Energieunternehmen müssen darlegen, wie viel Strom aus fossilen, atomaren und erneuerbaren Quellen stammt. Umweltschützer sind bestürzt über die neuesten Zahlen für Österreich: Danach sind die Anteile des erneuerbaren Stroms gesunken, während die des Atomstroms gleich blieben. Das liegt an den Importen. Von Wolfgang Kempkens
Am 5. November 1978 wurde das im Bau befindliche Kernkraftwerk Zwentendorf per Volksabstimmung zu Fall gebracht. Mit 50,47 Prozent hatten die Kernenergiegegner die Nase knapp vorn. Das hinderte Österreich allerdings nicht, Atomstrom im großen Stil zu importieren. Selbst aus Tschernobyl kam Strom, auch nach der Katastrophe 1986. Noch heute liegt der Atomstrom-Anteil in Österreich bei nahezu zwölf Prozent.
Dass die Nachbarn das wissen, liegt an der Stromkennzeichnungspflicht, die auch in Deutschland gilt. Danach muss jedes Energieunternehmen darlegen, wie viel Strom aus fossilen, atomaren und erneuerbaren Quellen stammt. In Österreich sind Umweltschützer bestürzt über die neuesten Zahlen. Danach sinken die Stromkennzeichnungsanteile für erneuerbaren Strom, ausländische Herkunftsnachweise nehmen zu und es gibt den ersten zertifizierten Atomstrom.
Die Enstroga GmbH verkaufte 2022 Strom, der zu 73,79 Prozent aus Kernkraftwerken stammt, so E-Control, eine österreichische Behörde, die die Herkunftsnachweise überwacht. Der Entstroga-Strom kommt zu 74 Prozent aus Finnland und zu 21 Prozent aus Deutschland, im Jahr 2022 ebenfalls noch Atomstrom-Produzent. „Leider haben wir es in den letzten Jahren nicht geschafft, den Atomstromanteil in Österreich wesentlich zu senken“, sagt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, der darauf drängt, dass Windenergie die Kernkraft zurückdrängt.
Während der Atomstrom-Anteil in den letzten Jahren auf demselben Niveau geblieben ist, hat der Anteil des erneuerbaren Stroms sukzessive abgenommen. Waren 2020 noch 85,9 Prozent der Nachweise aus erneuerbaren Energien, lag der Anteil 2022 mit 83,72 Prozent 2,54 Prozentpunkte niedriger. Der Anteil an ausländischen Herkunftsnachweisen ist in den letzten drei Jahren um ein Viertel auf 37.2 Prozent gestiegen und damit regelrecht explodiert.
„Leider haben die großen Versprechungen der Stromkennzeichnung nicht dazu geführt, dass weniger Atomstrom in unserem Stromnetz zu finden ist“, klagt Moidl: „Dass aber der Anteil des ausgewiesenen erneuerbaren Stroms laufend abnimmt und nun sogar ausgewiesener Atomstrom in Österreich zu kaufen ist, ist ein neuer Tiefpunkt.“
„Nachdem die Stromkennzeichnung der letzten Jahre zeigt, dass ein atomstromfreies Österreich so nicht sichergestellt werden kann, ist der einzig gangbare Weg der rasche Ausbau der Erneuerbaren“, so Moidl. Doch es fehle an ausgewiesenen Flächen für Windgeneratoren und ähnlich wie in Deutschland dauerten die Genehmigungsverfahren zu lange. „Jedes Windrad in Österreich bedeutet weniger Atomstrom in den heimischen Stromnetzen“, wirbt er für sein Anliegen, wobei er verschweigt, dass Windräder auf dem Land allenfalls 3000 Stunden pro Jahr den Nennstrom liefern. Importierter Atomstrom fließt dagegen mehr als 8000 Stunden pro Jahr.
Dass im österreichischen Stromnetz nennenswerte Mengen an Atomstrom fließen, liegt an den Importen. Tschechien ist traditionell hinter Deutschland das größte Stromlieferland. Fast 40 Prozent des tschechischen Stroms werden in zwei Kernkraftwerken mit sechs Reaktorblöcken in Dukovany und Temelin erzeugt. Außerdem liefern die Schweiz (Atomstrom-Anteil 29 Prozent), Frankreich (65 Prozent), Ungarn (47,5 Prozent), Slowenien (36,9 Prozent) und Finnland (37,9 Prozent) Atomstrom.
