Deutsche Automobilhersteller weiterhin unter Druck

Nachdem Volkswagen im September mit Werksschließungen und betriebsbedingten Kündigungen drohte, folgten Mercedes, BMW und Porsche mit ähnlichen Schritten. Bei BMW wird das Werk Dingolfing vorübergehend geschlossen. Und auch bei Mercedes zeichnet sich ein besorgniserregendes Bild ab. Von Hannes Märtin

picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten

Mit der Zeit wird klar – sämtliche deutschen Automobilhersteller haben sich im Bereich der E-Mobilität gewaltig die Finger verbrannt. Auch der Münchner Automobilkonzern spürt den drastischen Nachfrageeinbruch im Segment der Elektroautos deutlich. Seit Freitag sind die Produktionsbänder im größten BMW-Werk Europas in Dingolfing erneut zum Stillstand gekommen, betroffen sind rund 12.000 Mitarbeiter.

Der Standort fertigt ein breites Spektrum an Modellen, von der BMW 4er-Reihe bis hin zum 8er. Im Jahr 2023 rollten hier rund 270.000 Fahrzeuge vom Band, wobei etwa 30 Prozent davon Elektroautos waren. Für 2024 war vorgesehen, den Anteil der Elektrofahrzeuge auf über 40 Prozent der Gesamtproduktion aufzustocken. Diese Initiative hat sich jedoch für BMW als wenig profitabel erwiesen.

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Werkssprecher Julian Friedrich kommentierte die vorübergehende Schließung des Werks wie folgt: „Wie berichtet, hat die BMW Group ihre Prognose angepasst. Im Zuge dessen nutzen wir im Fahrzeugwerk Dingolfing unsere Flexibilitätsinstrumente, um unsere Produktions- und Arbeitszeiten entsprechend anzupassen.‟

Bereits Anfang September musste die Produktion in Dingolfing vorübergehend unterbrochen werden, nachdem BMW den Rückruf und Auslieferungsstopp von 1,5 Millionen Fahrzeugen weltweit angekündigt hatte. Grund dafür waren Probleme mit einem Bremssystem des Zulieferers Continental, die unmittelbar die Produktion in Dingolfing beeinträchtigten und das Werk für fast eine Woche lahmlegten.

Die Produktion soll zwar nach einer Woche, ab dem 4. Oktober, wieder anlaufen. Doch aufgrund der fragilen wirtschaftlichen Lage bei BMW, bleibt die zentrale Frage bestehen: Wie lange wird der Betrieb fortgesetzt, bevor ein erneuter Stillstand droht?

Friedrich deutete bereits auf die angespannte Lage hin. Ähnlich wie Volkswagen steht auch BMW vor erheblichen Herausforderungen. Könnten nun auch beim Münchener Konzern dauerhafte Werksschließungen und massive Stellenstreichungen drohen? Die Zukunft des Dingolfinger Werks, und die der unzähligen Mitarbeiter scheint ungewisser denn je.

Auch Porsche hat aktuell zu kämpfen, die Sorgen der VW-Mutter färben auf den Luxusautomobilhersteller ab. Porsche hatte am Freitag Abend den eigenen Ausblick aufgrund von Problemen bei Volkswagen auf 39 bis 40 Milliarden Euro reduziert. Der Mutterkonzern hatte am Donnerstag, zum zweiten Mal in diesem Quartal seine Gewinnprognosen gekappt.

Doch auch hausgemachte Probleme setzen Porsche unter Druck: Zwischen Januar und Juni verzeichnete der Sportwagenhersteller einen globalen Verkaufsrückgang von 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders gravierend ist der Einbruch beim einst hoch-angepriesenen Elektro-Sportwagen Taycan, dessen Absatz um beeindruckende 51 Prozent zurückging.

Nachdem Mercedes vor Kurzem, unter anderem aufgrund der stagnierenden Nachfrage nach Elektroautos aus China, seine Jahresprognose nach unten korrigiert hat, folgt nun die nächste alarmierende Nachricht: Das Taxi-Geschäft des Stuttgarter Autobauers kollabiert – die Verkaufszahlen sind um erschreckende 71 Prozent eingebrochen.

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In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres gingen die Taxi-Zulassungen für alle Baureihen von 1.730 im Vorjahreszeitraum auf lediglich 497 Einheiten zurück. Das einzige Modell, das Mercedes noch in signifikanten Stückzahlen an den Gewerbebereich vertreibt, ist die Großraumlimousine Vito. Bei den zwei Modellen B- bzw. E-Klasse wurden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar Verkaufsrückgänge von 95 und 90 Prozent verzeichnet.

