Zumindest im Internet inszenieren sich junge Frauen regelmäßig als sogenannte „Tradwives“ – traditionelle Ehefrauen, die Kuchen backen und ihre unsichtbaren Männer verwöhnen. Das ZDF warnt vor einem rechten Trend, dabei ist vor allem der Wunsch Vater des Gedankens.
Über irgendwas muss man sich im modernen Medienalltag ja immer aufregen. Dafür eignen sich – sowohl rechts, wie links – etablierte Feindbilder besonders, die man zwar nicht ausmerzen oder überwinden kann, die aber periodisch immer wieder Raum bieten, um sich an ihnen für einige Tage abzuarbeiten. Eines dieser Feindbilder der Linken, das zurzeit wieder durch den digitalen Äther geistert, ist die Tradwife, die „traditionelle Ehefrau“, ein Gattungsbegriff für all jene Frauen, die zumindest vorgeben, ihre Erfüllung in der Rolle als Hausfrau und Mutter zu sehen, während ihre Männer sich dem Hauen und Stechen auf der Karriereleiter stellen.
Die Abscheu der progressiven Feministen darf dabei nicht überraschen, wurde die alte Lüge, dass es sich beim Feminismus um eine Emanzipationsbewegung handelt, die den Frauen vor allem die Freiheit schenken wollte, schon längst widerlegt. Wer die Revolution nicht vorantreibt, hält sie auf. Eine Frau, die ihre freie Wahl dazu nutzt, sich für ein Dasein als Hausfrau und Mutter zu entscheiden, ist damit automatisch ein Feindbild für die Revoluzzer. So weit, so bekannt.
Nun hat auch das ZDF den bereits seit Jahren andauernden Trend für sich entdeckt und warnt davor, dass die Tradwives bevorzugt „weiß“, „christlich-fundamentalistisch“ und einem „traditionellen Familienbild“ verpflichtet wären. Also quasi das Triumvirat der Ungeheuerlichkeiten im buntesten Deutschland aller Zeiten, denn all diese Werte würden ja alternative Familienmodelle, die man beim ZDF so gerne propagiert, diskriminieren.
Diese finden bei der größten demographischen Gruppe der Tradwives, jener aus muslimischen Familien, zwar auch keine Berücksichtigung, aber die machen halt einfach, anstatt ihr Tradwife-tum an die große sozial-mediale Glocke zu hängen.
Denn Tradwife ist nicht gleich Tradwife. Zunächst sind Tradwives vor allem ein Internet-Phänomen. Wenn hochbrüstige Damen im Petticoat und mit Marilyn-Monroe-Mähne auf Instagram Kuchen für einen nie auftauchenden Mann backen, dann ist auch diese Inszenierung nur ein Karrierepfad auf halber Strecke zum eigenen Only-Fans-Account. Denn die Internetpräsenz von Tradwives sagt weniger über die reale Existenz traditioneller Lebensentwürfe aus als über den Wunsch des Publikums nach solchen Lebensmodellen.
Ähnlich wie beim Trend zu Cottagecore, der Sehnsucht nach einem ländlichen Idyll, das sich sowohl in Kleidung als auch in Inneneinrichtung und Hobbys wie Backen und Basteln ausdrückt, sind auch Tradwives vor allem eine stilisierte Sehnsucht nach etwas, das verloren gegangen scheint.
Dass tatsächliche traditionelle Frauen, die sich um ein Haus und einen Haushalt mit mehreren Kindern kümmern, weder Zeit noch Einverständnis ihres Partners zur exhibitionistischen Selbstdarstellung ihres Lebens im Internet haben, bleibt bei diesem Trend außen vor, denn die Realität eines verantwortlich geführten Haushalts ist eben nicht nur ein rosiges Idyll, sondern ebenfalls harte Arbeit.
