Bericht zweifelt an der deutschen Wirtschaftskraft

Das reale BIP-Wachstum Deutschlands ist das schwächste der G7-Staaten seit der Corona-Krise. Die Abhängigkeit von China und den USA schwächt die Exportnation bei zunehmendem Protektionismus. Hohe Energiepreise stellen die größte Gefahr für die Produktivität dar.

picture alliance / ZB | Sascha Steinach

Einem Bericht zufolge steht die deutsche Wirtschaft vor Herausforderungen, die die Tragfähigkeit ihres Wachstumsmodells bedrohen. Bis 2050 könnte Deutschland wirtschaftlich von Japan und Indonesien überholt werden, so der am 31. Juli veröffentlichte Bericht der Economist Intelligence Unit.

Trotz Deutschlands hochqualifizierter und gut ausgebildeter Arbeitskräfte und einer relativ niedrigen Staatsverschuldung ist das reale BIP-Wachstum des Landes seit der Pandemie das schwächste unter den G7-Staaten gewesen. Die deutsche Wirtschaft ist seit der Zeit vor der Pandemie nur um 0,3 Prozent gewachsen, was das schwächste Wachstum unter den G7-Ländern ist. Dies deutet darauf hin, dass sich Deutschland nur schwer von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie erholen konnte.

Im Gegensatz dazu weisen die USA mit 8,6 Prozent das höchste Wachstum auf, was auf eine robustere Erholung hindeutet. Auch Kanada und Italien weisen mit einem Wirtschaftswachstum von 4,9 Prozent bzw. 4,6 Prozent eine starke Leistung auf.

Diese Leistung kann laut Economist Intelligence auf die Grenzen des derzeitigen deutschen Wirtschaftsmodells zurückgeführt werden. Der Bericht nennt vier große Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft: die Abhängigkeit vom Handel mit den USA und China, die hohen Energiepreise, der Mangel an öffentlichen Investitionen und die „schlechten demografischen Aussichten“.

Die Abhängigkeit Deutschlands vom Handel und von den USA und China schwächt das Wachstum angesichts des zunehmenden Protektionismus, so der Bericht. „Das deutsche Wachstumsmodell hat sich in der Vergangenheit auf die Globalisierung und billige Energieträger verlassen, um steigende Löhne und Lebensstandards zu fördern. Die deutsche Wirtschaft ist in hohem Maße exportorientiert und stark mit den Märkten in den USA und China verflochten“, heißt es dort.

Deutsche Unternehmen haben sich gegen Handelsschranken mit China für in China hergestellte Elektrofahrzeuge stark gemacht. Die deutsche Handelsbilanz mit China hat sich in den letzten Jahren aufgrund der Inflation der Preise für importierte Waren nach dem Kaukasus und einer Erholung der Binnennachfrage ins Negative gedreht.

Auf der anderen Seite des Atlantiks könnten sich die bevorstehenden US-Wahlen im November ebenfalls negativ auf Deutschland auswirken. „Wir gehen davon aus, dass Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen gewinnen wird, und wir erwarten, dass der gewichtete durchschnittliche US-Zollsatz bis Ende 2025 auf 5 bis 10 Prozent (von derzeit 2 Prozent) ansteigen wird“, so die Prognose des Berichts.

Ein anderer Bericht der Economist Intelligence Unit warnte davor, dass Deutschland wahrscheinlich das Land sein würde, das am drittstärksten von einer zweiten Trump-Präsidentschaft betroffen wäre. Das „Trump Risk Rating“ lag bei 72,8 von 100 Punkten für die Sicherheitsrisiken und bei 55,5 für den Handel.

Darüber hinaus stellt der Bericht fest, dass die hohen Energiepreise eine erhebliche Gefahr für die Produktivität darstellen. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie wurde durch die höheren Energiekosten nach Russlands Einmarsch in der Ukraine im Jahr 2022 geschwächt. „Dies wird die strukturelle Verschiebung Deutschlands weg von der Abhängigkeit von der Industrie hin zu seinen Dienstleistungsbranchen beschleunigen“, prognostizierte die Intelligence Unit.

Eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) vom 1. August ergab, dass immer mehr deutsche Unternehmen erwägen, ihre Produktion zu reduzieren oder ins Ausland zu verlagern. TE berichtete.

Auch das deutsche Arbeitskräftereservoir ist laut Bericht aufgrund der schlechten demografischen Aussichten des Landes rückläufig. Diese Situation wird wahrscheinlich die Steuerlast der arbeitenden Bevölkerung des Landes erhöhen, um den Ruhestand zu finanzieren, so die Prognose der Intelligence Unit. „Der Arbeitskräftemangel wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem immer drängenderen Problem werden“, warnte der Bericht.

Dennoch, so die Economist Intelligence Unit, könnte das Land „ein Gegengewicht schaffen, indem es seine qualifizierten Arbeitskräfte und seine Hightech-Infrastruktur mit neuen ‚grünen‘ und digitalen Investitionen nutzt“. Allerdings sei der Übergang zu einer „grünen“ Politik nicht ohne Risiken, so der Bericht weiter. So sei beispielsweise Schwedens größtes Windkraftwerk bereits mit großen wirtschaftlichen Verlusten konfrontiert.


Dieser Beitrag ist zuerst bei Brussels Signal erschienen.

