Ampel: viele Formen der Lüge, der Irreführung und des Etikettenschwindels

Der Fortschritt, den die Ampel-„Fortschrittskoalition“ propagiert hat, ist längst noch nicht am Ziel. Drei Monate hat Scholz herausgeschlagen, um das Desaster zu vollenden. Und Friedrich Merz macht mit. Von Konrad Adam

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Die Ampel-Regierung ist gescheitert, aber sie gibt nicht auf. Zu viel von dem, was sie sich vorgenommen hatte, ist liegen geblieben und soll jetzt eiligst nachgeholt werden. Die Zeit drängt, der Winter steht bevor, aber Strom und Gas sind immer noch nicht teuer genug, um den Leuten das Heizen zu verleiden. Türken, Syrer und Afghanen drängen ins Land, doch soll es immer noch ein paar Schulen geben, in denen Deutsch gesprochen wird. Die Windradindustrie floriert, und trotzdem dreht sich immer noch nicht auf jedem Berg ein großes Windrad. Hatte Olaf Scholz denn nicht versprochen, jeden Tag dreißig von diesen grauen Masten in den Boden zu rammen? Der Fortschritt, den die Ampel propagiert hat, ist längst noch nicht am Ziel. Drei Monate hat Scholz herausgeschlagen, um das Desaster zu vollenden. Und Friedrich Merz macht mit.

Im Streit um die Schuldenbremse soll die Koalition zerbrochen sein. Doch das ist unwahrscheinlich, denn Bremsen gibt es längst nicht mehr. Es gibt nur Schulden, die jetzt bloß anders heißen: Sondervermögen zum Beispiel, Darlehen oder Kredit, am liebsten Fonds. Fonds, das klingt verlässlich und solide, ist aber Pfusch wie das meiste, was diese Regierung zustande gebracht hat. Einen Gesundheitsfonds gibt es bereits, Pflegefonds inzwischen auch, weitere Fonds sind im Gerede. Robert Habeck droht mit einem Deutschlandfonds, natürlich ohne zu sagen, wo er das Geld hernehmen will, das ihm genauso fehlt wie allen seinen Kabinettskollegen. Als Sozialpolitiker kennt er die Goldene Regel des Gewerbes, die da lautet: „Wie können wir das so finanzieren, dass der größte Beitrag von denen verlangt wird, die am wenigsten davon haben, und keiner merkt, an wem das Ganze schließlich hängen bleibt?“

Wahrscheinlich wissen sie das selbst nicht, da sie die Regeln einer soliden Haushaltsführung außer Kraft gesetzt haben. Das Grundgesetz verlangt zwar immer noch, dass die Einnahmen aus Krediten, die Neuverschuldung also, die Höhe der investiven Ausgaben nicht übersteigen darf, Notzeiten wie immer ausgenommen. Aber das Grundgesetz ist lästig, und was lästig ist, wird nicht beachtet. Seitdem Frau Merkel einen ordentlich gewählten Ministerpräsidenten aus dem Amt jagen und Neuwahlen diktieren durfte, gilt die Verfassung nur noch unter Vorbehalt. Die Haushaltspolitiker waren bloß geschickter als sie, indem sie das Überschuldungsverbot nicht einfach ignorierten, sondern durch eine neue Vorschrift, die Schuldenbremse, ersetzten. Sie taten das in der Erwartung, dass die neue Vorschrift genauso wenig bewirken würde wie die alte. In Notzeiten wird sie ausgesetzt (so die Roten), reformiert (so die Grünen), gelockert (so die Schwarzen) oder aufgehoben (so die Violetten). Und Not herrscht immer.

Wir sind schlecht dran, hat Montaigne einmal gesagt, weil es nur eine Wahrheit, aber viele Formen der Lüge, der Irreführung und des Etikettenschwindels gibt. In allen diesen Formen hat es der Gesetzgeber in letzter Zeit zur Meisterschaft gebracht. Das Gute-Kita-Gesetz hat keine einzige Kindertagesstätte besser gemacht, die Einrichtungen, wie sie heißen, leben von der Hand in den Mund und hangeln sich von einer Not zur nächsten. Das Starke-Familien-Gesetz hat die Familie nicht stärker gemacht, sie leidet unter der Verlogenheit eines Systems, das von Kindergeld, Kinderzuschlägen und Kindergeldsofortzuschlägen redet, wenn es den Eltern einen Bruchteil von dem, was es ihnen an Steuern und Abgaben, Beiträgen und Gebühren abgepresst hat, wieder zurückgibt. Das Wachstumschancengesetz oder das Steuerentwicklungsgesetz sind nach demselben Muster gearbeitet. Man muss nur die Silben zählen, um den Betrug zu ahnen. Und der Betrug ist immer größer als der Verdacht.