Von Januar bis August 2024 wurden in Deutschland lediglich 127 Fahrzeuge der E-Klasse und nur eine einzige B-Klasse als Taxi neu zugelassen. Diese Nachricht ist besonders bedauerlich, denn über Jahrzehnte hinweg war die E-Klasse das Sinnbild für den Taxiverkehr in Deutschland. Dazu kommt: Im gesamten Monat August wurden lediglich acht neue Mercedes-Taxis neu zugelassen. – Eine erschreckend niedrige Zahl.

Im Jahr 2019 betrug der Marktanteil des Stuttgarter Unternehmens in dieser Branche noch beeindruckende 52 Prozent. Im vergangenen Jahr fiel dieser jedoch auf 38 Prozent und stürzte in diesem Jahr laut „Dataforce-Zahlen‟ auf alarmierende 13 Prozent ab. Sogar eine weitere Reduktion des Marktanteils ist noch absehbar.

In der Taxi-Verkaufsstatistik hat der weltgrößte Automobilhersteller Toyota Mercedes mittlerweile mit seinen Limousinen, wie dem Corolla, sowie dem SUV RAV4 längst in den Schatten gestellt. Auch Volkswagen ist mit Modellen wie dem Touran und dem Caddy an der Marke mit dem Stern vorbeigezogen.

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Mercedes-Chef Ola Källenius und ein nicht namentlich genannter Manager des Unternehmens äußerten gegenüber dem Handelsblatt: „Taxis passen einfach nicht zu unserem Luxusanspruch.“ Auch Wettbewerber wie BMW und Audi bedienen dieses Segment nicht, was bedeutet, dass man wenig zu verlieren hat. Doch wie bereits bekannt, stößt auch der Luxusanspruch weltweit eher auf Ablehnung, da dieser, in Form des Elektroautos, mit der preisgünstigen Konkurrenz aus Asien bei weitem nicht mithalten kann. Angesichts dieser Marktdynamik könnte eine Konzentration auf das nationale Taxi-Segment keine unkluge Entscheidung sein.

Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi, bringt seine Sichtweise mit diesen Worten auf den Punkt: „Jede Fahrt in einem Taxi ist auch eine Probefahrt.‟

Daher sollte es für viele Hersteller attraktiv sein, sich in diesem Markt zu engagieren. Zudem ist der steigende Anteil von Toyota-Fahrzeugen im deutschen Taxi-Geschäft besorgniserregend, da dies die Gefahr birgt, dass nun auch noch die inländische Taxi-Branche zunehmend der asiatischen Konkurrenz überlassen wird.

Die Krise der deutschen Luxusautohersteller spitzt sich unaufhaltsam zu. Der signifikante Verkaufsrückgang, insbesondere im Elektrosegment, zeigt, dass neben VW auch weitere namhafte Hersteller wie BMW, Mercedes und Porsche von den Herausforderungen des Marktes stark betroffen sind. Die drastische Reduzierung der Prognosen und die drohenden Werksschließungen verdeutlichen, dass die Branche dringend auf neue Strategien und Innovationen angewiesen ist, wenn die deutsche Automobilindustrie noch gerettet werden soll. Zudem stellt die Schwäche im Taxi-Segment eine ernsthafte Bedrohung dar, da die etablierten Marken zunehmend von preisgünstigen asiatischen Konkurrenten überholt werden.

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Kommentare ( 2 )

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thinkSelf
2 Stunden her

Besorgniserregend ist höchstens das der Niedergang so quälend langsam erfolgt. Statt dessen gehen hier die feuchten Träume von Management, Belegschaft und Gewerkschaften endlich in Erfüllung.
„…wenn die deutsche Automobilindustrie noch gerettet werden soll.“
Das wäre ja der maximale Horror für alle bereits erwähnten Gruppen. Außer natürlich die Produktion wird auf Eselskarren umgestellt.

Heiner Mueller
2 Stunden her

Wenn man die Konsumenten verachtet und stattdessen die grüne Politik anbetet, braucht man sich über die Konsequenzen nicht zu wundern – es sei denn, man ist ein Manager bei diesen Firmen. Welcher nichtideologisierte Mensch wird denn den grünen E-Schrott kaufen – man beachte nur die Kosten für eine neue Batterie. Und wenn uns die Verbrennerautos bald verboten werden sollen, wer kauft denn dann noch ein neues Auto? Und sogar ein Luxusauto? Das aber zu erkennen scheint den Automanagern nicht möglich zu sein. Kein Wunder, bei diesem Intelligenzgrad, dass sie die Probleme nicht erkennen.