Das bekamen auch rechte Influencerinnen wie Lauren Southern zu spüren, die in jungen Jahren als journalistisches Starlet Karriere machte und den Sprung zur Tradwife wagte. Ihre misslungene Partnerwahl sowie ihre Enttäuschung über einen wenig glamourösen Alltag als Frau und Mutter führten zu einer Trennung und Southerns Rückkehr in die Öffentlichkeit. Es ist halt leichter, über Tradwives zu reden, als eine zu sein.
Der Haken an der Sache: Das Einkommen
Das aber sind Elemente, die das ZDF bei seiner Berichterstattung nur peripher tangieren können, da es vor allem gilt, Tradwives als rechte Gefahr zu diffamieren. Wer weiß? Zum Schluss könnte ja bei Tradwives die Geburtenrate noch über das Reproduktionsniveau ansteigen. Das muss wohl mit allen Mitteln verhindert werden.
Aber in einem Punkt hat das ZDF doch Recht. Denn das Dasein als Tradwife bedarf eines Mannes, der so gut verdient, dass sein alleiniges Einkommen dazu ausreicht, eine Familie über die Runden zu bringen. Natürlich verstolpert das ZDF dieses Argument sogleich wieder, wenn es diese Sonderstellung eines Alleinverdieners nicht als Zeichen eines dramatischen Wohlstandsverlusts der letzten Jahrzehnte wertet, sondern den Tradwives und ihren Männern vorwirft, all jene zu diskriminieren, die sich diesen Lebensstil nicht leisten können. Sozialistische Gleichmacherei, wie man sie vom ÖRR also kennt, auch hier wieder keine Überraschung.
Aber das Problem bleibt real und beschränkt zwangsläufig, wie viele reale Tradwives es jemals geben wird. Denn mit der vollständigen Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt in den letzten 50 Jahren entwickelten sich Reallöhne genau so, wie man es bei der (zugegebenermaßen vereinfachten) Rechnung bei einer Verdopplung der Ware Arbeitskraft vermuten durfte: Sie halbierten sich, sodass mittlerweile häufig zwei Einkommen nötig sind, wo früher eines reichte, um eine Familie zu ernähren.
Für Männer ist dies ein Dilemma in mehrfacher Hinsicht. Die Lebenshaltungskosten in Großstädten liegen derart hoch, dass nur ein verschwindend geringer Teil der männlichen Bevölkerung beruflich erfolgreich genug ist, um ihren Frauen ein Dasein als Tradwife zu ermöglichen. Am Land wiederum winken zwar günstigere Grundstückspreise, dafür ist aber der Arbeitsmarkt in vielen Branchen praktisch nicht existent.
In den meisten Fällen bedeutet dies einen Kompromiss, sodass selbst Frauen, die sich gerne Familie und Haushalt widmen würden, zumindest in Teilzeit arbeiten müssen. Das Modell der Tradwife ist spätestens an diesem Punkt gescheitert, da die notwendige Hausarbeit in Folge zwischen beiden Ehepartnern aufgeteilt und die Kinder zumindest teilweise in staatliche Obhut übergeben werden müssen.
Es ist genau aus diesem Grund, dass Tradwives und Cottagecore vor allem Sehnsüchte im digitalen Raum nach einem Leben abseits der Lohnsklaverei kanalisieren und in der Praxis entweder eine professionelle Fassade sind, oder das Privileg einiger weniger Besserverdiener darstellen.
Die Gefahr von Tradwives für das linke Weltbild von ZDF & Co. liegt also weniger in ihrer realen Verbreitung und der vermehrten Radikalisierung von Frauen im gebärfähigen Alter, sondern in dem wofür sie stehen: für den Wunsch nach Familie, Heim und Herd und der Realisierbarkeit dieser Wünsche. Das Ideal der Tradwife stellt das Modell moderner Selbstoptimierung zwischen Karriere und Hedonismus für alle in Frage.