Das Demokratieförderungsgesetz – Gesetz zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung –  schießt allerdings den Vogel ab. Der Titel ist eine Zumutung, der Text eine Frechheit. Er wimmelt von unbestimmten Rechtsbegriffen wie Teilhabe, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und anderer Nebelkerzen aus dem Waffenarsenal der Grünen. Um zu verstehen, was gemeint ist, greift man am besten auf das Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei zurück, das berüchtigte Heimtückegesetz vom 20. Dezember 1934. Es droht allen, „die öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates, über ihre Anordnungen oder die von ihnen geschaffenen Einrichtungen machen“, mit Geld- und Gefängnisstrafen. Hass und Hetze, das kannten schon die Nationalsozialisten. Sie wussten auch, wie man mit Hass und Hetze fertig wird. Wenn man die niedrige Gesinnung dann auch noch durch das delegitimieren ersetzt, ist man auch schon bei Thomas Haldenwang und Nancy Faeser. Der Teufel, sagt ein altes Sprichwort, scheißt nicht zweimal auf denselben Stein. Faschisten offenbar auch nicht.

Von hier an anders!, hieß der Titel eines der vielen Kinderbücher, die Robert Habeck verfasst hat. Wie alle großen Kinder meint er das ganz ernst. Gemeinsam mit seinen Freunden aus der Fortschrittskoalition hat er aus Deutschland ein Land gemacht, in dem es tatsächlich anders zugeht als überall sonst auf der Welt. Wir leben in einem Land, das von Pazifisten regiert wird, die sich fürs Kriegführen begeistern. Von Humanitären, die sich mit Menschenhändlern verbünden. Von Ökologen, die Bäume durch Windräder ersetzen. Von Lebensschützern, die das Leben abtreiben. Von Sozialarbeitern, die zur Faulheit animieren. Von Klimaaktivisten, die Kartoffelsuppe über Bilder schütten. Von Kinderfreunden, die Kinder als Sexspielzeug betrachten. Von Wohltätern, die Geld, das ihnen nicht gehört, an Leute verteilen, die sie nicht kennen, und so weiter.

In einem solchen Land sollte es die Opposition leicht haben. Hat sie aber nicht, sie tut sich schwer. Statt einen Kanzler, der ohne Mehrheit dasteht, vor sich herzutreiben, setzt sie auf Kooperation mit Leuten, die drei Jahre lang bewiesen haben, dass sie das Handwerk nicht beherrschen. Die Engländer nennen die Opposition die Regierung von morgen. Aber will diese Opposition denn überhaupt noch regieren?


Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.

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Kommentare ( 24 )

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Peter Pascht
32 Minuten her

„Ampel: viele Formen der Lüge, der Irreführung und des Etikettenschwindels“ Es geht um Erringung der „Sprach Hegemonie“ und damit der „Deutung Hegemonie“ durch „ideologische Kanonisierung“ der Sprache, um andere Sprecher damit zu diffamiereen und kriminalisieren. Wer die kommunistische Dogmatik und Demagogig erlebt hat, kennt diese Sprache. Eine ideologische Gaunersprache. Die Indoktrinationssprache der SED als Sprache von Angela Merkel. Eine Musterschülerin der kommunistischen Dogmatik und Demagogie. Man bedenke blos welch infantil umständlich lange Namen, in letzter Zeit erlassene Gesetzes bekommen haben. Schon regelrechter Spott und Hohn. „Das gute Kitagesetz“ „Gesetz zum Schutz der Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts“ Je mehr Worte,… Mehr

Last edited 26 Minuten her by Peter Pascht
Der Ingenieur
48 Minuten her

„Aber das Grundgesetz ist lästig, und was lästig ist, wird nicht beachtet. Seitdem Frau Merkel einen ordentlich gewählten Ministerpräsidenten aus dem Amt jagen und Neuwahlen diktieren durfte, gilt die Verfassung nur noch unter Vorbehalt.“ Nein! Merkel und die SPD hatten m.E. bereits seit 2013 permanent gegen das durch Grundgesetz geregelte Asylrecht und dem 20 Jahre vorher dort verankerten „Asylkompromiss“ verstoßen, was allein 2015 etwa 800.000 Asylanträge zur Folge hatte. Anfang der 90er Jahren war nämlich schon mal die Zahl der Asylanträge auf über 400.000 p.a. gestiegen. Deshalb beschloss Kohl mit FDP und SPD einen „Asylkompromiss“, der 1993 ins Grundgesetz aufgenommen… Mehr

