eine nächste Frage, um mich im Gespräch „auf Trab“ zu halten.
Robert Nef ist konsequent liberales Schweizer Urgestein.
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