Abseits von einem ästhetischen Fetisch und möglicher ideologischer Konnotationen ist es vor allem die Offenlegung fundamentaler Probleme moderner Arbeitsteilung, die alle Menschen, unabhängig von Geschlecht und Herkunft, von der Wiege bis zur Bahre möglichst nur im Lohndienst aufgehoben sieht. Das Leben aber hat mehr zu bieten und um das zu merken, muss man weder Tradfwife, noch Tradman sein.
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Es geht, wie immer bei Linken, ums Kollektiv. Die individuelle Wahl und aktive Gestaltung der eigenen Lebensumstände wird abgelehnt, einfach weil sie der freiheitliche Gegenentwurf zum Kollektiv sind. Was als Privileg angesehen wird, das nicht geduldet werden kann. Abweichlertum. Falsches Bewußtsein. Umerziehung. Bewährung in der Produktion.
Da werden wir wieder hinkommen, wenn wir nicht entschlossen den Linken in den Arm fallen. Wer das ist, die Linken? Ich denke, das sind Grüne, Rote und alle, die mit denen zusammenarbeiten.
Es ist sehr die Frage, ob es möglich sein wird, durch Verringerung von Abgabelasten einer nennenswerten Zahl von deutschen Familien die Möglichkeit zu geben, mit einem Einkommen drei bis vier Kinder aufzuziehen. Schön wäre es, in der AfD glaubt mancher daran. Man sieht da viel Potential bei Einsparungen an ideologischen Großprojekten und Auslandsförderung, die derzeit viel Geld verschlingen.
Eine Halbierung der Reallöhne? Trotz des immer wieder laut beklagten Fachkräftemangels, der die Bundesregierung zwingt, in großer Zahl Migranten aus dem Ausland ins Land zu holen, und die Unternehmen zwingt, Arbeitswillige mit höchsten Gehältern zu locken? Da bin ich erstaunt. Ist das etwa nur eine Erfindung, mit dem Fachkräftemangel?
Da ist beim u.a. von mir finanzierten ZDF niemand, dem das lächerlich vorkommt, die legitimen Lebensentscheidungen von Menschen, seien sie inszeniert oder authentisch, als „gefährlich“ zu bezeichnen.
Mein Gott, das ist nichts weiter als einer der vielen »Trends« der sozialen Medien; in diesem Fall Instagram. Wenn sich die jungen Frauen damit profilieren wollen, weil sie nichts anderes im Leben haben, sollte man sie machen lassen. Wen interessiert es denn, ob Manuela F. aus O. nun auf Instagram wie die Hausfrau der 50er/60er Jahre auftaucht und das alles ganz prima findet. Irgendwelche »Männer« machen einen Tamtam um Bart und Kopfhaare, wobei die eigentlichen Gewinner doch die Geschäftsleute sind, die damit richtig gutes Geld verdienen. Also, lasst sie machen und kümmert euch um eure eigenen Leben, da gibts bestimmt… Mehr
Man kann einen, wie ich meine gerechtfertigten Vergleich zwischen der Berufstätigkeit von Frauen und der Deutschen Bahn ziehen. Die Bahn wurde derart heruntergewirtschaftet, dass eine auftragsgemäße Aufrechterhaltung des als „Normalbetrieb“ deklarierten Ablaufs schon lange nicht mehr ist. Daher erscheint der von Weselsky vorgetragene, inzwischen wohl auch übernommene Vorschlag, nicht mehr 100%, sondern nur noch 70-80 % Betriebsumfang angesichts der maroden Struktur zu fahren, als brauchbare Lösung. Es wird nicht soviel rollendes Material, soviel Energie und soviel Personal gebraucht, wie eigentlich bei 100% nötig wäre, Ressourcen und laufende Kosten würden geschont. Die tatsächliche, wahrnehmbare Einbuße an Leistung hält sich in Grenzen.… Mehr
Alle Stellen, die (große) Firmen anbieten, haben eine Daseinsberechtigung. Noch haben wir glücklicherweise die freie, soziale Marktwirtschaft. Der öffentliche Dienst ist sicherlich aufgebläht, aber dort sind Männer und Frauen gleichermaßen betroffen. Von den frauentypischen Arbeitsplätzen gibt es eher zu wenige (Pflege, Kitas etc.). Geisteswissenschaften: Ja bitte, allerdings quantitativ auf niedrigerem Niveau. In puncto Bildung läuft offensichtlich einiges schief. Gleichheit für alle ist die falsche Devise. Mehr Anerkennung für „normale“ Berufe ist vonnöten. Die Rückkehr zum dreigliedrigen Schulsystem mit Schwerpunkt ‚Leistung‘ wäre dabei hilfreich.