Vor allem Dukovany ist österreichischen Umweltaktivisten ein Dorn im Auge. Das Kernkraftwerk ist nur 100 Kilometer von Wien entfernt. Der Betreiber CEZ will dort einen weiteren Block mit einer Leistung von 1200 Megawatt bauen.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Wo ist jetzt das Problem? Atomstrom ist klimaneutral und grundlastfähig und um den Atommüll müssen sich die Nachbarländer auch noch selbst kümmern.
Ich vestehe die Aufregung nicht. Laut Wien Energie hat Österreich in 2022 einen Anteil der „erneuerbaren“ Energien von 79%. Wasserkraft 57%, Erdgas 16%, Windkraft 11%, Biogene Brennstoffe 7%, Photovoltaik 5% und der Rest Kleckerkram. Kernenergie ist gar nicht aufgeführt aber lt. EU zählt Kernenergie auch zu den „Erneuerbaren“ also wozu die Aufregung?
Selten konnte man deutlicher erkennen, worum es den Windmühlen-Fans geht: Nicht um Co2-Reduktion und erst recht nicht um Naturschutz, sondern um Reibach.
Gottseidank scheint es in Österreich nicht ganz so leicht zu sein mit der Windkraft. Sollten Sie im Paderborner Landes leben, empfehle ich Ihnen eine Reise durch Vorarlberg. Sie werden zu Tränen gerührt sein…
Oft um gesponserten Reibach; Lobby für Green Tech. Sämtliche Kollateralschäden in der restlichen Wirtschaft werden dabei fröhlich ignoriert.
Die Windräder stehen auch nicht in Vorarlberg sondern am anderen Ende des Landes.
Das wird so sein. Aber genau das macht den Unterschied zu Deutschland aus. Wenn man sich auf die Verschandelung von Habecks Heimat konzentrieren würde, könnte ich damit leben. Aber die deutsche Verspargelungswut macht anscheinend vor nichts Halt.
Umweltschützer sind sicher eher nicht bestürzt über die neuesten Zahlen, sondern im Gegenteil eher erfreut.
Bestürzt sind allenfalls Deindustrialisierungsfanatiker und Profiteure der sogenannten „Energiewende“.
Ich als Naturfreund und Umweltschützer bin „bestürzt“, daß der Anteil an Kernkraftstrom nicht längst die 75% überschritten hat, ob nun in Österreich oder in Deutschland.
Anderes Beispiel: Kenia bezieht (angeblich) fast 90% des Stroms aus erneuerbaren Quellen. In Deutschland sind es nur rund 45%. Preisfrage: Welches Land produziert mehr Strom aus Erneuerbaren? (Tipp: In welchem Land haben weite Teile der Bevölkerung keinen Stromanschluss?) Dass Svenja Schulze und Annelena darüber hinaus sogar behaupten, Kenia beziehe 90% seiner „Energie“(!) aus erneuerbaren Quellen, ist dagegen einfach nur glatt gelogen. Im Gegenteil, dss Land verbrennt gerade seine letzten Waldflächem zum Heizen und Kochen. Das Abholzen hat auch übrigens auch etwas mit unseren Sanktionen gegen Russland zu tun. Denn in der Folge haben Deutschland und Europa die weltweiten Märkte für… Mehr
Na, ohne Bäume funktionieren die PV-Anlagen doch auch viel besser. Manche Leute muss man einfach zu ihrem Glück zwingen.
Holz ist nun mal immer nachwachsend in deren „Logik“. Dass keiner nachpflanzt ist bei denen ein anderes Thema.
Wenn solche „Experten“ wie Schulze und vor allem Bärbock uns erklären, dass ein hunderttausende von uns entferntes Land wie Kenia 95% seines Stroms aus erneuerbaren Energien bezieht, dann entlockt mir das nicht einmal ein müdes A.schrunzeln. Dass diese beiden hoch ungebildeten Dumpfbacken hier Zuckerrüben mit Äpfel vergleichen, dürfte wohl jedem klar sein. Wo ist die gemeinsame Basis dieser beiden Länder, um hier überhaupt einen Vergleich zu ermöglichen?