Last edited 47 Minuten her by Der Ingenieur
pcn
54 Minuten her

Herr Dr. Konrad, ein treffsicherer Artikel, der die Wirklichkeit beschreibt; wie in dem Absatz „Wir leben in einem Land…“

Leider sind Sie nicht mehr in der AfD. Das ist schade.

thinkSelf
1 Stunde her

Scholz wird es nicht schaffen das Desaster zu vollenden. Das bleibt Merz vorbehalten. Aber in vier Jahren dürfte ihm das auch gelingen.

rainer erich
1 Stunde her

Welche Opposition ist hier gemeint? Fuer den Autor der offenbar wichtige Hinweis : Es gibt nur eine, die Unausprechliche. Ansonsten gibt es einen Block, ein Kartell, was auch immer und uebrigens gibt es auch keine Demokratie. Auch keinen Rechtsstaat. Wenn der Autor daran interessiert ist, was ich unterstelle, sollte er schleunigst springen. Aber richtig.

imapact
1 Stunde her

Macht es überhaupt einen Unterschied, ob Merz in 3 Wochen, 3 Monaten, 9 Monaten Kanzler wird? Der Hauptdarsteller wechselt, aufgeführt wird dasselbe Stück. Im linken Lager ist Scholz mittlerweile ein fast so großes Haßobjekt wie Merz. Sie glauben fest, Pistorius hätte einen Sieg eingefahren. Vielleicht verhilft die AfD Scholz zur Fortsetzung seiner Kanzlerschaft… so als kleine Revanche für die Brandmauer… .

Querdenker73
45 Minuten her
Antworten an  imapact

Ich hoffe ja nicht, dass die AfD sich zur Revanche hinreisen lässt! Sie hat sicher Besseres vor! Lasst sie sich im linken Lager untereinander hassen. Hass ist deren Botschaft. Wie wäre es denn, wenn der sogenannte „Souverän“ dafür sorgt, dass es zukünftig keine sogenannte Brandmauer mehr geben wird… Man wird ja wohl noch träumen dürfen!

WGreuer
1 Stunde her

„Wahrscheinlich wissen sie das selbst nicht, da sie die Regeln einer soliden Haushaltsführung außer Kraft gesetzt haben.“  Oh doch, zumindest die Spitzen der Ampel und der CDU wissen ganz genau was sie da tun und welche dramatischen, negativen Auswirkungen das haben wird. Man brauch nicht 10 Semester VWL studiert zu haben und dann 20 Jahre Erfahrung, um das zu erkennen. Nein, jeder mit etwas Restverstand kann das erkennen. Bei den „mittleren und unteren Chargen“ von Grünen und SPD, also deren Mitgliederbasis, bin ich mir sicher, die haben zum allergrößten Teil keine Ahnung, was sie da tun. Das sind schlicht dumme,… Mehr

Lars Baecker
1 Stunde her

Das Elend wird sich im kommenden Jahr nahtlos fortsetzen. Wir werden weiterhin fremde Interessen bedienen und dabei immer weiter verarmen. Merz wird dafür sorgen, dass das Geld aus der Neuverschuldung sowie der Steuern in die richtigen Kanäle geleitet wird. Blackrock hat sein nächstes Ziel erreicht. Die Heuschrecke sitzt dann im Kanzleramt.

verblichene Rose
1 Stunde her

Wenn es aus verschiedenen Gründen nicht so wäre, dass schlicht kein Geld mehr da ist, könnte die Schuldenbremse meinetwegen gerne gelockert werden.
Aber solange der eigentlich kostenintensivste Grund des Geldmangels nicht aus der Welt geschafft wird, bin ich für eine Schulden-VOLLbremsung!
Sollen doch noch mehr Brücken einstürzen und Kinder in der Schule arabisch lernen, damit sie sich überhaupt noch unterhalten können!
Die Gnade meiner relativ „frühen Geburt“ lässt mich daher lediglich als Zuschauer zurück, der mit einer gewissen Schadenfreude betrachtet, dass es mir nicht allein dreckig geht/gehen wird. Popcorn ist jedenfalls ausreichend vorhanden.

Klaus D
1 Stunde her

Ampel: viele Formen der Lüge, der Irreführung und des Etikettenschwindels…..und! Ich habe Kohl, Schröder und Merkel in meinem leben gehabt und ALLE haben das getan also auch die parteien. Man sagt ja das nirgends mehr gelogen wird als vor gericht und an zweiter stelle kommt die politik (ist meine meinung). Das erleben wir ja selbst bei der AfD und dem BSW so.