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Kommentare ( 10 )

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Ich bin RECHTS
1 Monat her

Tja, mit 4 Tage-Woche, Homeoffice und Work-life-balance gibt es halt kein neues Wirtschaftswunder

Mausi
1 Monat her

„Das deutsche Wachstumsmodell“ Wer machte und macht das Modell? Erhards freie und soziale Marktwirtschaft war mal das Wachstumsmodell. Die Freiheiten, die jedem Einzelnen von uns über das GrundG zugesichert wurden, waren mal ein Wachstumsmodell. Aber aktuell? Ist doch kein Wunder, dass das „deutsche Wachstumsmodell“ fällt, wenn über Planwirtschaft auf Wind und Sonne umgestellt wird, wenn Planwirtschaft die große Transformation ausruft. „hat sich in der Vergangenheit auf die Globalisierung und billige Energieträger verlassen“ Das „Modell“ würde sich anpassen, wenn erforderlich. Aber Planwirtschaft verhindert das. „um steigende Löhne und Lebensstandards zu fördern.“ Die Aussage konnte ich in dem verlinkten Bericht nicht finden.… Mehr

Last edited 1 Monat her by Mausi
Jerry
1 Monat her

Dies deutet darauf hin, dass sich Deutschland nur schwer von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie erholen konnte. Diesen Satz halte ich für falsch! Deutschland kann sich gar nicht von der „Pandemie“ erholen, da sie nicht Ursache für unsere Probleme war. Sie hat höchstens einen kleinen Anteil. Wenn überhaupt muss Deutschland sich von der falschen Politik während der sog. Pandemie erholen. Ergänzend kommt dazu, dass die für den Bereich Wirtschaft verantwortlichen Politiker nicht die geringste Ahnung von Ihrem „Beruf“ haben, allen voran natürlich unser Wirtschaftsminister. Dieses, gepaart mit einer ebenso falschen Einwanderungspolitik- und Sozialpolitik, führt halt dazu, dass es wirtschaftlich eher… Mehr

Last edited 1 Monat her by Jerry
Biskaborn
1 Monat her

Nun sollen es also grüne Produkte richten und Trump wird als großes Risiko dargestellt! Was soll man von einer Untersuchung halten, die die tatsächlichen Ursachen des Wirtschaftsabschwungs, Transformation, Erneuerbare, Bürokratie, Klimawirtschaft, zu hohe Steuern usw. komplett ausklammert ? Habeck wird dieser Bericht freuen und natürlich auch der untertänigen ( Klima- ) Wirtschaft und Trumpfeindschaft.

Freigeistiger
1 Monat her

„Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie wurde durch die höheren Energiekosten nach Russlands Einmarsch in der Ukraine im Jahr 2022 geschwächt.“ Das stimmt so wenig wie die Aussage, daß die Wirtschaft durch das Corona-Virus geschwächt worden sei. Das lag an den politischen Maßnahmen und im Fall des Ukrainekriegs an der westlichen Sanktionspolitik gegenüber Russland. Hinzu kam, daß die Ampel möglichst jeglichen Energiebezug aus Russland unterbinden wollte und die letzten Atommeiler vom Netz nahm. Die USA freilich profitieren, sie können nun teures LNG-Gas nach Europa verkaufen, deutsche Unternehmen produzieren vermehrt in den USA und der Krieg wirkt dort wie eine Konjunkturhilfe (MIK… Mehr

Diogenes
1 Monat her

Das Ziel der wirtschaftlichen Zerstörung Deutschlands ist eigentlich schon erfüllt, übererfüllt. Alles Gerede von „Wachstum“ vermittelt den Eindruck, es würde von Verrückten ausgesprochen.
Leute kauft euch kleine Kocher, die ihr vor die Haustüren stellt , um Müll zu verbrennen und darauf Wassersuppe zu kochen.
Wir nähern uns in rasendem Tempo einem „Wirtschaftsstandort“ der etwa dem von Burundi gleichkommt.
Zur Zeit hat Deutschland ca, 2,8 Billionen Euro „Sondervermögen“. Wer mag da noch klagen lolol. Aber das ist so gewollt. Das war so geplant! Mission accomplished!
Fragt sich nur, wohin ziehen die idiotologischen Heuschrecken dann, wenn wirtschaftliche Friedhofsruhe irreversibel eingekehrt ist?

Last edited 1 Monat her by Diogenes
BK
1 Monat her

Wenn wir das BIP pro Kopf anschauen, dann sind wir lediglich mittelmäßig. Länder wie die Schweiz, Luxemburg, Norwegen oder Singapur liegen weit vor uns. Selbst Österreich und die Niederlande liegen vor Deutschland. Aber was will man erwarten, wenn dieses Land zum Weltsozialamt wird und die Totaldemokraten Milliarden im Ausland verteilen, statt sie in die eigene Wirtschaft zu investieren. Wer schenkt uns denn Geld? China, Indien, Afghanistan oder die Ukraine? Leider niemand, nur wir sind so blöd und verteilen Geschenke. Allerdings glaube ich nicht, dass der deutsche Wähler überhaupt eine Lernkurve und sich deshalb nichts ändern wird. Außer vielleicht, dass die… Mehr

Jerry
1 Monat her
Antworten an  BK

Die Lernkurve des deutschen Wählers ist genau so, wie es die Bildungspolitik der letzten 30 Jahre vorgesehen hat: Sehr flach! Das muss so sein, damit rotgrüne Politik weiterhin eine Mehrheit findet!

Haba Orwell
1 Monat her

> Das deutsche Wachstumsmodell hat sich in der Vergangenheit auf die Globalisierung und billige Energieträger verlassen, um steigende Löhne und Lebensstandards zu fördern.

Auf billige Energieträger hat Buntschland selbst verzichtet – zum Teil könnte man es immer noch rückgängig machen.

Elmar
1 Monat her

Wir sehen die verspätete Rache vom Henry Morgenthau.