„Dass aber der Anteil des ausgewiesenen erneuerbaren Stroms laufend abnimmt und nun sogar ausgewiesener Atomstrom in Österreich zu kaufen ist, ist ein neuer Tiefpunkt.“ Nein, der Tiefpunkt war bereits erreicht, als die Befürworter der Erneuerbaren Energien ernsthaft glaubten, mit Windrädern und Solarpaneelen die vollständige Stromversorgung leisten zu können. Der größte Windanlagenbauer, der in Norwegen den Firmensitz hat, hat alleine in den USA drei Großprojekte abgebrochen und baut die Anlagen nicht weiter. Einer der Gründe dafür ist der Rückgang an Investoren, die ihr Geld in eine Technologie investiert hatten, die entgegen der überschwänglichen Versprechungen nicht d i e Lösung des Problems… Mehr
Prozente vs. Mengen (Teil 2) Anderes Beispiel: Kenia bezieht (angeblich) fast 90% des Stroms aus erneuerbaren Quellen. In Deutschland sind es nur rund 45%. Preisfrage: Welches Land produziert mehr Strom aus Erneuerbaren? (Tipp: In welchem Land haben weite Teile der Bevölkerung keinen Stromanschluss?) Dass Svenja Schulze und Annelena darüber hinaus sogar behaupten, Kenia beziehe 90% seiner „Energie“(!) aus erneuerbaren Quellen, ist dagegen einfach nur glatt gelogen. Im Gegenteil, dss Land verbrennt gerade seine letzten Waldflächem zum Heizen und Kochen. Das Abholzen hat auch übrigens auch etwas mit unseren Sanktionen gegen Russland zu tun. Denn in der Folge haben Deutschland und… Mehr
Das vermeintliche Paradoxon des „abnehmenden“ Ökostrom-Anteils(!) löst sich vermutlich ganz leicht auf, wenn man bedenkt, das sich der Grsamtverbrauch an Strom schneller wächst (z.B. durch E-Autos) als die Menge an zugebauter Windkraft.
Wer in der Schule oder durch Aufmerksamkeit im Leben gelernt hat, dass ein Anteil etwas anderes ist als eine Menge, der ist klar im Vorteil.
Beispiel: Berta hat 50 Äpfel und 50 Birnen im Keller. Ihr Apfelanteil ist also 50%.
Anton hat nur zwei Äpfel, und keine Birne. Sein Apfelanteil ist aber 100%.
Preisfrage: Wer von beiden hat mehr Äpfel zum Essen?
Dazu passend die kürzlich beim Pragmaticus erschienene Berechnung der ungefähren Kosten und gigantischen Menge an benötigten Speichern (die von Windkraft-Lobbyisten gerne absichtlich verschwiegen werden).
Die Kosten der Energiewende in Österreich | Der Pragmaticus
Bei den Speichern kommt erschwerend hinzu, dass die Möglichkeiten gar nicht so viel Strom speichern ließen, den man in einer Flaute benötigen würde.
Danke für den Link zur Stromkennzeichnungspflicht. „Denn bei der (Grün-)Stromkennzeichnung handelt es sich um ein rein bilanzielles Konstrukt, das die physikalische Eigenschaft der Einspeisung unberücksichtigt lässt. Um dennoch reine Grünstromprodukte zu verkaufen, können Stromanbieter Herkunftsnachweise (HKN) aus in- und ausländischen EE-Anlagen ankaufen. In der Stromkennzeichnung können sie ihr Portfolio dann ganz oder teilweise als Grünstrom ausweisen.“ Auch auf der Seite zu finden: „Werden Sie Teil des Virtuellen Kraftwerks“. Auch das ist ein bilanzielles Konstrukt. Mit ihm kann uns verkauft werden, dass wir von Luft und Liebe – äh, Sonne und Wind – leben. Ich werde mir einen Stromanbieter mit viel… Mehr
Es wäre nicht das erste Mal, dass mehr Ökostrom verkauft wird, als erzeugt. Die einschlägigen Spielchen sind weit zurückzuverfolgen, hier mal ein frühes Exemplar: https://taz.de/Oekoenergieskandal/!5188933/
Bei den ganzen Rechenspielchen und der Schönrederei sollte man zudem die gute alte Logik nicht ganz vergessen. Die Deutsche Bahn behauptet ja gern, seit 2018 im Fernverkehr 100% Ökostrom einzusetzen. Die separate Versorgung nebst Stromsortierungs- und zuteilungsanlagen müssen die mir noch zeigen, zumal im Flachland bei Nacht und Windstille. Da steht der Zug doch auch nicht regelmäßig (bestenfalls selten und das kaum wegen Strommangel).