Stimmt so nicht.
An der woken HR-Tante kommt keiner vorbei, der nicht ins gleichnamige Konzept passt.
und die 10 andern Beauftragten für Alles und Niichts machen dem Rest das Arbeiten und das Leben schwer.
Ein unschuldig, obendrein noch despektierlich daherkommendes meist abgewiegeltes Thema. So, wie z.B. das Tabu-Thema Beamtentum.
Aber einer der Hauptgründe für viele unserer selbstgebastelten Miseren (z.B. Einkommen, Erziehung, Bildung, unerträgliche und kontraproduktive Bullshitjobs etc.).
Die Ursachen dafür wurden vor ca. 50 Jahren von den Sozis und Alternativen gelegt und erfuhren mit dem Bologna-Schwachsinn vor ca. 20 Jahren noch einmal einen deutlichen Schub.
Und damit ein bis dahin funktionierender Arbeitsmarkt zerstört, der mit zunehmnder Zeit zu einer immer größeren Last für die Gesellschaft wurde und wird – man kann sagen: zu einer nicht mehr beherrschbaren, gesamtökonomisch, gesellschaftlich und monitär betrachtet.
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/tradwives-unverstandenes-schreckgespenst/#comment-2832169
Meine Oma war ein Tradwife. Nur Hausarbeit. Okay, das Haus war noch ein wenig anders als heute:
Aber keine Lohnsteuerkarte und keine Rentenversicherungsbeiträge.Zeit für Youbube oder Insta hätte sie nicht gehabt.
Früher war nicht alles besser, es war aber war gefühlt „normaler“. In diesem Sinne unterschreibe ich jeden einzelnen Satz von Ihnen, denn scheinbar gilt heute, dass das Abnormale als normal angesehen werden soll. Ich bin übrigens in einem berühmt-berüchtigten Stadtteil Hamburgs aufgewachsen und Scheidungen gab es damals, wie zu Ihrer Zeit, nahezu nicht. Es hiess, nämlich „der Mann fährt gerade zur See“, was für eine Hafenstadt nicht sehr ungewöhnlich gewesen wäre 😉 Es war eine SCHÖNE Zeit! Genau die Richtige! Ja, so naiv ich auch heute noch bin, pflichte ich Ihnen vollumfänglich bei, denn um so etwas zu erkennen, musste… Mehr
Die meisten Haushalte können sich so etwas wie nur „einen Verdiener“ gar nicht mehr leisten. Hausfrau muss man sich leisten können….das ist für die meisten schon lange vorbei. Im Gegenteil….der zweit und dritt-Job am Wochenende oder Abends bestimmt den Alltag um über die Runden zu kommen.
Ein Hinweis für alle, die das trad. Rollenbild der Frau/Familienbild als (einzig) wünschenswert erachten: Im Falle einer (späten) Scheidung sind überwiegend die Frauen die Gelackmeierten. Das reformierte Unterhaltsrecht sorgt dafür, dass Frauen ohne Beruf dann vor dem Nichts stehen. Schon deshalb ist es heutzutage wichtig, dass Frauen (in Einzelfällen Männer) fortwährend im Erwerbsleben bleiben oder sonstwie für finanzielle Vorkehrungen für sich sorgen. Aber die Politik hat sich herauszuhalten.